21. Jahrgang. E n t s c h e i d e r b r i e f. Informations-Schnelldienst

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1 21. Jahrgang E n t s c h e i d e r b r i e f Informations-Schnelldienst 2/2014

2 2 Entscheiderbrief 2/2014 Organisationsänderungen im Bundesamt Zum wurde das Bundesamt reorganisiert. In diesem Zusammenhang kam es auch zu personellen Veränderungen. Inhalt Verfahren Migration aus Somalia 2 Weiterhin keine Dublin-Überstellungen 4 nach Griechenland Abteilung 1 Zentrale Dienstleistungen, Personalmanagement: Joachim Köhn wurde die Abteilungsleitung übertragen. Ihm zur Seite stehen die Gruppenleiter Marlene Kerpal (Personal und Ressourcen) und Michael Fischelmayer (Organisation, Informationstechnik und Statistik). Abteilung 2 Internationale Aufgaben, Migration, Forschungszentrum: Diese führt weiterhin Hartmut Sprung. Gruppenleiter in seinem Bereich sind Renate Leistner-Rocca (Internationale Aufgaben, EU-Fondsverwaltung), Michael Rosenbach (Grundsatzfragen der Migration, Informationszentrum Asyl und Migration) sowie Antje Kiss (Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl). Abteilung 3 Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt: Die Abteilungsleitung blieb mit Regina Jordan unverändert. Als Gruppenleiter fungieren Erwin Schindler (Grundsatzfragen der Migration, Integrationsmaßnahmen) und Uta Saumweber-Meyer (Sprachliche Bildung, Migrationsberatung). Abteilung 4 Grundlagen des Asylverfahrens/ Sicherheit: In der Leitung folgt Ursula Gräfin Praschma auf Michael Kleinhans, der in den Ruhestand trat. Sie ist mit ihrem ständigen Vertreter Matthias Henning insbesondere für Qualitätssicherung, Grundsatzfragen des Asyl- und Dublinverfahrens sowie die Prozessführung in Asylsachen zuständig. Abteilung 5 Durchführung von Asylverfahren/ Regionalkoordination der Integration: Diese steuert nun Michael Hartard. Ihm arbeiten als Gruppenleiter Elisabeth Bantel (Außen-/Regionalstellen Süd und Südwest) und Jochen Waldenmeier (Außen-/Regionalstellen Nord und West) sowie Elisabeth Lang (Verfahren der Zentrale) zu. Einen Gesamtüberblick über die neue Struktur bis zur Referatsebene gibt der Organisationsplan des Bundesamtes auf Die Redaktion Aktuelle Rechtsfragen Aus der Rechtsprechung 4 Blick zum Nachbarn Aktuelles aus Europa 6 Was sonst?/literatur Organisationsänderungen im Bundesamt 2 IZ Asyl und Migration weist hin auf 7 Beilage Aus der Geschäftsstatistik des Bundesamtes 2013 Migration aus Somalia Jahrzehntelange gewaltsame Auseinandersetzungen machten aus Somalia (ca. 10 Mill. Einw./ qkm) einen gescheiterten Staat. 1 Die humanitäre und soziale Lage ist in vielen Gebieten prekär. 2 Dies führte zu erheblichen Bevölkerungsbewegungen. Umfang Die Zahl an Binnenflüchtlingen wird auf mindestens eine Million geschätzt. Viele kamen bisher aus anderen Landesteilen auf der Suche nach Nahrungsmitteln und Hilfe in die Hauptstadt, da dort der Zugang zu internationalen Hilfsorganisationen leichter ist und ein gewisser Schutz durch Sicherheitskräfte (AMISOM und SFG) 3 besteht. 1 Vgl. etwa N.N., Land der Piraten in größter Not, Focus v , /somalia-land-der-piraten-in-groesster-not_ aid_ html <Abruf v > und allgemein z.b. Gorzewski, Wenn die staatliche Ordnung zerfällt, Deutsche Welle v , <Abruf >. 2 Die Sicherheitslage stellt sie sich je nach Bezirk/Region sehr unterschiedlich dar. Eine detaillierte Übersicht mit fünf Kategorien von Sicherheitslage hoch bis null bietet das Bundesasylamt, Somalia. Sicherheitslage, Wien AMISON African Union Mission in Somalia; SFG Somali Federal Goverment.

