4... die halbe Welt ist auf den Beinen! 8 Der Film deines Lebens. 11 Das Lotti-Tonello- Haus wächst. 12 Für eine neue Flüchtlingspolitik

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1 aspekte Das Magazin der Vorwerker Diakonie die halbe Welt ist auf den Beinen! 8 Der Film deines Lebens 11 Das Lotti-Tonello- Haus wächst 12 Für eine neue Flüchtlingspolitik

2 Urlaub machen trotz Pflegebedarf. Willkommen im Pflegehotel Travemünde! Sie sind pflegebedürftig und möchten alleine oder mit Ihren Angehörigen auf Reisen gehen? In Travemünde erwarten Sie nicht nur die Reize eines Ostseebades und der nahen Hansestadt Lübeck, sondern seit Frühjahr 2013 auch ein modernes Pflegezentrum mit integriertem Pflegehotel. Unsere Apartments sind barrierefrei und gemütlich eingerichtet, verfügen über ein eigenes Badezimmer und eine Pantryküche sowie Telefon, TV und Internetzugang. Ein Rufsystem für den Notfall gibt Ihnen zusätzliche Sicherheit. Gerne können Sie das Restaurant und die sozialen Angebote des Pflegezentrums nutzen. Die Pflegeleistungen während Ihres Aufenthaltes koordinieren wir nach Ihrem persönlichen Bedarf. Information und Buchung: Telefon / Vorwerker Dienste GmbH Triftstraße Lübeck

3 Sehr verehrte Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde der VORWERKER DIAKONIE! editorial Hans-Uwe Rehse Geschäftsführer der Vorwerker Diakonie Müde sehen die Menschen aus auf der Titelseite dieser Aspekte-Ausgabe. Sie sitzen auf dem Boden und scheinen zu warten. Einige blicken aufmerksam zum Betrachter: Was kommt ihnen entgegen? In diesem Jahr haben wir immer wieder ähnliche Bilder gesehen. Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, auf der Flucht vor Gewalt und Tod. Einige von ihnen kommen zu uns, in der Regel ohne Hab und Gut, angewiesen auf die Unterstützung der Menschen, die ihnen hier begegnen. Vor einigen Wochen konnte ich mit einem jungen Mann sprechen, der auch so bei uns angekommen war. Drei Jahre ist das her. Aufgenommen wurde er in einer Jugendhilfe-Einrichtung der Vorwerker Diakonie. Inzwischen hat er eine eigene Wohnung, macht seinen Schulabschluss und wird dann mit einer Ausbildung beginnen. Zum Sommerfest kommt er immer wieder gern in die Jugendhilfe-Einrichtung. In gutem Deutsch erklärt er mir, dass er dankbar ist für die Aufnahme und Unterstützung, die er hier gefunden hat. Ich muss zugeben: Das Gespräch hat meinen Horizont erweitert. Hinter den Bildern von Flüchtlingen, die unsere Hilfe brauchen, habe ich Menschen entdeckt, die etwas mitbringen: Sie sind bereit, sich einzusetzen, sind begabt und haben Lust zu lernen. Wenn diese Menschen aufgenommen und unterstützt werden, können sie bald ihre Fähigkeiten einbringen. Deshalb ist unsere Bereitschaft gefragt, uns auf Fremdes einzulassen. Damit die, die als Flüchtlinge kamen, die Chance bekommen, hier eine neue Heimat zu finden. Auch in den Einrichtungen der Vorwerker Diakonie nehmen wir das ernst. In allen Arbeitsbereichen werden Menschen aus anderen Ländern und Kulturen selbstverständlich begleitet und unterstützt. Das heißt, dass wir uns um kultursensible Pflege und Betreuung bemühen, in der besondere Speise- und Hygieneregeln gelten und zu berücksichtigen sind. Auch Mitarbeitende, die einen Migrationshintergrund haben, können bei uns tätig sein. Wichtig ist dabei die gegenseitige Akzeptanz und das Bemühen um ein gutes Miteinander. Alles beginnt jedoch damit, dass die Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, erst einmal gut aufgenommen werden. Lesen Sie deshalb in diesem Heft, was in diesem Zusammenhang von uns zu bedenken ist und worum wir uns bemühen. Herzlichst Ihr Hans-Uwe Rehse Impressum Herausgeber: Vorwerker Diakonie ggmbh, Triftstraße , Lübeck Telefon: 0451 / Fax: 0451 / Internet: aspekte@vorwerker-diakonie.de Druck: Druck-Kontor 2.0 der Vorwerker Diakonie Redaktion: Lutz Regenberg Beirat: Gerhard Backschat, Christine Glienke, Melina Ottensmeier, Judith Reincke Fotos und Abbildungen: Vorwerker Diakonie, Gerhard Backschat, hikrcn/shutterstock.com, Michael Schmerschneider Grafik / Layout: RESULTED Spendenkonto: IBAN: DE , BIC: BFSWDE33HAN, Bank für Sozialwirtschaft Titelbild Ein Flüchtlingscamp in Dadaab, Kenia mit hunderten somalischen Flüchtlingen, die wegen Hungersnöten und dem Bürgerkrieg aus ihrem Heimatland fliehen mussten. 3

