PPP im öffentlichen Hochbau

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1 PPP im öffentlichen Hochbau Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen Teilband 2: Vergaberecht, Steuerrecht, Recht der öffentlichen Förderung August 2003

2 7. Vergaberecht 7.1 Grundlagen Die Grundlagen des deutschen Vergaberechts sind in den 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Die Vorschriften zur näheren Ausgestaltung der Vergabeverfahren ergeben sich aus den einschlägigen Verdingungsordnungen für Bau, Liefer- und Dienstleistungen 754. Bindeglied zwischen den Vorschriften des GWB und den Verdingungsordnungen ist die Vergabeverordnung 755, die insbesondere regelt, welche Abschnitte der jeweiligen Verdingungsordnungen im konkreten Fall anwendbar sind. Für Aufträge unterhalb der Schwellenwerte gilt nur das Haushaltsrecht und der 1. Abschnitt der Verdingungsordnungen; das formelle Nachprüfungsverfahren nach dem GWB ist ausgeschlossen. Oberhalb der Schwellenwerte sind Öffentliche Auftraggeber grundsätzlich verpflichtet, Aufträge im europaweiten Wettbewerb zu vergeben und die Regeln der Abschnitte 2 bis 4 der Verdingungsordnungen anzuwenden. Zu den wesentlichen Verfahrensgrundsätzen des Vergaberechts gehören gemäß 97 GWB u.a. der Wettbewerbsgrundsatz 756, das Transparenzgebot, der Gleichbehandlungsgrundsatz 757, die Berücksichtigung mittelständischer Interessen 758, das Erfordernis der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter und das Wirtschaftlichkeitsgebot. Das deutsche Vergaberecht dient der Umsetzung der EG-Vergaberichtlinien. Es ist daher richtlinienkonform auszulegen. Dabei sind auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und die Praxis der EG-Kommission zu berücksichtigen. 7.2 Adressaten des Vergaberechts Das GWB-Vergaberecht gilt nur für die in 98 GWB abschließend aufgezählten Auftraggeber. Dem Vergaberecht unterworfen sind zunächst die sog. klassischen Auftraggeber Bund, Länder und Kommunen mit ihren öffentlichen Sondervermögen und Eigenbetrieben VOB/A (Neufassung in Kraft seit , Bundesanzeiger vom , Jahrgang 54, Nr. 202a); VOL/A (Neufassung in Kraft seit , Bundesanzeiger vom , Ausgabe 216, Beilage 216a), VOF/A (Neufassung in Kraft seit , Bundesanzeiger vom , Ausgabe 203, Beilage 203a) Neufassung in Kraft seit dem , BGBl. vom , I Nr. 6, S. 168 ff. Dieser zeigt sich u.a. im grundsätzlichen Vorrang des Offenen vor dem Nichtoffenen Verfahren und des Nichtoffenen vor dem Verhandlungsverfahren; vgl. zu Ausnahmen unter Um die Chancengleichheit im Wettbewerb sicherzustellen, dürfen Bieter während des Vergabeverfahrens und insbesondere bei der abschließenden Wertungsentscheidung nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden. Vgl. zu den damit verbundenen Problempunkten speziell in PPP-Projekten unter 7.6. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 281

3 ( 98 Nr. 1 GWB). Der funktionale Auftraggeberbegriff des 98 GWB umfasst jedoch nicht nur formelle Bestandteile des Staates, die diesem eingegliedert sind, sondern auch sonstige Einrichtungen, die aufgrund ihrer Aufgabenerfüllung, Finanzierung etc. funktional als dem Staat zugehörig angesehen werden können 759. Gemäß 98 Nr. 2 GWB sind über die klassischen Auftraggeber hinaus auch alle juristischen Personen des öffentlichen oder privaten Rechts öffentliche Auftraggeber, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn Gebietskörperschaften sie überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben. 98 Nr. 4 GWB bezieht Unternehmen, die in bestimmten Sektoren 760 tätig sind unabhängig von einem im Allgemeininteresse liegenden Unternehmenszweck nicht gewerblicher Art in den sachlichen Anwendungsbereich des GWB ein, wenn sie staatlich beherrscht sind oder als Private auf der Basis besonderer oder ausschließlicher Recht ihre Tätigkeit ausüben. Nach 98 Nr. 5 GWB sind auch private Subventionsempfänger bei bestimmten Bauvorhaben 761 als Auftraggeber anzusehen 762. Vergaberecht gilt nach 98 Nr. 6 GWB auch für Privatunternehmen, denen eine Baukonzession erteilt wurde. Im Rahmen von PPP-Projekten wird bei der Erteilung eines (Gesamt-)Auftrags oder einer Konzession zur Durchführung des PPP-Projektes oder bei der Suche nach einem privaten Partner zu diesem Zweck in aller Regel eine Gebietskörperschaft gemäß 98 Nr. 1 GWB (der Bund, die Länder und die kommunalen Gebietskörperschaften) oder ein Verband solcher Körperschaften gemäß 98 Nr. 3 GWB tätig. Bei der späteren Auftrags- oder Konzessionsvergabe durch den ausgewählten Bieter, die Bietergemeinschaft oder das gemischtwirtschaftliche Unternehmen stellt sich ggf. auch bezüglich dieser Einheiten die Frage ihrer Auftraggebereigenschaft v.a. gemäß 98 Nr. 2, Nr. 5 oder Nr. 6 GWB EuGH, Rs. 31/87, Beentjes, Slg. 1988, 4625, 4655; Rs. C 44/96, Mannesmann Anlagenbau Austria, Slg. 1998, I-73. Trinkwasser- und Energie-/Brennstoffversorgung, Personenverkehr, Fernmeldewesen. Natürliche oder juristische Personen des privaten Recht in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen von Gebietskörperschaften Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50% finanziert werden. BayObLG, Beschluss vom 10. September 2002, Verg 23/02: im Unterschied zu 98 Nr. 5 GWB komme es für die überwiegende Finanzierung oder Beherrschung durch Gebietskörperschaften nach 98 Nr. 2 GWB nicht auf einen einzelnen Aufgabenbereich, sondern auf den Rechtsträger als solchen an. Vgl. hierzu näher unter Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 282