3 Entscheiderbrief 2/ Viele Somalier 4 wichen auch in Staaten der Region aus: nach Kenia circa , Jemen , Äthiopien , Dschibuti über , Uganda , Ägypten Derzeit kehren allerdings Somalier aus den Nachbarländern zurück. Im 1. Halbjahr 2013 waren es mehr als Personen. Gründe hierfür sind im Wesentlichen eine teilweise verbesserte Sicherheitslage einerseits und die verschlechterte Sicherheitslage in den Zufluchtsstaaten andererseits. Beispielsweise bekämpft Kenia als einer der Truppensteller der AMISOM die radikal-islamistische Organisation al-shabaab in Somalia. Diese verübt deshalb auch Anschläge, wie unlängst in Kenia auf ein Einkaufszentrum in Nairobi. 5 In der Folge sind Somalier zunehmend unter Generalverdacht geraten, den Terror zu unterstützen. Wer die Mittel aufbringen konnte, reiste oft in Staaten, welche Perspektiven über die bloße Sicherheit hinaus boten. Circa Personen gingen nach Dubai und um die nach Südafrika. Wesentliche Ziele waren und sind aber westliche Staaten. Es entstand eine teilweise bereits in ihren Aufnahmeländern eingebürgerte somalische Diaspora von etwa 1 bis 1,5 Millionen Personen. Dies löste Folgemigration aus, z.b. in Form von Familienzusammenführungen. Westeuropäische Staaten mit mehr als registrierten Somaliern Staat Anzahl 1. Ver. Königreich Schweden Norwegen Dänemark Finnland Deutschland Italien Schweiz Quelle: Eurostat, Stand Somalier bezieht sich auf die Staatsangehörigkeit, Somali auf die Ethnie, die auch insbesondere im Nordosten Kenias, im Südosten Äthiopiens und in Dschibuti ansässig ist. 5 Vgl. z.b. Ladurner, Sie wollten nur shoppen, Die Zeit v Reisewege nach Europa Wegen der inzwischen stark ausgebauten Grenzsicherung Saudi Arabiens vor allem gegenüber Jemen wurde die Migration auf der früher üblichen Route über den Golf von Aden oder von Dschibuti auf die arabische Halbinsel nach Jemen und im weiteren Verlauf über die Türkei nach Griechenland schwieriger. Derzeit gewinnen die Routen über Sudan an Bedeutung. Sie verlaufen über Äthiopien bzw. Dschibuti und Eritrea oder Kenia (teils zusätzlich über Uganda) nach Südsudan und entlang der Hauptverkehrsstraße am Weißen Nil nach Sudan. 6 Vom Knotenpunkt Khartum geht es weiter an die libysche Mittelmeerküste. Sowohl in Äthiopien als auch in Südsudan und Sudan kommen die Migranten mit Schleusern in Kontakt, die die Weiterreise an die Küste organisieren. Sudanesische Schleuser sorgen dann für den Transport nach Libyen. Als Route wird nicht nur der direkte Weg gewählt, sondern auch der über den östlichen Tschad an die libysche Grenze oder über Ägypten. In Libyen werden die Somalier meist von einem Fahrer an den anderen übergeben. An der Küste suchen die Migranten nach Bootsführern für die Fahrt über das Mittelmeer nach Italien bzw. Malta. Die Routen aus Somalia bis an die libysche Küste haben sich seit Jahren kaum geändert. Angesichts der Lage im Heimatland dürfte der Migrationsdruck trotz der Kosten für eine Schleusung nach Deutsch-and durchschnittlich USD 7 anhalten. Libyen wird wegen seiner instabilen Verhältnisse auf absehbare Zeit wenig Einfluss auf die Reisewege haben. 8 Italien und Malta betrachten viele Somalier nur als Durchgangsstation. Gründe hierfür sind etwa wie bei anderen Migranten Verwandte im Zielstaat, eine größere Community dort bzw. die Aussicht auf ein besseres Auskommen. Einfluss auf die Wahl des Ziellandes haben zudem Faktoren wie Erreichbarkeit, Anerkennungsquote und Sozialleistungen. 6 Wie sich die im Dezember 2013 aufgeflammten bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Südsudan entwickeln und sich auf die Reisewege auswirken, lässt sich noch nicht sagen. 7 Erkenntnisse aus Reisewegsbefragungen von somalischen Asylantragstellern durch das Bundesamt. 8 Vgl. etwa Dittmann, Das post-revolutionäre Libyen, Geographische Rundschau 2/2014, S. 34 ff. (37 f.); Frefel, Der Weg nach Europa führt über Libyen, NZZ v