4 titel die halbe Welt ist auf den Beinen Nach Schätzungen der UNO befinden sich weltweit über 50 Millionen Menschen auf der Flucht vor allem vor Kriegen sow aber auch vor Hunger und Perspektivlosigkeit. Viele von ihnen erreichen über das Mittelmeer und Spanien sowie Italien od auch Mitteleuropa und Deutschland. Dort werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dann auch von der Vorwerker Dia Von: Lutz Regenberg Wenn nachts im Hans-Brandenburg- Haus der Vorwerker Diakonie das Telefon klingelt, ist oft die Bundespolizei dran. Wir sind eine Jugendhilfeeinrichtung, in der neun Jungs leben, die von einem Erzieherteam rund um die Uhr begleitet werden, berichtet Florian Schröder. Der Heilerziehungspfleger ist seit über zehn Jahren im Hans-Brandenburg-Haus tätig. Direkt an unser Haus ist außerdem eine sogenannte Inobhutnahmestelle angeschlossen. Hier nehmen wir im Auftrag des Lübecker Jugendamtes Tag und Nacht Jugendliche in akuter Not auf. Und wenn nachts die Bundespolizei anruft, geht es immer um minderjährige Flüchtlinge. Am Telefon erfährt Schröder dann meist nur das Notwendigste. Wie viele Flüchtlinge es sind und vielleicht, wo sie herkommen. Die meisten Flüchtlinge werden bei Polizeikontrollen beispielsweise im ICE zwischen Hamburg und Puttgarden angetroffen, so Schröder. Andere wenden sich am Lübecker Bahnhof auch direkt an die Polizei und bitten um Hilfe. Der weitere Weg ist dann vorgezeichnet: Wenn in Deutschland jemand sagt, dass er minderjährig ist oder im Rahmen der Kontrolle genau dieses festgestellt wird und die Sorgeberechtigten nicht erreichbar sind, muss die Polizei ihn zum Jugendamt bringen. Dann kommen wir ins Spiel und nehmen die jungen Flüchtlinge im Auftrag des Lübecker Jugendamtes auf. Steigende Zahlen Florian Schröder im Gespräch mit einem seiner Schützlinge, einem jungen Libyer, der zunächst mit einem Boot über d durchschlug und dann in Lübeck von der Polizei an die Vorwerker Diakonie übergeben wurde. In Deutschland wurden 2012 so minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen waren es bereits Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland gekommen sind. Diese Steigerungsrate spiegelt sich auch in den Zahlen der insgesamt im Bundesgebiet in Obhut genommenen Kinder und Jugendlichen - deutsche wie ausländische - wieder. Das waren im zurückliegenden Jahr über , im Jahr davor, also 2012, etwa junge Menschen. A 7 und die Vogelfluglinie Man kann sagen, die halbe Welt ist auf den Beinen, meint Schröder, der schon seit geraumer Zeit die Tagesschau mit anderen Augen sieht. Entsteht irgendwo auf dieser Welt ein neuer Krisenherd, haben wir wenige Monate später aus dieser Region die ersten Flüchtlinge. Dabei verteilt sich die Zahl der minderjährigen Flüchtlinge, die vor allem aus Syrien, Eritrea und Af- 4

5 ghanistan kommen, bundesweit nicht gleichmäßig. In manchen Regionen Deutschlands tauchen sie gar nicht auf, da sie sich auf bestimmten Achsen bewegen. Diese führen beispielsweise entlang der Bundesautobahn A7. Und auf der sogenannten Vogelfluglinie von Hamburg über Lübeck nach Puttgarden, sagt Schröder. Entsprechend weicht die Lübecker Statistik vom Bundestrend deutlich ab. Über die Hälfte der Jungen, die wir in der ersten Jahrestitel! ie ethnischen und sozialen Konflikten, er über den Landweg durch die Türkei konie aufgenommen. as Mittelmeer nach Italien floh, sich nach Deutschland hälfte 2014 in Obhut genommen haben, sind Flüchtlinge. Noch vor zwei, drei Jahren bildeten die Flüchtlinge in Schröders Einrichtung Ausnahmen, heute sind sie die Regel. Fast nur Jungs In Lübeck werden Jungen und Mädchen an verschiedenen Orten in Obhut genommen und versorgt. Das hat verschiedene Gründe, erklärt Marlis Buth, Abteilungsleiterin Jugendhilfe der Vorwerker Diakonie. Auch den, dass sie in Situationen, in denen sie Ruhe und Sicherheit brauchen, unter sich sein können. Minderjährige Flüchtlinge sind jedoch in der Regel männlich. Laut Statistischem Bundesamt sind 89 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Jungen, so Buth, die bereits seit drei Jahrzehnten in Lübeck Inobhutnahmen verantwortet und organisiert. Bei uns ist der Anteil noch höher, die wenigen Mädchen, an die ich mich erinnere, kann ich an einer Hand abzählen. Es sind vor allem kulturelle Gründe, die dazu führen. In manchen Regionen werden ganz gezielt die Jungs von ihren Familien auf den Weg gebracht, so Buth. Häufig werden aber auch Familien auf der Flucht getrennt oder die Eltern kommen ums Leben. Dann ziehen eher die Jungs alleine weiter. Kleinere Kinder und Mädchen bleiben, wenn irgendwie möglich, eher bei Familienmitgliedern. Ein 15-jähriges Mädchen alleine unterwegs ich denke, da möchte sich niemand vorstellen, was da alles passieren könnte. Multikulturelle Kompetenz Die Jungs, die Florian Schröder schließlich aufnimmt, haben in der Regel harte Wochen, manchmal Monate der Flucht hinter sich. Sie kommen ja