4 7.3 Öffentlicher Auftrag Dem GWB-Vergaberecht unterliegen sämtliche entgeltlichen Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen über Bau-, Dienst- oder Lieferleistungen (öffentlicher Auftrag, 99 GWB). Nicht dem Vergaberecht unterfallen (für sich betrachtet) Grundstücksmiete oder Pacht und Grundstückserwerb ( 100 Abs. 2 lit. h GWB) sowie Grundstücksveräußerungen oder Gesellschaftsanteilsveräußerungen durch die öffentliche Hand. Für die Zuordnung zum Vergaberecht ist die Rechtsform des zugrunde liegenden Vertrages grundsätzlich unerheblich; entscheidend ist allein, ob sich der öffentliche Auftraggeber von einem Dritten entgeltlich Leistungen beschafft Auftragsarten im Sinne des Vergaberechts und ihre Abgrenzung Bau / Dienstleistungsaufträge Unter Bauaufträgen versteht man grundsätzlich alle entgeltlichen Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder Bauwerks ( 99 Abs. 3 GWB). Auch Baukonzessionen, die eine Vergütung nicht in Geld, sondern durch ein Nutzungsrecht beinhalten, fallen nach herrschender Ansicht in richtlinienkonformer Auslegung des 99 GWB unter den Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der Baukoordinierungsrichtlinie 765. Bauleistungen sind ab einem Auftragvolumen von 5 Mio. Euro europaweit ausschreibungspflichtig. Ebenfalls erfasst sind Verträge über die Ausführung oder die Planung und Ausführung von Bauleistungen durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen ( 99 Abs Variante GWB). Diese Vorschrift betrifft alle Konstellationen, in denen ein öffentlicher Auftraggeber ein auf seinen Zweck zugeschnittenes Bauobjekt erstellen lässt, dabei aber nicht selbst tätig wird, sondern das Vorhaben durch einen anderen abwickeln lässt 766. Unter diese Variante fallen u.a. Bauträger- und Leasinggestaltungen, also Vorhaben, bei denen der Auftraggeber nicht selbst als Bauherr auftritt, sondern die Bauherrenfunktion einem Dritten, in der Regel einer Objektgesellschaft, überträgt und diese nach seinen (konkreten) Plänen Bauleistungen an Dritte vergeben lässt 767. Damit soll eine Umgehung der VK Magdeburg, Beschluss vom , /07 VK 05/02 MD. OLG Brandenburg, NZBau 2000, 39; Marx, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 99 Rn. 13. Stickler, in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 99 Rn. 17; Boesen, Vergaberecht, 2000, 99 Rn. 136; Hailbronner, in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 99 Rn Vgl. Boesen, Vergaberecht, 99, Rn. 136; Prieß, Das Recht der Auftragsvergabe, S. 65; Stickler, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 99, Rn. 17; Hailbronner, in: Byok/Jaeger, Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 283

5 Vergabevorschriften durch Einschaltung eines Dritten verhindert werden 768. Die Vorschrift erfasst insbesondere sogenannte General- oder Totalübernehmerverträge (die im Bereich der öffentlichen Aufträge allerdings häufig für unzulässig gehalten werden 769 ). Auf die genaue zivilrechtliche Qualifizierung des Vertrags kommt es für die vergaberechtliche Beurteilung bei Aufträgen über Bauleistungen durch Dritte nicht an 770. Unter Dienstleistungsaufträgen versteht man Verträge über Leistungen, die weder der Beschaffung von Waren dienen, noch Bauaufträge oder Auslobungsverfahren sind ( 99 Abs. 4 GWB). Im Bereich von PPP fallen insbesondere Verträge über Projektierungs- und Planungsleistungen sowie über Betreiber- und Finanzierungsleistungen unter den Begriff des Dienstleistungsauftrags. Dienstleistungsaufträge öffentlicher Auftraggeber sind grundsätzlich ab einem Schwellenwert von Euro europaweit ausschreibungspflichtig. Für Lieferund Dienstleistungsaufträge der obersten und oberen Bundesbehörden sowie vergleichbarer Bundeseinrichtungen beträgt der Schwellenwert EUR 771. Allerdings unterliegt die Vergabe bestimmter Arten von Dienstleistungen, die in Anhang I B zum 2. Abschnitt der VOL/A aufgeführt sind, nur sehr eingeschränkten Bekanntmachungspflichten und erfordert kein förmliches Verfahren. Das gilt z.b. für solche Finanzdienstleistungen, die nicht als Versicherungsleistungen, Bankenleistungen oder Wertpapiergeschäfte unter den Anhang I A zum 2. Abschnitt der VOL/A fallen 772. PPP nach dem diesem Gutachten zugrundeliegenden Lebenszyklus-Ansatz beinhalten typischerweise Elemente verschiedenartiger Leistungen (etwa Planungs-, Projektsteuerungs-, Bau-, Betriebs- und Finanzierungsleistungen). In PPP-Modellen i.s. dieses Gutachtens übernimmt der Auftragnehmer sowohl die Errichtung (Bauleistung, VOB/A) als auch die Planung, den Betrieb und die Finanzierung (Dienstleistung, VOL/A) eines Bauvorhabens. Somit handelt es sich bei PPP-Verträgen regelmäßig um typengemischte Verträge, die Elemente Vergaberecht, 99, Rn. 360; Eschenbruch, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Vergaberecht, 99, Rn. 77 Lampe-Helbig/Wörmann, Handbuch der Bauvergabe, S. 15 Rn. 32; Eschenbruch, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 99 Rn. 77. Nach dieser Meinung ergibt sich die vergaberechtliche Unzulässigkeit von General- oder Totalübernehmeraufträgen aus 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A, wonach an Öffentlichen Ausschreibungen nur Unternehmen zu beteiligen sind, die sich gewerbsmäßig mit der Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art befassen, VÜA Bayern, Beschl. v VÜ A 14/96. Für Gegenargumente s. jedoch im einzelnen unter 7.6 (Mittelstandsaspekte); sowie für Aufträge oberhalb der EG-Schwellenwerte Prieß/Hausmann, in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A 8 Rn. 49. Schwenker/Heinze, VergabeR 2001, 96, 99. Festlegung der Schwellenwerte in 2 VgV vom , BGBl. 2003, I Nr. 6, S a Nr. 2 VOL/A in Verbindung mit Anh. I A Nr. 6 und I B Nr. 27. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 284

6 mehrerer Vertragstypen aufweisen, die so miteinander verwoben sind, dass die Einzelleistungen nicht getrennt voneinander vergeben werden können. Die Komplexität derartiger Vertragsmodelle führt nicht dazu, dass sie dem Vergaberecht entzogen wären 773. Fraglich ist lediglich, welche Regeln im Einzelfall anzuwenden sind die der VOB/A oder die der VOL/A. Im 16. Erwägungsgrund der Dienstleistungsrichtlinie wird zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Bau- und der Dienstleistungsrichtlinie erwähnt, dass Bauleistungen, soweit sie lediglich von untergeordneter Bedeutung sind und somit nicht den Inhalt des Vertrages ausmachen, nicht zu einer Einordnung des Vertrags als öffentlicher Bauauftrag führen 774. Der EuGH hat diese Bestimmung dahingehend ausgelegt, dass es darauf ankomme, auf welchem Element der Schwerpunkt des Vertrages liegt; von einem Bauauftrag könne nicht ausgegangen werden, wenn die durchzuführenden Baumaßnahmen gegenüber dem ebenfalls ausgeschriebenen Betrieb von untergeordneter Bedeutung seien 775. Auch die Kommission vertritt die Auffassung, es komme auf den Hauptgegenstand des Vertrags an 776. In der deutschen Literatur und Rechtsprechung wird für die Abgrenzung von Bau- und Dienstleistungsauftrag häufig ebenfalls auf den (wirtschaftlichen oder qualitativen) Schwerpunkt des Vertrags abgestellt ( Schwerpunkttheorie ) 777. Zum Teil wird aber auch eine automatische Einordnung als Bauauftrag vorgenommen, sobald Bauleistungen Teil des Pakets sind. Die deutsche Rechtsprechung hat sich - allerdings wohl insbesondere für Fälle, in denen der Vertrag Leistungselemente enthält, die überhaupt nicht ausschreibungspflichtig sind (Dienstleistungskonzession, Miete, etc.) - auf den Standpunkt gestellt, dass der Vertrag bereits dann ausgeschrieben werden müsse, wenn er auch ausschreibungspflichtige (Bau-)Leistungen von nicht nur ganz untergeordneter Bedeutung umfasst ( Kontaminierungstheorie ) 778. Demnach ist ein Vertrag, der sowohl Elemente eines Bauauftrags wie Eschenbruch, in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 99 GWB, Rn. 93. Vgl. zur Abgrenzung insbesondere auch die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG vom , C 121/2. EuGH, Urteil vom , Rs. C-331/92, Slg I ff, Géstion Hotelera Internacional. Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG vom , C 121/5. VK Sachsen, Beschluss vom , 1/SVK/87-02 (Gegenstand der Hauptleistung); VÜA Hessen, Beschluss vom VÜ 4/96; Kulartz/Niebuhr, NZBau 2000, S. 6, 9; Eschenbruch, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 99 GWB, Rn. 93; VK Sachsen Anhalt, Beschluss vom , VK Hal 23/99. OLG Brandenburg, Beschluss vom , BauR 1999, 1175; zustimmend Marx, 99 GWB Rn. 14. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 285

