Praktische Philosophie
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- Rudolf Lange
- vor 8 Jahren
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1 Praktische Philosophie Das Fach Praktische Philosophie wird von allen Schülerinnen und Schülern besucht, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen. Es ist weltanschaulich neutral und berücksichtigt in seiner problemorientierten Gestaltung durchgängig drei Perspektiven: I Personale Perspektive personale Aspekte zum konkreten Thema II Gesellschaftliche Perspektive akzentuierende gesellschaftliche Aspekte zum konkreten Thema III Ideenperspektive korrelierende ideengeschichtliche Aspekte zum konkreten Thema Wie schaut die einzelne Schülerin/der einzelne Schüler aus seiner bisherigen lebensweltlichen Erfahrung heraus auf die Thematik? Wie wird das Thema gesellschaftlich betrachtet, bewertet und geregelt? Welche Gedanken, Ideen, Analysen, Differenzierungen und Klärungen gibt es zu diesem Thema in Wissenschaft und Kulturgeschichte?
2 Subjektiv-persönliche Wertvorstellungen und Einstellungen, z.b. Alltagserfahrungen personale Grunderfahrungen (wie Liebe, Leid, Angst, Geschlechtlichkeit, Alleinsein, Freude, Vertrauen...) Lebenssituationen der Schülerinnen und Schüler (wie Familie, Freundeskreis, Clique, Schule, Arbeit, Freizeit...) Gesellschaftliche Wertvorstellungen und Konflikte, z.b. Selbstbestimmung und Fremdbestimmung durch Arbeit, Freizeit und Medien Selbstverwirklichung und Geschlechterrolle Kulturelle Integration und plurale Gesellschaft Soziale Integration und Ausgrenzung Spannungsverhältnis zwischen den Generationen Gesellschaftliche Macht und Einflussmöglichkeiten des Einzelnen Wertepluralismus und Werteverfall Sozial-ökonomische Verantwortung und partikulare Interessen Sozio-politische Wirklichkeit und soziale Gerechtigkeit Erhaltung und Zerstörung der Natur Chancen und Gefahren von Wissenschaft und technologischer Entwicklung Gewalt und Friedfertigkeit Wirkmächtige Leitvorstellungen und Ideen, z.b. Determination Freiheit Emotionalität Rationalität Individualismus Kollektivismus Selbstverwirklichung Gemeinwohl Jedem das Seine Jedem das Gleiche Natur Kultur Ökonomie Ökologie konservativ progressiv Materialismus Idealismus Weltbezogenheit Transzendenz Säkularismus Religiosität Partikularismus Universalismus Monismus Pluralismus
3 Die Inhalte des Faches entstammen sieben Fragekreisen, die bei uns anhand der folgenden Unterrichtsthemen behandelt werden: 1. Fragenkreis: Die Frage nach dem Selbst (Jg. 8.1) a) Identität b) Freiheit und Unfreiheit c) Gefühl und Verstand d) Leib und Seele e) Geschlechtlichkeit Wer bin ich? 2. Fragenkreis: Die Frage nach dem Anderen (Jg. 8.1/2) a) Leben in Gemeinschaften b) Begegnung mit Fremdem c) Partnerschaft, Freundschaft, Liebe d) Rollen- und Gruppenverhalten e) Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft Die Troxler Schule eine Schule der anderen Art Schön gestaltete Häuser, ähnlich der Villa Kunterbunt, liebevoll eingerichtete Klassenräume und eine angenehme Lernatmosphäre. Das beschreibt die Troxler Schule wohl ziemlich gut. Am 24. April hatte ein Teil des PPL Kurses(Praktische Philosophie) der Jahrgangsstufe 9 von Frau Burth die Ehre, einen Vormittag in der Troxler Schule zu verbringen, auf die ausschließlich integrative Schüler gehen. Der Tag startete für uns um 8 Uhr mit der Ankunft der Schüler, die alle mit Transportmobilen ankamen, von denen sie sogar von zu Hause abgeholt werden. Nach einer freundlichen Begrüßung begann das gemeinsame Frühstück in den Klassen. Nachdem zu Ende gegessen wurde, räumten alle gemeinsam die Tische aus dem Weg um die morgendlichen Rituale auszuführen. Diese bestanden