nicht mit dem Flieger, sondern über Land, haben schon das eine oder andere Lager kennengelernt. Sie haben unter Hunger und Durst gelitten, Gewalt erfahren und immer wieder Perspektivlosigkeit erlebt, so der Heilerziehungspfleger. Sie wissen vor allem nicht, was sie erwartet. Meist werden sie von der Polizei in einem Streifenwagen zu uns gebracht. Da viele von ihnen negative Erfahrungen mit Polizei oder anderen Uniformträgern gemacht haben, bringen sie zunächst auch uns gegenüber eine entsprechende Skepsis mit. Wir müssen ihnen dann vermitteln, dass sie bei uns in Sicherheit sind. Dabei stoßen Schröder und seine Kollegen immer wieder auf Sprachbarrieren. Allein Eritrea hat neun gleichberechtigte Nationalsprachen. Darauf kann man gar nicht vorbereitet sein. Definition Inobhutnahme Inobhutnahmemaßnahmen sind Teil des gesetzlichen Kinderschutzes und werden vom Jugendamt veranlasst, wenn:»» eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen besteht oder»» das Kind oder der Jugendliche selbst um Obhut bittet oder»» ein ausländisches Kind oder Jugendlicher sich unbegleitet in Deutschland befindet. 5

6 Sie haben einen gro Fortsetzung:... die halbe Welt ist auf den Beinen! Reza Parnan ist Sozialpädagoge und Jugendlichen - viele davon mit Migra als Grundschullehrer. Als sich die pol Das Hans-Brandenburg-Haus befindet sich inmitten einer Wohnsiedlung im Lübecker Süden. Zwar können einige ein paar Brocken Englisch, mittlerweile sind wir aber auch sehr geübt, Dinge ohne Worte zu vermitteln. Doch Feinheiten gehen dabei natürlich manchmal unter. Dann wird es für den Flüchtling oft anstrengend, wenn er uns unbedingt etwas mitteilen will und wir ihn nicht verstehen und nicht helfen können. Berücksichtigung Inobhutnahme - und dann? Nachdem minderjährige Flüchtlinge erst einmal in Inobhutnahmestellen aufgenommen wurden, beginnt die Arbeit des Jugendamtes. Sie prüfen unter anderem, warum die Jugendlichen hier sind, wie die familiäre und auch die gesundheitliche Situation ist und ob die Jugendlichen psychosozial belastet oder traumatisiert sind. Das kann einige Wochen bis wenige Monate dauern. Danach werden Flüchtlinge entsprechend ihrer individuellen Situation - meist in Jugendhilfeeinrichtungen begleitet. Ziel ist dann, den Einzelnen bis zu seinem 18. Lebensjahr so weit zu verselbstständigen, dass er in einer eigenen Wohnung leben und eine Ausbildung machen kann. kultureller Besonderheiten oder Essgewohnheiten sind hingegen weniger ein Problem. Da haben wir in den letzten Jahren sehr viele Erfahrungen gesammelt und sind gut aufgestellt. Kapazitäten erweitern Florian Schröder hat mittlerweile von der Polizei erfahren, dass innerhalb der nächsten Stunde drei Flüchtlinge übergeben werden. Spätestens ab vier Inobhutnahmen gleichzeitig wird es richtig eng, berichtet er, während er Betten vorbereitet, Handtücher und Zahnbürsten bereit legt. Später wird er noch eine kleine Mahlzeit vorbereiten und Tee aufsetzen. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass neun auf einmal kamen. Dann können wir nur Matratzen in die Flure legen. Wenn dann die Aufenthaltszeiten zu lang werden, weil es noch keine weiterführende Unterbringungsidee gibt, wird es hier für uns schwierig. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass die Zahl der Flüchtlinge sinken wird, brauchen wir unbedingt mehr Platz. Entsprechende Gespräche mit dem Jugendamt laufen. Sinnstiftende Arbeit Auch wenn ihn die Aufnahme eines Flüchtlings regelmäßig um Nachtruhe und Schlaf bringt, erlebt Schröder diese Aufgabe als besonders positiv. Die Begleitung der Flüchtlinge finde ich für mich persönlich sehr sinnstiftend, erläutert er. Sie brauchen und wollen Hilfe und nehmen diese in der Regel mit viel Dankbarkeit an. Das entschädigt schnell für den verloren gegangenen Schlaf. Außerdem erleben wir hier jeden Tag, wie bunt die Welt ist. Von: Lutz Regenberg aspekte: Sie sind 1986 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Was war der Anlass? Reza Parnan: Als sich die politischen Verhältnisse im Iran änderten, wurde ich unbequem und als Oppositioneller festgenommen. Ich war mehrmals unter menschenunwürdigen Bedingungen in Haft, beispielsweise sechs Monate gemeinsam mit vielen anderen in einem fensterlosen Keller eingesperrt. Als meine Familie und Freunde mich auf Kaution rausholten, erfuhr ich, dass zwei meiner Lehrerkollegen hingerichtet worden waren. Da entschied ich, das Land zu verlassen. Freunde schmuggelten mich in die Türkei. Dort erhielt ich ein Visum für die DDR. Doch kaum in Ost-Berlin angekommen, wurde ich mehr oder weniger in den Westen abgeschoben. aspekte: Wie fühlen sich Flüchtlinge, wenn sie angekommen sind, was geht einem durch den Kopf? Parnan: Erst einmal ist man erschöpft und müde. Man ist zwar angekommen, aber weiß jetzt gar nicht wohin. Man kann beispielsweise die Straßenschilder nicht lesen und hat Schwierigkeiten sich zu orientieren. Genauso ging es mir damals und genauso geht es den meisten Flüchtlingen. Wie stark die Orientierungsschwierigkeiten sind, hängt von dem Herkunftsland ab. Kürzlich habe ich einen Jugendlichen aus Eritrea begleitet. Er ist in einem Zelt aufgewachsen, dort wurde das Essen auf dem offenen Feuer gekocht. Strom kannte er nicht. Als er das erste Mal vor einem E-Herd 6

