Workshop: Migrationsspezifisches Know-how für die Gründungsunterstützung Fallbeispiele: Rechtliches Kontextwissen

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1 Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ) Workshop: Migrationsspezifisches Know-how für die Gründungsunterstützung Fallbeispiele: Rechtliches Kontextwissen (1) Passbild mit Aufenthaltstitel: Niederlassungserlaubnis (Familienzugehöriger) Erwerbstätigkeit gestattet Absolut unproblematisch: sowohl die Niederlassungserlaubnis ist vorhanden wie auch die Erwerbstätigkeit gestattet. Letzteres beinhaltet auch die selbständige Tätigkeit. Es sind keine weiteren formalen Anforderungen zu erfüllen: kein Businessplan, keine Erlaubnis bei der Ausländerbehörde einzuholen. Sofortige Anmeldung eines Gewerbes oder eines freien Berufes möglich, wenn die die qualifikatorischen Erfordernisse für die selbständige Tätigkeit erfüllt sind. (2) Person mit Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 3 AufenthG. Frau K. hat eine Aufenthaltserlaubnis nach 25 Abs. 3 AufenthG. wegen eines Abschiebeverbots ( nationaler subsidiärer Schutz). Sie möchte sich gerne als freiberufliche Dolmetscherin selbständig machen und eine Unterstützung vom Jobcenter erhalten. In ihrer Nebenbestimmung steht: Beschäftigung uneingeschränkt gestattet. Selbständige Tätigkeit nicht gestattet. Lösung Es besteht die Möglichkeit den Aufenthaltstitel zu erweitern und die Erlaubnis für eine selbständige Tätigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG zu beantragen. Die Erlaubnis zur Erweiterung liegt im Ermessen der Ausländerbehörde und muss von dieser genehmigt werden. Die Anforderung, die die Ausländerbehörde in den meisten Fällen stellt, ist die Erstellung eines Businessplanes, anhand dessen die Tragfähigkeit der geplanten Selbständigkeit geprüft wird. 1

2 (3) Passbild mit Aufenthaltstitel; Aufenthaltserlaubnis vorhanden, jedoch für eine Beschäftigung. Wichtig hier: die Anmerkung 18 Abs. 4 in Verbindungmit 27, Nr. 2 Beschäftigungsverordnung Es besteht die Möglichkeit den Aufenthaltstitel zu wechseln und eine selbständige Tätigkeit nach 21 Abs. 1 AufenthG (für den gewerblichen Bereich) oder nach 21 Abs. 5 AufenthG zu beantragen. Es besteht die Möglichkeit den Aufenthaltstitel zu erweitern und die Erlaubnis für eine selbständige Tätigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG zu beantragen. In allen Fällen hat die zuständige Ausländerbehörde das Ermessen den Antrag anzunehmen bzw. abzulehnen. Die mit dem Wechsel bzw. mit der Erweiterung des Aufenthaltstitel verbunden Anforderungen sind in den jeweiligen Paragrafen aufgeführt (u.a. Businessplan, Nachweis der unternehmerischen Kompetenzen, etc.). (4) Rückseite des Aufenthaltstitels eines/r Studierenden 2

