Schriftliche Kleine Anfrage

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Schriftliche Kleine Anfrage"

Transkript

1 BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/ Wahlperiode Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Phyliss Demirel und Antje Möller (GRÜNE) vom und Antwort des Senats Betr.: Die Integration von Flüchtlingen in Arbeit und Ausbildung kann nicht warten Bleibeberechtigte Flüchtlinge wurden explizit in das Hamburger Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern aufgenommen, aber die Umsetzung der Ankündigungen kommt nur schleppend voran. Eine verbesserte Teilhabe mit konkreten Integrationsperspektiven in Arbeit und Ausbildung ist bisher nicht in Sicht. In einem Antrag der SPD-Fraktion vom werden lediglich erste Schritte in Richtung Teilhabe, wie der Anspruch Asylsuchender und Geduldeter auf Integrationskurse, die Erhöhung der Dauer des Integrationskurses auf 600 Stunden, der Zugang zum Arbeitsmarkt nach drei Monaten und der Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen benannt. Zur Verbesserung der Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, einer besonders schutzbedürftigen Flüchtlingsgruppe, schweigt sich der Senat aus. Schon seit Ende der 1990er Jahre gibt es eine Schulpflicht auch für Flüchtlinge. Da war Hamburg als Bundesland lange Vorbild. Durch den aktuell steigenden Bedarf an Plätzen in Schulen, bei Qualifizierung und Ausbildung muss das Angebot erweitert werden. Gerade dieser Gruppe von Jugendlichen und Heranwachsenden muss der Zugang zu Bildung und Ausbildung ermöglicht werden. Von Anfang an muss der Spracherwerb durch eine schulbegleitende Sprachförderung sichergestellt werden. Allen eingewanderten Jugendlichen muss eine Erstausbildung möglich sein. Für das Gelingen der Ausbildung bedarf es entsprechender Förderangebote. Zudem müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit diese Auszubildenden gleichberechtigt an den Fördermöglichkeiten der Jugendberufshilfe, des SGB II und des SGB III teilnehmen können. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlagen von Auskünften des Jobcenters team.arbeit.hamburg (Jobcenter), der Bundesagentur für Arbeit (BA) Regionaldirektion Nord (RD Nord) und der Zentralen Anlaufstelle Anerkennung (ZAA) wie folgt: 1. Wie viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge sind zurzeit in Hamburg erfasst? Bitte auflisten nach Aufenthaltsstatus, Alter und Herkunftsland. Am Stichtag 28. Februar waren 535 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (MuF) in JUS-IT erfasst. 1 Datenbestand

2 Drucksache 20/11456 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Altersgruppe am Stichtag Anzahl MuF 6 bis unter 9 Jahre 1 9 bis unter 12 Jahre 6 12 bis unter 15 Jahre bis unter 18 Jahre 485 Summe: 535 Staatsangehörigkeit der MuF Staatsangehörigkeit Anzahl MuF Staatsangehörigkeit Anzahl MuF Afghanistan 186 Iran, Islamische Republik 9 Ägypten 127 Libysch-Arabische Republik 1 Algerien 14 Mali 3 Angola 3 Marokko 14 Aserbaidschan 1 Mauretanien 3 Äthiopien 1 Montenegro 1 Benin 3 Niger 1 Burkina Faso 2 Nigeria 3 Côte d'ivoire 2 Palästinensische Gebiete 7 Deutschland 6 Russische Föderation 5 Eritrea 9 Senegal 1 Gambia 7 Serbien 1 Ghana 1 Somalia 57 Guinea 41 Syrien, Arabische Republik 5 Guinea-Bissau 7 unbekannt 5 Indien 2 ungeklärt 2 Irak 3 Vietnam 2 Der jeweilige Aufenthaltsstatus eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings wird nicht elektronisch auswertbar erfasst. Eine manuelle Auswertung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 2. Durch welche Maßnahmen unterstützt der Senat minderjährige unbegleitete Flüchtlinge bei dem Erwerb eines Schulabschlusses? Ist dabei relevant, welchen Aufenthaltsstatus die betroffene Person hat? Bitte auflisten nach Art der Maßnahme, Aufenthaltsstatus und Anzahl der Teilnehmenden. Im allgemeinbildenden Schulbereich