7 titel-interview ßen Bildungshunger im Geschäftsbereich Kinder- und Jugendhilfe der Vorwerker Diakonie für die ambulante Begleitung von tionshintergrund - zuständig. Das war nicht immer so. Bis in die achtziger Jahre lebte er im Iran und arbeitete dort itischen Verhältnisse änderten, musste er fliehen. stand, um Essen zu zubereiten, war er natürlich überfordert. Er konnte auch den Fußweg nicht vom Radweg und nicht von der Straße unterscheiden. Die Jugendlichen können eben nicht auf ein Erfahrungswissen, das wir in unserer Gesellschaft als selbstverständlich voraussetzen, zurückgreifen. Das heißt übrigens für uns, die wir die Jugendlichen begleiten, dass wir ganz andere Schwerpunkte setzen müssen, als wenn wir beispielsweise deutsche Jugendliche begleiten. Hinzu kommen die Sprachbarrieren. Ich kann natürlich persisch sprechen, auch ein wenig arabisch, türkisch und kurdisch, aber eine Verständigung mit jemandem aus Eritrea ist sehr schwierig. aspekte: Meistens werden Flüchtlinge von der Polizei aufgegriffen und dann im Streifenwagen in die Inobhutnahmestellen gebracht. Was glauben Sie, erwarten die Jugendlichen dort? Parnan: Ich denke, in der Regel erwarten sie nichts Gutes. Die meisten haben in ihrem Herkunftsland und auch auf der Flucht negative Erfahrungen mit Polizeikräften gesammelt. Sie rechnen mit allem, nur nicht damit, auf ein freundliches Gesicht zu stoßen. Sie sind positiv überrascht, dass sie mit Tee, Essen oder einer Tablette gegen Zahnschmerzen begrüßt werden. Sie bekommen ein eigenes Bett zugewiesen. Das ist eine wichtige Grundlage für die sich anschließende Begleitung, weil so Vertrauen entsteht. Ich habe übrigens auch die Erfahrung gemacht, dass viele erleichtert sind, wenn sie auch immer wieder Reza Parnan ist ein erfahrener Begleiter von jungen Menschen mit Migrationshintergrund. auf Gesichter stoßen, die nicht europäisch sind. Meines beispielsweise, aber auch im Jugendamt sind Kollegen mit Migrationshintergrund tätig. Das erhöht das Vertrauen, es entstehen dadurch manchmal auch so etwas wie Vorbilder. aspekte: Welche Wünsche und Visionen haben die jungen Leute? Parnan: In erster Linie wollen sie natürlich das Elend, das sie in ihrer Heimat erlebt haben, hinter sich lassen. Darüber hinaus konzentrieren sich die meisten auf das Hier und Jetzt. Sie wollen nicht zurück in ihre Heimat - zumindest solange nicht, wie sich dort die Umstände nicht ändern. Das führt übrigens dazu, dass nicht wenige ein schlechtes Gewissen haben, weil sie in Sicherheit sind und ihre Familien nicht. Das belastet sie sehr. Was alle Flüchtlinge gemeinsam haben ist ein großer Bildungshunger. Sie wollen lernen, sie wollen in die Schule, sie wollen einen Ausbildungsplatz. Für mich ganz wichtig: Diesen Bildungshunger müssen wir bedienen. aspekte: Sie sprachen vorhin von den Sprachbarrieren - gibt es überhaupt ausreichend Dolmetscher, um das zu lösen? Parnan: Es gibt natürlich eine ganze Reihe amtlich bestellter Dolmetscher. Für manche Sprachen mehr, für andere weniger und - ehrlicherweise - für einige auch keine. Aber für unsere Arbeit brauchen wir nicht immer den öffentlich bestellten Dolmetscher. Ich sehe meine Aufgabe daher auch darin, ein Netzwerk von Menschen zu pflegen, die Fremdsprachen sprechen und diese sicher ins Deutsche übersetzen können. Mit einem jungen Mann bin ich beispielsweise häufig zu einem Friseurladen in die Lübecker Innenstadt gegangen, weil dort ein Mitarbeiter tätig war, der dolmetschen konnte. Das war in diesem speziellen Fall sehr hilfreich. Heute übrigens macht der junge Mann in dem Friseurgeschäft eine Ausbildung. 7