3 Die selbständige Tätigkeit ist zwar nicht gestattet, aber dies bedeutet nicht, dass die selbständige Tätigkeit verboten ist. Allerdings kann ein/e Studierende/r während des Studiums eine Selbständigkeit nur im Nebenerwerb ausüben. Erforderlich ist ein Antrag zu Erlaubnis der selbständigen Tätigkeit könnte nach 21 Abs. 6 AufenthG bei der zuständigen Ausländerbehörde. Es gelten dieselben Bedingungen wie für eine abhängige Beschäftigung, d.h. Erstellen eines Businessplanes. Allerdings darf die selbständige Tätigkeit (i) den Studienerfolg nicht gefährden und (ii) nicht 20 Std. in der Woche überschreiten, damit der Studierendenstatus bei der Krankenkasse nicht erlischt. Da der aktuelle Aufenthaltstitel, der eine Beschäftigung von bis zu 120 vollen Tagen erlaubt, bestehen bleibt, sind die Ausländerbehörden eher restriktiv in ihrer Ermessensausübung. Daher sollte im Businessplan deutlich werden, dass die Selbständigkeit nicht Stunden in der Woche übersteigt. (5) Studentin: Albanische Staatsbürgerin Ich bin eine ausländische Studentin hier in Deutschland und komme aus Albanien. Ich möchte als freiberufliche Sprachlehrerin bei einem Nachhilfezentrum arbeiten. Die Ausländerbehörde gibt mir aber keine Genehmigung zur Ausübung dieser Beschäftigung, weil die freiberufliche Tätigkeit der Studenten aus Drittländern nur begrenzt erlaubt ist, nämlich einmal pro Woche, 90 Min. Ich möchte viermal pro Woche unterrichten, damit ich mein Studium finanzieren kann. Sowieso bin ich sehr fleißig und würde auf keinen Fall mein Studium vernachlässigen. Im Gegensatz, da ich Sprachen studiere, fungieren die Unterrichten wie ein Praktikum. Meine Bitte an Sie ist mich zu beraten, wie ich eine solche Genehmigung bekommen kann. Es ist sehr wichtig für mich, mir solche beruflichen Erfahrungen zu machen statt der Arbeit in einer Cafeteria, die schlechter vergütet und irrelevant für mein Studium ist. Sie sollte einen Mini-Businessplan erstellen und verdeutlichen, dass die Tätigkeit in einem engen Zusammenhang mit dem Studium steht, so dass das Studium nicht gefährdet ist. Beigefügt werden sollte eine Einnahmen-Ausgaben Tabelle, aus dieser sollte hervorgehen, wie viele Stunden eingeplant sind. Dies ist wichtig, damit sie ihre Selbständigkeit im Nebenerwerb verdeutlicht und zeigt, dass sie auf jeden Fall weniger als 20 Stunden arbeitet, um ihren Studierendenstatuts bei der Krankenkasse nicht zu verlieren. 3

4 (6) Afghanische Frau mit Duldung Frau T. aus Afghanistan hat nach der Ablehnung ihres Asylantrages eine Duldung erhalten. Sie ist Diplombetriebswirtin mit einem deutschen Studienabschluss, da sie vor vielen Jahren in Deutschland studiert hatte. Sie möchte sich gerne selbständig machen. Mit einer Duldung ist die selbständige Tätigkeit ausgeschlossen. Eine Selbständigkeit darf in keinem Fall erlaubt werden. Im Fall der Duldung ist ein Wechsel in den 21 Abs. 5 AufenthG, der eine freiberufliche Tätigkeit erlauben würde, nicht möglich! Dieser ist nach Ablehnung des Asylantrages rechtlich gesperrt. Ein Wechsel in den 18a AufenthG ist ebenfalls nicht möglich, da dieser nur zum Zweck der abhängigen Beschäftigung seine Anwendung findet - nicht jedoch für eine selbständige Tätigkeit. 4