4 aus Liedern und Gebeten, aber auch aus der Gebärdensprache, die alle Schüler lernen, denn so werden selbst diese berücksichtigt, die nicht sprechen. Es hat uns sehr beeindruckt, dass alle Schüler auf der Schule die Gebärdensprache beherrschen. Außerdem wirken die Schüler sehr glücklich während des Unterrichts, was sich vielleicht so manch ein Lehrer an unserer Schule wünscht. Vielleicht liegt es aber auch einfach an den bunt gestalteten Klassenräumen, in denen der Kreativität freien Lauf gelassen wurde, dass die Schüler liebe- und respektvoll miteinander umgehen, denn man wird von einem fröhlichen Klima beim Betreten des Raumes empfangen. Insgesamt hat uns allen der Tag sehr gut gefallen, da wir haben im Umgang mit integrativen Kindern viel gelernt haben und gemerkt haben, dass das Thema der Inclusion ein sehr wichtiges ist-sowohl für uns als, auch für die Behinderten und für den ein- oder anderen hat sich vielleicht sogar eine Tür für das bevorstehende Praktikum geöffnet Von Lea Dreifert und Maya Stangier,9b 3. Fragenkreis: Die Frage nach dem guten Handeln (Jg. 8.1/2) a) Gewissen b) Freiheit und Verantwortung c) Lust und Pflicht d) Umgang mit Konflikten Gewalt und Aggression e) Werte und Normen Das Glück zu geben Eine Unbekannte klingelt an Ihrer Tür und fragt, wie es Ihnen geht. Als Dank für die Auskunft reicht sie Ihnen einen Umschlag mit 50 Euro darin. Sie dürfen sich mit dem Geld kaufen, was Sie wollen. Allerdings müssen Sie es bis Sonnenuntergang ausgeben. Dann besucht die merkwürdige Fremde Ihren Nachbarn. Auch er soll sagen, wie er sich fühlt, und erhält 50 Euro unter der Bedingung allerdings, dass er sie verschenkt. Er kann sie für einen guten Zweck spenden, einen Bettler unterstützen, einem Kind ein Spielzeug kaufen, oder auch seine Freunde zum Essen einladen, soll das Geld jedoch ebenfalls bis zum Abend loswerden. [ ] Wer ist mit dem Geld glücklicher geworden? [ ] immer waren diejenigen, die mit dem Geld anderen eine Freude bereiten sollten, am Abend in besserer Stimmung. Diese Geschichte ist kein Märchen, sondern schildert ein Experiment der kanadischen Psychologin Elizabeth Dunn. In: Stefan Klein, Der Sinn des Gebens. Frankfurt/M: Fischer 2010, S Besuch eines Kurses bei der Wuppertaler Tafel
5 4. Fragenkreis: Die Frage nach Recht, Staat und Wirtschaft (Jg. 9.1) a) Regeln und Gesetze b) Recht und Gerechtigkeit c) Staatsformen und Institutionen d) Völkergemeinschaft - Friede e) Politische Utopien f) Armut und Wohlstand g) Ziele und Sinngehalt wirtschaftlicher Entscheidungen Utopie oder Dystopie der Gerechtigkeit? Wie Sie sicher wissen, gibt es dank unserer Arbeit heute neunundneunzig Komma acht Prozent weniger Schwerverbrechen. Einen richtigen Mord oder Hochverrat haben wir nur noch selten. Schließlich weiß der Täter, dass wir ihn eine Woche, bevor er Gelegenheit bekommt, das Verbrechen zu begehen, in ein Straflager stecken. Aus: Philip K. Dick: Minority Report, München: Heyne 2003, S Fragenkreis: Die Frage nach Natur und Technik (Jg. 9.1) a) Achtung vor dem Leben b) Natur als Um- und Mit-Welt c) Natur untersuchen, beherrschen, bewahren d) Technik - Nutzen und Risiken e) Ökonomie versus Ökologie 6. Fragenkreis: Die Frage nach Wahrheit, Wirklichkeit und Medien (Jg. 9.2) a) Wahrheit und Schein b) Logisch wahr und falsch c) Medien - Virtualität und Realität d) Vorurteil und Urteil e) Guter und schlechter Geschmack Der Barbier vom Hindukusch Der Herrscher des Hindukusch legte großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres seiner Untertanen. Deshalb ließ er den Barbier zu sich kommen und versprach ihm eine hohe Belohnung dafür, dass er alle Bewohner im Land rasiert, die sich nicht selbst rasieren. Der Barbier machte sich eifrig daran, den Auftrag zu erfüllen. Sich selbst rasiert er nicht. Als er nach einiger Zeit wieder vor den König trat, um seine Belohnung abzuholen, fragte dieser ihn: Und wie steht es mit dir? Hast du dich selbst rasiert? Der Barbier musste eingestehen, dass er den Auftrag nicht erfüllt und die Belohnung nicht verdient hatte, bat den König aber um eine zweite Chance. Die sollst du bekommen, sagte der König, aber wenn du den Auftrag dieses Mal nicht erfüllst, bist du des Todes! Der Barbier ging davon, um sich erneut an die Arbeit zu machen. Aber dann kommt ihm ein entsetzlicher Gedanke, der ihm wie ein Schock in die Glieder fuhr. Noch am gleichen Tag floh er in die Berge, um sich dort zu verstecken. Nach: Martin Cohen, 99 philosophische Rätsel. München/Zürich: Piper 2004, Seite 17.
