EU-Rechtsrahmen zur Gleichbehandlung
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1 EU-Rechtsrahmen zur Gleichbehandlung Dr. Adam Bodnar Universität Warschau, Fakultät für Recht und Verwaltung Helsinki-Stiftung für Menschenrechte Trier, 6. Mai 2013
2 Gleichbehandlung von Männern und Frauen EWG-Vertrag aus dem Jahr 1957 Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz Marktwirtschaftliche Ideologie (Gleichbehandlung als wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes) Umfangreiche Rechtsprechung des EuGH (z.b. C-43/75, Defrenne gegen Sabena) Mehrere Richtlinien wurden zur Umsetzung der Bestimmungen des EG-Vertrags erlassen (z.b. Gleichbehandlung am Arbeitsplatz, gleiches Entgelt für Frauen und Männer, Beweislast in Diskriminierungsfällen) Derzeit verbindliche Richtlinien: Richtlinie 2006/54/EG Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich Beschäftigung und Beruf Richtlinie 2004/113/EG Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen; Beispiel Rechtssache C-236/09, Test-Achats)
3 Der Vertrag von Maastricht und die Unionsbürgerschaft Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in den Mitgliedstaaten Seit dem Vertrag von Maastricht Unionsbürgerschaft Verbot der Diskriminierung von Unionsbürgern im Aufnahmemitgliedstaat; Entkopplung der Freizügigkeit von der Marktkomponente Urteile des EuGH (z.b. C-85/96 Martinez Sala, C-184/99 Rudy Grzelczyk, C-148/02, Garcia Avello) Anwendbarkeit des Diskriminierungsverbot auch intern (z.b. Rechtssache Nerkowska) Unionsbürgerschaft in der EU-Charta der Grundrechte
4 Der Vertrag von Amsterdam - Änderung der Gleichstellungspolitik In den 90er Jahren Zunahme nationalistischer Einstellungen und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten Der Vertrag von Amsterdam aus dem Jahr 1997 Einführung von Art. 13 EGV (jetzt Art. 19 AEUV) Art. 19 AEUV Rechtsetzungskompetenz zur Verhütung von Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen Ausrichtung neue Richtlinien - Richtlinie 2000/43 (so genannte Antirassismus-Richtlinie ) und Richtlinie 2000/78 (so genannte Rahmenrichtlinie ) Weiter Anwendungsbereich der Richtlinien, deckt aber nicht alle möglichen Bereiche ab
5 Zakres dyrektyw Anwendungsbereich der EU-Richtlinien Beschäftigung Soziale Sicherheit Beruf, Berufsleben Gesundheitsschutz Bildung Zugang zu Gütern und Dienstleistungen Geschlecht Rasse oder ethnische Herkunft Religion oder Weltanschauung Sexuelle Ausrichtung Alter Behinderung
6 Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien der EU Umsetzungsprobleme in Mitgliedstaaten Mangel an Gleichstellungsstellen (bzw. unzureichende Kompetenzen) Gleichstellungsstellen und diskriminierende Verhaltensweise privatwirtschaftlicher Unternehmen Verzögerungen bei der Umsetzung Begriffsbestimmungen im nationalen Recht unvereinbar mit den Richtlinien Fehlen wirksamer Rechtsbehelfe Unkenntnis der in den Richtlinien begründeten Prinzipien bei Gerichten Umsetzung der EU-Richtlinien auf Druck der Europäischen Kommission und des EuGH, z.b. Gesetz vom über die Umsetzung ausgewählter Bestimmungen der EU im Bereich der Gleichbehandlung (Polen)
7 Entwurf einer horizontalen Richtlinie Der Entwurf einer horizontalen Richtlinie wurde von der Kommission 2008 als Teil der Erneuerten Sozialagenda für das 21. Jahrhundert verabschiedet Eine weitere Bearbeitung der Richtlinie wurde von den Mitgliedstaaten blockiert Politische Unterstützung für die horizontale Richtlinie im Europäischen Parlament Lobby-Arbeit für die Annahme der Richtlinie durch internationale nichtstaatliche Organisationen (z.b. ILGA-Europe, AGE, European Women s Lobby, Amnesty International gemeinsame Erklärung vom ) Fehlende Perspektiven für die Annahme der Richtlinie