7 auch eines Mietvertrags und einer Dienstleistung, wie z.b. Facility Management enthält, selbst dann als Bauauftrag auszuschreiben, wenn das Gesamtvolumen der Dienstleistung den Wert der Bauleistung übersteigt. Ob bei einer Anwendung der Schwerpunkttheorie der Schwerpunkt danach bestimmt werden soll, welche Auftragsart innerhalb des Gesamtvorhabens wertmäßig überwiegt ( Main Value Test ) oder welcher der Vertragsbestandteile den hauptsächlichen Gegenstand des Vertrages bildet ( Main Object Test ), ist nicht letztgültig geklärt. Am eindeutigsten und klarsten erschiene wohl eine Orientierung am Wert der jeweiligen Auftragsarten. Überwiegt der Wert der Bauleistung, so ist der gesamte Vertrag nach den Regeln über die Bauvergabe auszuschreiben. Mit der Errichtung eines Bauwerks verbundene Planungsleistungen sind gemäß 1a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A als Bestandteil eines Bauauftrags anzusehen. Bei den hier betrachteten PPP, die neben den Planungs- und Bauarbeiten (Errichtung oder Sanierung) auch langjährige Betreiberpflichten beinhalten, erschiene jedoch im Einzelfall durchaus auch die Bejahung eines Dienstleistungs-Schwerpunktes denkbar. Angesichts der Unklarheit, welche Abgrenzungsmethode für die Einordnung eines gemischten Vertrages als Bau- oder Dienstleistungsauftrag maßgebend sein soll, wäre eine deutschlandweit einheitliche klarstellende Regelung der anzuwendenden Kriterien wünschenswert 779. Für die Abgrenzung der Anwendbarkeit von VOB/A oder VOL/A auf einen gemischten Vertrag, der ausschreibungspflichtige Bau- sowie Dienstleistungen enthält, erschiene eine Festlegung auf die Schwerpunkttheorie des EuGH mit einer Orientierung am Wert der Leistungsbestandteile der jeweiligen Auftragsart sinnvoll. Zu beachten ist aber, dass angesichts der neueren Rechtsprechung zu kombinierten Vergaben in Konstellationen, in denen ein ausschreibungspflichtiger Auftrag mit einem nicht ausschreibungspflichtigen Vorgang, wie z.b. einer Anteilsveräußerung oder einem Grundstücksgeschäft zusammentrifft bzw. in Zusammenhang steht, in Deutschland gegenwärtig in der Regel von der Ausschreibungspflichtigkeit auszugehen sein wird - unabhängig davon, auf welchem Element der Schwerpunkt liegt. Die Schwerpunkttheorie wird in Deutschland lediglich zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der verschiedenen Verdingungsordnungen, nicht jedoch zur Abgrenzung von Ausschreibungspflicht oder Nicht-Ausschreibungspflicht akzeptiert. Die Abgrenzung bei den Mischformen in den hier erörterten PPP-Modellen muss auch nach Festlegung dieser Kriterien letztlich immer im Einzelfall getroffen werden. 779 Länderregelungen, die die maßgebliche Verdingungsordnung individuell festlegen sollten revidiert werden (vgl. insoweit für Bayern: 31 Abs. 2 KommHV i.v.m. AllMBl. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 286

8 Konzessionen Baukonzessionen sind ein Unterfall der Bauaufträge. Es handelt sich um Verträge über die Erbringung von Bauleistungen, bei denen die Gegenleistung nicht in einer Vergütung in Geld, sondern ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht 780. Mit der Vergabe einer Konzession erfüllt der Konzessionsgeber eine ihm obliegende Pflicht durch die Einschaltung privater Dritter, die nach seinen Vorgaben den Bau und im Anschluss auch den Betrieb übernehmen und sich dabei durch die Erhebung von Nutzerentgelten von dritter Seite refinanzieren 781. Mit dem Nutzungsrecht wird auch die Verantwortung für die Nutzung übertragen. Baukonzessionen sind zwar ebenfalls ausschreibungspflichtig 782, aber die Regelungen der VOB/A gelten für sie nur in eingeschränktem Umfang 783. Die Abgrenzung zwischen Bauaufträgen und Baukonzessionen kann insbesondere dann Probleme bereiten, wenn von Seiten des öffentlichen Auftraggebers dem Auftragnehmer sowohl ein Vergütungsanteil in Geld wie auch ein Nutzungsrecht gewährt werden, z.b. wenn eine Konzession für Errichtung und Betrieb eines Schwimmbads vergeben wird und gleichzeitig Zuschüsse zum laufenden Betrieb zugesichert werden. Die Tatsache dass der Auftraggeber einen Teil der Kosten zuschießt, um die Nutzungsgebühren für die Allgemeinheit sozialverträglich zu halten, schließt nach herrschender Meinung den Konzessionscharakter nicht per se aus; entscheidend ist, dass der Konzessionär dennoch einen bedeutenden Teil des mit der Nutzung verbundenen Risikos trägt 784. Es kommt daher auf den Einzelfall an. Führt der Kostenzuschuss oder der in Geld gewährte Vergütungsanteil dazu, dass das Nutzungsrisiko des Konzessionärs vollständig abgefedert wird, liegt ein normaler Bauauftrag vor Vgl. Definition in 98 Nr. 6 GWB, 6 VgV; Art. 1 Buchst. d EG-Baurichtlinie 93/37/EWG; Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG vom , C 121/3. Denkbar sind wohl auch Zahlungen der öffentlichen Hand an den Konzessionär, die jedoch im Gegensatz zu den Entgelten in den Vertragsmodellen I-V - in ihrer Höhe allein durch die Nutzung durch Dritte bestimmt sind (von der öffentlichen Hand erhobene Nutzungsgebühren werden durchgereicht); vgl. Reidt/Stickler, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 32 Rn. 30. OLG Schleswig-Holstein, NZBau 2000, 100 (setzt die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf Baukonzessionen voraus); OLG Brandenburg, DB 1999, 1793 (leitet die Anwendbarkeit des Vergaberechts im Wege der richtlinienkonformen Auslegung aus Art. 3 der EG-Baurichtlinie 37/93/EWG ab). 32 a VOB/A, Art. 3 EG-Baurichtlinie 93/37/EWG. Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG vom , C 121/3, 4. OLG Schleswig-Holstein, NZBau 200, 100. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 287

