Vitamin D. Diagnostik und Therapie. Kluge Diagnostik. Richtige Entscheidung.
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- Klaus Geisler
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1 Vitamin D Diagnostik und Therapie Kluge Diagnostik. Richtige Entscheidung.
2 Vitamin D: Diagnostik und Therapie Vitamin D wird vor allem unter Einwirkung von Sonnenlicht UV-B in der Haut gebildet, wohingegen die Vitamin D- Zufuhr mit der Nahrung (z.b. Fische, Pilze, Eier) eine untergeordnete Rolle für die Versorgung mit Vitamin D spielt. Die pathophysiologische Bedeutung von Vitamin D bei vielen Erkrankungen erklärt sich dadurch, dass Vitamin D die Vorstufe eines Steroidhormons (1,25-Dihydroxyvitamin D) ist. Die Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie des Vitamin D-Mangels beruhen in erster Linie auf den wissenschaftlich gesicherten, positiven Effekten von Vitamin D bei Rachitis, Osteomalazie, Knochenbrüchen und Stürzen, wobei rezente Meta-Analysen von Placebo-kontrollierten Studien u.a. auch gezeigt haben, dass Vitamin D-Supplementierung auch Gesamtsterblichkeit und Infekte reduziert und auch in der Schwangerschaft positive Effekte wie eine Verminderung der Häufigkeit von Frühgeburten hat (1-3). Diskutiert werden daneben günstige Auswirkungen von Vitamin D auf die Herzgesundheit, auf Krebs und Autoimmunerkrankungen. Diagnostik bei Verdacht auf Mangel an Vitamin D Die Abklärung eines Vitamin D-Mangels erfolgt durch die Bestimmung des 25-Hydroxyvitamin D (25-OH-Vitamin D), welches am besten den Vitamin D-Status bzw. die Vitamin D-Zufuhr reflektiert (4). Die Bestimmung des 25-OH-Vitamin D zur Diagnose und Kontrolle eines Behandlungserfolgs ist Kassenleistung, wenn sie medizinisch notwendig ist. Die medizinische Notwendigkeit wird aber im EBM nicht genau definiert. Es bietet sich daher an, sich an den Indikationen der Endocrine Society (4) zu orientieren (Tabelle 1). Die Diagnose eines Vitamin D-Mangels sollte nicht alleine auf der Vitamin D-Konzentration beruhen, sondern durch gleichzeitige Bestimmung von Kalzium, Phosphat, alkalischer Phosphatase und Parathormon ergänzt werden (5). Die Bestimmung des 1,25-Dihydroxyvitamin D (Calcitriol) ist neben genetisch bedingten Formen der Rachitis vor allem bei der Hyperkalzämieabklärung von klinischer Relevanz, da es z.b. im Rahmen einer Tuberkulose oder Sarkoidose zu einer durch Calcitriol bedingten Hyperkalzämie kommen kann. Hohe Calcitriol-Werte sind auch ein zusätzlicher diagnostischer Hinweis auf einen primären Hyperparathyreoidismus. In der klinischen Routine wird das Calcitriol auch bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz bestimmt, obwohl es hierzu keine klare Empfehlung gibt. Tabelle 1 Indikationen für die Bestimmung des 25-OH-Vitamin D nach der Endocrine Society Guideline (4) Osteoporose, Rachitis, Osteomalazie Chronische Niereninsuffizienz (GFR < 60 ml min/1.73m 2 gemäß KDIGO) Leberinsuffizienz/Leberzirrhose Malabsorptionssyndrome (z.b. chronisch entzündliche Darmerkrankungen) Hyperparathyreoidismus Medikamente mit Einfluss auf den Vitamin D-Stoffwechsel (Glukokortikoide) Dunkelhäutige Menschen Schwangere und stillende Frauen Ältere Menschen mit nicht-traumatischen Frakturen oder Stürzen Übergewichtige Menschen mit einem body mass index (BMI) > 30 kg/m 2 Granulomatöse Erkrankungen (Sarkoidose, Tuberkulose, manche Lymphome)