8 Spenden Der Film deines Lebens VORfilmWERKstadt eine große Chance für Begegnungen von Jugendlichen aus unterschiedlichen Lebenswelten Von: Vanessa Warnk Hey Marcel, lass mal mit den anderen runter zum Strand und vergiss die Kamera nicht, ruft Aysu. Marcel und Aysu kennen sich seit acht Stunden und erleben gerade einen sehr aufregenden Moment zusammen. Sie sind Teilnehmende des Projektes VORfilm- WERKstadt der Vorwerker Diakonie. Gemeinsam mit 19 weiteren Jugendlichen sind sie auf der Insel Wangerooge. Umgeben von Meer und Strand genießen sie das Gefühl von Freiheit und wollen gemeinsam einen Film drehen. Die Jugendlichen stammen alle aus unterschiedlichen Lebenswelten. Manche haben einen Migrationshintergrund, einige Beeinträchtigungen. Doch die Wünsche und Sehnsüchte sind bei allen ähnlich. Ich wünsche mir nur Glück, Sicherheit und eine Zukunft für mein Leben, erzählt Marcel. Vom Filmprojekt zur Kulturarbeit Der eigentliche Film ist nicht der, der gedreht wird, sagt Michael Schmerschneider, Leiter des Fachbereichs Musik und Kultur. Denn in dem Projekt geht es um viel mehr, als den fertigen Film. Es geht um Begegnungen über das Medium Film. Seit Februar 2011 ist das Jugendfilmprojekt VORfilmWERKstadt der Vorwerker Diakonie ein Angebot für Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sowie mit und ohne Behinderungen. Es spricht viele junge Menschen an und ermöglicht zudem eine breite interne wie externe Vernetzung mit verschiedenen Kooperationspartnern der offenen Jugendarbeit. Ziel ist es, dass sich Jugendliche begegnen, die sich sonst so nicht begegnen würden. So viel mehr So einen Ausflug wie nach Wangerooge gemeinsam zu erleben, ist für viele der Jugendlichen ein ganz besonderes Erlebnis. Wir sind mit dem Fahrrad bis in die Stadt gefahren. Dort haben wir zusammen eingekauft und dann für alle Spaghetti zum Abendbrot gekocht, berichtet Marcel. Alles halten sie mit der Kamera fest. Gleichzeitig setzen sie sich eigenständig mit Themen auseinander, die sie bewegen: Freundschaft, Glück, Zukunft, Religion, Wertschätzung und Chancen. Michi hat Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde, wie ein Hirt und manche Tanne ahnt wie balde sie fromm und lichterheilig wird. Und lauscht hinaus: den weißen Wegen streckt sie die Zweige hin - bereit und wehrt dem Wind und wächst entgegen der einen Nacht der Herrlichkeit. Rainer Maria Rilke hat eines meiner Lieblingsgedichte geschrieben. Jetzt in der Adventszeit erhöht es meine Freude auf das kommende Weihnachtsfest. Viel Freude und gute Erfahrungen erlebten auch die Teilnehmenden des Projektes VORfilmWERKstadt. Diese bleiben wichtig für ihr Leben und ihre persönliche Entwicklung. Freundschaften sind entstanden und unabhängig ob beeinträchtigt oder nicht, ihre Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft sind gleich. Diese Erfahrung wünsche ich auch anderen Jugendlichen. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Unterstützung für das Projekt. Schon jetzt danke ich Ihnen sehr herzlich! Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit und alles Gute für das neue Jahr! Sie möchten helfen - nutzen Sie bitte den beiliegenden Überweisungsträger. Ihre Fragen beantworte ich Ihnen gerne unter: , spenden@ vorwerker-diakonie.de Spendenkonto IBAN: DE BIC: BFSWDE33HAN Bank für Sozialwirtschaft 8

9 spenden Vom Leben lernen Wir berichteten Ihnen in der letzten Ausgabe der aspekte Das MoO-Projekt : junge Menschen für Menschen ohne Obdach. vom MoO-Projekt. Mehr als 3000,- Euro Spenden sind mit Ihrer Unterstützung bereits zusammengekommen. Herzlichen Dank! Unternehmenskooperation Am Strand von Wangerooge - die Jugendlichen des Projektes Vorfilmwerkstadt. (Foto: M. Schmerschneider) auf dieser gemeinsamen Reise erfahren, wie wichtig es ist, Freundschaft ohne Grenzen erleben zu können. Nicht seine Behinderung stand im Vordergrund, sondern der Mensch Michi, der mit Freunden eine intensive Zeit erlebt. Auf der Hinreise kannte ich nur Marcel, als wir alle nach drei Tagen wieder abreisten, hatte ich viele neue Freunde dazu gewonnen, sagt Michi stolz. Grenzen brechen, Zukunft schaffen Die positiven Effekte, die über das reine Filmprojekt hinausgehen, sind die Begegnungen der Jugendlichen untereinander, erklärt Schmerschneider. Sie kommen aus unterschiedlichen Lebenswelten zusammen und schließen Freundschaften. Freundschaften, die so sonst vermutlich nicht entstanden wären. Aysu und einige andere Teilnehmer haben inzwischen Praktika bei der Vorwerker Diakonie absolviert, machen eine Ausbildung oder ein Freiwilliges Soziales Jahr. Marcel hat durch das Projekt einen Werkstattarbeitsplatz im Bereich für Veranstaltungstechnik erhalten. Das macht mir richtig viel Spaß, schwärmt er. Den Jugendlichen eine Zukunftsperspektive zu bieten und sie auf ihrem Lebensweg ein Stück weit begleiten zu können, liegt Schmerschneider und seinen Kollegen am Herzen. Durch die Begleitung entsteht zudem eine regelmäßige Teilnahme der