9 Dienstleistungskonzessionen lassen sich grundsätzlich durch die gleichen Elemente der drittnutzungsabhängigen Finanzierung und Risikoverteilung charakterisieren wie Baukonzessionen. Eine Dienstleistungskonzession liegt vor, wenn der Unternehmer die mit der Dienstleistung verbundenen Risiken trägt (Erbringung der Dienstleistung und deren Nutzung durch Dritte), indem er seine Vergütung, in welcher Form auch immer, über den Drittnutzer insbesondere durch die Erhebung von Gebühren oder Entgelten erhält 786. Die Art der Vergütung, die der Unternehmer erhält, zeigt wie auch bei der Baukonzession wer das Nutzungsrisiko trägt. Inhalt einer Dienstleistungskonzession ist üblicherweise die private Erledigung von Tätigkeiten, die nach ihrer Natur, ihrem Gegenstand und nach den Vorschriften, denen sie unterliegen, in den Verantwortungsbereich des Staates fallen auf eigenes Risiko des Auftragnehmers und teilweise gegen Bezahlung einer Konzessionsabgabe an die Gegenseite 787. Im Gegensatz zu Baukonzessionen sind Dienstleistungskonzessionen nicht ausschreibungspflichtig, da sie in den EG-Richtlinien bewusst nicht erfasst wurden 788. Dies bedeutet allerdings nicht, dass für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen keinerlei rechtliche Vorgaben bestünden. Auch hier sind die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung und der Transparenz zu beachten 789. Daraus resultiert die Verpflichtung der Auftraggeber, zu Gunsten potentieller Bieter einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen (Transparenz), der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet (Wettbewerb). Zudem muss sichergestellt werden, dass die Nachprüfung (Rechtsschutz) möglich ist, ob die Vergabe ordnungsgemäß durchgeführt wurde (Nichtdiskriminierung) 790. Die Abgrenzung einer Dienstleistungskonzession zum Dienstleistungsvertrag entspricht weitestgehend der des Bauauftrags zur Baukonzession entscheidend ist die überwiegende Risikoübernahme durch den Konzessionär und die Nutzerfinanzierung Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl.EG vom , C 121/4. Vgl. insgesamt zur Behandlung von Dienstleistungskonzessionen nach dem EuGH-Urteil in Sachen Teleaustria: Gröning, NZBau 2001, 123 ff. EuGH, NZBau 2001, 148; Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen bei Konzessionen, 2000/C 121/02, ABl. EG vom ; VÜA Bayern, ZVgR 1998, 584; VÜA Bayern, Beschluss vom , VÜA 31/98 - "Belieferung Landesgartenschau". EuGH, NZBau 2001, 148; EuGH, NZBau 2000, 91 Rn. 31; Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, Abl. EG vom , C 121/02. Gröning, NZBau 2001, 123, 124 f. schlägt hierzu vor, bei Dienstleistungskonzessionen (nur) eine Bekanntmachung analog 32a VOB/A und eine nachträgliche Information über die Gründe der Ablehnung analog 27a VOB/A anzunehmen. Vgl. VK Sachsen, Beschluss vom , 1/SVK/087-02: die in einem Vertrag über die Verpachtung des Rechts auf Außenwerbung ebenfalls enthaltenen Verpflichtungen zur Auf- Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 288

10 Bei gemischten Verträgen, die sowohl Elemente einer Bau- wie einer Dienstleistungskonzession aufweisen, stellt sich die über Bestehen oder Nichtbestehen einer vergaberechtlichen Ausschreibungspflicht entscheidende Frage, wonach sich die Einordnung in die eine oder die andere Gruppe zu richten hat. Nach einer Ansicht ist auch hier wie bei der Abgrenzung Bau/Dienstleistungsvertrag - der wertmäßige oder qualitative Schwerpunkt maßgeblich 792. Nach Teilen der Rechtsprechung unterfällt eine gemischte Bau-/Dienstleistungskonzession hingegen bereits dann (als Baukonzession) den Ausschreibungsvorschriften, wenn die Bauleistung nicht lediglich von untergeordneter Bedeutung ist ( Kontaminierungstheorie ) 793. Inwieweit diese strikte Auffassung mit der dargestellten Rechtsprechung des EuGH vereinbar ist, ist bis heute nicht geklärt. Das EuGH-Urteil in Sachen Gestion Hotelera Internacional 794 beschränkt die Schwerpunkttheorie zwar nicht ausdrücklich auf die Abgrenzung Bau- /Dienstleistungsauftrag, bezieht die Abgrenzung von Bau- und Dienstleistungskonzession aber auch nicht mit ein. Die Europäische Kommission spricht sich in ihrer Mitteilung zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht ausdrücklich für eine analoge Anknüpfung an den Hauptgegenstand des Vertrags auch für die Abgrenzung Bau- /Dienstleistungskonzession aus 795. Eine Klarstellung der anzuwendenden Abgrenzungskriterien wäre angesichts dieser widersprüchlichen Beurteilungen auf nationaler und europäischer Ebene sehr hilfreich. Angesichts der klaren Aussage der Kommission zugunsten einer einheitlichen Anwendung der Schwerpunkttheorie zur Abgrenzung von Bau- und Dienstleistungsaufträgen sowie von Bau- und Dienstleistungskonzessionen, spricht viel dafür, die Abgrenzung auch in Deutschland einheitlich sowohl für die Abgrenzung Bau-/Dienstleistungsauftrag als auch für die Abgrenzung Bau-/Dienstleistungskonzession nach dieser Theorie vorzunehmen. Selbst wenn auch letztere Abgrenzung die Schwerpunkttheorie angewandt würde und somit überwiegend durch Dienstleistungselemente gekennzeichnete Konzessionen keinen vergaberechtlichen Ausschreibungspflichten unterfielen, entstünde dadurch kein rechtsleerer Raum, da die bereits aufgeführten gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze auch für diese Konstellation Geltung behalten und i.d.r. die Ausschreibung der Dienstleistungskonzession in einem stellung und Instandhaltung von WC-Anlagen mache nicht die Hauptleistung des Vertrages aus, weswegen dieser als Dienstleistungskonzession und nicht als Dienstleistungsvertrag anzusehen sei; VK Südbayern, Beschluss vom , 47-11/01. VÜA Hessen, Beschluss vom VÜ 4/96; Kulartz/Niebuhr, NZBau 2000, S. 6, S. 9. OLG Brandenburg, DB 1999, EuGH, Urteil vom , Rs. C-331/92, Slg I ff, Géstion Hotelera Internacional. ABl.EG vom , C 121/5; anders noch (i.s. der Kontaminierungstheorie) Entwurf der Mitteilung, Abl. EG C 94 vom , S. 4. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 289