5 (7) Studentin: Russische Staatsbürgerin Sie hat den Wunsch sich als Vermögensberaterin im Nebenerwerb selbständig zu machen, da sie zuvor bereits als Vermögenberaterin gearbeitet hat. Sie ist in einem Masterstudiengang mit dem angestrebten Abschluss in Architektur. Sie besitzt einen Aufenthaltstitel nach 16 Abs. 1 AufenthG. Von der Ausländerbehörde hat sie mitgeteilt bekommen, dass eine Selbständigkeit nicht möglich ist. Folgendes hat sie dann unternommen (Original Mail-Text): Ich habe einfach die Idee von DVAG beschrieben und den Grund, warum für mich, als Studentin im Bereich Architektur, diese Arbeit und Wissen wichtig sind. Investitionen brauche ich auch fast keine. Ich weiß auch nicht ganz genau, wie viel kann ich monatlich verdienen. Deshalb habe ich einfach geschrieben, welche Einnahmen und Ausgaben habe ich, was verdient Vermögensberater in welcher Karrierestufe. Und auch, dass ich Sperrkonto mit einer notwendigen für Studenten Summe als Eigenkapital habe. Motivationsbrief habe ich auch geschrieben, weil ich da getrennt von der B-Plan erklären konnte, warum ich mich selbstständig machen möchte. Als Anhang zu dem Plan lege ich mein Lebenslauf, Motivationsschreiben, Kopie von meinem russischen Diplom, Kopie von meinem Zertifikat DBBV (Prüfung für Vermögensberater-Assistentin), Bescheinigungen von der Hochschule, dass ich meine Prüfungen bestanden habe und weiter immatrikuliert bin (Ausländeramt hat das letztes mal nachgefragt, damit kann ich zeigen, dass mit dem Studium alles OK ist). Vielleicht gibt es Sinn noch ein Paar Empfehlungsschreiben von meinem Betreuer und Direktionsleiter auch darstellen (dass ich mich gut gezeigt habe und sie möchten mir weiter als Partnerin sehen...)? Sie kann bei der Ausländerbehörde die Erlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG beantragen. Dabei muss sie beachten, dass sie 20 Std. in der Woche nicht überschreitet, um ihren Studierendenstatus bei der Krankenkasse nicht zu verlieren. Sie muss der Ausländerbehörde aufzeigen, dass sie ihren Studienabschluss nicht gefährdet, und einen Businessplan erstellen, indem sie dies verdeutlicht. Nach Beendigung des Studiums hat sie mehrere Möglichkeiten: (i) sie kann 16 Abs. 4 AufenthG beantragten, der ihr einen Aufenthalt für 18 Monaten ermöglicht, wenn sie ihren Lebensunterhalt gewährleisten kann. Währenddessen kann sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einer abhängigen Beschäftigung nachgehen oder bereits selbständig sein. Einige Monate vor Ablauf der 18 Monate sollte sie einen Antrag für 21 Abs. 2a AufenthG oder für 21 Abs. 1 AufenthG oder einen Antrag für 21 Abs. 5 stellen, damit die Ausländerbehörde ausreichend Zeit hat den Antrag zu prüfen. Sie kann 21, Abs. 2a AufenthG beantragen, wenn eine selbständige Tätigkeit die Nähe zu ihrem Studium erkennen lässt in diesem Fall ist eine Erleichterung der Antragstellung vorhanden. 5

6 Sie kann 21 Abs. 1 beantragen, wenn die selbständige Tätigkeit keine Nähe zum Studium erkennen lässt und dem gewerblichen Bereich zuzuordnen ist. In diesem Fall ist die Erstellung eines Businessplanes erforderlich. Sie kann 21 Abs. 5 beantragen, wenn die selbständige Tätigkeit keine Nähe zum Studium erkennen lässt und (im Falle einer selbständigen Tätigkeit als Vermögensberaterin) eine freiberufliche Tätigkeit ist. Auch in diesem Fall wird die Erstellung eines Businessplanes von der Ausländerbehörde gefordert. (8) Ehepaar: amerikanische und australische Staatsbürgerschaft Abschlüsse als Bäcker / Patisserie in Frankreich. Ist es möglich in München eine Patisserie aufzumachen? Eigenfinanzierung geplant Kann der Businessplan schon vor der Einreise nach Deutschland geschrieben werden? Ist es möglich schon eine Aufenthaltserlaubnis in Frankreich zu bekommen? Hierzu gibt es noch weitere Infos von Rainer! Als erstes ist die Anerkennung der Diplome als Meisterbrief zu klären. Die Kosten belaufen sich auf zwischen EURO. ( Diplome wurden zugesandt) Anschließend dann die Fragen klären (i) nach einem Visum, (ii) nach dem aktuellen Aufenthaltsort und (iii) nach einer vorgesehenen Investitionssumme. Die Antworten darauf waren: (i) kein Visum aktuell, (ii) Aufenthaltsort ist Australien und (iii) als Investitionssumme sind ca EURO vorgesehen. Anschließend die Anfrage: ob ein Businessplan bereits erstellt wurden oder ob Unterstützung bei der Erstellung gewünscht ist. Stand zum jetzigen Zeitpunkt: die Abschlüsse werden geprüft. Darauf aufbauend können dann die weiteren Schritte angegangen werden. 6

