Wie viele Quadratmeter braucht der Mensch? Volker Hauff, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung
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- Ewald Sachs
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1 1 Wie viele Quadratmeter braucht der Mensch? Volker Hauff, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung Statement zum Abschluss der gleichnamigen Veranstaltung des Rates für Nachhaltige Entwicklung und der Bundesarchitektenkammer am , Berlin 1. Die Fragestellung Unsere Veranstaltung hat Teilprobleme angesprochen. Wir hatten nicht die Absicht, alle Facetten der Probleme rund um die Flächeninanspruchnahme vollständig abzudecken. Die abschließenden Thesen greifen einige Diskussionspunkte heraus, die sich wie ein roter Faden durch die Tagung zogen. Im übrigen hat die Tagung eine Fülle von Anregungen, prononcierten Meinungen sowie Beurteilungen auf Grund fundierter praktischer Erfahrungen gebracht, die es durchweg Wert sind, in weiteren Diskussionen vertieft zu werden, die sich jedoch in dieser kurzen Schlussbilanz finden. Wir haben uns heute vorrangig mit der Flächeninanspruchnahme durch Wohnen beschäftigt. Eine gleichermaßen intensive Beschäftigung mit den Gewerbenutzungen steht noch aus. Auch die Mobilität verdient unter dem Aspekt der Flächeninanspruchnahme genauere Betrachtung. Denn nach einem Wort von Klaus Töpfer, dem früheren Bundesbauminister und jetzigem UNEP-Direktor und Mitglied des Nachhaltigkeitsrates, ist die Baustruktur immer ein Spiegel der Transportkosten und der Knappheiten der Vergangenheit. Längst scheint der Punkt erreicht, wo die volkswirtschaftliche Rationalität der immer weiteren Inanspruchnahme von Flächen kippt. 2. Das Leitbild Positive Alternativen zum Leitbild des Eigenheims im Grünen gibt es bereits. Kommunen wie Tübingen und Zürich haben solche Beispiele für veränderte Leitbilder des Wohnens. Wohnbedürfnisse ändern sich ständig; neue Freizeitangebote, die Wandlung von Lebensstilen und Familienverhältnissen fordern oftmals neue bauliche Formen für das Wohnen.
2 2 Es kann nur darum gehen, neue Angebote für flexible Wohnformen zu schaffen. Gefordert ist ein neues Leitbild für das Wohnen der Zukunft. Die Vorzüge des Wohnens im Grünen bleiben natürlich unbestritten und es wird auch in Zukunft noch vielerorts diese Wohnform geben. Das Ziel des Häuschens im Grünen darf aber nicht allein selig machend bleiben. Eine Veränderung eines gesellschaftlichen Leitbildes für das Wohnen ist nur im Wettbewerb denkbar. Die Angebote in der Stadt müssen so attraktiv gestaltet werden, dass die Menschen dort leben wollen. Die Städte die städtischen Wohnformen - müssen sich diesem Wettbewerb mit dem Umland stellen. Das Bauen soll in einem neuen Leitbild nicht mehr als Beschneidung und Zerstörung von Natur wirken, sondern die qualitative Art und Weise des Bauens soll die Natur bereichern. Solche Bauformen und Bauweisen gibt es in Beispielen schon. Die Qualifizierung der Bauflächen in der Stadt ist die Herausforderung für das zukünftigen Bauens. Zu einer neuen Leitbilddiskussion gehört auch, dass der Bund mit seinen wohnungsbaupolitischen Instrumenten einen Wettbewerb um andere Wohnbauformen überhaupt ermöglicht, indem er auf Bauherrengemeinschaften und genossenschaftliche Baufinanzierungen hinweist und diese stärker motiviert. 3. Regionalisierung der Ziele Die Gleichwertigkeit der Arbeits- und Lebensbedingungen mag als Ziel für die räumliche Entwicklung Deutschlands weitgehend erhalten bleiben die Antworten, wie dieses Ziel erreicht werden kann, müssen indessen sehr viel stärker als bisher regionalisiert werden. In viel stärkerem Maße als bisher müssen die Auswirkungen von gesamtstaatlichen Lösungen und Maßnahmen vor dem Hintergrund der regionalen Besonderheiten geprüft werden. 4. Instrumente Die Vorhaltung, das eine oder andere Instrument zur Beeinflussung der Raumnutzung sei zu klein, bleibe ohne Wirkung oder sofern eine Wirkung zugestanden wird erhöhe die (Boden)Preise und baue von daher große Hindernisse auf, geht fehl. Die Methode der Argumentation ist aus der energiepolitischen Debatte der 70er und 80er Jahre bekannt. Auch damals wurde eine Vielzahl von Ansätzen diskutiert und es zeigte sich später, dass nicht die Suche nach dem einen großen Ansatz zum Erfolg führte, sondern sich eine