11 transparenten wettbewerblichen Verfahren sui generis erfordern. In Anbetracht der deutschen Rechtsprechung zur Kontaminierungstheorie sollte gegenwärtig jedoch grundsätzlich eine Ausschreibung stattfinden, sobald in einem Konzessionsmodell ein Bauanteil von nicht nur untergeordneter Bedeutung enthalten ist, um das ansonsten bestehende Anfechtungsrisiko zu vermeiden Schwellenwerte Den gemäß 97 Abs. 6 GWB in Verbindung mit 100 Abs. 1 GWB in 2 VgV festgelegten Schwellenwerten kommt eine große Bedeutung zu. Sie unterteilen das deutsche Vergaberecht in zwei Bereiche: Oberhalb der Schwellenwerte müssen öffentliche Aufträge europaweit ausgeschrieben werden. Auf Verfahren oberhalb der Schwellenwerte sind die Abschnitte 2 bis 4 der VOB/A und VOL/A anwendbar. (Nur) Vergabeverfahren, in denen die Schwellenwerte erreicht werden, sind nach 100 Abs. 1 GWB im Wege des Nachprüfungsverfahrens gemäß 107 ff. GWB überprüfbar 796. Die Schwellenwerte liegen bei 5 Mio. EUR für Bauaufträge ( 2 Nr. 4 VgV) und EUR für Dienstleistungs- und Lieferaufträge ( 2 Nr. 3 VgV) 797. Der jeweilige Wert eines Auftrags ist vom öffentlichen Auftraggeber nach den Vorgaben des 3 VgV bei Einleitung des konkreten Vergabeverfahrens umsichtig und sachkundig zu schätzen 798. Grundsätzlich ist von der voraussichtlichen Gesamtvergütung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Bei gemischten Verträgen mit Bau- und Dienstleistungselementen ist grundsätzlich der Wert des Leistungselements maßgeblich, das den Schwerpunkt des Vertrages bildet 799. Für Bauaufträge muss der Auftragswert des Gesamtauftrags ermittelt werden ( 1a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A). Dieser umfasst neben dem Wert sämtlicher im Zusammenhang mit dem Vorhaben zu erbringender Bauleistungen auch Planungsleistungen, sofern sie zusammen mit Ausführungsleistungen in Auftrag gegeben werden 800. Um eine angemessene Berücksichtigung des Vergaberechts auch bei kleineren PPP-Vorhaben sicherzustellen, ist zu erwägen, ob mit dem Argument der Zusammengehörigkeit bei PPP-Modellen i.s. des vorliegenden Gutachtens auch die im Anschluss an die Errichtung über Jahre hinweg zu OLG Stuttgart, Beschluss vom , 2 Verg 3/01 Einbeziehung von Optionen bei der Schwellenwertberechnung; allein eine freiwillig vorgenommene europaweite Ausschreibung führt nicht automatisch zur Zuständigkeit der Vergabekammer: VK Thüringen, IBR 2002, 499. Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten und oberen Bundesbehörden gilt ein Schwellenwert von EUR ( 2 Nr. 2 VgV). Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom , Verg 5/02. S. oben Vgl. Kemper, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 1a Rn. 29. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 290

12 erbringenden Dienstleistungen in den Gesamtauftragswert mit einbezogen werden müssten. Dafür erscheint jedoch eine Änderung der entsprechenden Regelungen erforderlich Ausschreibungsfreie Immobiliengeschäfte im Sinne von 100 Abs. 2 lit. h) GWB 100 Abs. 2 lit. h) GWB sieht für Immobiliengeschäfte eine Ausnahme von der grundsätzlichen Ausschreibungspflicht vor. Nach dieser Vorschrift sind Aufträge "über Erwerb oder Miete von oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen ungeachtet ihrer Finanzierung" vom Anwendungsbereich der 97 ff. GWB ausgenommen. Der Erwerb sowie die Miete oder Pacht von bebauten oder unbebauten Grundstücken unterfällt damit nicht dem Vergaberecht. Denn ein echter Vergabewettbewerb ist mangels Austauschbarkeit des Vertragsgegenstands grundsätzlich nicht denkbar 801. Die als Vertragsmodelle I-III vorgestellten PPP- Modelle beinhalten eine (Rück-)Überlassung eines auf privatem Grund für den Auftraggeber errichteten Gebäudes an die öffentliche Hand, die dieses Gebäude gegen Entgelt nutzt. Bei isolierter Betrachtung unterfällt die Nutzungsüberlassung der Gebäude gemäß 100 Abs. 2 lit. h GWB nicht Vergaberecht. Das gleiche gilt für den in den Vertragsmodellen I und II vorgesehenen Erwerb des bebauten Grundstücks zu Vertragsende (in Vertragsmodell II optional). Mietet ein öffentlicher Auftraggeber ein von einem Privaten errichtetes Gebäude, ist dieser Vorgang grundsätzlich nach 100 Abs. 2 lit. h GWB vergaberechtsfrei. 100 Abs. 2 lit. h GWB gilt jedoch nach seinem Sinn und Zweck dann nicht, wenn sich bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung des Vorhabens herausstellt, dass sich der öffentliche Auftraggeber tatsächlich eine Bauleistung im Sinne von 1a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A beschafft. In dem in der Praxis wohl äußerst seltenen Fall, dass für das Vorhaben der Errichtung eines Gebäudes, das dann dem öffentlichen Auftraggeber überlassen werden soll, nur ein einziges Grundstück in Betracht kommt und dieses bereits im Eigentum eines potentiellen Auftragnehmers steht, ist ein Wettbewerb um die Bauleistung wohl nicht möglich, wenn der Eigentümer und potentielle Vermieter darauf besteht, die Bauarbeiten selbst oder durch eigene Auftragnehmer zu erbringen 802. Wird eine solche Monopolstellung eines Auftragnehmers allerdings schon mit Blick auf die geplante Errichtung des Bauwerks auf dem konkreten Grundstück gezielt durch Verkauf des Grundstücks vom Auftraggeber an den Auftragnehmer herbeige Vgl. Boesen, VergabeR, 100 Rn In diesem Fall wäre wohl eine Vergabe der Bauleistung im Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Vergabebekanntmachung, d.h. ohne formelle Ausschreibung gemäß 3a Nr. 5 c VOB/A zulässig. Die Ausschreibungspflichtigkeit des Gesamtpakets ist damit allerdings noch nicht ausgeschlossen. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 291

13 führt, dürfte die Ausschreibungspflicht für den Gesamtvorgang unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung und des Umgehungsverbots zu bejahen sein. Ein potentieller Bieter, der sich im Hinblick auf die geplante Bebauung für den öffentlichen Auftraggeber das betreffende Grundstück sichert, um der einzige Bieter zu sein, ist u.u. vom Vergabeverfahren auszuschließen 803. In der Regel wird eine PPP-Ausschreibung eine Verpflichtung des Auftragnehmers zur Beschaffung eines passenden Grundstücks enthalten oder eine Übertragung von Rechten an einem in Frage kommenden Grundstück auf den Auftragnehmer nach Beauftragung mit der Gebäudeerrichtung, der Finanzierung und dem Betrieb durch den Auftraggeber erfolgen. Auch der Erwerb einer Immobilie kann als Gesamtgeschäft ausschreibungspflichtig sein, wenn er eng mit weiteren, dem Vergaberecht unterliegenden Beschaffungsgeschäften verknüpft ist. Die Ausschreibungspflicht bezieht sich dann auf die Auswahl der Leistungsträger für die neben dem Erwerb durchzuführenden Beschaffungen 804. Ein enger Zusammenhang mit einem ausschreibungspflichtigen Bauauftrag dürfte etwa bestehen, wenn zunächst ein unbebautes Grundstück erworben wird, der Verkäufer jedoch verpflichtet wird, vor Eigentumsübergang ein den Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers entsprechendes Bauwerk zu errichten 805. Für PPP-Projekte nach den dargestellten Vertragsmodellen dürfte eine Ausschreibungsfreiheit nach 100 Abs. 2 lit. h GWB in der Regel nicht in Betracht kommen. Die Ausnahme des 100 Abs. 2 lit. h GWB muss ihre Grenzen dort finden, wo es gar nicht vorrangig um ein Immobiliengeschäft geht. Wird nicht ein bebautes Grundstück gekauft oder zur Nutzung überlassen, sondern die Bebauung erst nach den Vorstellungen des Auftraggebers errichtet, ist in der Regel von der (ausschreibungspflichtigen) Beschaffung einer Bauleistung auszugehen 806. Selbst im Vertragsmodell III, das einer herkömmlichen Miete am nächsten kommt, geht es nicht wie für die Ausnahmeregelung des 100 Abs. 2 lit. h GWB erforderlich - um die Miete eines bereits vorhandenen Gebäudes, sondern vielmehr um die Errichtung des Gebäudes nach spezifischen Vorgaben des Auftraggebers und um dessen langjährigen Betrieb durch den Auftragnehmer Vgl. VÜA Bund, Beschluss v , 1 VÜ 26/96, WuW/E Verg 49. Eschenbruch, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 100 GWB Rn. 35; 99 GWB, Rn. 128 ff. Vgl. das Beispiel von Marx, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 100 GWB Rn. 24. Vgl. Art. 1 lit. a BKR; 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 6 VOB/A: der Begriff des Bauauftrags umfasst ausdrücklich auch Mietkauf- und Leasing-Konstellationen; zur Abgrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des Vergaberechts auf Immobilienleasingkonstellationen vgl. auch Eschenbruch, Beilage zu BB 2000, 8, 11 f. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 292