3 Wie bewerten? Es gibt unterschiedliche Klassifikationen des Vitamin D- Status. Bei 25-OH-Vitamin D-Werten von < 30 nmol/l (12 ng/ml) liegt ein schwerer Vitamin D-Mangel vor mit hohem Risiko für z.b. Rachitis, Osteomalazie und Störungen des Kalziumstoffwechsels (Hypokalzämie) vor und es besteht in der Regel bereits ein Hyperparathyreoidismus (erhöhte Werte des Parathormons). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bezeichnet 25-OH-Vitamin D-Werte von 50 nmol/l (20 ng/ml) oder höher als optimale Werte und empfiehlt bei niedrigeren Werten eine Vitamin D-Therapie durch Vitamin D-reiche Ernährung, vermehrte Sonnenlichtexposition oder Vitamin D-Supplemente, um einen Zielwert in der Allgemeinbevölkerung von zumindest 50 nmol/l (20 ng/ml) zu erreichen (6). Bestimmte Gesellschaften wie die Endocrine Society empfehlen als Zielwert für einen optimalen Vitamin D-Status bei Patienten (zumindest) 75 nmol/l (30 ng/ml) (4). Wir schließen uns im Wesentlichen den Empfehlungen der Endocrine Society (4) an. 25-OH-Vitamin D-Werte von >150 bis 375 nmol/l (60 bis 150 ng/ml) können schädlich sein, allerdings gibt es zu wenige wissenschaftliche Daten zu diesem Wertebereich. Werte > 375 nmol/l (>150 ng/ml) führen möglicherweise zur Vitamin D-Intoxikation mit Hyperkalzämie (7). Vitamin D-Therapie Die Dosierungsempfehlungen für eine Vitamin D-Supplementierung sind uneinheitlich, bewegen sich jedoch meistens in einem Rahmen von 800 bis 2000 Internationalen Einheiten (IE) (20 bis 50 μg) tgl, wobei für eben diese Vitamin D-Dosierung auch ein Frakturen senkender Effekt nachgewiesen wurde (8). wobei gemäß der Empfehlung der International Osteoporosis Foundation (IOF) teils auch Dosierungen bis 2000 IE (50 μg) tgl. in der Osteoporosetherapie notwendig sein können (10, 11). Tabelle 2 Bewertung der Bestimmung des 25-OH-Vitamin D in Anlehnung an die Endocrine Society Guideline (4) 25-OH-Vitamin D Bewertung [nmol/l] [ng/ml] < 30 < 12 Schwerer Mangel Mangel Insuffizienz Zielbereich, optimal Potenziell schädlich > 375 > 150 Vitamin D-Intoxikation mit Hyperkalzämie möglich Tabelle 3 Dosierungsempfehlungen für eine Vitamin D-Supplementierung bei Risiko ungenügender/fehlender endogener Vitamin D-Bildung Personengruppe Fachgesellschaft Dosisempfehlung Kleinkinder bis 1 Jahr Kinder ab 1 Jahr und Erwachsene Deutsche Gesellschaft für Ernährung Deutsche Gesellschaft für Ernährung 400 IE / 10 µg pro Tag 800 IE / 20 µg pro Tag Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei ungenügender/fehlender endogener Vitamin D-Bildung in der Haut (d.h. z.b. im Winter) 800 IE (20 μg) pro Tag für jede Person ab einem Alter von 1 Jahr (unter 1 Jahr: 400 IE d.h. 10 μg) (6). Die Endocrine Society und auch das Institute of Medicine (IOM) empfehlen 600 bis 800 IE (15 bis 20 μg) tgl., um zumindest einen 25-OH-Vitamin D-Wert von 50 nmol/l (20 ng/ml) zu erreichen, wobei die Endocrine Society zur Erreichung des ihrerseits optimalen Zielwertes von (zumindest) 75 nmol/l (30 ng/ml) eine Dosis von 1500 bis 2000 IE (37,5 bis 50 μg) empfiehlt (4, 9). Der DVO (Dachverband Osteologie) empfiehlt in der Behandlung der Osteoporose eine Dosis von 800 bis 1000 IE (20 bis 25 μg) Vitamin D tgl., Osteoporose Endocrine Society (USA) und Institute of Medicine (USA) Endocrine Society (USA) Dachverband Osteologie, International Osteoporosis Foundation 600 bis 800 IE / 15 bis 20 µg pro Tag bei Ziel von 50 nmol/l (20 ng/ml) 1500 bis 2000 IE / 37,5 bis 50 µg pro Tag bei Ziel von 75 nmol/l (30 ng/ml) 800 bis 2000 IE / 20 bis 50 µg pro Tag