4 4 Entscheiderbrief 2/2014 Somalische Staatsangehörige in Deutschland Nach Erreichen der Bundesrepublik wird regelmäßig Asyl beantragt. Asylerst- und Folgeanträge der letzten fünf Jahre: deshalb weiter das Selbsteintrittsrecht ausüben und diese Asylverfahren durchführen. Die Redaktion Jahr Anträge Schutzquote* ,8 % ,6 % ,3 % ,4 % ,5 % Quelle: Bundesamt, Referat 222 * Verfolgungsschutz plus (europarechtlicher) subsidiärer Schutz plus (nationale) Abschiebungsverbote. Der Schutzstatus bezieht sich auf die im jeweiligen Jahr entschiedenen Anträge, d.h. nicht auf die im selben Jahr gestellten Anträge. Vielfach versuchen somalische Migranten den Staat der Einreise ins Dublin-Gebiet sowie die danach auf dem Weg nach Deutschland durchreisten Länder zu verschleiern, 9 um eine Rücküberstellung zu vermeiden. 10 Weiterhin keine Dublin- Überstellungen nach Griechenland Der Bundesinnenminister entschied, Überstellungen nach Griechenland auf Grundlage der Dublin-Verordnung für ein weiteres Jahr, d.h. bis zum , auszusetzen. 1 Das Bundesamt wird 1 Erlass v Dr. Roland Bell* 11* 9 Z. B. durch Vermeidung von Asylanträgen im Ein-/ Durchreisestaat und die Verweigerung einer erkennungsdienstlichen Behandlung. 10 Dazu werden auch schwere systemische Mängel im eigentlich zuständigen Dublin-Staat behauptet. * Unter Verwendung von Informationen des GASIM (Behördenkooperation Gemeinsames Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration, Potsdam). Diesem wird für deren Überlassung und für Durchsicht des Entwurfes gedankt. Aus der Rechtsprechung Äthiopien Weibliche Genitalbeschneidung VG Wiesbaden: Ist eine in Deutschland geborene unbeschnittene oromisch-stämmige Dreijährige bei Rückkehr wegen Mittellosigkeit darauf angewiesen, allein oder mit ihrer Mutter in die familiäre Dorfgemeinschaft zurückzukehren, droht eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Genitalbeschneidung (FGM). Der Staat hat FGM zwar seit geraumer Zeit verboten, schützt aber ausweislich einer Misshandlungsquote von mindestens 74 Prozent nicht wirksam (U.v K 1230/12.WI.A < >). Iran Schwere Depression VG Ansbach: Eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (ICD 10: F 32.2) ist im Heimatland medikamentös und psychotherapeutisch behandelbar. Dies gilt umso mehr, wenn jemand deswegen bereits in Iran in ambulanter Behandlung war. Individuell ist sie auch finanzierbar, zumal Medikamente gegen chronische Depressionen im Herkunftsstaat preisgünstig sind. Der Kläger erzielte in Iran eigene Einkünfte (hier mit einem Cousin zusammen im Import-/Export bzw. als Taxifahrer). Es ist zu erwarten, dass er nach Rückkehr daran anknüpfen kann. Bei Bedarf ist überdies familiäre finanzielle Unterstützung durch Geschwister möglich (U.v AN 1 K < >). Mazedonien Roma/Gruppenverfolgung/Extremgefahr VG Braunschweig: Roma droht allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit weder eine unmittelbare noch mittelbare staatliche Gruppenverfolgung. Zwar sind Roma häufiger Opfer von missbräuchlicher Polizeigewalt und Mängeln der Justiz als Angehörige der mazedonischen Bevölkerungsmehrheit, von der sie

