VERWALTUNGSGERICHT GERA IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Verwaltungsrechtsstreit
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1 VERWALTUNGSGERICHT GERA IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Verwaltungsrechtsstreit 1. des Herrn M, 2. der Frau M, zu 1 und 2 wohnhaft:, J zu 1 und 2 prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt Silvio Kuske, Gartenstraße 3, Jena, - Kläger - gegen die Stadt Jena, vertreten durch den Oberbürgermeister, Am Anger 15, Jena, - Beklagte - beigeladen: 1. Herr W, 2. Frau W, zu 1 und 2 wohnhaft:, K, wegen Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrechts hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gera durch Richter am Verwaltungsgericht Krome als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2004 für Recht erkannt:
2 Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand Die Kläger begehren den Verzicht des Beklagten hinsichtlich einer auf ihrem Grundstück ruhenden Baulast und deren Löschung im Baulastenverzeichnis. Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Jena. Die Beigeladenen sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Es ist geschlossene Bauweise vorhanden. Der Rechtsvorgänger der Kläger und Beigeladenen, die Wohnungsgenossenschaft C, beantragte am 31. Januar 1995 die Erteilung von Teilungsgenehmigungen, um die ihr gehörenden Grundstücke in der zu parzellieren und einzeln veräußern zu können. Im Zuge dessen ließ sie zugunsten des Grundstücks und zu Lasten des Grundstücks, welches heute im Eigentum der Kläger steht, eine Baulast folgenden Inhalts eintragen: Gemeinsamer Zugang von der mit dem Grundstück mit mittigem Grenzverlauf. Die Eintragung dieser Baulast erfolgte am 29. Juni Am 21. Dezember 2000 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Löschung der Baulast. Zur Begründung führten sie aus, dass sich nunmehr nach Vermessung der Grundstücke herausgestellt habe, dass bezüglich des Zugangs kein mittiger Grenzverlauf vorhanden sei. Die vorhandene Treppe befinde sich fast ausschließlich mit Ausnahme von ca. 20 cm auf ihrem Grundstück. Mit Bescheid vom 29. April 2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass durch die Löschung des Punktes 3 der Baulast Zustände geschaffen würden, die dem materiellen Baurecht widersprechen würden. Gerade durch den jetzt festgestellten Grenzverlauf rechtfertige sich die Baulast um so mehr, um die fußläufige Zuwegung zum 2
3 Grundstück der Beigeladenen zu sichern. Hiergegen legten die Kläger am 23. Mai 2002 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 2. Januar 2003 wies das Thüringer Landesverwaltungsamt den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass kein Anspruch auf Löschung des Punktes 3 der Baulast bestehe. Eine Löschung könne gemäß 80 Abs. 3 Satz 2 ThürBO nur verlangt werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Baulast nicht mehr existiere. Nach wie vor bestehe ein öffentliches Interesse an der Baulast. Nur mit ihr existiere ein ordnungsgemäßer Zugang zum Haus der Beigeladenen. Die vorhandene Baulast sei so auszulegen, dass sie den bestehenden Zugang zu den Häusern und sichern solle. Die Baulasterklärung durch die Voreigentümerin sei erfolgt, um die rechtlichen Voraussetzungen für die Teilung des Flurstücks Nr. a zu schaffen und den Verkauf zu ermöglichen. Hiergegen haben die Kläger am 19. Februar 2003 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, dass die Baulast gerade nicht den Zugang sichere, da bei einer wörtlichen Auslegung dieser Baulast ein Zugang von maximal 20 cm Breite vorhanden wäre. Eine Baulast könne im nachhinein nicht einfach abgeändert werden. Die vorgenannte extensive Auslegung der Baulast sei daher unzulässig. Die Beigeladenen könnten sich ohne Weiteres eine eigene fußläufige Zuwegung schaffen. Eine Auslegung der Baulast in dem Sinne, dass ein gemeinsamer Zugang über die Treppe erfolge, sei als extensive Auslegung nicht möglich. Die Kläger beantragen, Die Beklagte beantragt, die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 29. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 2. Januar 2003 die eingetragene Baulast entsprechend Punkt 3 der Anlage der Baulast T-110/95 zur Sicherung des gemeinsamen Zuganges für die Grundstücke der Gemarkung Jena, Flur 35, Flurstücke b und c in Jena, und zu löschen. die Klage abzuweisen. Sie macht geltend, dass eine Löschung der Baulast nicht in Betracht komme, da an ihr nach wie vor ein öffentliches Interesse bestehe. Nur über die Baulast sei eine ordnungsgemäße fußläufige Zuwegung zum Grundstück der Beigeladenen gegeben. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. 3
