Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen von Sanierung und Insolvenz
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- Samuel Alexander Knopp
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1 Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen von Sanierung und Insolvenz Rechtsanwalt Priv.-Doz. Dr. Georg Annuß NÖRR STIEFENHOFER LUTZ, München Universität Regensburg, 12. Januar 2006
2 Allgemeine Grundlagen des Kündigungsrechts Bei Eingreifen des KSchG (vgl. 23 KSchG) ist Kündigung nur bei Vorliegen eines Grundes möglich. Kündigungsgründe sind in 1 KSchG abschließend aufgezählt: Verhaltensbedingte Gründe Personenbedingte Gründe Betriebsbedingte Gründe Liegt kein solcher Grund vor, kann AN durch Klage vor dem ArbG Rückkehr auf seinen Arbeitsplatz erzwingen. Arbeitgeber kann sich nicht einseitig durch Zahlung einer Abfindung vom Arbeitsverhältnis lösen; auch Arbeitsgericht kann Arbeitsverhältnis grds. nicht gegen Zahlung einer Abfindung auflösen. Kündigungsfristen sind einzuhalten (vgl. etwa 622 BGB oder Tarifverträge).
3 Eckpfeiler des Rechts der betriebsbedingten Kündigung Betriebsbedingte Kündigung dient zur Anpassung eines zu hohen Personalstandes an einen geringeren Personalbedarf. Betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn Weiterbeschäftigung des AN - und sei es zu veränderten Bedingungen - im Unternehmen (auch in einem anderen Betrieb) möglich ist. Bei größeren Restrukturierungsmaßnahmen stellt das Erfordernis der Sozialauswahl ( 1 III KSchG) vor besondere Probleme. Sozialauswahl bestimmt, welcher von mehreren vergleichbaren und austauschbaren AN innerhalb des selben Betriebs (nicht Unternehmens) konkret von der Stellenstreichung betroffen wird. Änderungskündigung allein zum Zwecke der Entgeltreduzierung möglich? Nach Ansicht des BAG theoretisch (+), allerdings bislang in keinem Fall anerkannt.
4 Beispiel für kreative Bewältigung der Sozialauswahl A-GmbH Holding-GmbH A-GmbH B-GmbH C-GmbH
5 Tarifrechtliche Grundzüge Tarifverträge werden abgeschlossen zwischen Arbeitgeberverbänden oder einzelnen Arbeitgebern auf der einen Seite und Gewerkschaften auf der anderen Seite. Tarifverträge gelten prinzipiell nur zwischen beiderseits unmittelbar Tarifgebundenen: für Arbeitnehmer gelten sie daher grds. nur, wenn sie Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind. Für Arbeitgeber gelten sie grds. nur, wenn sie den Tarifvertrag selbst geschlossen haben oder Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes sind. Bei beiderseitiger Tarifbindung gelten Tarifverträge in den Arbeitsverhältnissen unmittelbar und zwingend (normativ). Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind (sog. Öffnungsklausel) oder eine Änderung zugunsten des Arbeitnehmers enthalten (sog. Günstigkeitsprinzip). Verhältnis zu Betriebsvereinbarungen wird wesentlich durch 77 Abs. 3 BetrVG bestimmt: Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.
6 Probleme des Tarifrechts Was ist günstiger? Sachgruppenvergleich? Objektive oder subjektive Betrachtung. Konkret: Standorterhalt gegen Entgeltabsenkung. Weiterbindung nach Verbandsaustritt bis Ende/Änderung der Tarifverträge. Gestaltungsmöglichkeit durch gemeinsamen Betrieb?
7 Beispielhafte Gestaltung mit gemeinsamem Betrieb A-KG B-KG 6000 AN FV Übertragung der Führung auf A-KG 4000 AN
8 Grundzüge des Betriebsübergangsrechts 613 a BGB (1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein... (6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen...
9 Beispiel eines Betriebsteilüberganges V-GmbH (Moosburg) V-GmbH (Moosburg) Overhead Overhead E-GmbH (Freising) Produktion 1 Produktion 2 Produktion 1 Produktion 2 Produktion 2 Betriebsmittel
10 Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft BQG AN Erwerber Dreiseitiger Vertrag AN InsSchuldner BM
11 Die Betriebsänderung in der Betriebsverfassung 111 BetrVG In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten... Als Betriebsänderung im Sinne des Satzes 1 gelten 1. Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, 3. Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, 4. grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, 5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.
12 Die Betriebsänderung in der Betriebsverfassung 112 BetrVG (1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan)... (4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. (5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Abs. 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen, als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das Unternehmen zu achten.
13 Erleichterungen in der Insolvenz (1) InsO: Ein Dienstverhältnis, bei dem der (Insolvenz-)Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadensersatz verlangen. (Kündigungsschutz ist auch in der Insolvenz zu beachten!) a BGB gilt in der Insolvenz nicht uneingeschränkt: Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung verlangt teleologische Reduktion Bestandsschutz unmodifizierte Geltung Haftung des Erwerbers modifizierte Geltung
14 Erleichterungen in der Insolvenz (2) 123 InsO (1) In einem Sozialplan, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt wird, kann für den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, ein Gesamtbetrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten ( 10 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes) der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen werden. (2) Die Verbindlichkeiten aus einem solchen Sozialplan sind Masseverbindlichkeiten. Jedoch darf, wenn nicht ein Insolvenzplan zustande kommt, für die Berichtigung von Sozialplanforderungen nicht mehr als ein Drittel der Masse verwendet werden, die ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde. Übersteigt der Gesamtbetrag aller Sozialplanforderungen diese Grenze, so sind die einzelnen Forderungen anteilig zu kürzen.
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