5 Entscheiderbrief 2/ zudem häufig diskriminiert werden. Jedoch fehlt es sowohl an einem Verfolgungsprogramm als auch der für eine Gruppenverfolgung erforderlichen Dichte erheblicher staatlicher Eingriffshandlungen. Gleiches gilt hinsichtlich von Übergriffen nichtstaatlicher Akteure. Ethnisch motivierte Gewaltakte gegenüber den heute weit mehr als Roma sind nicht in größerer Zahl dokumentiert. Die schwierige soziale wie wirtschaftliche Lage der meisten Roma ist nicht derart extrem, 1 dass sie einen Abschiebungsschutz nach 60 VII 1 AufenthG für Gruppenangehörige begründet (U.v A 373/12 < u.a.>). Schwere Hämophilie VGH BW: Für schwere Hämophilie Typ A verfügt Mazedonien über hinreichende ambulante, stationäre, labortechnische und notfallmäßige Versorgung. Dies gilt auch, wenn pro Woche drei Gaben von Faktor-III-Konzentraten (antihämophiles Globulin) nötig sind. Selbst mittellosen Rückkehrern einschließlich Abschüblingen ist eine solche Behandlung aufgrund der gesetzlichen Krankenversicherung, dem Help Insurance Fond of Macedonia, finanziell zugänglich. Patienten mit Hämophilie sind von jeder Zuzahlung befreit, auch bei Medikamenten. Soweit Versicherungsschutz von einer Registrierung mit mazedonischen Ausweispapieren abhängt, ist deren Vorhandensein für die Frage der Behandelbarkeit unerheblich. Denn fehlen solche Papiere, kann nicht abgeschoben werden (B.v A 6 S 919/13 < >). Sudan Exilpolitisches Engagement EGMR: Die Aktivitäten politischer Gegner im Ausland, auch in der Schweiz, werden von der sudanesischen Regierung überwacht. Gefährdet sind nicht nur höherrangige Politaktivisten, sondern jeder, der gegen das Regime opponiert oder dessen verdächtigt wird (U.v /12). 2 1 Die Kläger räumten sogar ein, dass es ihnen wirtschaftlich ganz gut gegangen sei. 2 Der Kläger hatte 2009 im Folgeverfahren vorgetragen, er sei zum Menschenrechtsverantwortlichen der Sudan Liberation Movement/Unity ernannt worden. Dieser Gruppe, die ein freies Darfur anstrebt, habe er sich nach einer Einreise in die Schweiz (2004) angeschlossen. Vietnam Exilpolitisches Engagement OVG TH: Gegen die Regierung gerichtete Aktivitäten im Ausland sind nach vietnamesischem Recht grundsätzlich strafbar. Eine Verfolgungsgefahr besteht allerdings nur für Personen, die mit ihren oppositionellen Aktivitäten besonders hervorgetreten sind, sofern ihre Wirkung im Wesentlichen nicht auf das Ausland begrenzt geblieben ist und sofern sie von den vietnamesischen Behörden als Ausdruck ernstzunehmender, nicht bloß asyltaktischer Opposition gewertet werden. Verfolgung allein wegen Veröffentlichungen im Internet oder dort berichteten exilpolitischen Engagements sind nicht bekannt. Auslandsaktivitäten von Exilgruppen werden von der breiten Öffentlichkeit im Heimatland kaum wahrgenommen. Soweit Verfolgung von Oppositionellen wegen Internetpublikationen berichtet wird, handelt es sich um Personen mit einem gewissen Bekanntheitsgrad aufgrund vorangegangener oppositioneller Betätigung in Vietnam. Eine verfolgungsrelevante exponierte Tätigkeit entsteht auch nicht durch eine Vielzahl an Aktivitäten aus dem üblichen exilpolitischen Spektrum. 3 Daran ändert nichts, wenn Veranstaltungen in direkter Nachbarschaft zu diplomatischen Vertretungen Vietnams stattgefunden haben (U.v KO 1214/10 < > unter Berufung auf OVG TH, U.v KO 428/99, juris). Rechtsfragen bewaffneter Konflikt/Auslegung EuGH: Ob ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt (Art. 15 c QualfRL, 4 I 2 Nr. 3 AsylVfG) vorliegt, beurteilt sich nicht anhand der Kriterien des humanitären Völkerrechts. Innerstaatlicher bewaffneter Konflikt ist ein der Richtlinie eigener, autonomer Begriff. Er findet im humanitären Völkerrecht keine unmittelbare Entsprechung. Dieses kennt nur bewaffnete Konflikte, die keinen internationalen Charakter aufweisen. Es sieht keine Regelung des subsidiären Schutzes vor und benennt mithin auch 3 Hier z.b. regimekritische Beiträge, Redaktionsmitarbeit, Teilnehmer und Redner bei oppositionellen Parteiversammlungen sowie Protestveranstaltungen, Mitgliedschaft in Auslandsorganisationen, Mahnwachen.

