1 D E R K Ö R P E R D E S M E N S C H E N D I E E R S T E N M I N UTEN L E B E N S B E DR O H L I C H E NO T F Ä L L E D E R T R AU M AP AT I E N T

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1 1 D E R K Ö R P E R D E S M E N S C H E N D I E E R S T E N M I N UTEN L E B E N S B E DR O H L I C H E NO T F Ä L L E D E R T R AU M AP AT I E N T K R AN K H E I T E N U N D VERG I F T U N G E N SCHWANGERSCHAFT UND ÜBERRASCHENDE GEBURT N O T F Ä L L E I M K I N DE S AL T E R NOTFÄLLE INFOLGE PHYSISCHER EINWIRKUNGEN P S Y C H I AT R I S C H E NOTFÄLLE V E R L AG E R U N G D E S PAT I E N T E N K AT AS T R O P H E N D I E M E D I Z I N I S C H E N O T F AL L H I L F E T E C H N I S C H E S AN L AG E N W O R T E R KL Ä R U N G E N

2 DER KÖRPER DES MENSCHEN INHALT 1.1 Wo befindet sich was? 1.2 Überblick über die verschiedenen Organsysteme des menschlichen Körpers

3 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.2 Der menschliche Körper ist ein Ganzes bestehend aus Organen, Geweben und Zellen. Mehrere Körperteile können von Krankheit oder Unfall betroffen sein. Manchmal kann die Gesundheit so angegriffen sein, daß Lebensgefahr besteht. Der Sanitäter muß den Ernst der Lage einschätzen und dem Patienten fachgerecht helfen können. Hierfür muß er die Zusammensetzung (Anatomie) und die Funktionsweise (Physiologie) des menschlichen Körpers verstehen lernen. In diesem Kapitel werden die Organe und Systeme des menschlichen Körpers, ihre Lage, Funktion und Wechselwirkungen beschrieben.

4 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n Wo befindet sich was? Die visuelle Untersuchung eines bekleideten Patienten ist nicht immer leicht. Daher ist es wichtig, die Lage der Organe im menschlichen Körper zu kennen, um aus den Klagen und äußeren Merkmalen auf Schädigungen schließen zu können. Der Sanitäter muß die medizinischen Bezeichnungen der Körpergegenden und Körperlagen kennen. Wenn Sanitäter, Krankenpflegepersonal und Ärzte die gleiche Sprache sprechen, werden folgenschwere Mißverständnisse vermieden. Orientierung im menschlichen Körper In der Medizin wird der menschliche Körper immer in "anatomischer Lage" beschrieben. Diese Vereinbarung wurde weltweit angenommen: Sie sehen den Patienten von vorne, in aufrechter Haltung, mit herabhängenden Armen und mit nach vorne gedrehten Handinnenflächen. ABB. 1.1 AN AT O MIS CH E HAL TUN G

5 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.4 Rechts und links: Bei der Untersuchung des Patienten oder einer Situationsbeschreibung wird mit rechts die Seite bezeichnet, die vom Patienten selber als rechts bezeichnet wird (Abb. 1.1). Vorn (anterior) und hinten (posterior): Mit vorn wird die Bauch- und Gesichtsseite und mit hinten die Rücken- und Gesäßseite bezeichnet. Nah (proximal) und fern (distal): Mit nah bezeichnet man eine einem Bezugspunkt nahe Lage, mit fern eine vom Bezugspunkt ferne Lage. In der Anatomie nimmt man immer die Brust als Bezugspunkt. Das Knie kann im Vergleich zum Sprunggelenk als nah betrachtet werden, die Hand ist im Vergleich zum Handgelenk fern. Oben (superior) und unten (inferior): Oben heißt in Kopfrichtung, unten bedeutet in Fußrichtung. Innen (medial) und außen (lateral): Wenn man den Körper von oben bis unten durch eine imaginäre Linie in zwei gleiche Hälften teilt, wird alles, was nah bei dieser Linie ist, als innen und alles, was fern von dieser Linie ist, als außen bezeichnet. Bei der anatomischen Haltung darf nie vergessen werden, daß unter rechts die rechte Seite des Patienten und nicht die des Beobachters zu verstehen ist. Drei Körperlagen haben klassische anatomische Benennungen erhalten. Ein Patient in Rückenlage liegt auf dem Rücken, in Bauchlage auf dem Bauch und in Seitenlage auf der Seite. Bei linker Seitenlage liegt der Patient auf seiner linken Körperseite. Körpergegenden Man teilt den menschlichen Körper in verschiedene äußere Gegenden ein (Abb. 1.2 a und b). Kopf: Gesicht (Facies), Schädel (Cranium), Kiefer, Hinterhaupt, Schläfen. Hals: Hals, Kehlkopf, Nacken. Rumpf: Brustkorb, Bauch (Abdomen), Nabel, Lenden, Leistenbeuge, Becken, Schamgegend, Kreuzbein, Gesäß. Obere Gliedmaße: Schultern, Oberarme, Ellenbogen, Unterarme, Handgelenke, Hände, Handinnenflächen, Handrücken. Untere Gliedmaße: Hüften, Oberschenkel, Knie, Unterschenkel, Sprunggelenke, Füße, Fußsohlen, Fußrücken.