4 Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Ebenso wie die Eintragung einer Baulast als Verwaltungsakt einzustufen ist, ist auch ihre Löschung ein Verwaltungsakt (vgl. dazu OVG Saarland, Urt. v. 18. Juni 2002, 2 R 2/01, NJW 2003 S. 768 ff.). Insofern ist die von den Klägern erhobene Verpflichtungsklage die zutreffende Klageart, um ein dahingehendes Begehren gerichtlich durchzusetzen. Die Kläger haben jedoch im Ergebnis keinen Anspruch auf Löschung der Baulast, denn der ablehnende Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes ist rechtmäßig ( 113 Abs. 5 VwGO). Gemäß 80 Abs. 3 Satz 2 ThürBO ist der Verzicht auf eine eingetragene Baulast zu erklären, wenn ein öffentliches Interesse an der Baulast nicht mehr besteht. Gemäß 80 Abs. 3 Satz 4 ThürBO wird der Verzicht mit der Löschung der Baulast im Baulastverzeichnis wirksam. Die Baulast auf Gewährung eines gemeinsamen Zuganges von der wurde von der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladenen, der Wohnungsgenossenschaft C, deshalb begründet, um die fußläufige Zuwegung beider Häuser zu sichern. Denn gemäß 4 ThürBO dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn das Grundstück entweder in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder wenn das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat. Darin ist als Minus auch das Erfordernis einer ordnungsgemäßen fussläufigen Zuwegung zu einem Wohnhaus enthalten. Diese Vorschrift war damals auch im Verfahren auf Erteilung der Teilungsgenehmigung gemäß 8 ThürBO anwendbar. Denn gemäß 8 Abs. 1 ThürBO hätte die Genehmigung versagt werden müssen, wenn durch die Teilung Verhältnisse geschaffen worden wären, die den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwider gelaufen wären. Insoweit konnte die Teilungsgenehmigung erst ausgesprochen werden, nachdem die erforderliche fußläufige Zuwegung sichergestellt war. Dieses öffentliche Interesse besteht nach wie vor. Allein dadurch, dass die Möglichkeit besteht, auf dem Grundstück der Beigeladenen selbst eine Treppe zu errichten, entfällt das öffentliche Interesse nicht. Das öffentliche Interesse 4
5 entfällt vielmehr erst dann, wenn von den Beigeladenen rechtmäßigerweise eine solche fussläufige Zuwegung geschaffen worden wäre. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob eine derartige Änderung der Zuwegung genehmigungsfähig wäre oder nicht. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Wohnungsgenossenschaft C bei der Teilung der Grundstücke im Jahre 1995 diesen Weg gerade nicht gegangen ist, sondern sich für eine Lösung des Zuwegungsproblemes im Wege der Baulast entschieden hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann hierin auch nicht eine Auslegung gesehen werden, die die Kläger unzumutbar benachteiligt. Zwar ist es zutreffend, dass in dem Baulastenverzeichnis ein gemeinsamer Zugang mit mittigem Grenzverlauf eingetragen worden ist. Damit ist jedoch nur der Vorstellung der Wohnungsgenossenschaft C Ausdruck verliehen worden, welche davon ausging, dass die Grenze etwa in der Mitte der 1,20 m breiten Treppe verläuft. Dass sich nunmehr im Rahmen der endgültigen Vermessung herausgestellt hat, dass die Grenze zwischen den Grundstücken der Kläger und der Beigeladenen anders verläuft, führt nicht dazu, dass die Baulast nunmehr anders auszulegen wäre. Bei der Auslegung der Baulast ist zu berücksichtigen, dass damals weder die Kläger noch die Beigeladenen Eigentümer der jeweiligen Grundstücke waren. Eigentümer war damals noch die Wohnungsgenossenschaft C. Nicht die Kläger haben als Eigentümer des Grundstücks eine Baulast zugunsten des Nachbargrundstücks übernommen, vielmehr haben die Kläger von der Wohnungsgenossenschaft C mit einer Baulast belastetes Eigentum erworben. Da es neue Eigentümer der belasteten Teilflächen noch nicht gab, sondern alle Erklärungen von der damaligen Eigentümerin abgegeben wurden, sind deshalb bei der nach 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung der Baulasterklärung die Individualinteressen der jeweiligen Erwerber der erst noch zu schaffenden Teilflächen nicht zu berücksichtigen. Es ging bei der Abgabe der Baulasterklärung nicht um sie, sondern um das Schaffen der Voraussetzungen für die notwendige Teilungsgenehmigung. Folglich ist festzuhalten, dass