Durch die Bibel. 2. Mose 2,1-21 MOSE WIRD GEBOREN

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1 Durch die Bibel 2. Mose 2,1-21 MOSE WIRD GEBOREN Das zweite Kapitel im zweiten Buch Mose handelt von demjenigen, nach dem dieses Buch benannt ist, nämlich von Mose. Er wird zu der Zeit geboren, als auf Befehl des Pharaos in Ägypten alle neugeborenen jüdischen Jungen in den Nil geworfen werden sollen. Mose überlebt und wird später zum vollmächtigen Anführer der Israeliten. Mit Gottes Hilfe gelingt es ihm, sie aus der Hand der Ägypter zu befreien. Ich bezeichne das zweite Buch Mose gern als das große Buch der Befreiung. Trotzdem wirkt es auf unserer Entdeckungsreise durch die Bibel nur wie eine Zwischenstation. Denn in diesem Buch beginnt nichts grundlegend Neues und es wird auch nichts Altes zu Ende gebracht. Die Geschichten aus dem ersten Buch Mose werden einfach fortgeführt und münden schließlich im dritten und vierten Buch Mose. Trotzdem gibt es auch richtig spannende Momente, wie Sie gleich feststellen werden. Ich lese die Verse 1 und 2: Und es ging hin ein Mann vom Hause Levi und nahm ein Mädchen aus dem Hause Levi zur Frau. Und sie ward schwanger und gebar einen Sohn. Und als sie sah, dass es ein feines Kind war, verbarg sie ihn drei Monate (2 Mose 2,1-2). Diese Geschichte beginnt ganz unscheinbar. Ein junger Mann trifft eine junge Frau und verliebt sich in sie. Sie erwidert seine Liebe, die beiden heiraten und bekommen irgendwann ein Kind. Ein bisschen interessanter wird die Sache dadurch, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass vermutlich Mose selbst der Verfasser des zweiten Mosebuches ist. Das heißt, er berichtet hier, wie sich seine Eltern kennengelernt haben und wie er auf die Welt gekommen ist. Seine Mutter und sein Vater sind anscheinend einfache Leute. Nun ja, sie sind eben, wie die anderen auch, Fremdlinge in Ägypten. Und Sklaven des Pharaos obendrein. Später werden wir auch noch ihre Namen erfahren: Moses Eltern heißen Jochebed und Amram. Sie verstecken ihren kleinen Sohn, um ihn davor zu bewahren, im Nil ertränkt zu werden. Ein Kind in irgendeinem Verschlag, in einem Stall oder sonst wo zu verbergen, kann 1

2 jedoch kein Dauerzustand sein. Eine andere Lösung muss her! Hören Sie dazu Vers 3: Als sie [die Mutter] ihn aber nicht länger verbergen konnte, machte sie ein Kästlein von Rohr und verklebte es mit Erdharz und Pech und legte das Kind hinein und setzte das Kästlein in das Schilf am Ufer des Nils (2 Mose 2,3). Wahrscheinlich ist der kleine Mose inzwischen nicht nur ein feines Kind, wie in Vers 2 gesagt wurde, sondern auch ein gesundes Kind mit kräftigen Lungen. Ein ganz winziges Baby schreit meistens noch nicht so laut. Aber schon nach ein paar Monaten wundert man sich manchmal, in was für einer Lautstärke sich so ein Menschenkind bemerkbar machen kann. Viele Jahre später übrigens wird Mose von sich behaupten: Ich hab eine schwere Sprache und eine schwere Zunge (2 Mose 4,10). Das sagt er in dem Augenblick, als Gott ihn zum Sprecher der Israeliten machen und zum Pharao schicken will. Aber so etwas kommt ja auch bei Christen gelegentlich vor. Da hat jemand eigentlich eine große Klappe, aber sobald Gott etwas von ihm will, dann wird diese Person plötzlich ganz ruhig. Was mag in Moses Mutter Jochebed vor sich gegangen sein, als sie merkte: Ich kann den kleinen Schreihals nicht länger vor den Leuten verbergen? Ich könnte mir gut vorstellen, dass ein paar besonders fromme Israeliten zu ihr gesagt haben: Vertraue einfach fest auf den Herrn. Er wird s schon wohlmachen. Aber so fromm in Anführungszeichen ist Jochebed nicht. Sie hat Angst davor, dass ein ägyptischer Wächter gerade dann am Haus vorbeikommen könnte, wenn der kleine Mose mal wieder schreit, weil er nach einer frischen Windel verlangt. Das könnte dann für ihn wegen der Anordnung des Pharaos den sicheren Tod bedeuten. Deshalb überlegt sich Jochebed, was sie ganz praktisch, aber dennoch im Vertrauen auf Gott tun könnte. Was ich damit sagen möchte: Es gibt ganz sicher Momente im Leben, da ist der Glaube wie ein Sprung ins Ungewisse. Da können wir nur kurz beten: Herr, hilf!, und dann müssen wir springen. Aber ganz oft sind wir auch gefordert, unseren Verstand zu benutzen. Denn normalerweise erwartet Gott von niemandem, unsinnige Dinge zu tun. So hat Jochebed sich etwas ausgedacht, auf das man erst mal kommen muss. Sie bastelt für ihren kleinen Schatz so etwas wie eine Rettungsarche. Sie fertigt ein Kästlein aus Rohr, also vermutlich ein Körbchen mit einem Deckel, und 2