6 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.5 ABB. 1.2a KÖRPERGE GEND EN ( VORD ERANSICHT) ABB. 1.2b KÖRPERGE GEND EN (H IN T EN AN SICHT )

7 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.6 Körperhöhlen und Lage der Organe Der Sanitäter muß in der Lage sein, anhand äußerer Anhaltspunkte und gedachter Linien die wichtigsten Höhlen des menschlichen Körpers sowie die dort befindlichen Organe aufzählen zu können. ABB. 1.3 K ÖRPERHÖHLEN Die Brusthöhle (Thorax) wird durch den Brustkorb (Rippen) geschützt und beinhaltet Lungen, Herz, Speiseröhre und Luftröhre. Die Brusthöhle wird von der Bauchhöhle durch einen starken Muskel, das Zwerchfell, abgegrenzt. Die Bauchhöhle (Abdomen) reicht vom Zwerchfell bis zum Becken. Sie enthält u.a. Magen, Leber, Gallenblase, Milz, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm, Dickdarm und Blinddarm. Da diese Höhle nicht vollständig durch Knochen geschützt ist, sind die hier vorhandenen Organe sehr verwundbar. Die Bauchhöhle läßt sich in vier Felder unterteilen (Abb. 1.4). Stellen Sie sich ein auf der Bauchdecke gemaltes Kreuz vor, wobei der Schnittpunkt zwischen horizontale und vertikale Achse über dem Nabel liegt. So erhält man zwei obere Felder (links und rechts) und zwei untere Felder (links und rechts). Diese Unterteilung ermöglicht eine Ortung der inneren Organe des Abdomens. Die Schädelhöhle wird durch den Schädel geschützt und enthält das Gehirn.

8 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.7 ABB. 1.4 FE LDER EINTEILUN GEN DER BAUCHHÖHLE Die Rückenmarkhöhle wird durch den Wirbelkanal geschützt und enthält das Rückenmark. Der Sanitäter sollte imstande sein, anhand äußerer Anhaltspunkte die verschiedenen Segmente der Wirbelsäule nennen zu können. Sie besteht aus 5 Segmenten: die Halswirbelsäule, die Brustwirbelsäule, die Lendenwirbelsäule, das Kreuzbein und das Steißbein. ABB. 1.5 SEG MENTE DER WIRBELS ÄULE

9 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n Überblick über die verschiedenen Organsysteme des menschlichen Körpers Der Körper besteht aus verschiedenen Systemen, die man als Abteilungen mit spezifischen Aufgaben betrachten könnte. Ein System des menschlichen Körpers besteht aus verschiedenen Teilen (Organe und Gewebe), die zur Sicherung der Funktion zusammenarbeiten. Die Bezeichnung wird von der geleisteten Funktion abgeleitet. Nervensystem Atmungsupparat Kreislaufapparat Bewegungsapparat Verdauungssystem Harnapparat Geschlechtsapparat Das Nervensystem besteht aus den Nerven und dem Gehirn. Die Nerven bilden ein Netz, das die verschiedenen Körperteile mit dem Zentralcomputer (das Gehirn) verbindet. Alle Informationen der Sinnesorgane, alle Befehle des Gehirns an die Muskeln, aber auch alle Schmerz- oder Lustmeldungen, alle unsere Gedanken und Empfindungen werden vom Nervensystem in Nachrichten umgesetzt, gespeichert oder umgewandelt. Ohne Sauerstoff kann man nicht überleben. Ohne ständige Sauerstoffzufuhr und Kohlendioxidabgabe funktioniert unser Körper nicht. Dieser Gasaustausch wird als "Atmung" bezeichnet. Die Atemfunktion wird durch die Atemwege und die Lungen gesichert. Das Herz kann mit einer Pumpe verglichen werden, die das Blut durch das weitverzweigte Netz der Blutgefäße pumpt. Auf diese Weise werden Sauerstoff, Nährstoffe und Energie im ganzen Körper verteilt und gleichzeitig Abbauprodukte auf dem gleichen Weg ausgeschieden. Skelett, Gelenke und Muskeln ermöglichen uns eine aufrechte Haltung und Fortbewegung; diese drei eng zusammenarbeitenden Elemente bilden den Bewegungsapparat. Das Verdauungssystem hat eine doppelte Funktion: Energie aus der Nahrung gewinnen und die unverdaulichen Reste ausscheiden. Der Verdauungstrakt ist ein langer Schlauch, der mit der Leber und den Verdauungsdrüsen verbunden ist. Er reicht von der Mundöffnung bis zum After. Zum Harnapparat gehören die Nieren, die Harnleiter und die Blase. Der Harnapparat funktioniert wie eine Blutkläranlage, die Abbauprodukte des Stoffwechsels ausfiltert, um sie auszuscheiden. Der Harnapparat sorgt für ein inneres Gleichgewicht und für die Regelung des Wasserhaushaltes und der Körperflüssigkeit. Der Geschlechtsapparat ist verantwortlich für die Fortpflanzung. Er wird zusammen mit dem Harnapparat beschrieben, da ihre Organe und

10 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.9 Strukturen eng beisammen liegen. Man spricht auch häufig vom Urogenitalsystem. Endokrine Drüsen Immunsystem Sinnesorgane Haut Die endokrinen Drüsen bilden die Hormone. Sie steuern eine Reihe Körperfunktionen wie z.b. Wachstum, Fortpflanzung, Blutzuckerspiegel. Der menschliche Körper verfügt über ein ausgereiftes Abwehrsystem, das uns vor Eindringlingen von außen wie Viren, Bakterien und Pilzen schützt. Es bewahrt uns demnach vor ansteckenden Krankheiten und macht uns gegen bestimmte KrankLeiten unempfänglich (immun). Daher wird es als das "Immunsystem" bezeichnet. Durch unsere Sinnesorgane konnen wir Reize und Signale aus unserer Umwelt wahrnehmen. Die Haut ist ein Schutzorgan gegen allerlei schädliche Einflüsse von außen (von Sonnenstrahlen bis zu Bakterien). Sie ist ebenfalls ein wichtiges Organ zur Regulierung des Körperinnentemperatur. Die für die Ausubung der Sanitäterfunktion wichtigen Organsysteme werden näher beschrieben.