8 Der Vertrag von Lissabon und die EU-Charta der Grundrechte Die EU-Charta rechtlich verbindlich, Teil des Primärrechts (unabhängig vom britisch-polnischen Protokoll, vgl. C-493/10 N.S. gegen Secretary of State) Einführung eines generellen Diskriminierungsverbots in Bezug auf die in der Charta garantierten Rechte und Freiheiten (Art. 21), Gleichheit von Männern und Frauen (Art. 23), Möglichkeit von Fördermaßnahmen (Art. 23, Abs. 2) Neue Gründe für Schutz vor Diskriminierung (z.b. genetische Merkmale), nicht erschöpfender Katalog von Gründen Antidiskriminierungsklausel mit Verfassungsrang Bedeutung der Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Gesetzen und Verfahren durch EU-Organe und Institutionen (und Mitgliedstaaten, wenn diese EU-Kompetenzen wahrnehmen) EU Charta keine neuen Kompetenzen im Bereich des Antidiskriminierungsrechts
9 Entwicklung einiger Konzepte in der Rechtsprechung Rechtssache C-144/04 Mangold und C-555/07 Kücükdeveci Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Alters als allgemeiner Grundsatz des EU-Rechts Schussanträge des Generalanwalts in C-147/08, Jürgen Römer gegen Stadt Hamburg; und Urteil des EuGH v fehlende Anerkennung des Verbots der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung als allgemeiner Grundsatz des EU-Rechts Diskriminierung durch Assoziierung - Formulierung aufgrund einer Behinderung (C-303/06 Coleman) Langfristige Erkrankung im Vergleich zu einer Behinderung (C-335/11 Jette Ring gegen Dansk almennyttigt Boligselskab DAB und C-337/11 LoneSkouboe Werge gegen Pro Display A/S) Beweislast in Diskriminierungsfällen, Klagefähigkeit (z.b. C-81/12, Asociaţia ACCEPT)
10 Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Die Europäische Union als Vertragspartei des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet am , ratifiziert am ; Fakultativprotokoll nicht ratifiziert UN-BRK als so genannte gemischte Übereinkunft (EU und Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien) Neues Paradigma in Bezug auf den gegenüber Menschen mit Behinderungen verfolgten Ansatz (die Gesellschaft sollte sich an die Bedürfnisse solcher Menschen anpassen, um ihnen die volle Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen) Konvergenz der Normen oder Konflikt zwischen verschiedenen Rechtsnormen Definition von Behinderung vgl. C-13/05 Chacon Navas Maßnahmen in der EU zur Umsetzung der UN-BRK Sollte die EU anderen völkerrechtlichen Verträgen beitreten (z.b. CEDAW, CERD)?
11 Beitritt der EU zur EMRK Art. 14 EMRK begrenzter Anwendungsbereich (Diskriminierung bei der Ausübung der von der EMRK garantierten Rechte und Freiheiten) Umfassende Antidiskriminerungsbestimmung - Art. 1 Protokoll Nr. 12 der EMRK (nur von wenigen Mitgliedstaaten ratifiziert) Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (Rechtsgrundlage - Protokoll Nr. 14 des EMRK, Vertrag von Lissabon) Überarbeiteter Entwurf des Abkommens über den Beitritt der Europäischen Union zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten vom Weiter Zeitplan für die Annahme der Beitrittsvereinbarung Folgen für Antidiskriminierungsmaßnahmen in der EU EU/FRA und EMRK Handbuch zum Antidiskriminierungsrecht
12 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Adam Bodnar Fakultät für Recht und Verwaltung, Universität Warschau Helsinki-Stiftung für Menschenrechte
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