werden minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, sofern sie über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, durch das Schulinformationszentrum einer Vorbereitungsmaßnahme (Alphabetisierungsklasse oder Internationale Vorbereitungsklasse) zugewiesen, von der sie in eine Regelklasse übergehen. Wenn dies altersmäßig nicht mehr möglich ist, werden sie in den internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) direkt auf einen Schulabschluss vorbereitet. Der Aufenthaltsstatus ist für die Beschulung an allgemeinbildenden Schulen nicht relevant. Daher wird die Teilgruppe der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge statistisch auch nicht erfasst. An berufsbildenden Schulen werden neu zugewanderte Jugendliche mit ungesichertem Aufenthaltsstatus im Vorbereitungskurs für Migranten (VJ-M) beschult. Neu zugewanderte Jugendliche mit gesichertem Aufenthaltsstatus werden in dem Berufsvorbereitungskurs für Migranten (BVJ-M) mit dem Ziel der Berufsvorbereitung beschult. Im Übrigen siehe Drs. 20/9683. Im Bildungsgang VJ-M wird statistisch nicht unterschieden zwischen begleiteten und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Eine Angabe zur Anzahl und zum Aufenthaltsstatus von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen ist daher nicht möglich. Insgesamt 888 Schülerinnen und Schüler besuchten einen VJ-M-Bildungsgang (Datenerhebung vom 27. Februar 2014). 2

3 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/ Wie viele jugendliche Flüchtlinge haben an einer geförderten Ausbildung (FHH, SGB II, SGB III) in 2013 teilgenommen? Das Merkmal Flüchtling wird von keiner Stelle in Hamburg, die geförderte Ausbildungen finanziert, erhoben. Auch über den Statistikservice der BA ist eine statistische Erhebung und Auswertung im Sinne der Fragestellung nicht möglich. Eine manuelle Auswertung mehrerer Tausend Teilnehmerakten ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Gibt es Ausschlussgründe, die am Aufenthaltsstatus anknüpfen? Jugendliche Flüchtlinge erhalten in der Regel Leistungen nach Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erst dann, wenn sie sich seit mindestens vier Jahren ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Diese Gesetzeslage führt dazu, dass jugendliche Flüchtlinge, die eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolvieren, nicht über BAföG oder BAB gefördert werden können. Die Aufnahme einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung führt zum Ausschluss von Leistungen zur Grundsicherung nach 7 Absatz 5 Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II). In der Folge verlieren jugendliche Flüchtlinge jeglichen Leistungsanspruch. Im Übrigen siehe auch Antworten zu 5. und zu 6. Für den Bereich des SGB II erfolgt die Zuweisung der Leistungsberechtigten in entsprechende Maßnahmen nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gemäß 7 SGB II. Die Ausschlussgründe des 7 (1) Satz 2 Nummer 1 3 SGB II knüpfen an den Aufenthaltsstatus an. Eine Ausbildung ist im Rahmen einer geförderten Ausbildung BaE (Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen) möglich, wenn die Erwerbstätigkeit mindestens bis nach Ausbildungsbeginn erlaubt ist. Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis ist von dem Status und der Aufenthaltsdauer abhängig. 5. Was tut der Senat in 2014, um minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen eine Erstausbildung zu ermöglichen? Siehe Drs. 20/9683 sowie Antworten zu 6. und zu 17. Darüber hinaus spielt im Rahmen der Hilfeplanung der Jugendämter sowie der Betreuungsarbeit der Träger die Orientierung auf eine berufliche Qualifizierung eine zentrale Rolle. Die Betreuungssettings der Jugendhilfe sind so gestaltet, dass die Teilnahme an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt und gefördert werden. Die Anschlussplanung nimmt die Berufsbildungssituation auf, um Abbrüche der Bildungswege zu vermeiden. 