11 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n NERVENSYSTEM Das Nervensystem gleicht einem breiten Kommunikationsnetz, das mit einem Zentralcomputer verbunden ist. Die Steuerung erfolgt durch den Zentralcomputer, d.h. das Gehirn. Hier werden alle Informationen aus den verschiedenen Körperteilen gesammelt und zum Körper zurückgeleitet. Die Übertragung der Informationen und Befehle erfolgt über das Rückenmark und die Nerven. Aufbau des Nervensystems Das Nervensystem setzt sich aus dem zentralen Nervensystem und dem peripheren Nervensystem zusammen. Das Zentralnervensystem besteht aus dem durch den Schädel geschützten Gehirn und dem im Wirbelkanal liegenden Rückenmark (Abb. 1.3). Das Gehirn gleicht einer Walnuß; es weist zahlreiche Furchen auf und ist in zwei geteilt: die rechte und die linke Gehirnhälfte. Hinten, unter dem Gehirn liegt das "Kleinhirn". Das Gehirn ist mit dem Rückenmark über den Hirnstamm verbunden. Das Rückenmark liegt im Wirbelkanal und reicht bis zu den unteren Brustwirbeln (Abb. 1.6). Gehirn und Rückenmark sind von einer besonderen Hülle, der Meninx, umgeben und baden in einer Flüssigkeit, der Gehirn-Rückenmarkflüssigkeit (Liquor), die sie vor Stößen und anderen schädlichen Einwirkungen von Außen schützen. Das periphere Nervensystem besteht aus Nerven, die das Zentralnervensystem mit den Organen und Gliedmaßen verbindet. Diese Nerven übertragen zum Beispiel Schmerzempfindungen und befehlen die Bewegungsmuskeln. Funktionsweise des Nervensystems Das Gehirn ist der für die Steuerung der physischen und psychischen Funktionen des Menschen verantwortliche "Zentralcomputer". Interpretation der Empfindungen, Gedächtnis, Denken, Ausdruck und Bewegung: Diese Aktivitäten sind besonders im Gehirn lokalisiert. Beim Menschen sind diese Funktionen weiter entwickelt als beim Tier. Es ist wichtig zu wissen, daß die linke Seite des menschlichen Körpers von der rechten Gehirnseite gesteuert wird und umgekehrt. Daher werden bestimmte Erkrankungen der linken Gehimseite durch äußere Zeichen (z.b. Lähmung) auf der entgegengesetzten Körperseite erkennbar. Das Kleinhirn ist die Koordinationsstelle unserer Bewegungen und Sitz unseres Gleichgewichtes sowie bestimmter Reflexe. Der Hirnstamm steuert viele unwillkürliche und unbewußte Funktionsabläufe: Körperinnentemperatur, Schluck- und Brechreflex, Atmung oder Herzschlag.

12 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.11 Das Rückenmark überträgt Informationen vom Körper zum Gehirn und vom Gehirn zum Körper. Es empfängt die Impulse der Sinnesorgane und leitet sie an das Gehirn weiter; es verteilt umgekehrt die Befehle des Gehirns an die betreffenden Körperteile. Im peripheren Nervensystem leiten die motorischen Nerven die Befehle des Rückenmarks an die Muskeln weiter. Die Gehuhlsnerven sind für die Übertragung von Schmerz, Wärme und Tastempfindungen verantwortlich. Das autonome Nervensystem unterliegt nicht dem menschlichen Willen. Es besteht aus peripheren Nerven, die den Hirnstamm und das Rückenmark mit verschiedenen Organen, wie z.b. Herz, Blutgefäße, Lungen und Drüsen, verbinden. Es steuert die Körperfunktionen, die unbewußt ablaufen sollen: Beschleunigung oder Verlangsamung des Herzschlages, Pupillenerweiterung oder -verengung, Kontraktion oder Entspannung der Magenoder Blasenmuskulatur. ABB. 1.6 ZEN TRALES UND PERIPH ERES NER VEN S YS T EM

13 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.12 Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Lassen Sie uns an einigen Beispielen die Bedeutung der Kenntnisse über das Nervensystem erläutern. Gesundheit setzt ein normales Funktionieren des Nervensystems und insbesondere des Gehirns voraus. Ohne Sauerstoff kann das Gehirn nicht arbeiten. Die Sauerstoffversorgung erfolgt durch den Atem- und Kreislaufapparat. Ein Sauerstoffmangel im Gehirn (z.b. bei Kreislauf- oder Atemstillstand) verursacht bereits nach 4 bis 6 Minuten Gehirnschäden. Nach 10 Minuten sterben die ersten Hirnzellen unwiderruflich ab. Um Hirnschäden vorzubeugen, stellt der Sanitäter die Sauerstoffversorgung wieder her. Durch diese Maßnahme kann ein als "klinisch tot" (d.h. Atem- und Kreislaufstillstand) betrachteter Patient wiederbelebt werden. Auf diese Weise bewahrt man jemanden vor dem biologischen Tod, der unwiderruflich ist. Wirbelsäulenverletzungen können zu Rückenmarkschädigungen oder -kompressionen führen. Als äußeres Erscheinungsbild treten oft definitive Lähmungen an den Gliedmaßen auf. Der Sanitäter kann einer solchen Verschlimmerung vorbeugen, indem er einen Wirbelsäulenbruch erkennt, sachgerecht behandelt und transportiert. ABB. 1.7 S AUE RSTOFFMAN G EL IM GEH IRN