14 7.3.3 Beschaffungscharakter / Veräußerungsgeschäfte Wie im Rahmen der Ausführungen zu 100 Abs. 2 lit. h GWB bereits angesprochen, kommt es für die Anwendbarkeit des Vergaberechts darauf an, ob ein Beschaffungsvorgang eines öffentlichen Auftraggebers vorliegt 807. Keine Anwendung findet das Vergaberecht hingegen auf die bloße Veräußerung von Vermögenswerten (Grundstücken oder Gesellschaftsanteilen) durch den öffentlichen Auftraggeber diese ist kein öffentlicher Auftrag gemäß 99 GWB 808. Sofern der Auftraggeber also zum Beispiel im Rahmen des Vertragsmodells II eine Sale and Lease Back-Konstruktion realisiert, stellt der zunächst erfolgende Grundstücksverkauf an den Auftragnehmer isoliert betrachtet keine ausschreibungspflichtige Beschaffung der öffentlichen Hand dar. Gleiches gilt für die Einräumung eines Erbbaurechts. Der Verkauf von bebauten oder unbebauten Grundstücken bzw. die Einräumung dinglicher Rechte an Grundstücken unterfällt nicht dem Vergaberecht 809. Das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Verkauf an die Auflage geknüpft ist, auf dem Grundstück ein den Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers entsprechendes Objekt zu errichten 810. Voraussetzung ist jedoch, dass der Private und nicht die öffentliche Hand bei wirtschaftlicher Betrachtung als Beschaffer des zu errichtenden Objekts erscheint. Gibt der öffentliche Auftraggeber die Einzelheiten des Objekts vor und ist vereinbart, dass er das Objekt nach Fertigstellung (zurück)kauft oder mittels eines langfristigen Vertrags zur Nutzung übernimmt, wird man von einer - ausschreibungspflichtigen - Beschaffung der Bauleistung durch den öffentlichen Auftraggeber ausgehen müssen 811. Anders liegt es dagegen, wenn der Investor das Objekt auf eigene Kosten und auf eigenes Nutzungs- oder Vermarktungsrisiko errichtet und der öffentliche Auftraggeber sich erst nach Fertigstellung zur Anmietung oder zum Erwerb des Objekts entschließt. Nach der neueren vergaberechtlichen Rechtsprechung bei der Beurteilung von Rechtsgeschäften ist nicht die formale Betrachtungsweise einzelner Vorgänge (Verkauf des Grundstücks, Errichtung eines Bauwerks, Vermietung des Bauwerks, Erwerb des bebauten Grundstücks), sondern eine funktionale wirtschaftliche Gesamtbetrachtung geboten. So sind auch formell nicht vom Vergaberecht erfasste Rechtsgeschäfte daraufhin zu überprüfen, ob sie Otting, VergabeR 2002, 11, 12; Marx, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 99 Rn. 10. Vgl. VÜA Niedersachsen, ZVgR 1998, 407, (408). VÜA Niedersachsen, ZVgR 1998, S. 407 ff. VÜA Niedersachsen, ZVgR 1988, S. 407 ff. Vgl. Marx, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 100 GWB Rn. 24, zum Fall, dass die Kommune das Grundstück nach Errichtung eines Bauwerks durch den Investor nach Ablauf einer Schamfrist zurückerwirbt. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 293

15 wirtschaftlich der Auftragsvergabe eines öffentlichen Auftraggebers an einen Dritten gleichkommen 812. Auch die Einräumung von Rechten an im Eigentum eines öffentlichen Auftraggebers stehenden Grundstücken ist danach jedenfalls dann als öffentlicher Auftrag anzusehen und insoweit ausschreibungspflichtig, wenn die Verträge mit Beschaffungsgeschäften eng verknüpft sind und insoweit in engem wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Beauftragung zur Erbringung bestimmter Leistungen stehen, der öffentliche Auftraggeber bei wirtschaftlicher Betrachtung damit als "materieller Beschaffer" erscheint 813. Sofern sich der Auftraggeber also in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Veräußerungsgeschäft z.b. eine Bauleistung des Auftragnehmers beschafft, ist der gesamte Vorgang ausschreibungspflichtig. Gleiches gilt für an sich vergaberechtsfreie Mietgeschäfte mit Beschaffungsbezug. Ob eine Beschaffung einer Bauleistung (Sanierung oder Errichtung eines Gebäudes) im vergaberechtlichen Sinne anzunehmen ist oder ein Vorhaben als Veräußerungsgeschäft und/oder Immobiliengeschäft vergaberechtsfrei bleibt, hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Als Indizien können insbesondere die folgenden Umstände dienen: - Einfluss auf das Bauvorhaben: Von wesentlicher Bedeutung ist, ob der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Vertragsbeziehung faktisch auf das Baugeschehen Einfluss nehmen kann. Gibt der öffentliche Auftraggeber die planerischen Einzelheiten vor, spricht dies für eine Beschaffung im Sinne des Vergaberechts durch den öffentlichen Auftraggeber. Gibt der Auftraggeber dagegen nur allgemeine Eckdaten vor - etwa durch Festlegung, dass die Immobilien zu sanieren sind, während der Bauherr hinsichtlich der planerischen Einzelheiten frei bleibt -, spricht das gegen eine Beschaffung des öffentlichen Auftraggebers. - Die beabsichtigte Nutzung: Ist von Anfang an geplant, dass der öffentliche Auftraggeber selbst das Objekt nach Fertigstellung länger nutzt, spricht das für eine Beschaffung durch den öffentlichen Auftraggeber Vgl. z.b. OLG Stuttgart, Beschluss vom , 1 VK 34/00 und 1 VK 1/01; OLG Brandenburg, DB 1999, 1793; VK Sachsen, Beschluss vom , 1/SVK/71-00; VK Lüneburg, NZBau 2001, 51; Eschenbruch, in: Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Vergaberecht, 99, Rn. 42 f.. Vgl. z.b. BayObLG, Beschluss vom , Verg 1/03: Veräußerung oder Überlassung unterliegt den vergaberechtlichen Bestimmungen, wenn sie Element eines einheitlichen Vorgangs ist, der einen beschaffungsrechtlichen Bezug hat. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 294