6. Welche gesetzlichen Regelungen beeinträchtigen beziehungsweise verhindern die Teilhabe der Flüchtlinge auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt? Was tut der Senat, um die Teilhabe von Flüchtlingen auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt zu verbessern? Die im Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG), im Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und der Beschäftigungsverordnung (BeschV) vorgesehenen Voraufenthaltszeiten sowie das Erfordernis einer Vorrangprüfung führen dazu, dass Flüchtlinge nicht sofort nach ihrer Ankunft in Hamburg eine Ausbildung oder Beschäftigung aufnehmen dürfen. Der Senat unterstützt die Bestrebungen der Bundesregierung, die Wartefrist zur Zulassung zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber und Geduldete einheitlich auf drei Monate zu beschränken. Um den Zugang zu Bildung und Ausbildung für Asylbewerber und Geduldete zu erleichtern, setzt sich die zuständige Behörde auf Ebene der Fachministerkonferenzen der Länder dafür ein, dass die Bundesregierung prüft, inwiefern die im BAföG genannten Fördervoraussetzungen für die ebenso dort genannten Ausländerinnen und Ausländer verbessert und die erforderlichen Voraufenthaltszeiten deutlich herabgesetzt werden können (vergleiche 8 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 2a BAföG). 3

4 Drucksache 20/11456 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Zudem setzt sich die zuständige Behörde auf Ebene der Fachministerkonferenzen der Länder dafür ein, dass die hierfür zuständige Bundesregierung prüft, ob junge Geduldete von dem Beschäftigungsverbot im Sinne des 33 BeschV ausgenommen werden können. Die Teilhabe von Schutzsuchenden mit ungesichertem Aufenthaltsstatus auch auf dem Bildungs- und Arbeitsmarkt ist dem Senat ein Anliegen. Dies zeigt sich zum Beispiel im Hamburger Integrationskonzept Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt (siehe Drs. 20/7049). Dort definiert der Senat Integration als chancengerechte und messbare Teilhabe an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (Inklusionsgedanke). Dies gilt diesem Ansatz zufolge erstmals und ausdrücklich auch für Flüchtlinge. Die interkulturelle Öffnung der Verwaltung soll hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten, indem Regelsysteme wie Kitas, Schulen, soziale Hilfen und Dienstleistungen und die Arbeitsverwaltung allen Menschen mit Migrationshintergrund einschließlich Flüchtlingen offen stehen. Darüber hinaus gibt es vielfältige spezielle Angebote, die sich ausschließlich an Flüchtlinge wenden. Um Flüchtlinge bei ihrer Ankunft zu beraten und zu unterstützen, hat Hamburg die Zentrale Information und Beratung für Flüchtlinge ggmbh (Flüchtlingszentrum) geschaffen, das in privater Trägerschaft betrieben wird. In den Jahren 2011 bis 2013 hat Hamburg das Flüchtlingszentrum mit einer Summe in Höhe von Euro unterstützt. Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen (BuT-Leistungen) haben Familien mit Kindern und damit auch Flüchtlingsfamilien, die Transferleistungen nach dem SGB II, Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII), 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehungsweise Wohngeld- oder Kinderzuschlagsbezug erhalten. Für leistungsberechtigte Kinder und Jugendliche, die Grundleistungen nach 3 AsylbLG erhalten, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die vollständigen BuT-Leistungen. Hamburg stellt aber auch für diese Kinder und Jugendlichen die Teilhabe sicher und gewährt BuT-Leistungen als freiwillige Hamburger Leistung. Hierunter fallen Ausflüge und Reisen mit Schule und Kita, Schulbedarf von 100 Euro jährlich, bis zu 10 Euro monatlich Beiträge für Freizeitaktivitäten der soziokulturellen Teilhabe, Mittagsverpflegung in Schule und