14 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n A T M U N G S A P P A R A T Ohne Sauerstoff kann man nicht leben. Fast alle Organe, Gewebe und Zellen unseres Körpers brauchen zum "Arbeiten" Sauerstoff. Der Sauerstoff dient zum Verbrennen der Nährstoffe, wodurch die für die verschiedenen Aufgaben benötigte Energie freigesetzt wird. Bei dieser Verbrennung entsteht Kohlendioxid, das ausgeschieden werden muß. Wir entnehmen den Sauerstoff unserer Atemluft, in der er zu 21% enthalten ist. Damit die Atemluft und somit der Sauerstoff in unseren Körper gelangt und das Kohlendioxid ausgeschieden wird, verfügen wir uber einen Atmungsapparat. Anatomische und physiologische Kenntnisse über diesen lebenswichtigen Apparat sind für den Sanitäter von enormer Bedeutung. Aufbau des Atmungsapparates Die Luft wird durch die Nase oder den Mund eingesogen. Hinten im Rachen, am Kehlkopf (Larynx), befindet sich eine Abzweigung, die Luft und Nahrung trennt. Die Luft fließt in die Luftröhre, während die Nahrung in die Speiseröhre gleitet. Damit die Nahrung nicht in die Luftröhre gelangt, schließt sich der Kehldeckel beim Schlucken. Das äußere Merkmal des Kehldeckels ist der Adamsapfel. Im Kehlkopf sind ebenfalls die Stimmbänder enthalten. Die etwa 12 Zentimeter lange Luftröhre wird durch Knorpelspangen verstärkt. Sie gabelt sich am unteren Ende in die beiden Stammbronchien, durch die die Luft in die linke und rechte Lunge strömt. In den Lungen teilen sich die Bronchien mehrmals und münden in mikroskopisch kleinen und membranösen Lungenbläschen (Alveolen). Die Wände der Alveolen werden von winzigen Blutgefäßen, den Kapillaren, durchdrungen. Das in den Kapillaren fließende Blut nimmt den eingeatmeten Sauerstoff auf und gibt das mitgeführte Kohlendioxid ab. In den Wänden der Alveolen findet zwischen dem Atmungsapparat und dem Kreislaufapparat ein Gasaustausch statt. Sie ermöglichen die Aufnahme des Sauerstoffes und die Ausscheidung des Kohlendioxids.

15 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.14 ABB. 1.8 ATMUNGS APPARAT Funktionsweise des Atmungsapparates Der Brustkorb arbeitet wie ein Blasebalg. Die Erschlaffung der Brustmuskulatur und des Zwerchfelles bewirkt eine Verkleinerung des Brustraumes und somit auch des Lungenvolumens. Hierdurch entsteht in den Lungen ein höherer Druck als Außen und die Luft fließt aus den Lungen: Ausatmung (Expiration). Bei der Einatmung (Inspiration) geschieht das Gegenteil. Der Brustraum vergrößert sich durch die Anspannung der Brustmuskulatur und des Zwerchfelles. Dies bewirkt eine Vergrößerung des Lungenvolumens und eine Senkung des Lungeninnendruckes: Luft fließt in die Lungen. Der Unterschied zwischen dem Lungeninnendruck und dem äußeren Luftdruck bleibt immer sehr gering. Er reicht jedoch, um Luft von einem Ort mit höherem Druck zu einem Ort mit niedrigerem Druck fließen zu lassen. Wird dieses feine Gleichgewicht gestört, kommt es zu einer Beeinträchtigung der Atemtätigkeit und somit

16 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.15 der Sauerstoffzufuhr. Eine solche Störung ist lebensgefährlich. Die Atembewegungen werden vom Atemzentrum des Gehirns gesteuert. Ein normaler Atemzug bewegt einen halben Liter Luft. Ein Erwachsener atmet ungefähr 10 bis 15 Mal pro Minute. Bei einer größeren körperlichen Anstrengung ist die Atmung tiefer und schneller. Der Körper paßt sich automatisch an. Ist zuwenig Sauerstoff in der Luft oder zuviel Kohlendioxid im Blut enthalten, wird der Atemrhythmus beschleunigt. Rippenfell, der Pleuraspalt Alle Lungenbewegungen im Brustkorb sind bedingt durch den guten Zustand zweier sehr wichtiger Membranen: das Lungenfell und das Rippenfell. ABB. 1.9 ATEMBEWEGUNG EN D ER LUNGEN Das Rippenfell beschichtet die innere Seite des Brustkorbes, das Lungenfell bedeckt die außere Seite der Lungen. Zwischen beiden Membranen liegt ein Gleitspalt: der Pleuraspalt. Dehnt sich der Brustkorb aus, so entsteht im Pleuraspalt ein schwacher Unterdruck. Die Lunge wird "angesaugt" und folgt der Bewegung der Brustkorbwand. Das Lungenvolumen wird bei der Einatmung vergrößert. Diese Membranen (Lungenfell und Rippenfell) sind relativ empfindlich und können leicht verletzt werden (Stöße, Wunden, Infektionen,...). Kommt es zu einer schweren Schädigung des Lungen- oder des Rippenfelles, kann Luft in den Pleuraspalt einfließen. Man spricht dann von einem Pneumothorax. Wenn eine Lungenentzündung auf die Pleura übergreift, spricht man von einer Pleuritis (Rippenfellentzündung).