6 7. Fragenkreis: Die Frage nach Ursprung, Zukunft und Sinn (Jg. 9.2) a) Schöpfung und Evolution b) Zeit und Zeitlichkeit c) Glück und Sinn des Lebens d) Arbeit, Freizeit, freie Zeit e) Sterben und Tod f) Religiosität g) Sekten und Okkultismus Die Erlebnismaschine Was ist Glück? Man stelle sich eine Erlebnismaschine vor, die einem jedes gewünschte Erlebnis vermittelt. Super- Neuropsychologen können das Gehirn so reizen, dass man glaubt und das Gefühl hat, man schriebe einen großen Roman, schlösse Freundschaft oder lese ein interessantes Buch. Dabei schwimmt man die ganze Zeit in einem Becken und hat Elektroden ans Gehirn angeschlossen. Sollte man sich lebenslang an diese Maschine anschließen lassen, so dass alle künftigen Erlebnisse im Voraus festgelegt sind? Wenn man sich Sorgen macht, es könnten einem wünschenswerte Erlebnisse entgehen, so können wir annehmen, dass das Leben festgelegt sind? Wenn man sich Sorgen macht, es könnten einem wünschenswerte Erlebnisse entgehen, so können wir annehmen, dass das Leben vieler anderer von Firmen gründlich durchforscht worden ist. Man kann aus ihrem riesigen Katalog oder Datenbank solche Erlebnisse auswählen und die eigenen Erlebnisse etwa für die nächsten zwei Jahre festlegen. Danach kommt man zehn Minuten oder Stunden aus dem Becken heraus und kann sich seine Erlebnisse für die nächsten zwei Jahre aussuchen. Während man im Becken schwimmt, weiß man natürlich nichts davon, man glaubt, alles, was man erlebt, geschähe wirklich. Auch andere können sich anschließen lassen und sich die gewünschten Erlebnisse verschaffen; es braucht also niemand unangeschlossen zu bleiben, um für andere da zu sein. (Wir vernachlässigen Probleme wie das, wer die Maschine bedient, wenn jeder angeschlossen ist.) Würdest du dich anschließen lassen? Was könnte denn für uns von Bedeutung sein außer dem, wie unser Leben von innen erlebt wird? Sollte man sich durch die paar unangenehmen Augenblicke zwischen der Entscheidung und dem Anschluss abschrecken lassen? Was sind die paar Augenblicke im Vergleich zu einem ganzen glücklichen Leben (falls man das wählt), und warum sollte man denn überhaupt ein ungutes Gefühl haben, wenn man wirklich die beste Entscheidung getroffen hat? In: Hans-Ludwig Freese, Abenteuer im Kopf, Weinheim-Berlin 1995, S 289f. Derzeit unterrichten folgende Lehrkräfte das Fach Praktische Philosophie an unserem Gymnasium: Frau Burth Frau Dopf Herr Draken Frau Dziuba Frau Hauptmann Frau Jesinghaus-Eickelbaum
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