Kita sowie gegebenenfalls Lernförderung und Schülerbeförderungskosten. Die BuT-Aufwendungen für 2013 beliefen sich für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG auf rund 1,3 Millionen Euro. Im Übrigen siehe auch die Antworten zu 2., zu 5., zu 7., zu 8., zu 10. und zu Welche beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen stehen für Flüchtlinge über die Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter team.arbeit.hamburg oder EU-Fördermittel zur Verfügung? Mit Landesmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Amtes für Arbeit und Integration, ESF-Verwaltungsbehörde, wird der Projektverbund Chancen am FLUCHTort Hamburg gefördert (siehe /chancen-am-fluchtort-hamburg.html). Chancen am FLUCHTort Hamburg richtet sich an jugendliche und erwachsene Flüchtlinge mit ungesichertem Aufenthalt (zum Beispiel Duldung, Aufenthaltsgestattung) und/oder vorübergehendem Bleiberecht. Das Projekt hat zum Ziel, die Chancen von Flüchtlingen auf eine berufliche Integration in den Arbeitsmarkt zu verbessern durch ein breites Angebot an Beratung, Coaching, berufsbezogener Qualifizierung und Vermittlung in Weiterbildung. Während der Projektlaufzeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2016 sollen 560 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht werden, von denen mindestens 300 in weiterführende Maßnahmen, wie sprachliche oder berufsbezogene Weiterbildung, Schule, Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden sollen. Für anspruchsberechtigte Flüchtlinge stehen grundsätzlich alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen von Jobcenter zur Verfügung. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob die individuellen Fördervoraussetzungen und eine mögliche Befristung des Aufenthaltstitels vorliegen. Spezielle Maßnahmen nur für Flüchtlinge werden von Jobcenter nicht

5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/11456 angeboten. (Siehe hierzu auch Leitfaden des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: Den Flüchtlingen stehen im Rahmen des Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) die Regelangebote der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Im Übrigen siehe Antwort zu Welche Qualifizierungen von Flüchtlingen haben im Jahr 2013 stattgefunden (Art der Maßnahme, Anzahl und Aufenthaltsstatus der Teilnehmenden) und wie wird dem steigenden Bedarf in 2014 Rechnung getragen? Mit Bundesmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds wurde und wird mit Laufzeit vom 13. Juni 2008 bis 31. Dezember 2014 das XENOS-Sonderprogramm Arbeitsmarktliche Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge betrieben ( bleiberecht.html). In Hamburg partizipierte das Netzwerk FLUCHTort Hamburg Plus II an diesem Programm (siehe Aus Zwischenbilanzen auf Bundesebene geht hervor, dass im Land Hamburg Teilnehmerinnen und Teilnehmer gefördert wurden. Der Bund beabsichtigt die wesentlichen Inhalte des Sonderprogramms im Rahmen der Integrationsrichtlinie Bund in der Achse Integration für Flüchtlinge und Asylbewerber, IFAF ab 2015 fortzuführen. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. und zu Wie erfolgt die Sicherung des Lebensunterhalts bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen? Welche Art Ausbildungsbeihilfen gibt es für sie? (Bitte nach Aufenthaltsstatus differenziert darstellen.) Minderjährig eingereiste unbegleitete Flüchtlinge fallen in den Zuständigkeitsbereich der Jugendhilfe, es wird eine Vormundschaft für den Flüchtling eingerichtet und Jugendhilfe geleistet. In stationären Maßnahmen und in der Vollzeitpflege ist der Lebensunterhalt für die Minderjährigen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, enthalten. Flüchtlinge, die aufgrund ihrer Entwicklung und Selbstständigkeit in sogenannten Ambulanten Wohnhilfen nach 30 SGB VIII leben, erhalten für ihren Lebensunterhalt