17 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.16 Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Anhand einiger Beispiele erläutern wir nochmals die Bedeutung des Atmungsapparates für die praktische Arbeit des Sanitaters. Ohne Sauerstoff kann der Körper nicht überleben. Bei einem Atemstillstand oder bei Atembeschwerden, besteht dringender Handlungsbedarf. Nach einem vier- bis sechsminütigen Sauerstoffmangel entstehen irreparable Gehirnschäden. Oft werden die Atemwege durch die Zunge, durch Nahrungsmittel oder Erbrochenes verstopft. Dies geschieht oft beim bewußtlosen Patienten. Der Sanitäter muß das Freimachen der Atemwege erlernen. Bei Rippenbrüchen oder bei einer offenen Brustkorbwunde ist der Blasebalgeffekt nicht mehr gewährleistet. Der Sanitäter muß fahig sein, eine solche Notsituation zu erkennen, und die erforderlichen Hilfsmaßnahmen erlernen.

18 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n KREISLAUFAPPARAT Der Kreislaufapparat arbeitet wie eine Bewässerungssystem, das das Blut im ganzen Körper verteilt und so dessen Versorgung mit Sauerstoff, Energie und anderen lebenswichtigen Substanzen sicherstellt. Der Kreislaufapparat sorgt ebenfalls für die Ausscheidung von Abbauprodukten aus den verschiedenen Körperfunktionen. Ein Kreislaufstillstand führt zu einer Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr mit fatalen Folgen für die Körperzellen. Insbesondere die Gehirnzellen können einen Sauerstoffmangel nur sehr kurze Zeit unbeschadet überstehen. Der Kreislaufapparat spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Krankheiten und Infektionen. Der Kreislaufapparat transportiert Hormone (ein Produkt der Körperdrüsen) und verabreichte Medikamente. Der Kreislaufapparat ist auch an der Wärmeregulierung des Körpers beteiligt. Bei großer Hitze weiten sich die Blutgefäße an Kopf, Armen und Beinen und ermöglichen somit eine teilweise Ableitung der Wärme nach Außen. Bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße zusammen und die Wärme bleibt im Körperinnern. ABB. 1.10a KREIS LAU FAPPARAT

19 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.18 Aufbau des Kreislaufapparates Der Kreislaufapparat besteht aus einer Pumpe (Herz), die eine Flüssigkeit (Blut) durch ein weitverzweigtes Rohrleitungsnetz (Blutgefäße und Kapillare) befördert. Das Herz ist ein Hohlmuskel (Abb. l.l0b). Die Herzhöhle hat vier Unterteilungen: linker und rechter Vorhof sowie linke und rechte Herzkammer. ABB. 1.10b HE RZ Das Blut wird vom Herzen durch die Blutgefäße gepumpt (Abb. 1.10a). Es gibt drei verschiedene Gefäßarten. Die Arterien transportieren das Blut vom Herzen zu den anderen Körperteilen. Sie sind von großem Durchmesser und sehr elastisch, da sie das durch die Herzarbeit unter Druck stehende Blut aufnehmen (arterieller Druck). Die Arterien müssen also einem hohen Druck standhalten können. Dieser Druck zeigt sich in der Pulswelle. Es ist der Herzschlag, den man an den Arterien tasten kann. Schließlich verzweigen sich die Arterien im Kapillarsystem (Abb. l.ll). Kapillare (Haargefäße) sind sehr feine Blutgefäße, die das Körpergewebe wie ein engmaschiges Netz durchziehen. Ihre extrem dünne Außenwand ermöglicht den Austausch von Blutbestandteilen, wie z.b. Sauerstoff, mit den durchbluteten Zellen. Dieser Austausch findet über die Poren der Kapillaraußenwand statt. Das Blut fließt über die Venen zum Herzen zurück. Die Außenwand der Venen ist dünner und weniger elastisch als die der Arterien.

20 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.19 ABB GROß ER UN D K L EIN ER BL UTKREISLAU F Beim Blutkreislauf unterscheidet man zwischen dem großen und kleinen Blutkreislauf. Der große Kreislauf erstreckt sich von der linken Herzkammer über die Aorta bis zu den verschiedenen Körperteilen. Die Arterien, die den Herzmuskel mit sauerstoffreichem Blut versorgen, nennt man Kranz- oder Koronararterien. Sauerstoffarm und reich an Kohlendioxid kehrt das Blut zum rechten Vorhof zurück. Dort beginnt der kleine Kreislauf: Das Blut wird vom rechten Vorhof zur rechten Herzkammer gepreßt und von dort zu den Lungen gepumpt. In den Lungen wird das Kohlendioxid nach außen ausgeschieden und das Blut mit Sauerstoff angereichert. Das sauerstoffreiche Blut kehrt zum linken Vorhof zurück und der ganze Zyklus beginnt von vorne.