16 - Heimfall : Für ein Beschaffungsvorhaben des öffentlichen Auftraggebers im Sinne des Vergaberechts spricht ferner, wenn nach Durchführung der betreffenden Baumaßnahmen das Objekt nach einer bestimmten Frist ohne die Zahlung eines Kaufpreises oder zumindest zu einem nicht marktgerechten Kaufpreis an den öffentlichen Auftraggeber zurückfällt bzw. übereignet wird. - Überwiegendes Eigeninteresse: Als weiteres Abgrenzungskriterium ist in der Rechtsprechung schließlich anerkannt, dass die Leistungen, die im überwiegenden Eigeninteresse des Leistungserbringers getätigt werden, nicht einem Auftrag im Sinne des Vergaberechts zuzuordnen sind, also keinen beschaffungsrechtlichen Bezug haben Umgehungsabsicht Letztlich darf die Projekt- und Vertragskonstellation nicht dem Zweck dienen, die Vorschriften des Vergaberechts zu umgehen 815. Diese Indizien deuten bei den zivilrechtlichen Vertragsmodellen I-V insgesamt (trotz der enthaltenen Immobiliengeschäfte) eher auf einen Beschaffungscharakter im Sinne des Vergaberechts hin. In sämtlichen Modellen ist eine langjährige Nutzung der errichteten oder sanierten Bauwerke durch den Auftraggeber vorgesehen. Die Errichtung bzw. Sanierung der Gebäude erfolgt in allen Modellen gemäß den Festlegungen des Auftraggebers. Im Einzelnen: - PPP-Erwerbermodell (Vertragsmodell I): Bei diesem Modell ist wie auch bei den Modellen II und III - von Anfang an geplant, dass der öffentliche Auftraggeber das Objekt nach Fertigstellung längerfristig nutzt. Die Überlassungsverpflichtung richtet sich auf ein noch nicht existentes, vom Privaten zu errichtendes Gebäude und beinhaltet damit die Ausführung oder die Planung und Ausführung von Bauarbeiten durch den Auftragnehmer oder einen von diesem zu beauftragenden Dritten. Die Durchführung der Bauarbeiten und die Planung sollen nach den grundlegenden Vorgaben des Auftraggebers erfolgen. Damit ist grundsätzlich von einem ausschreibungspflichtigen Bauauftrag auszugehen. Das kann für Vertragsmodell I insbesondere auch deshalb nicht Vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom , 1 VK 32/00. Vgl. Marx, in: Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, 100 Rn. 24. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 295

17 zweifelhaft sein, weil die festgelegte Nutzungsdauer einen für die Amortisation der Bauinvestition ausreichenden Zeitraum umfasst. Da vorgesehen ist, dass der öffentliche Auftraggeber das Objekt nach Ablauf der vorgesehenen Vertragslaufzeit übernimmt, liegt unabhängig von der Laufzeit des Nutzungsvertrags eine ausschreibungspflichtige Baubeschaffung seitens der öffentlichen Hand (und zusätzliche Beschaffung von Betreiberleistungen) gegen ein monatliches Gesamtentgelt vor; es handelt sich letztlich um einen Bauauftrag (kombiniert mit einem Dienstleistungsauftrag für den späteren Betrieb) mit gestreckter Finanzierung. Eine u.u. vor Beginn der Bauarbeiten erfolgende Eigentums- oder Erbbaurechtsübertragung vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer wäre zwar vergaberechtsfrei, fällt aber wegen ihres Bezuges zu der dargestellten Beschaffung durch den Auftraggeber nach wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung ebenfalls unter das Vergaberechtsregime. - PPP-FMLeasingmodell (Vertragsmodell II): Das Vertragsmodell II unterscheidet sich vom Vertragsmodell I vor allem dadurch, dass der Eigentumsübergang am Ende der Laufzeit weder automatisch noch unentgeltlich erfolgt. Für das Vertragsende besteht (als Alternative zur Rückgabe oder einer Nutzungsverlängerung) lediglich eine Kaufoption zu einem vorher festgesetzten Restkaufpreis. Gibt der Auftraggeber am Ende der Vertragslaufzeit das Gebäude wieder an den Auftragnehmer zurück, könnte der Beschaffungscharakter (auch mit Blick auf das nur auf Teilamortisation angelegte Entgelt) u.u. fraglich sein. Allerdings dürfte sich der öffentliche Auftraggeber letztlich selbst in diesem Fall angesichts der langjährigen, die übliche Betriebsdauer des Gebäudes abdeckenden Nutzungsdauer und seiner Einflussnahmemöglichkeit auf die Baugestaltung (Abweichungen von der Leistungsbeschreibung stehen unter Zustimmungsvorbehalt) Bauleistungen (und Dienstleistungen) beschaffen, die dem Vergaberecht bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung nicht unter dem Gesichtspunkt des 100 Abs. 2 lit. h GWB oder des Veräußerungscharakters einer evtl. vorgeschalteten Grundstücksveräußerung entzogen sind. - PPP-Vermietungsmodell (Vertragsmodell III): Vertragsmodell III unterscheidet sich von den Vertragsmodellen I und II dadurch, dass für das Vertragsende eine Kaufoption zum Verkehrswert vorgesehen ist. Diese Endschaftsregelung schließt zunächst den gestreckten Erwerb einer Bauleistung zu feststehenden Konditionen aus 816. Da der Vertragszweck hier hauptsächlich in der Gebrauchsüberlassung liegt, erscheint eine Ausschreibungsfreiheit nach 100 Abs. 2 lit. h GWB als Mietgeschäft zumindest denkbar. Allerdings dürfte es sich letztlich auch bei diesem Vertragsmodell um ein aus- 816 Vgl. hierzu auch: Horn, LKV 1996, 81 (82) (wohl zu weitgehend). Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 296

18 schreibungspflichtiges Vorhaben handeln, wenn das zu mietende Gebäude speziell nach den Bedürfnissen des Auftraggebers errichtet (und nicht etwa ein bestehendes Gebäude vermietet wird) und diesem für einen wesentlichen Teil der typischen Lebensdauer zur Nutzung überlassen wird. Jedenfalls aber beschafft sich der Auftraggeber mit den umfassenden Betreiber- und Facility-Management-Leistungen des Auftragnehmers Dienstleistungen, die über das hinausgehen, was ein Vermieter üblicherweise zu leisten hat. - PPP-Inhabermodell (Vertragsmodell IV): Bei den Vertragsmodellen IV und V verbleibt das Grundstückseigentum von vornherein beim Auftraggeber. Im Vertragsmodell IV soll der private Auftragnehmer auf einem Grundstück des Auftraggebers ein Bauwerk errichten bzw. sanieren. Der Auftragnehmer erbringt mit der Sanierung nach den (u.u. nur groben) Vorgaben des Auftraggebers Bauleistungen, die durch Einbau automatisch ins Eigentum des Auftraggebers übergehen. Selbst wenn dem Auftragnehmer für die Vertragslaufzeit (vergaberechtsfrei) ein Recht an dem Grundstück des Auftraggebers eingeräumt wird, bleibt daher der Beschaffungscharakter des Gesamtpaketes bestehen. - PPP-Contractingmodell (Vertragsmodell V): Im Vertragsmodell V wird der Auftragnehmer zwar wie im Vertragsmodell IV auf einem Grundstück des Auftraggebers tätig. Allerdings erbringt er keine oder zumindest nur untergeordnete Bauleistungen Hauptgegenstand seiner Pflichten ist die Planung und Optimierung von Anlagen(-teilen) in Gebäuden des Auftraggebers. Das Eigentum an den eingebauten Anlagen geht im Regelfall nicht auf den Auftraggeber als Eigentümer des Gebäudes über, sondern verbleibt deswegen beim Auftragnehmer, weil von vornherein geplant ist, dass dieser die Anlage nach Ende der jährigen Vertragslaufzeit wieder aus dem Gebäude ausbaut (Scheinbestandteil). Da somit das Eigentum an den errichteten Anlagen in aller Regel nicht auf den Auftraggeber übergeht, die Planung und Ausführung vom Auftragnehmer selbst bestimmt wird und dieser auch allein nutzungsberechtigt an der Anlage ist, dürfte eine Beschaffung einer Bauleistung in diesem Vertragsmodell regelmäßig nicht vorliegen. Der Schwerpunkt scheint vielmehr auf der (ebenfalls grundsätzlich ausschreibungspflichtigen) Beschaffung von Betreiber- und sonstigen Dienstleistungen zu liegen. Das gilt wohl selbst dann, wenn letztlich vereinbart wird, dass das Eigentum an der Anlage am Ende der Vertragslaufzeit auf den Auftraggeber übergehen soll. Eine endgültige Beurteilung des Vorliegens eines ausschreibungspflichtigen Beschaffungsvorgangs kann jeweils nur im konkreten Einzelfall anhand der dargelegten Kriterien erfolgen. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 297