Leistungen nach dem AsylbLG. Die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG richtet sich nach der Aufenthaltsberechtigung. Wer nicht in der Lage ist, selbst seinen Lebensunterhalt zu sichern, kann Leistungen nach AsylbLG erhalten. Dies gilt gemäß 1 Absatz 1 AsylbLG für Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und eine der dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. Leistungen nach dem SGB XII werden nur in seltenen Einzelfällen erbracht, weil die Flüchtlinge, die einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, grundsätzlich erwerbsfähig sind. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der 51, 57 und 58 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch (Ausnahme: Härtefälle) auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII und nach dem AsylbLG. Kinder unter 15 Jahren, die nicht mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, können Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten. Kinder ab 15 Jahren erhalten Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II, soweit die Voraussetzungen nach 7 SGB II vorliegen. Werden die in der Antwort zu 4. dargelegten Gründe erfüllt, können Jugendliche, die eine berufliche Erstausbildung in Hamburg absolvieren, unabhängig davon, ob diese schulisch oder betrieblich ist, Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bei der Agentur für Arbeit nach 56 bis 72 SGB III beantragen. 5

6 Drucksache 20/11456 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode 10. Wie viele Teilnehmer/-innen gibt es bei Sprachkursen für Flüchtlinge (bitte nach Altersgruppen differenzieren)? In welcher Höhe wurden Mittel investiert? Was sind die Planungen für 2014? Wie viele Teilnehmer/ -innen werden aus welchem Rechtsgrund gefördert? Im Jahr 2013 wurden 625 Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge vom Flüchtlingszentrum in Sprachkurse mit jeweils 300 Stunden Deutschunterricht vermittelt. Davon haben 133 junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren an einem jugendspezifischen Deutschkurs teilgenommen. Zur Erstattung der Teilnehmerbeiträge an die Kursträger hat das Flüchtlingszentrum von der zuständigen Fachbehörde bisher Euro abgefordert. Für das laufende Haushaltsjahr 2014 sind für die Deutschkurse für Flüchtlinge bisher Euro eingeplant. Die Förderung der Teilnehmenden erfolgt auf Grundlage des Hamburger Integrationskonzepts Teilhabe, Interkulturelle Öffnung und Zusammenhalt, das der Senat im Februar 2013 beschlossen hat. Ein Rechtsanspruch auf die Teilnahme an den Deutschkursen besteht nicht. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine von der Ausländerbehörde ausgestellte Aufenthaltsgestattung oder Duldung mit einer mindestens sechsmonatigen Geltungsdauer. 11. Wie soll die Aufstockung der Sprachkurse von 300 auf 600 Stunden finanziert werden? Welche Schritte hat der Senat bisher unternommen, um die Sprachkurse über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanzieren zu lassen? Wie will der Senat die Sprachkurse von 600 Stunden pro Person finanzieren, falls der Bund der Finanzierungsforderung von Hamburg nicht nachkommt? Hamburg hat zusammen mit anderen Ländern Beschlüsse der Integrationsministerkonferenzen in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 zur Öffnung der Integrationskurse für Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren, Geduldete sowie für Flüchtlinge, die aus humanitären Gründen aufgenommen wurden, mitgetragen. Außerdem hat Hamburg im Dezember 2013 den Bundesratsbeschluss für den Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung der Integrationskurse für EU-Bürgerinnen und Bürger, Ausländerinnen und Ausländer mit humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Aufenthaltserlaubnissen sowie für Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren aktiv unterstützt. Im Übrigen hat sich der Senat mit der Ausweitung und Finanzierung der Deutschkurse für Flüchtlinge von 300 auf 600 Unterrichtsstunden noch nicht befasst. 