Jugendlichen mit ihren unterschiedlichen Aktivitäten bei den Veranstaltungen der Vorwerker Diakonie. Unterstützung Finanziert wird das Projekt ausschließlich aus Spendenmitteln. Um auch weiteren Jugendlichen eine Teilnahme zu ermöglichen, benötigen wir die Unterstützung der aspekte-leser. Mehr zum Thema unter: Die Vorwerker Diakonie ist seit über 100 Jahren Partner für Menschen in der Region. Auch in gemeinsamen Aktionen mit verschiedenen Unternehmen konnte dabei schon viel erreicht werden. Vielleicht möchten auch Sie mit Ihrem Unternehmen, Ihren Mitarbeitern, Kollegen oder Geschäftspartnern aktiv für ein gutes Miteinander und für hilfebedürftige Menschen eintreten? Es bieten sich viele Wege für Ihr Engagement. Von der Sachspende bis zur öffentlichkeitswirksamen Weihnachtsaktion: Sprechen Sie uns einfach an. Wir freuen uns auf Sie! 9

10 AKTUELL Vorwerker Notizen Im Einsatz gegen Aufkleber Das Bündnis für Sauberkeit ein gemeinsames Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose von Vorwerker Diakonie, Jobcenter und Hansestadt Lübeck - hat sein Repertoire erweitert. Wir kümmern uns nun auch um Laternenpfähle und Schildermasten sowie um die Schilder selbst, so Felix Kösters von der Vorwerker Diakonie. Denn sehr viele seien über und über mit Aufklebern und Stickern beklebt. Einmal darauf aufmerksam gemacht, fällt erst auf, dass nahezu alle Masten und Pfähle Lübecks beklebt sind. Jahresbeginn beim Bündnis tätig ist, das Vorgehen. Nach ungefähr 15 Minuten Einwirkzeit können die meisten Aufkleber mit Spachteln und Bürsten gelöst werden, ergänzt sein Kollege Michael Reymüller. Wie alle Beschäftigten erhält auch das Aufkleberentfernungsteam immer wieder positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Zuletzt wurden Gapa und Reymüller aber auch von Politessen des Lübecker Ordnungsamtes gelobt. Die waren richtig froh, auf dem Verkehrsschild wieder lesen zu können, welche Regeln genau gelten, meint Gapa. sowie praktisch für Aufgaben wie zum Beispiel die Grundpflege von Senioren, soziale Betreuung und vieles mehr fit gemacht, so Lothar Lachetta, Mitinitiator des Projektes. Nach erfolgreichem Abschluss der Qualifikation können die Teilnehmer in einer der Seniorenpflegeeinrichtungen der Vorwerker Diakonie weiterarbeiten und das zusätzlich zum hauptamtlichen Personal. Das heißt wir entlasten damit die Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen und schaffen gleichzeitig ein neues Arbeitsfeld für Menschen mit Beeinträchtigungen, sagt Lachetta weiter. Mehr helfende Hände in der Pflege Bernd Gapa (li.) und Michael Reymüller bilden das Team gegen Aufkleber und Sticker. Nach einer Reihe von Probeläufen haben die Beschäftigten eine geeignete Technik entwickelt. Wir sprühen die Aufkleber mit Orangenextrakt ein, beschreibt Bernd Gapa, der seit Vier Teilnehmer haben im August 2014 die Qualifikation Pflegebegleitung in der Seniorenbetreuung im Berufsbildungsbereich für Menschen mit Behinderungen abgeschlossen. Bereits seit 2011 existiert dieses besondere Projekt der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Kooperation mit dem Bereich Seniorenpflege der Vorwerker Diakonie, das nun zum dritten Mal erfolgreich Absolventen hervorgebracht hat. In dieser Qualifikation werden die Teilnehmer theoretisch Die stolzen Absolventen der Qualifikation Pflegebegleitung in der Seniorenbetreuung. Zur Zertifikatsübergabe trafen sich im August Fachleute aus der Vorwerker Diakonie und beglückwünschten die Absolventen zu ihrer wichtigen, neuen Aufgabe. PKW-, LKW- und Bus-Vermietung an Selbstfahrer Walderseestraße Lübeck Telefon 04 51/

11 AKTUELL Das Lotti-Tonello-Haus wächst Das Lotti-Tonello-Haus, eine Seniorenpflegeeinrichtung der Vorwerker Diakonie, bietet 76 Seniorinnen und Senioren seit 2002 gegenüber vom Lübecker Hauptbahnhof ein Zuhause. Im Frühjahr und Sommer blicken die Bewohnerinnen und Bewohner auf eine Baustelle. Denn im Haus entstehen 33 weitere Einzelzimmer. Von 76 zu 109 Plätzen Manuela Zastrow-Behrendt, Einrichtungsleiterin des Lotti-Tonello-Hauses, und Polier Matthias Dorloff stimmen die Baufortschritte eng miteinander ab. Von: Lutz Regenberg Die Straße nahe Lübecks Hauptbahnhof ist schmutzig und verstaubt, links und rechts stehen Kräne, Baufahrzeuge und Baucontainer - auf dem Weg ins Lotti-Tonello-Haus bekommen Besucher schnell das Gefühl, in einem Neubaugebiet zu sein. Dabei gibt es uns hier schon über zwölf Jahre, berichtet Manuela Zastrow-Behrendt, Leiterin der Seniorenpflegeinrichtung. Aber in den letzten Monaten haben Baufirmen begonnen, die vorhandenen Lücken zu schließen und Mehrfamilien- und Reihenhäuser