3 bestreicht es mit Harz und Pech, so dass kein Wasser eindringen kann. Dann legt sie ihren Sohn hinein und bringt diesen Behälter an eine flache Stelle im Nil. In den Versen 4 und 5 wird nun berichtet: Aber seine Schwester stand von ferne, um zu erfahren, wie es ihm ergehen würde. Und die Tochter des Pharao ging hinab und wollte baden im Nil, und ihre Gespielinnen gingen am Ufer hin und her. Und als sie das Kästlein im Schilf sah, sandte sie ihre Magd hin und ließ es holen (2 Mose 2,4-5). Wie ich eben schon angedeutet habe: Die Tatsache, dass Jochebed dieses Kästlein baut und ihren Sohn hineinlegt, hat nichts mit Unglauben zu tun. Sie selbst tut einfach nur das, was sie kann und für richtig hält, und überlässt alles andere Gott. Und Gott kümmert sich tatsächlich darum, dass dem kleinen Jungen auf dem Nil nichts passiert. Er fügt es so, dass die Tochter des Pharaos zum Baden an den Nil kommt (sicher an einer abgelegenen Stelle, um nicht von anderen beobachtet zu werden) und dass sie dieses Kästlein entdeckt. Weiter mit Vers 6: Und als sie es auftat, sah sie das Kind, und siehe, das Knäblein weinte. Da jammerte es sie und sie sprach: Es ist eins von den hebräischen Kindlein (2 Mose 2,6). Diesmal fängt der kleine Mose genau im richtigen Moment an zu weinen. Denn es geschieht, was Gott wohl in weiser Voraussicht so eingerichtet hat: Wenn das Weinen eines kleinen Kindes und das Herz einer Frau aufeinandertreffen, dann muss eine Frau dem Kind einfach helfen. Diese Behauptung mag altmodisch klingen, aber ich persönlich glaube, dass sie wahr ist. Die Tochter des Pharaos jedenfalls kann nicht anders, als mit dem kleinen Mose Mitleid zu haben, obwohl sie sofort den Verdacht äußert, dass es sich um das Kind einer israelitischen Mutter handelt. Vers 7: Da sprach seine Schwester [also die Schwester des kleinen Mose] zu der Tochter des Pharao: Soll ich hingehen und eine der hebräischen Frauen rufen, die da stillt, dass sie dir das Kindlein stille? (2 Mose 2,7). In diesem Moment wendet sich alles zum Guten. Eines fügt sich so zum andern, dass ich gar nicht anders kann, als Gottes Wirken zu erkennen. Erst die Idee mit dem 3