19 Unabhängig von der Beschaffung von Bauleistungen ist allen fünf privatrechtlichen Vertragsmodellen gemeinsam, dass über die gesamte Vertragslaufzeit jedenfalls Dienstleistungen (Facility Management, Betrieb), die über die üblichen Verpflichtungen eines Vermieters hinausgehen, vom Auftraggeber beschafft werden. Da PPP-Modelle nach dem dieser Untersuchung zugrunde liegenden Ansatz grundsätzlich das "Gesamtpaket" von Planung, Bau, Betrieb und Verwertung umfassen sollen, ist davon auszugehen, dass auch im Hinblick auf den Beschaffungscharakter keine isolierte Betrachtung einzelner Teile der PPP erfolgen kann. Nach dieser Auffassung ist der Beschaffungscharakter in aller Regel zu bejahen Gründung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen Bei PPP-Projekten, die auf der Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privaten aufbauen, sinnvoll und durchaus üblich ist die Gründung eines sog. "Joint Ventures" zwischen öffentlicher Hand und privatem Partner (in der Regel im Verhältnis öffentliche Hand 51% - Privater 49%) zur Durchführung bzw. Weitervergabe der geplanten Bau- und Dienstleistungen während der Vertragslaufzeit. Diese als Vertragsmodell VIII vorgestellte Vorgehensweise ist grundsätzlich in Kombination mit sämtlichen übrigen Vertragsmodellen denkbar. Die Gründung eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens durch öffentliche Hand und Privaten kann entweder durch Übertragung von Anteilen an einer 100%igen Eigengesellschaft auf die neue Gesellschaft oder direkten Anteilserwerb an der neuen Gesellschaft erfolgen. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages oder die Veräußerung von Vermögensgegenständen wie z.b. Gesellschaftsanteilen fällt nicht unter die in 99 GWB aufgeführten Beschaffungsverträge der öffentlichen Hand 817 und stellt somit für sich genommen keinen ausschreibungspflichtigen, vergaberechtlich relevanten Vorgang dar. Nach der von der neueren vergaberechtlichen Rechtsprechung geforderten wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung von Vergabevorgängen unterliegt allerdings auch die isoliert betrachtet vergaberechtsfreie Auswahl des privaten Partners bzw. Gründung des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens dann vergaberechtlichen Ausschreibungspflichten, wenn im Zusammenhang damit eine Auftragsvergabe an das Unternehmen erfolgt, die 99 GWB unterfällt. Von einem ausschreibungspflichtigen Auftrag ist nach allgemeiner Auffassung nicht auszugehen, wenn ein sog. "In-house-Geschäft" vorliegt. Die Beauftragung einer zu 100% von der öffentlichen Hand gehaltenen privatrechtlichen Eigengesellschaft bleibt als Eigengeschäft vergaberechtsfrei, weil die Aufgabenübertragung in diesen Fällen materiell nur als interne Organisationsmaßnahme angesehen wird. Ein "In-house-Geschäft" hat nach der EuGH- 817 Vgl. Schröder, NJW 2002, 1831; Boesen, Vergaberecht, 100 GWB Rn. 105; Opitz, ZVgR 2000, 97, 106; Jaeger, NZBau 2001, 6, 7. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 298

20 Rechtsprechung 818 zur Voraussetzung, dass der öffentliche Auftraggeber Gesellschafter des Auftragnehmers ist, über diesen eine Kontrolle "wie über eine eigene Dienststelle" ausübt und der Auftragnehmer seine Tätigkeit "im wesentlichen für den Auftraggeber" ausführt. Inwiefern dieser Ausnahmetatbestand auch für eine Vergabe an gemischtwirtschaftliche Beteiligungsunternehmen, an denen ein privater Investor als Minderheitsgesellschafter beteiligt ist, gelten soll, ist in der deutschen Rechtsprechung umstritten und bis heute nicht eindeutig geklärt. Nach überwiegender Ansicht ist zumindest bei einer nicht ganz unerheblichen privaten Beteiligung keine In-House -Vergabe möglich, weil der öffentliche Auftraggeber bei der Ausübung seiner Gesellschafterrechte nach Treu und Glauben die wirtschaftlichen Interessen des Minderheitsgesellschafters berücksichtigen muss und daher über das Gemeinschaftsunternehmen trotz seiner Stellung als Mehrheitsgesellschafter nicht wie über eine eigene Dienststelle verfügen kann 819. Teilweise wird eine Beteiligung von Privaten per se, jedenfalls aber ab 10% als Ausschlussgrund für ein vergaberechtsfreies Eigengeschäft angesehen 820, teilweise wird weniger auf eine anteilsmäßige Beherrschung als auf die Möglichkeit einer "umfassenden Einflussnahme" der Gebietskörperschaft auf die juristische Person abgestellt dazu wird häufig an gesellschaftsrechtliche Regelungen angeknüpft 822. Das OLG Naumburg hat mit Beschluss vom 8. Januar nunmehr dem EuGH die Frage zur Klärung vorgelegt, ob eine sog. Beteiligungsgesellschaft der öffentlichen Hand mit einer privaten gesellschaftsrechtlichen Mitbeteiligung überhaupt und falls ja, unter welchen Voraussetzungen, dem internen Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers ( In-House ) zugerechnet werden kann. Es spricht einiges dafür, dass angesichts des Ausnahmecharakters des vergabefreien Eigengeschäftes auch der EuGH eher für eine enge Auslegung plädieren wird. Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass Aufträge der öffentlichen Hand an gemischtwirtschaftliche Unterneh EuGH, Urteil v. 18. November Rs. C-107/98, Slg I ff., Teckal; EuGH, NZBau 2001, 99 (101), ARGE Gewässerschutz. VK Düsseldorf, NZBau 2001, 46 (48). VK Halle, Beschluss v. 3. Mai VK Hal 03/02: ab 10% privater Beteiligung generell kein Eigengeschäft; VK Düsseldorf, Beschluss v. 7. Juli 2000; Trienekens, NZBau 2001, 46: nur bei 100% öffentlichem Anteilsbesitz; Jaeger, NZBau 2001, 6, 9; Burgi, NVwZ 2001, 601 (605). BayObLG, Beschluss v. 22. Januar Verg 18/01: Argumentation mit Kontrollrechten von Minderheitsgesellschaftern und Einstimmigkeitserfordernissen nach Gesellschaftsrecht; VK Südbayern, Beschluss vom , 32-09/01: keine umfassenden Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Vgl. Jaeger, NZBau 2001, 6, 9; Masing, ZfBR 2002, 450, 453; Dreher, NZBau 2001, 360 (363). OLG Naumburg, NZBau 2003, 224. Band II: Rechtliche Rahmenbedingungen 299