zu bauen. Ein Bauvorhaben wird direkt am Lotti-Tonello-Haus realisiert. Wir haben die Gelegenheit genutzt, das Nachbargrundstück zu kaufen, um einen Anbau zu realisieren, so Zastrow- Behrendt. Auf diese Weise werden wir unser Haus erheblich erweitern und so mehr Bewohnerzimmer anbieten können. Außerdem werden wir gleichzeitig unsere innere Hausstruktur optimieren. Besondere Atmosphäre Der Hintergrund dazu ist einfach: Wir haben hier seit Jahren eine sehr hohe Nachfrage - oft konnten wir diese nicht erfüllen, mussten Senioren und deren Angehörige vertrösten oder an Partnereinrichtungen verweisen. Das zeigt, das Lotti-Tonello-Haus hat sich in den letzten zwölf Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet. Wir erhalten häufig die Rückmeldung, dass wir eine besonders herzliche Atmosphäre haben, sagt die 46-jährige Einrichtungsleiterin, die seit 2002 im Lotti-Tonello-Haus tätig ist, zurückhaltend. Außerdem ermöglichen wir in unserem Haus auch eine Palliativversorgung. Das heißt, wir begleiten Menschen mit einer geringen Lebenserwartung und versuchen Begleitsymptome in enger Kooperation mit dem Palliativnetz Travebogen zu lindern. Beides - Versorgungskonzept und Atmosphäre - wird es auch im erweiterten Haus geben. Es bleibt nichts auf der Strecke, verspricht sie. Mit dem Anbau erweitert die Einrichtung ihre Kapazität um nahezu 50 Prozent. Am Ende werden wir 101 Einzel- und vier Doppelzimmer haben. Außerdem erhält die Einrichtung Dinge, die sie bisher nicht hatte. Wir erhalten ein Restaurant sowie ein Café mit eigener Terrasse. Mit unserer vorhandenen Dachterrasse, die einen tollen Blick auf Lübecks sieben Türme bietet, und der kleinen Grünanlage in Richtung Bahnhof, bietet unser Haus dann wirklich viele schöne Möglichkeiten zum Verweilen. Nicht zuletzt werden auch die Büros der benachbarten Sozialstation ins Lotti-Tonello-Haus verlegt. Dadurch werden wir die Zusammenarbeit mit der ambulanten Pflege noch einmal verbessern. Wie am Schnürchen Die Arbeiten am Anbau sind bereits abgeschlossen, bis Mitte nächsten Jahres gibt es jedoch im Altbestand noch einiges zu tun. Da alle Arbeiten während des laufenden Betriebes stattfinden, war ich zunächst unsicher, ob alles so klappt wie geplant, berichtet Zastrow-Behrendt. Doch die Mitarbeiter der Baufirmen haben sich schnell auf die Bedürfnisse der Pflegeeinrichtung eingestellt. Man kann sagen, bisher lief alles wie am Schnürchen. Bald sind auch die anderen Baustellen in der Straße fertig, dann sind die Baufahrzeuge wieder verschwunden und alles ist wieder heimelig. Lotti-Tonello-Haus, Schützenhof 12, Lübeck, Telefon:

12 menschen Für eine neue Flüchtlingspolitik Katja Mentz ist seit sechs Jahren Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Die Themen der Grünen-Politikerin sind vor allem Kinder, Jugend und Frauen. Außerdem macht sie sich für Flüchtlinge und Migranten stark - sie setzt sich ein gegen die aktuelle Abschottung Europas und für eine bessere Willkommenskultur. In aspekte beschreibt sie ihre Positionen. Von: Lutz Regenberg Im Gespräch wird schon nach wenigen Sätzen klar: Katja Mentz brennt für ihre Themen, sie hat etwas zu sagen. Wir Europäer müssen die Abschottung, mit der wir versuchen, uns Flüchtlinge vom Hals zu halten, auflösen, fordert die 48-Jährige. Statt umfangreiche Mittel in die Festung Europa zu investieren, sollten wir mit diesem Geld Rahmenbedingungen schaffen, um Flüchtlinge gut aufnehmen zu können. Und um in ihren Herkunftsländern positive Entwicklungen anzuschieben. Im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Deutschkurse für Migrantinnen Die Politikerin ist geborene Lübeckerin, aufgewachsen ist sie auf einem Bauernhof in Ostholstein. Ich bin in der Natur groß geworden. Umwelt- und Tierschutzthemen waren bei uns Normalität. Deswegen war es sicherlich kein Zufall, dass ich später bei den Grünen gelandet bin. Doch der Weg dahin war nicht nur geradeaus. In meinem Leben ist immer wieder viel passiert, was vorher gar nicht so konkret geplant war, lacht sie. Dabei habe ich viel Glück gehabt. Nach dem Abitur in Eutin wurde sie erst Buchhändlerin, dann Fremdsprachenkorrespondentin. Später habe ich zunächst ehrenamtlich, dann auch hauptamtlich Deutschkurse für Migrantinnen mit kleinen Kindern angeboten. Schwierige Asylverfahren 1996 kam ihre erste Tochter zur Welt. Mein damaliger Partner war Flüchtling. Aus allernächster Nähe zu erleben, wie schwierig ein Asylverfahren und wie Katja Mentz ist engagierte Kommunalpolitikerin in Lübeck. belastend ein geduldeter, nicht rechtssicherer Aufenthaltsstatus ist, hat mich sehr geprägt. Mitglied der