4 Vitamin D und Schwangerschaft In der Schwangerschaft gelten die gleichen Empfehlungen wie für Nicht-Schwangere. Die Vitamin D-Supplementierung in der Schwangerschaft gilt als sicher. Nach einer rezenten Cochrane Meta-Analyse geht die Vitamin D-Supplementierung im Vergleich zu Placebo mit einem signifikant niedrigeren Risiko für Präeklampsie, niedrigem Geburtsgewicht und Frühgeburten einher (3). Chronische Nierenerkrankungen mit sekundärem Hyperparathyreoidismus Bei chronischer Niereninsuffizienz mit erhöhtem Parathormon wird eine Bestimmung des 25-OH-Vitamin D empfohlen, da bei erniedrigtem 25-OH-Vitamin D eine Vitamin D-Supplementierung indiziert ist (12). Praktische Hinweise Nach Beginn einer Vitamin D-Supplementierung sollte man zumindest 2 (bis 3) Monate warten bis eine erneute 25-OH-Vitamin D-Testung zur Therapiekontrolle durchgeführt wird, da es etwa so lange dauert bis sich ein steady state ausgebildet hat. Der Anstieg des 25-OH-Vitamin D ist individuell sehr variabel, wobei vor allem übergewichtige Menschen mehr Vitamin D benötigen. Gemäß der EFSA (European Food Safety Authority) sind Vitamin D-Dosierungen bis 4000 IE (100 μg) tgl. als sicher zu betrachten (auch bei schwangeren und stillenden den Frauen). Relevante Kontraindikationen für den Ausgleich eines Vitamin D-Mangels gibt es keine (14). Eine häufig praktizierte Vorgehensweise bei der Vitamin D-Therapie ist es, bei Werten des 25-OH-Vitamin D < 50 nmol/l (20 ng/ml) eine Vitamin D-Supplementierung zu beginnen und die Dosis nach dem Wert des 25-OH-Vitamin D auszurichten, wobei meistens in einer Dosis von 800 bis 1000 IE (20 bis 25 μg) tgl. supplementiert wird. Bei sehr niedrigen 25-OH-Vitamin D-Ausgangsspiegeln kann jedoch auch eine Dosis bis 2000 IE (20 μg) tgl. erforderlich sein. Minimalziel einer Therapie sollte ein 25-OH-Vitamin D-Wert von zumindest 50 nmol/l (20 ng/ml) sein, wobei als Optimalwerte (zumindest) 75 nmol/l (30 ng/ml) und mehr anzusehen sind. Ist eine Austestung des 25-OH-Vitamin D nicht möglich, aber ein Vitamin D-Mangel aufgrund der Klinik sehr wahrscheinlich (z.b. Altersheimbewohner, Frauen mit Schwangerschaftswunsch und geringer Sonnenexposition), kann auch ausnahmsweise ohne Testung eine Therapie mit 800 IE (20 μg) (bis 1000 IE bzw. 25 μg) tgl. eingeleitet werden. Als sehr grobe Faustregel gilt, dass 1000 IE (25 μg) Vitamin D tgl. den 25-OH-Vitamin D-Wert um ca. 25 nmol/l oder 10 ng/ml (bis ca. 50 nmol/l oder 20 ng/ ml) erhöhen, wobei der Anstieg des 25-OH-Vitamin D bei niedrigen Ausgangswerten des 25-OH-Vitamin D stärker ist als bei hohen Werten (13). Eine Vitamin D-Supplementierung kann in täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Intervallen erfolgen. Eine Verabreichung von hohen Dosen in größeren Intervallen sollte vermieden werden. Die meisten Fachleute empfehlen inzwischen die tägliche Dosierung. Nicht verschreibungspflichtige Vitamin D-Präparate bis zu einer Tagesdosis von IE Vitamin D3, sei es in Kombination mit Calcium oder als Monopräparat, können nach den Bestimmungen der Arzneimittel-Richtlinie auf einem Kassenrezept verordnet werden für: Patienten, die eine Bisphosphonattherapie erhalten Patienten, die über ein halbes Jahr 7,5 mg täglich Prednisolonäquivalent einnehmen müssen, bei zwingender Notwendigkeit (5).
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