21 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.20 Funktion der Herzklappen Die Herzklappen leiten den Blutstrom passiv bei jeder Herzkontraktion. Im rechten Herzteil wird das vom Körper zurückfließende Blut vom rechten Vorhof aus durch die rechte Herzkammer in die Lungenarterie geleitet. Im linken Herzteil wird das aus den Lungen zurückströmende Blut vom linken Vorhof aus über die linke Herzkammer zur Aorta geleitet. Bestandteile des Blutes Blut besteht aus Plasma und Blutzellen. Der Körper eines Erwachsenen enthält etwa 5 bis 6 Liter Blut. Ein neugeborenes Kind etwa 1 Liter. Plasma ist eine gelbliche Flüssigkeit, die die Blutzellen befördert, so wie Flußwasser Sandkörner mit sich führt. Plasma beinhaltet ebenfalls Stoffe, die den Organismus vor Infektionen schutzen, sowie Gerinnungsstoffe. Wir unterscheiden drei wichtige Blutzellenarten. Die roten Blutkörperchen transportieren den Sauerstoff. In 1 mm 3 Blut sind Blutkörperchen enthalten. Sie beinhalten eine rote Substanz (Hämoglobin), die viel Sauerstoff an sich binden kann. Die roten Blutkörperchen werden im Knochenmark gebildet. Die weißen Blutkörperchen sind die Polizisten des Korpers. Sie streifen zu Tausenden im Blutstrom herum ( /mm 3 Blut). Sie werden ebenfalls im Knochenmark gebildet. Die Blutplättchen spielen bei der Hämostase (Gerinnung) eine wichtige Rolle. 1 mm 3 enthält Blutplättchen. Funktionsweise des Kreislaufapparates Das Blut wird durch die Herzkontraktionen weitergepumpt. Diese Kontraktionen werden durch innere, elektrische Impulse gesteuert. Das Stromzentrum kann mit einer Batterie verglichen werden, die in regel mäßigen Abständen Stromstöße abgibt. Der Herzmuskel verfügt über ein eigenes Leitungsnetz, das den Strom zu den verschiedenen Herzzonen weiterleitet. Die Häufigkeit der Herzschläge bestimmt den Herzrhythmus (und somit auch den Pulstakt). Beim Pulstasten mißt man diese Häufigkeit. Die Kraft des Herzschlages und die Ausdehnung der Blutgefäße bestimmen den Blutdruck. Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Bei einem Kreislaufstillstand wird die Sauerstoffversorgung unterbrochen und die Zellen der verschiedenen Körpergewebe, u.a. die Gehirnzellen, sterben. Der Sanitäter muß das Vorhandensein eines Kreislaufes überprüfen können. Daher ist es wichtig zu wissen, wo sich die wichtigsten Blutgefäße (Halsarterie und Arterie am Handgelenk) befinden. Verstopft eine Kranzarterie, erhält der Herzmuskel keinen Sauerstoff mehr. Der Patient klagt über Schmerzen in der Brust, ein Symptom, bei dem der Sanitäter den Ernst der Lage erkennen muß.

22 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n BEWEGUNGSAPPARAT Aufbau und Funktionsweise Das Skelett ist das Gerüstwerk unseres Körpers. Die Skelettknochen sind durch Gelenke verbunden. Für die meisten Bewegungen sind Muskeln notwendig. Das Skelett setzt sich aus insgesamt 206 Knochen und Knöchelchen zusammen. Der Schädel besteht aus einer Knochenstruktur, die das Gehirn wie eine Schntzhülle umschließt. Die Wirbelsäule ermöglicht das Stehen und schützt das Knochenmark. Die Wirbelsäule ist sowohl starr als auch beweglich, da die starren Wirbel durch bewegliche Gelenke verbunden sind. ABB S KELET T

23 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.22 ABB G EL EN K Gelenke sind Scharniere, die unsere Bewegungen ermöglichen. Es handelt sich um Berührungspunkte, die natürlich durch das Aufeinanderreiben der bewegten Teile verschleißen können. Gelenke können auch bei Unfällen verletzt werden. Die Muskelmasse macht 40-50% des Korpergewichtes aus. Es gibt etwa 501 verschiedene Muskeln, die sich zusammenziehen und bewegen können. Sie halten uns im Gleichgewicht, denn selbst für eine unbewegliche Haltung benötigen wir Muskelkontraktionen. Muskeln sichern nicht nur die Bewegung, sondern auch die Wärmeproduktion. Wenn jemand kalt bekommt, wird die Körperinnentemperatur aufgrund eines automatischen Reflexes durch Zittern konstant gehalten. Die Muskeln sind mit den Knochen durch Sehnen verbunden. Bewegungsmuskeln werden durch motorische Nerven gesteuert.

24 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.23 ABB MUSKUL AT U R Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Die Untersuchung des Bewegungsapparates bringt dem Sanitäter wichtige Erkenntnisse. Oft sind Knochen gebrochen, Gelenke beschadigt, Muskeln gequetscht. Daher ist es wichtig, daß der Sanitäter die verschiedenen Teile des Bewegungsapparates erkennen kann.

25 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n VERDAUUNGSSYSTEM Das Verdauungssystem verdaut die nährenden Bestandteile unserer Nahrung. Diese Stoffe werden als Energiequelle oder als Baumaterial für die Körperzellen genutzt. Aufhau des Verdauungssystems Die Grundlage des Verdauungstraktes bildet ein langer Schlauch, der an einer Seite in der Mundhöhle beginnt, sich in der Speiseröhre, dem Magen, den Eingeweiden fortsetzt und am After endet. Die Verdauung findet in diesem Schlauch statt mit Hilfe von Verdauungssäften, die von Organen, wie Leber oder Bauchspeicheldrüse, abgesondert werden. Die Organe der Bauchhöhle, die den Verdauungstrakt bilden, sind vom Bauchfell eingewickelt und umspannt. ABB VER DAU UN GSS YS T EM Funktionsweise des Verdauungssystems In der Mundhöhle wird die Nahrung zermahlen und mit Speichel vermischt. Der Speichel enthält viele Substanzen, die die Verdauung der Nahrungsmittel beginnen. Die Verdauung startet somit im Mund. Die Speiseröhre befördert die zerkauten Nahrungsmittel vom Mund in den Magen. Der Magen setzt die Zermalmung der Nahrung fort, wobei ihm seine Sackförmigkeit und seine Muskelstruktur behilflich sind. Im Magen werden die Nahrungsmittel mit Magensäure und anderen Verdauungssäften durchmischt. Anschließend gelangen die Nahrungsmittel in den Zwölffingerdarm und dann in den Dünndarm. Dort werden alle Nährstoffe entnommen und dem Blut zugeführt. Die Abfälle werden zum Dickdarm weiterbefördert. Seine Aufgabe ist vor allem die Flüssigkeitsaufnahme. Der Körper verliert somit nicht sein