das Interesse der Wohnungsgenossenschaft C darauf gerichtet war, dass über die bereits damals vorhandene Treppe für beide Grundstücke eine gemeinsame Zuwegung erfolgte. Gemeinsame Zuwegung bedeutet bei einer nach den Feststellungen des Gerichts im Rahmen des Ortstermines am 19. Juni 2003 ca. 1,20 m breiten und 4,00 m langen Treppe, dass die jeweiligen Bewohner der beiden benachbarten Häuser die ganze Breite der Treppe zum Zwecke der fussläufigen Erreichbarkeit in Anspruch nehmen können. Angesichts der festgestellten Breite der Treppe von 1,20 m ginge jede andere Auslegung an praktischen Erfordernissen (man denke nur an das Hereintragen sperriger Sachen und dergleichen) vorbei. Bei dieser Auslegung ist die eingetragene Baulast auch jederzeit mit einer bauaufsichtlichen 5
6 Verfügung umsetzbar. Hiergegen können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass sich aus der Formulierung mit mittigem Grenzverlauf ergebe, dass bei einer wörtlichen Auslegung nach den neuesten Vermessungsergebnissen nur noch eine Zuwegung von maximal 20 cm Breite vorhanden wäre. Dies lässt zum Einen unberücksichtigt, dass zu Beginn der Baulasterklärung von einer gemeinsamen Zuwegung gesprochen wird. Zum Anderen bringt die Formulierung mit mittigem Grenzverlauf nur die damalige Vorstellung der Wohnungsgenossenschaft C zum Ausdruck, dass der Grenzverlauf auf der Treppe, wie bei den übrigen Häusern auch, mittig sein sollte. Wenn die Kläger nunmehr geltend machen, dass die Baulast dadurch in Verfall geraten sei, dass nach den neuesten Vermessungsergebnissen feststehe, dass nur ca. 20 cm der Treppe im Eigentum der Beigeladenen stehen, so machen sie in Wirklichkeit geltend, dass die Geschäftsgrundlage für die Abgabe der Baulasterklärung entfallen sei. Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage sind jedoch auf Baulasterklärung nicht anwendbar, weil die Baulasterklärungen eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist. Eine Baulasterklärung stellt keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar, so dass auch keine Geschäftsgrundlage besteht, die entfallen könnte (vgl. hierzu OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19. Juni 1996, 1 L 262/95, BRS 58 Nr. 42 m.w.n.). Die mangelnde Anwendbarkeit der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage hat seinen Grund darin, dass mit der Baulasterklärung lediglich der Eigentümer des verpflichteten Grundstücks der Bauaufsichtbehörde gegenüber in verbindlicher Form anzeigt, welche Baulast welchen Inhalts er übernehmen will. Insoweit ist es unbeachtlich, dass nach der nunmehr durchgeführten Vermessung sich herausgestellt hat, dass der Grenzverlauf nicht mittig verläuft, sondern dass nur ca. 20 cm der Treppe im Eigentum der Beigeladenen stehen. Ohne Belang für das öffentliche Interesse am Fortbestand der Baulast ist, ob sich durch dieses neue Vermessungsergebnis zivilrechtliche Fragen neu stellen. Abgesehen davon, dass bei Bestellung der Baulast und bei Veräußerung der einzelnen Grundstücke der Abschluss einer zivilrechtlichen Regelung bezüglich Kehr-, Räum- und Unterhaltungspflichten versäumt worden ist, spielen private Belange für die Frage des Bestehens eines öffentlichen Interesses an einer Baulast keine Rolle. Insoweit müssen sich die Kläger darauf verweisen lassen, derartige Fragen zivilrechtlich einer Lösung zuzuführen. Die privatrechtliche Position des begünstigten Nachbarn kann sich nicht auf die öffentliche Baulast stützen. Erforderlich ist vielmehr eine eigene zivilrechtliche Grundlage. Die Baulast dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse. 6
7 Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 VwGO. In die Kostenentscheidung waren die Beigeladenen nicht mit einzubeziehen, denn sie haben keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (Rechtsgedanke der 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem zu stellen. Verwaltungsgericht Gera, Postfach 15 61, Gera, Hainstraße 21, Gera, Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Antrag ist binnen zwei Monaten nach Zustellung des vorliegenden Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht in Gera einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen oder 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplom-Juristen im höheren Dienst vertreten lassen. 7
8 Gebietskörperschaften können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Krome 8
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