3 3 Richtungsveränderung in der Energieversorgung aus der Vielzahl von teils eben auch sehr kleinen Änderungen ergab. Es zeigt sich in der historischen Sicht, dass es nicht auf die Größe des einzelnen Schrittes ankommt, sondern dass es auf die Erkennbarkeit der Richtung ankommt, wenn eine gesellschaftliche Bewegung Erfolg haben soll. Aus modernen Methoden des Controlling von Unternehmen ist bekannt, dass in der Festlegung von Verfahrensschritten oft mehr Kraft zur Veränderung steckt als in der zielgenaue formulierten inhaltlichen Maßnahmen. Die Diskussion um die Flächeninanspruchnahme muss in diesem Sinne lokal und regional werden. Solange über Maßnahmen allein auf der Bundesebene gesprochen wird, werden die Herzen und Köpfe der Menschen, die Tag für Tag Entscheidungen über die Flächeninanspruchnahme treffen, nicht erreicht werden. Dazu kann lokales/regionales Flächenmanagement beitragen. 5. Wachstum Schrumpftum Die Demografische Entwicklung in Deutschland muss stärker als bisher den Ausgangspunkt für Überlegungen zur Stadtentwicklung, zur Bereitstellung von Ver- und Entsorgungs- Infrastruktur und sozialen Diensten bilden. Die volkswirtschaftliche Finanzierungslücke bei der Infrastruktur wird von vielen Fachleuten vorausgesagt. 6. Defizit an Umsetzung Es gibt kein Defizit an Instrumenten, Deutschland hat eines der besten und sicherlich ausgefeiltesten Rechtssystem für die Planung der räumlichen Nutzung. Vielmehr gibt es erhebliche Defizite in der Umsetzung und Anwendung, vor allem aber in der Verbindlichkeit und in der Konkretisierung, mit der inhaltliche Vorgaben planungsrechtlich umgesetzt werden.
4 4 7. Flächenmanagement Das Instrument des Flächenmanagements ist in vielerlei Beispielen bereits erprobt und erfolgreich angewandt worden. Es hilft, die Entscheidungsprozesse zur Flächeninanspruchnahme lokal und konkret zu machen. Und es hilft, zu informierten Entscheidungen zu kommen, die auch vor dem Hintergrund ihrer Auswirkungen auf die Ökologie, den sozialen Zusammenhalt und die Qualität der gebauten Umwelt Bestand haben. 8. Planungsrecht Im Sinne von grundsätzlichen Denkmodellen zeichnet sich ab, dass man für planungsrechtliche Veränderungen entweder bei der Planungshoheit der Gemeinden oder bei der Verbindlichkeit raumordnungspolitischer Vorgaben des Bundes, respektive der Länder ansetzen kann. Anzuregen ist eine stärkere Verantwortung des Bundes in der Bau- und Planungspolitik, die bislang vornehmlich von den Kommunen und Ländern getragen wird. 9. Entfernungspauschale Die Senkung der Entfernungspauschale ist ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und kann dazu beitragen, den Flächenverbrauch zu senken. Der Abbau dieser und anderer Subventionen ist überfällig, da sie inzwischen pervertiert sind und ihrer ursprünglichen Zielstellung nicht mehr entsprechen. Der ursprüngliche Sinn der Pendlerpauschale war es, Menschen vom Land die Fahrt zu den Arbeitsplätzen in den Städten zu erleichtern. Heute jedoch wirkt sie als Anreiz, aus den Städten ins Umland zu ziehen und belohnt Zersiedelung und zusätzlichen Verkehr. 10. Zertifikate Die Vorstellung, mit der Vergabe von Zertifikaten zur Flächennutzung ein zusätzliches ökonomisches Steuerungselement zu schaffen, hat sich in den Diskussionen der Tagung nicht durchgesetzt. Vielmehr wurden plausible Gegenargumente gegen dieses Instrumentenoption hervorgebracht, die neben den Hinweisen auf die entstehende Bürokratie vor allem auf das
5 5 Wachstumsgefälle in Deutschland aufmerksam machen und fragen, welchen Sinn diese Instrumente in einer grundlegend veränderten Entwicklungsdynamik in Deutschland hätten. Welchen Sinn machte es wohl, wenn ein Finanztransfer von Wachstums-Regionen in Schrumpftums Regionen organisiert wird, der aber im übrigen keine oder nur eine marginale Lenkung der Flächeninanspruchnahme verspricht? Stattdessen erscheint es sinnvoll, Verfahren aus der Städtebauförderung, die die Verfügungsrechte an Bauflächen vorübergehend an die Gemeinde übertragen, auf ihre Eignung und Fortentwicklung zu untersuchen. 11. Zum Schluss Die Diskussion Wie viele Quadratmeter braucht der Mensch? führt jeder Mensch mit sich und für sich. Die Festlegung einer Obergrenze erscheint nicht als Endergebnis dieser Diskussion, die dann umso besser läuft, desto mehr Aspekte der Qualität eine Rolle spielen.
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