26 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.25 Wasser, und die Abfälle werden so konzentriert wie moglich zu Kot eingedickt. Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Im Kehlkopfbereich kreuzen sich die Atem- und Verdauungswege. Beim Herunterschlucken können Nahrungsmittel den falschen Weg einschlagen und die Atemwege teilweise oder völlig verstopfen. In diesem Lehrbuch wird gezeigt, wie der Sanitäter eine solche Situation erkennen kann und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Bei Aufprallunfällen oder bei einem heftigen Schlag auf die Bauchhöhle können innere Organe wie Leber oder Milz verletzt werden. Es kommt zu inneren Blutungen. Es besteht Lebensgefahr.

27 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n UROGENITALSYSTEM Der Harnapparat reinigt das Blut und scheidet die Abbauprodukte aus. Er regelt den Flüssigkeitshaushalt des Körpers. (Der Körper besteht zu 75% aus Wasser). Die Harnproduktion liegt je nach Flussigkeitseinnahme bei ungefähr 1,5 Liter pro Tag. Der Geschlechtsapparat sorgt für die Fortpflanzung. Er ist für die Geschlechtsmerkmale bestimmend und sichert die Befruchtung der Eizelle durch den Samen. Aufbau und Funktionsweise des Urogenitalsystems Die Nieren reinigen das Blut. Sie können mit einer Kläranlage verglichen werden. Darüber hinaus steuern sie den Wasser- und Säuregehalt des Blutes sowie die Konzentration anderer wichtiger chemischer Substanzen. Die Nieren liegen rücklings in der Bauchhöhle neben der Wirbelsäule. Die Flüssigkeit, die in den Nieren aus dem Blut herausgefiltert wurde (= Harnproduktion oder Diurese), wird über die Harnleiter der Blase zugeführt. Aus diesem Behälter wird der Harn über die Harnröhre ausgeschieden. Der ferne Teil des Harnapparates liegt nah beim Geschlechtsapparat: Beim Mann durchquert das Ende des Harnapparates den Penis; bei der Frau mündet der Harnapparat zwischen den Schamlippen. Die Nierenarterien leiten das zu reinigende Blut zu den Nieren. Die Abbauprodukte sind im Harn aufgelöst und werden zur Blase geleitet. ABB H ARNAPPARAT

28 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.27 Zum äußeren männlichen Geschlechtsapparat gehören Penis und Hodensack. Der innere Teil des männlichen Geschlechtsapparates besteht aus Prostata (Vorsteherdrüse) und Samenleiter. Die Hoden produzieren den Samen. Die Prostata umhüllt den inneren Teil der Harnröhre; sie produziert ein für das Sperma wichtiges Sekret (Abb. 1.17). Der gesamte weibliche Geschlechtsapparat befindet sich im Becken. Die Eierstöcke bilden die Eizellen; bei jedem Monatszyklus wird eine Eizelle zur Gebärmutter befördert. Die Eizelle nistet sich in der Gebärmutter schleimhaut ein. Ist die Eizelle von Samenfäden befruchtet worden, kann sich hieraus ein Embryo entwickeln. Ohne Befruchtung wird die Eizelle mit Blut ausgeschieden. Diesen zyklischen Vorgang nennt man Menstruation (Monats- oder Regelblutung). Die Scheide verbindet die Gebärmutter mit der Außenwelt (Abb. 1.18). ABB MÄN N LIC HE R GES CHL ECHTS APPARAT ABB WEI BLIC HE R GES CHL ECHTS APPARAT Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Bei Aufprallunfällen oder bei Unfällen mit abrupter Abbremsung können die Nieren verletzt werden. Die Nieren sind empfindliche Organe. Eine Verletzung hat starke innere Blutungen zur Folge. Der Sanitäter muß diese Situation erkennen und geeignete Maßnahmen treffen können.

29 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n ENDOKRINE DRÜSEN Die endokrinen Drüsen bilden Substanzen, die in den Kreislauf ausgeschüttet werden: die Hormone. Die Hormone werden im ganzen Körper verteilt und haben eine Wirkung auf verschiedene Organe und Gewebe. Die Bauchspeicheldrüse ist die größte endokrine Drüse. Sie ist nicht nur verantwortlich für die Ausscheidung von Verdauungssäften (s. S. 22), sondern sie bildet auch Insulin. Insulin ist ein wichtiger Wirkstoff, um den Zuckerspiegel in Blut und Zellen zu steuern. Ohne Insulin fehlt den Zellen Energie. Bei gewissen Menschen schüttet die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin aus (Diabetiker). Diese Menschen brauchen regelmäßige Insulininjektionen. Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Diabetiker, denen eine zu hohe Insulindosis verabreicht wurde, weisen typische Merkmale des Zuckermangels auf. Es ist wichtig, daß der Sanitäter diese Symptome erkennen kann IMMUNSYSTEM Das Immunsystem verteidigt den Organismus gegen körperfremde Moleküle, indem es Antikörper gegen diese Moleküle (Antigene) bildet und sie mit Hilfe spezialisierter Zellen (weiße Blutkörperchen) zerstört. Das Abwehrsystem spielt daher eine wichtige Rolle bei der Infektionsbekämpfung. Die Impfung basiert auf dieses Abwehrprinzip, da sie die Bildung spezifischer Antikörper (z.b. Hepatitis-Virus) provoziert. Wichtige Anmerkungen für den Sanitäter Verschiedene Impfungen sind für den Sanitäter sehr wichtig (Tetanus, Hepatitis). Er sollte dies mit seinem Hausarzt oder mit dem Betriebsarzt besprechen. Manche Notfallmeldungen erfolgen aufgrund einer heftigen immunologischen Reaktion, wie z.b. der anaphylaktische Schock nach einem Wespenstich.