6 6 Entscheiderbrief 2/2014 keine Fälle, die einen solchen Schutz erfordern. Seine Schutzmechanismen unterscheiden sich klar von denen der Richtline. Zudem ist das humanitäre Völkerrecht anders als die QualfRL sehr eng mit dem internationalen Strafrecht verknüpft. Der Begriff innerstaatlicher bewaffneter Konflikt bezeichnet eine Situation, in der reguläre Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder in der zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinanderstoßen. Auf die Intensität der Auseinandersetzungen, den Organisationsgrad der Streitkräfte oder die Dauer des Konflikts kommt es nicht an. Ein bewaffneter Konflikt führt aber nur dann zu subsidiärem Schutz, wenn der Grad willkürlicher Gewalt ein solches Niveau erreicht, dass für jemanden allein durch seine Anwesenheit die Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit besteht (U.v C-285/12). Anerkennungsausschluss/Beteiligung an Terrorismus BVerwG: Auch auf der Grundlage des abgesenkten Beweismaßes ( 3 II 1 AsylVfG) kann ein Ausschluss wegen Beteiligung an missbilligten Handlungen ( 3 II 2 AsylVfG) nur angenommen werden, wenn für die Haupttat an einzelne Vorfälle angeknüpft wird. Für eine ausschlussbegründende Beteiligung an Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen ( 3 I 1 Nr. 3 AsylVfG) können gewichtige ideologische und propagandistische Aktivitäten zugunsten einer terroristischen Organisation genügen. 5 Der Ausländer muss weder Einflussmöglichkeiten auf die Begehung von Terrorakten gehabt noch solche öffentlich gebilligt oder dazu aufgerufen haben (U. v C < >). Dr. Roland Bell Die Schwelle zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ist nach dieser EuGH-Entscheidung früher überschritten als nach der bisherigen BVerwG-Rechtsprechung. 4 Bei Antragstellern ohne Vorbetroffenheit dürfte dies wegen der erforderlichen Gefährdungsfeststellung regelmäßig zum selben Ergebnis führen. Bei Personen, die schon einen ernsthaften Schaden erlitten haben (Art. 4 IV 4 QualfRL), könnte es hingegen zu europarechtlichem Schutzes bei einem solchen Konflikt kommen, den der engere Ansatz des BVerwG nicht als innerstaatlich bewaffnet erfasste. Bislang wäre in solchen Fällen (z.b. wegen Verletzung oder Traumatisierung im Rahmen von bewaffneten Unruhen ) eher Schutz über 60 VII 1 AufenthG gewährt worden. Asylverfahren und Integration VGH BY: Welche Kriterien das Bundesamt bei seinen Asylentscheidungen zu berücksichtigen hat, ist in 31 AsylVfG i.v.m. 1 ff. AsylVfG und 60 AufenthG abschließend geregelt. Die Integration eines Asylbewerbers in Deutschland zählt nicht dazu (B.v a ZB < >). 5 Der Kläger war von 1999 bis 2005 Angehöriger der Volksbefreiungskräfte der PKK. In einer Kultur- und Kunstschule leitete er die kulturellen Aktivitäten. Später war er in einem Lager an herausgehobener Stelle für Propaganda und ideologische Schulung verantwortlich. Aktuelles aus Europa Schweiz Asylanträge 2013 Im Jahr 2013 beantragten Personen Asyl. Dies bedeutet gegenüber 2012 einen Rückgang um 25,0 Prozent (2012: ). Mit ursächlich dürfte sein, dass die Schweiz Asylgesuche von Personen aus Ländern mit einer geringen Schutzquote (z.b. Mazedonien, Nigeria) grundsätzlich schnell entscheidet. So entfällt für diese Gruppe der Pull-Faktor lange Aufenthaltsdauer weitgehend. Als ein Grund liegt auch die Asyl-, Aufnahme- und Duldungspraxis 1 4 U.v C 9.08 < >. 