7 (9) Promovend: amerikanischer Staatsbürger Er ist mit seiner amerikanischen Ehefrau in Deutschland. Seine Ehefrau ist über 20 AufenthaltG (blue card) nach Deutschland gekommen und in einer Forschungseinrichtung tätig. Er selbst hat den Aufenthaltstitel nach 16 Abs. 1 AufenthG und möchte sich im Nebenerwerb selbständig machen. Die Ausländerbehörde hat den Antrag abgelehnt. Er hat zwei Optionen (auch wenn die Ausländerbehörde dies bei seiner ersten Nachfrage nicht berücksichtigt hat). Er kann einen Antrag zur Erlaubnis einer selbständigen Tätigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG stellen und muss dann die Anforderungen, die an einen ausländischen Studierenden gestellt werden (Nebenerwerb, Businessplan, etc. siehe Beispiel 8), erfüllen. Er kann einen Antrag für den Aufenthaltstitel nach 30 AufenthG (Familiennachzug) stellen den er auch bekommen sollte und kann anschließend einer selbständigen Tätigkeit ohne Einschränkungen (ähnlich wie deutsche oder EU-Studierende) nachgehen. (10) Russische Studentin mit einer Anfrage: Sehr geehrter Frau/Herr XY, mein Name ist Jekatarina Nowikov. Ich bin Studentin aus Russland. Ich weiß, dass nicht EU Studierende nicht selbständig arbeiten dürfen. Ich habe eine Frage. Ich habe ein einmaliges Jobangebot als Übersetzerin bekommen. Es wäre 4 Tage auf Honorar, es heißt, ich muss eine Rechnung am Ende schreiben. Wäre es für mich einmalig möglich oder muss ich beim Ausländeramt nachfragen und ein Erlaubnis zur Ausübung einer Selbständigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG beantragen? Ich würde Ihnen für alle mögliche Tipps dankbar. Als Dolmetscherin ist Sie freiberuflich tätig und muss eine Erlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach 21 Abs. 6 AufenthG beantragen. Das dürfte für vier Tage kein Problem sein, allerdings sollten in diesen vier Tagen keine Vorlesungen oder sonstige Univeranstaltungen stattfinden. Sollte dies der Fall sein, wird die Ausländerbehörde die Erlaubnis verweigern. Da jedoch nur ein Auftrag und nur ein Auftraggeber angegeben werden, wäre sie in den Augen des Finanzamtes scheinselbständig (sie hat nur einen Auftraggeber). Sollte das der Ausländerbehörde bekannt werden, wird die Behörde keine Erweiterung geben. Probleme 7

8 mit dem Finanzamt könnten ebenfalls unangenehm und teuer werden, auch für den Arbeitgeber. Zudem würde es dann auch noch Probleme mit dem Aufenthaltstitel geben. Daher bestehen zwei Möglichkeiten: (1) der Auftraggeber vergibt einen Arbeitsvertrag und wird zum Arbeitgeber. Das wäre das Einfachste, allerdings für den Auftraggeber möglicherweise unattraktiv. (2) Der 21 Abs. 6 AufenthG wird nicht nur für die vier Tage beantragt, sondern für die Zeit des Studiums und sie tritt als Übersetzerin/Dolmetscherin auf dem Markt. Hierzu ist ein (kleiner) Businessplan zu schreiben und bei der Ausländerbehörde einzureichen (siehe oben Beispiel 8). Nadine Förster, Dr. Ralf Sänger, IQ Fachstelle Migrantenökonomie 8