4 wasserdichten Kästlein. Dann die Tochter des Pharaos, die zum Baden kommt und das Kästlein entdeckt. Die Fürsorglichkeit, die sie dem Kind entgegenbringt. Die Schwester des Mose, die im richtigen Augenblick mit einer phänomenalen Vorschlag an die Tochter des Pharos herantritt. Und dann bietet diese auch noch an, für den Lebensunterhalt des kleinen Mose zu sorgen. Weiter ab Vers 8: Die Tochter des Pharao sprach zu ihr: Geh hin. Das Mädchen ging hin und rief die Mutter des Kindes. Da sprach die Tochter des Pharao zu ihr: Nimm das Kindlein mit und stille es mir; ich will es dir lohnen. Die Frau nahm das Kind und stillte es. Und als das Kind groß war, brachte sie es der Tochter des Pharao, und es ward ihr Sohn und sie nannte ihn Mose; denn sie sprach: Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen (2 Mose 2,8-10). Mehr konnte man sich wohl in dieser Situation nicht wünschen: Solange Mose noch klein war, wurde er von seiner eigenen Mutter großgezogen. Dann wurde er von der Tochter des Pharaos aufgenommen und bekam eine hervorragende Ausbildung. MOSE VERSUCHT SEINEN LANDSLEUTEN ZU HELFEN Die ersten vierzig Jahre seines Lebens verbringt Mose im Wesentlichen am Hof des Pharaos. Das hat sicher seine Vorteile. Aber man kann das auch anders sehen. Mose bekommt eine Erziehung und Ausbildung wie ein junger Ägypter. Er kleidet sich wie ein Ägypter. Trägt eine Frisur wie ein Ägypter. Spricht wie ein Ägypter. Ja, schon bald denkt und handelt er wie ein Ägypter, so dass er später, als er ins Land Midian geht, sogar für einen Ägypter gehalten wird. Was heißt das alles jetzt ganz praktisch? Nun, wahrscheinlich ist Mose im großen Sonnentempel der Ägypter unterrichtet worden. Das war in der damaligen Zeit die beste Universität, die man sich vorstellen konnte. Wir unterschätzen manchmal, was die alten Ägypter schon alles wussten und konnten. Ihre astronomischen Kenntnisse waren wirklich phänomenal. Sie kannten die Entfernung zur Sonne und entwickelten eine Theorie, wonach die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist. In angewandter Chemie kannten sie sich aus und balsamierten Tote so ein, dass viele Mumien auch noch nach Jahrtausenden in einem erstaunlich guten Zustand sind. Verschiedene Handwerkskünste beherrschten die alten Ägypter in Vollendung. Wenn 4

5 man sich manche Zeichnungen anschaut, ist man erstaunt, wie frisch die Farben nach so langer Zeit noch wirken. Wenn die Farbenindustrie heute noch solche Farben herstellen würde, brauchte ich wohl nie wieder mein Häuschen anzustreichen. Auch ganz wichtig: Die Ägypter besaßen eine riesige Bibliothek. Kein Wunder also, dass in der Apostelgeschichte berichtet wird: Und Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter gelehrt und war mächtig in Worten und Werken (Apg 7,22). Aber eines fehlte in den ganzen Jahren, die Mose am Hof des Pharaos zubrachte: Niemand brachte ihm bei, wie man ein treuer Diener Gottes wird. Ich möchte an dieser Stelle einen größeren Abschnitt aus der Rede des Stephanus vorlesen, die in der Apostelgeschichte wiedergegeben wird. Er spricht über das Leben von Mose. Einen Satz aus dieser Rede habe ich eben schon zitiert. Hören Sie jetzt aus Kapitel 7 die Verse 20 bis 29. Stephanus erzählt: Zu der Zeit wurde Mose geboren und er war ein schönes Kind vor Gott und wurde drei Monate ernährt im Hause seines Vaters. Als er aber ausgesetzt wurde, nahm ihn die Tochter des Pharao auf und zog ihn auf als ihren Sohn. Und Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter gelehrt und war mächtig in Worten und Werken. Als er aber vierzig Jahre alt wurde, gedachte er, nach seinen Brüdern, den Israeliten, zu sehen. Und sah einen Unrecht leiden; da stand er ihm bei und rächte den, dem Leid geschah, und erschlug den Ägypter. Er meinte aber, seine Brüder sollten's verstehen, dass Gott durch seine Hand ihnen Rettung bringe; aber sie verstanden's nicht. Und am nächsten Tag kam er zu ihnen, als sie miteinander stritten, und ermahnte sie, Frieden zu halten, und sprach: Liebe Männer, ihr seid doch Brüder; warum tut einer dem andern Unrecht? Der aber seinem Nächsten Unrecht getan hatte, stieß ihn von sich und sprach: Wer hat dich zum Aufseher und Richter über uns gesetzt? Willst du mich auch töten, wie du gestern den Ägypter getötet hast? Mose aber floh wegen dieser Rede (Apg 7,20-29). Soweit ein längeres Zitat aus der Apostelgeschichte, Kapitel 7. Stephanus stellt hier klar heraus: An Bildung fehlte es Mose ganz gewiss nicht. Was ihm aber niemand beigebracht hat, ist, wie man sich einem ganzen Volk gegenüber verständlich macht. Wie man andere Menschen für sich gewinnt und sie anleitet. Wie hat Stephanus es so schön ausgedrückt: Seine Brüder sollten's verstehen, dass Gott durch seine Hand ihnen Rettung bringe; aber sie verstanden's nicht. 5