30 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n SINNESORGANE Dank der Sinnesorgane können wir sehen, tasten, schmecken und fühlen. Zwei Sinnesorgane sind für den Sanitäter besonders wichtig: Augen und Ohren sind äußere Organe, die verletzt werden können oder im Krankheitsfalle wichtige Informationen liefern. Sehapparat Das Auge nimmt das Licht durch eine durchsichtige Membran (Hornhaut) auf, die eine Linse schützt (Linse). Das Licht, das ins Auge einfällt, wird auf der Netzhaut gebündelt. Die Netzhaut leitet die Lichtimpulse zum Gehirn weiter, wo die visuellen Angaben entschlüsselt und in Bilder umgewandelt werden. Von Außen sehen wir das Weiße des Auges (Bindehaut), einen farbigen Ring (Regenbogenhaut oder Iris) und einen zentralen schwarzen Punkt (Pupille). Die Pupille ist die verstellbare Blende, durch die das Licht ins Auge gelangt. Die Pupillengröße gibt wichtige Auskünfte über den Gesundheitszustand des Patienten. Wichtige Anmerkung für den Sanitäter Norrnalerweise haben beide Pupillen den gleichen Durchmesser. Gewisse Gehirnverletzungen können eine unterschiedliche Pupillenöffnung verursachen. Der Sanitäter muß dieses Merkrnal erkennen und wissen, daß eine Gehirnschädigung vorliegt. ABB AUG E

31 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.30 Gehörapparat Das Ohr ist nicht nur zuständig für den Hörsinn: In seinem Inneren birgt es auch das Gleichgewichtsorgan. Die Ohrmuschel ist mit dem Trommelfell durch den äußeren Gehörgang verbunden. Dort werden die Schallwellen in Vibrationen umgewandelt, die ihrerseits von der Kette der Gehörknöchelchen (nach ihrer Form benannt: Hammer, Amboß, Steigbügel) in Impulse umgesetzt werden. Das Trommelfell ist eine äußerst sensible Membran, die durch spitze Gegenstände oder abrupte Druckunterschiede beschädigt werden kann. Im Mittelohr, ganz im Inneren des Schädels, befinden sich die Bogengänge, die ständig unsere Körperhaltung analysieren. Diese für unser Gleichgewicht wichtigen Angaben werden an das Gehirn weitergeleitet. Hier werden sie in die für das Gleichgewicht notwendigen Muskelbefehle umgewandelt. Das Mittelohr ist direkt über die Ohrtrompete mit dem Rachen verbunden. ABB OH R WichtigeAnmerkungen für den Sanitäter Bei starken und brutalen Druckunterschieden, z.b. bei Explosionen, kann das Trommelfell reißen. Bei einem Schädelbruch kann zwischen der Bruchstelle und dem inneren, mittleren oder äußeren Ohr ein Durchgang entstehen, der sich durch sichtbare Blutungen im äußeren Ohr bemerkbar macht. Eine solche Blutung weist oft auf einen bedrohlichen Zustand hin. Der Sanitäter muß den Blutverlust und den Ernst der Lage erkennen.

32 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n HAUT Aufbau und Funktionsweise der Haut Die Haut besteht aus Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis) und Unterhautfettgewebe. In der Haut befinden sich die Endungen der Tastund Schmerznerven, Blutgefäße, Schweißdrüsen, Talgdrüsen und Haarwurzeln. Die Haut schützt vor Infektionen, Wasserverlust, Sonnenstrahlung und chemischen Substanzen. Die Haut ist durchlässig. Zahlreiche Medikamente (aber auch Giftstoffe) können durch die Haut eindringen. Die Haut übt eine wichtige Kontrolle über die Regelung des Wärmehaushaltes des Körpers aus. Bei großer Hitze sondert die Haut Flüssigkeit ab (Schwitzen). Die Verdunstung des Schweißes bewirkt eine Abkühlung. Die Haut spielt also eine wichtige Rolle beim Wärmeausgleich. ABB HAUT Wichtige Anmerkung für den Sanitäter Die Haut reagiert sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen wie z.b. hohen Temperaturen oder ätzenden Substanzen. In der Ausübung seiner Tätigkeit wird der Sanitäter mit Brandwunden konfrontiert, die er nach Einschätzung des Schweregrades behandeln muß.

33 D e r K ö r p e r d e s M e n s c h e n 1.32 Z U S A M M E N F A S S U N G V O N K A P I T E L 1 Die Lage der Organe im menschlichen Körper wird in der Anatomie beschrieben. Der Sanitäter muß die Lage der wichtigsten Organe kennen. Die Organe funktionieren als Systeme. Die Funktionsweise der Organsysteme wird in der Physiologie beschrieben. Der Sanitäter muß die Funktionsweise der wichtigsten Organsysteme kennen. Drei Organsysteme sind lebenswichtig: das Nervensystem der Atmungsapparat der Kreislaufapparat. Der Erhalt der Vitalfunktionen des Patienten ist die wichtigste Aufgabe des Sanitäters.