1 Zu vorübergehenden generellen Aussetzungen von Abschiebungen siehe z.b. Wintererlasse für Westbalkanstaaten in Deutschland, Entscheiderbrief 1/2014, S. 7. Ähnliche Regelungen gibt es in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

7 Entscheiderbrief 2/ anderer europäischer Staaten nahe. Vergleichsweise bietet etwa Deutschland hohe Sozialleistungen und Schweden hat eine sehr großzügige Aufnahmepraxis, aktuell z.b. für Syrer. Hauptherkunftsland 2013 war Eritrea mit Anträgen. 2 Damit ist die Schweiz in Europa nicht mehr wichtigstes Zielland dieser Gruppe. Dies wurde Schweden (rd Anträge), gefolgt von Deutschland (rd Anträge) und Norwegen (rd Anträge). 3 Termin für ihr Visumgesuch reserviert. Daraus resultierende Anträge werden noch nach den vorübergehenden Erleichterungen bearbeitet. Unabhängig davon kann Personen, die an Leib und Leben gefährdet sind, die Einreise mit einem humanitären Visum bewilligt werden. Der Familiennachzug innerhalb der Kernfamilie (Eltern und Kinder bis 18 Jahre) war bereits vor den Visaerleichterungen möglich und ist dies weiterhin. 5 Die zehn Hauptherkunftsländer im Überblick: Dr. Roland Bell* 6* Land Anträge Veränderung zu Eritrea ,8 % 2. Syrien ,7 % 3. Nigeria ,8 % 4. Tunesien ,4 % 5. Marokko ,7 % 6. Afghanistan ,6 % 5 S. Bundesrat (CH), Vorübergehende Visaerleichterungen für Verwandte von syrischen Staatsangehörigen aufgehoben. Medienmitteilung v , www. ejpd.admin.ch/content/ejpd/de/home/dokumentation/mi/2013/ html u. vgl. SFH, Aktuelle Informationen zur Einreise syrischer Flüchtlinge: Erleichterungen aufgehoben, ch/hilfe/syrien-aktuelle-einreiseinformationen <Abruf >. * Unter Verwendung von Informationen des Referates Algerien ,9 % 8. Kosovo ,6 % 9. Sri Lanka ,5 % 10. China ,5 % Vorübergehende Visaerleichterungen für syrische Verwandte beendet Die Anfang September 2013 verfügten vorübergehenden Visaerleichterungen für notleidende Syrer mit Verwandten außerhalb der Kernfamilie in der Schweiz 4 sind seit Ende November 2013 aufgehoben. Mit erteilten Visa sei der Zweck erreicht worden. Bereits 719 Visuminhaber sind eingereist, darunter 475 Frauen und Kinder. Rund Personen haben bei einer Schweizer Auslandvertretung einen 2 Davon 791 (30,9 %) von in der Schweiz geborenen Kindern. 3 Quelle: Eurostat. Da bei Schweden die Dezemberwerte noch nicht vorlagen, wurde für sie der Durchschnitt der ersten 11 Monate zugrundegelegt. 4 S. BFM, Weisung sowie deren Erläuterungen v an die Auslandvertretungen, Grenzkontrollorgane und Migrationsbehörden der Kantone sowie der Städte Bern, Biel und Thun. Begünstigte Verwandte: Auf- und absteigende Linie sowie ihre Kernfamilie (Großeltern, Eltern, Kinder über 18 Jahre, Enkelkinder. Zudem Geschwister und ihre Kernfamilie). weist hin auf Veröffentlichungen des Bundesamtes Informationen des Bundesamtes Afghanistan (Factsheet) Stand: Hrsg.: D-A-CH (Kooperation: Deutschland - Österreich - Schweiz) Migrationsbericht 2012 Stand: Januar 2014 Hrsg.: Bundesamt, FI weitere Ausarbeitungen Fachkräftemigration aus Asien nach Deutschland und Europa (Beiträge zu Migration und Integration, Band 5) Stand: Januar 2014 Hrsg.: 22FI