12. Stimmt es, dass Flüchtlinge und Bleibeberechtigte, die seit 2012 an den berufsbezogenen Sprachkursen teilnehmen dürfen, künftig ausgeschlossen werden? Wenn ja, aus welchem Grund? Wenn nein, wie wird die Finanzierung der Teilnahme gesichert? 13. Gibt es weitere Zielgruppen, die künftig beim ESF-BAMF-Programm nicht mehr berücksichtigt werden sollen? Wenn ja, aus welchem Grund? In dem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 1. April 2014 veröffentlichten Förderhandbuch zum ESF-BAMF-Programm Berufsbezogene Förderung Deutsch als Zweitsprache für den Förderzeitraum 2015 bis 2018 werden als Zielgruppe SGB-II-Leistungsbeziehende mit Deutsch als Zweitsprache genannt, die einer sprachlichen und fachlichen Förderung für den Arbeitsmarkt bedürfen. Zudem werden unter den Zielgruppen Personen mit Deutsch als Zweitsprache und SGB-III-Bezug aufgeführt, die mithilfe des ESF-BAMF-Programms vom Leistungsbezug unabhängig werden oder diesen bei einkommensschwachen erwerbstätigen Personen abwenden sollen. Flüchtlinge und Bleibeberechtigte, die nicht zu den oben genannten Leistungsbeziehern gehören sowie Arbeitssuchende ohne Leistungsbezug und einkommensstarke Erwerbstätige sind gemäß Förderhandbuch nicht mehr als Zielgruppe vorgesehen. Gründe für den Ausschluss dieser Zielgruppen im neuen Förderzeitraum sowie alternative Finanzierungsmöglichkeiten durch andere EU- oder Bundesprogramme sind der zuständigen Behörde bisher nicht bekannt. 6

7 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/ Wie viele Flüchtlinge haben bisher die Zentrale Anlaufstelle Anerkennung (ZAA) in Anspruch genommen? Mit welchem Ergebnis? Was hat der Senat bisher unternommen, um die ZAA bei den Flüchtlingen bekannt zu machen? Da der Aufenthaltsstatus nach der Anerkennungsgesetzgebung des Bundes und der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) für ein Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse unerheblich ist, wird er durch die ZAA nicht bei jeder Beratung abgefragt. Aus diesen Gründen liegen nur bei von statistisch ausgewerteten Beratungsfällen freiwillige Angaben zum Aufenthaltsstatus vor. Sie werden in der Regel nicht durch Vorlage des Aufenthaltstitels überprüft und werden wie von den Ratsuchenden angegeben erfasst und dargestellt. Insgesamt haben demnach insgesamt 178 Personen mit einem Aufenthaltsstatus, der im weitesten Sinne unter den Begriff Flüchtling subsumiert werden kann, die Beratung der ZAA aufgesucht. Zur Frage der Ergebnisse der Beratungen können Angaben zur Vermittlung an eine Anerkennungsstelle sowie über die Aufnahme im Stipendienprogramm der FHH gegeben werden. Ergebnis der Beratung Zahl der Fälle Empfehlung einer Anerkennungsstelle 160 Ausschließlich Beratung zum Stipendienprogramm 5 Weiterleitung an andere Beratungsstellen 12 In Klärung 1 Aufnahme im Stipendienprogramm Zahl der Fälle Ja 17 Keinen Antrag gestellt 161 Ergebnis des Anerkennungsverfahrens Zahl der Fälle* 1. Staatsexamen Fach Sport 1 Anerkennung nicht möglich 1 Anerkennung von IHK-FOSA, Antrag auf Anerkennung bei BWF 1 gestellt Anpassungslehrgang muss absolviert werden 2 Antrag gestellt 4 Befähigungsnachweis für Schiffsleute, die Maschinenwache gehen 1 Berufserlaubnis 1 Genehmigung zur Führung Berufsbezeichnung Ingenieur 2 Gleichstellung (1.Staatsexamen) 1 Gleichwertigkeit 2 Im Anpassungslehrgang 3 keine Angabe 153 Kenntnisprüfung 2 Positive Zeugnisbewertung gemäß Lissabon-Konvention 3 Teilanerkennung 1 * Angaben zum Ergebnis des Anerkennungsverfahrens auf Basis der freiwilligen und individuellen Rückmeldungen der beratenen Personen Um das Dienstleistungsangebot der ZAA bei Flüchtlingen bekannt zu machen, hat die zuständige Behörde das ESF-Projekt Zentrale Anlaufstelle