6 Worum es in diesem Fall konkret ging, erfahren Sie jetzt wieder aus dem zweiten Buch Mose, Kapitel 2. Daraus lese ich die Verse 11 bis 15: Zu der Zeit, als Mose groß geworden war, ging er hinaus zu seinen Brüdern und sah ihren Frondienst und nahm wahr, dass ein Ägypter einen seiner hebräischen Brüder schlug. Da schaute er sich nach allen Seiten um und als er sah, dass kein Mensch da war, erschlug er den Ägypter und verscharrte ihn im Sande. Am andern Tage ging er wieder hinaus und sah zwei hebräische Männer miteinander streiten und sprach zu dem, der im Unrecht war: Warum schlägst du deinen Nächsten? Er aber sprach: Wer hat dich zum Aufseher oder Richter über uns gesetzt? Willst du mich auch umbringen, wie du den Ägypter umgebracht hast? Da fürchtete sich Mose und sprach: Wie ist das bekannt geworden? Und es kam vor den Pharao; der trachtete danach, Mose zu töten. Aber Mose floh vor dem Pharao und hielt sich auf im Lande Midian. Und er setzte sich nieder bei einem Brunnen (2 Mose 2,11-15). Soweit die Verse 11 bis 15. Aus dem Gehörten könnte man schließen, dass Mose niemals das Zeug dazu haben wird, das ganze Volk Israel aus der ägyptischen Knechtschaft zu befreien. Doch jetzt wird erst einmal berichtet, was Mose im Lande Midian, einem größtenteils wüstenähnlichen Gebiet erlebt: MOSE HEIRATET IN MIDIAN EINE HEIDIN Der Priester aber in Midian hatte sieben Töchter; die kamen, Wasser zu schöpfen, und füllten die Rinnen, um die Schafe ihres Vaters zu tränken. Da kamen Hirten und stießen sie weg. Mose aber stand auf und half ihnen und tränkte ihre Schafe. Und als sie zu ihrem Vater Reguël kamen, sprach er: Warum seid ihr heute so bald gekommen? Sie sprachen: Ein ägyptischer Mann stand uns bei gegen die Hirten und schöpfte für uns und tränkte die Schafe. Er sprach zu seinen Töchtern: Wo ist er? Warum habt ihr den Mann draußen gelassen? Ladet ihn doch ein, mit uns zu essen. Und Mose willigte ein, bei dem Mann zu bleiben. Und er gab Mose seine Tochter Zippora zur Frau (2 Mose 2,16-21). Soweit die Verse 16 bis 21. Ist Ihnen auch schon mal aufgefallen, dass nicht wenige Personen im Alten Testament durch ihr Verhalten, durch das, was sie erleben, und durch ihre Charakterzüge auf Jesus Christus hinweisen? Bei Josef, dem Sohn 6

7 Jakobs, war das zum Beispiel der Fall. Er wurde für viele Menschen zum Retter, weil er sie während einer Hungersnot mit Getreide versorgen konnte. Auch Jesus wurde zum Retter vieler Menschen, allerdings in einem geistlichen Sinn. Bei Mose kann man ebenfalls gewisse Parallelen zu Jesus entdecken. Beide kann man als große Befreier bezeichnen. Mose befreit später die Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft, während Jesus die Menschen von der Knechtschaft der Sünde befreit. Eine weitere Parallele ist darin zu sehen, dass Mose vor seinen eigenen Landsleuten fliehen muss und nun in Midian eine heidnische Frau heiratet. Später kehrt er zu seinen Landsleuten zurück. Und wie ist es bei Jesus? Er wird von den Israeliten als Messias und König des Reiches Gottes nicht anerkannt. Daraufhin wendet er sich den Heiden zu. Die christliche Gemeinde wird ja auch als Braut Christi bezeichnet. Mit ihr geht Jesus eine enge Verbindung ein. Doch eines Tages wird er wie Mose zum Volk Israel zurückkehren. Mose ist auf seine Weise also auch ein Mann des Alten Testaments, der durch sein Leben auf Jesus Christus hinweist. Er ist ein Typos oder Vorausbild, wie es manchmal in der Theologie genannt wird. Aber man muss sich immer vor Augen halten: Die Ähnlichkeit zu Jesus hat ihre Grenzen. Bei Mose wird das besonders deutlich: Er ist immerhin ein Mörder! Die ersten vierzig Jahre seines Lebens hat Mose in Ägypten verbracht, die nächsten vierzig Jahre bleibt er in Midian. Dort bekommen er und seine Frau Zippora zwei Söhne. Und dann, im Alter von achtzig Jahren, beruft ihn Gott dazu, das Volk Israel aus Ägypten wegzuführen. Damit ist er weitere vierzig Jahre beschäftigt, denn so lange dauert die anschließende Wanderung durch die Wüste. Insgesamt dreimal vierzig Jahre beträgt also die Lebenszeit von Mose. Ins Deutsche übertragen von Kai-Uwe Woytschak 7