8 8 Entscheiderbrief 2/2014 Geschlechterrollen bei Deutschen und Zuwanderern christlicher und muslimischer Religionszugehörigkeit (Forschungsbericht 21) Stand: Dezember 2013 Hrsg.: 22FI UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia, Geneva January 2014 Hans-Peter Welte, Die neue Kindernachzugsregelung, ZAR Heft 1/2014, S. 19 ff. Veröffentlichungen anderer Uwe Berlit, Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung wegen ideologischer und propagandistischer Aktivitäten zugunsten einer terroristischen Organisation (U.v C 26/12), jurispr-bverwg 2/2014, Anm. 1 BReg Beginn des Grenzüberwachungsnetzwerks Eurosur, BT-Drs. 18/254 Gefahr von Menschenrechtsverletzungen durch Vorverlagerung des Grenzschutzes der Europäischen Union, BT-Drs. 18/317 Gefahr von rechtswidrigen Inhaftierungen in Abschiebungshaft, BT-Drs. 18/249 Proteste und Übergriffe vor Flüchtlingsunterkünften, BT-Drs. 18/203 Stand der Abschiebungen von Roma in den Kosovo im Herbst 2013, BT-Drs. 18/316 Harald Dörig, Flüchtlingsschutz in Japan, ZAR Heft 1/2014, S. 27 ff. Flüchtlingsrat Niedersachsen, Leitfaden Arbeitserlaubnisrecht für Flüchtlinge und MigrantInnen, 4. Aufl. Hildesheim Dezember 2013, 44 S. Walter Frenz, EU-Recht gegen das Flüchtlingselend Einordnung und Folgerungen aus Lampedusa, ZAR Heft 1/2014, S.1 ff. Reinhard Marx, Änderungen im Dublin-Verfahren nach der Dublin III-Verordnung, ZAR Heft 1/2014, S. 5 ff. Julia Schieber, Komplementärer Schutz. Die aufenthaltsrechtliche Stellung nicht rückführbarer Personen in der EU, Baden-Baden 2013 (zugl. Diss. Konstanz 2012), 385 S. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bern Äthiopien: Mitgliedschaft bei der Derg, Äthiopien/Eritrea: Umstrittene Herkunft, Kosovo: Behandlungsmöglichkeiten bei akutem Nierenversagen, Informationen hierzu über IVS-Telefon: 0911/ IVS-Fax: 0911/ ivs-anfragen@bamf.bund.de Impressum Demnächst lesen Sie: Neuregelungen für Schutzberechtigte im AufenthG Zur Novellierung der Verfahrensrichtlinie Entscheiderbrief 2/ Auflage: 1150 Exemplare Herausgeber: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ISSN Redaktion Entscheiderbrief Frankenstraße 210, Nürnberg poststelle@bamf.bund.de Bezugsquelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Doris Tanadi, Nürnberg ee-brief@bamf.bund.de Tel.: +49 (0) 911/ Fax: +49 (0) 911/ Erscheinungsweise: monatlich; Redaktionsschluss jeweils der 15. eines Monats (Änderungen nach Bedarf) Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn Druck-Buch-Verlag Gestaltung: Petra Schiller, 223 Bildnachweis: Wolfgang Heindel, 414 Text: Dr. Roland Bell, RL 224 (verantw. Leiter) Bernd Emtmann, 410 Wolfgang Heindel, 414 Maria Schäfer, 225 Martina Todt-Arnold, 225 Josef Wiesend, 413 Nachdruck und Nutzung nur nach Zustimmung des Herausgebers mit Quellenangabe und Belegexemplar. Kein Anspruch auf Veröffentlichung oder Manuskriptrückgabe.