Anerkennung dazu verpflichtet, Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit zu betreiben. Die ZAA wirbt in der Stadt flächendeckend mit Flyern in acht Sprachen für das eigene Beratungsangebot. Die ZAA ist ständiger Teil des Bündnis FLUCHT MIGRATION Bildung Arbeit und steht dadurch im kontinuierlichen Austausch mit Trägern der Beratung und Qualifizierung von Flüchtlingen. Die ZAA informiert mit Vorträgen in Integrationskursen, bei Migrantenorganisationen und anderen Multiplikatoren/Multiplitkatorinnen sowie mit Auftritten bei Messen über das eigene Beratungsangebot und die Möglichkeiten des Anerkennungsgesetzes. 7

8 Drucksache 20/11456 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode 15. Der Senat plant, Flüchtlinge in das Stipendienprogramm aufzunehmen. Was wurde bisher unternommen? Bisher war Voraussetzung für die Aufnahme in das Stipendienprogramm ein Aufenthaltstitel. Die Erweiterung des Personenkreises ermöglicht künftig auch Menschen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung den Zugang zum Stipendienprogramm. Im Übrigen wird die Richtlinie der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) zur Gewährung von Stipendien und Zuschüssen zur Förderung der Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (Stipendienprogramm) derzeit überarbeitet. 16. Wie hoch schätzt der Senat die zusätzlichen Mittel ein, die dafür zur Verfügung gestellt werden müssen? Wird der Etat des Stipendienprogramms entsprechend erhöht? Wenn ja, um wie viel? Wenn nein, wie soll der erhöhten Nachfrage Rechnung getragen werden? Die zuständige Behörde prüft laufend, ob die Erweiterung der Zielgruppe zu einer Erhöhung der Nachfrage führt. Insofern sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. 17. Die Bundesagentur für Arbeit hat im Februar 2014 in Augsburg, Bremen, Dresden, Freiburg, Köln und Hamburg ein Modellprojekt gestartet, das qualifizierten Asylbewerbern einen schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen soll. Was ist das Ziel des Modellprojekts? Bitte erläutern Sie den konzeptionellen Rahmen. Um welche Zielgruppe geht es und wie viele Teilnehmer/-innen wurden bisher erreicht? Wurden für dieses Modellprojekt zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt? Das seit diesem Jahr gestartete Modellprojekt zur frühzeitigen Integration von Flüchtlingen auf dem deutschen Arbeitsmarkt in der Agentur für Arbeit Hamburg (AA) eine von sechs Modellagenturen in Deutschland nimmt sich der Thematik seit Anfang Februar an. Dazu werden die Namen von neu eingereisten Flüchtlingen nach einer Auswahl vom BAMF und nach Einwilligung des Asylbewerbers bei Antragsstellung an die AA übermittelt. Diese klärt nach Aufnahme und Beratung zur persönlichen Situation sowie zu den arbeitsmarktbezogenen Erfahrungen und Kompetenzen, ob eine kurzfristige Vermittlung in den Arbeitsmarkt nach Beendigung der gesetzlichen Wartefrist möglich ist. Bei positiven Voraussetzungen wird neben der Beratung in Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Netzwerkpartnern nach frühzeitigen Interventionsmöglichkeiten ( early intervention ) gesucht. Insbesondere stehen hierbei die Hilfestellung bei der Aufnahme von notwendigen Sprach- und Integrationskursen sowie die Anerkennung von ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen im Vordergrund. Ziel dieses Projektes ist eine effiziente Nutzung der Dauer des Asylverfahrens, um nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit von neun Monaten und der durchzuführenden Vorrangprüfung die Menschen in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Es wurden keine zusätzlichen Finanzmittel für das Projekt zur Verfügung gestellt. Dies Projekt ist unabhängig vom Alter der Flüchtlinge. 139 potenzielle Teilnehmer/-innen wurden durch das BAMF zugewiesen. Sieben Aufnahmen in das Projekt sind bisher erfolgt (Stand Mitte März 2014). 8