Bürgerschaft Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter bekam sie von der damaligen Landtagsabgeordneten Angelika Birk das Angebot, deren Regionalbüro in Lübeck zu leiten. Vor der Kommunalwahl 2008 setzte ich mich dafür ein, dass unsere Kandidatenliste eine entsprechende Frauenquote widerspiegelt und fand mich dann selbst auf Platz drei der Liste wieder. So zog sie erstmals ins Lübecker Rathaus kam die dritte Tochter zur Welt. Bei der Kommunalwahl 2013 konnte sie über das Direktmandat ihres Wahlkreises erneut in die Bürgerschaft einziehen. Wenn man die ehrenamtliche Aufgabe als Bürgerschaftsmitglied ernst nimmt und etwas bewegen will, muss man schon ordentlich Zeit investieren. Das tut Mentz. Sie ist in Ausschüssen, Arbeitsgruppen und Initiativen aktiv. Neben ihrem politischen Mandat ist sie heute auch als Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft tätig. Gegen die Drittstaatenregelung Bei einem ihrer Herzensthemen, den Flüchtlingen, ist sie besonders engagiert. Nicht nur die europäische Abschottungspolitik muss beendet werden, auch die Drittstaatenregelung gehört aufgehoben, fordert sie. Diese Regelung sieht vor, dass politisch verfolgte Menschen, die über einen für sie sicheren Drittstaat einreisen, kein Recht auf Asyl in Deutschland haben. Als würden politisch Verfolgte bequem mit dem Flugzeug direkt nach Deutschland einreisen können. Das Asylrecht schließt so faktisch alle Personen, die über den Landweg einreisen, aus. 12

13 Willkommenskultur Mentz sieht aber die Verantwortung für eine bessere Flüchtlingspolitik nicht nur auf EU- und Bundesebene. Wir müssen uns auch hier in Lübeck bewegen, so Mentz. Dabei denkt sie an spezielle Bildungs- und Ausbildungsangebote, an Unterbringungsmöglichkeiten und an eine Willkommenskultur. Es tut sich schon einiges, doch sehr langsam. Bei der Suche nach Wohnungen für Flüchtlinge sind beispielsweise auch private Vermieter gefragt in allen Stadtteilen, nicht immer wieder nur die mit sozialen Brennpunkten. Auch eine Vernetzung der bestehenden Hilfesysteme und der Menschen, die Flüchtlingen ehrenamtlich helfen wollen, sich hier einzuleben, wäre hilfreich. Mentz wünscht sich eine andere Haltung, eine stärkere Öffnung der Gesellschaft für dieses Thema. Mich motiviert mein humanitäres Verständnis. Wer Hilfe braucht, soll Hilfe bekommen, erläutert sie. Dabei hat es auch positive volkswirtschaftliche Effekte, wenn Flüchtlinge bleiben und hier arbeiten. Das muss auch den Skeptikern und denjenigen, die Sorgen vor sogenannter Überfremdung haben, klar gemacht werden. Persönlicher Wunsch S L(i)ebe deine Stadt. Gut für Lübeck. Das halten wir für Sie bereit: 460 Achtsamkeitsbudget 4für Osteopathie 4medizinische Vorsorge 4Stressbewältigung BKK Diakonie Von Mensch zu Mensch... Hohe Erstattungen Zahngesundheit 4Zahnersatz 4Professionelle Zahnreinigung 4Zahnfissurenversiegelung Über die abschließende Frage nach ihrem persönlichen Wunsch muss sie kurz nachdenken. Dann meint sie: Auch wenn es bescheuert klingt: Weltfrieden. Ich wünsche mir, dass alle Menschen gleichberechtigt und friedlich miteinander auskommen. Das wünsche ich mir umso mehr in einer Zeit, in der die Zahl der Kriege und Konflikte zunimmt. Sven Damaske, Familenvater und Kinderkrankenpfleger in Bethel Genau richtig für Menschen in sozialen Berufen. Schwangerschaft & Familie 4Vorsorgeuntersuchungen 4viele zusätzliche Leistungen Naturheilkunde 4Homöopathie 4Anthroposophie 4Akupunktur Top! Ohne Eigenanteil Gesundheitsreisen 4Reisen in Deutschland 4Reisen in Europa 4Wochenendreisen Bonusprogramm 4Bewegung 4Ernährung 4Prävention & Vorsorge... und viele weitere Top-Leistungen unter Servicetelefon Exklusiv & preiswert

14 Aktiv Vorwerker Tipp Auf der Suche nach dem perfekten Weihnachtsgeschenk Letzte Meldung Dualer Pflegestudiengang In der Manufaktur für Schönes werden hochwertige Accessoires, Keramik und Holzspielzeuge von Hand gefertigt. Die Tage werden kürzer und die Temperaturen immer kälter: Weihnachten rückt näher. Höchste Zeit also, sich mit den Geschenken für die Lieben zu beschäftigen. In der Manufaktur für Schönes der Vorwerker Diakonie auf der Lübecker Altstadtinsel wird man bei der Suche schnell fündig: Hochwertiges Holzspielzeug für die Kleinen, handgefertigte Keramik, handgewebte Teppiche und selbstgerösteter Kaffee für die Großen - das Angebot ist bunt und vielfältig. In der Manufaktur fertigen Menschen mit Wichtige Termine November November Dezember 2014 und ohne Behinderungen gemeinsam Schönes an. Beim Einkaufsbummel können die Kunden auch den Weberinnen und Bonbonmachern über die Schulter schauen und sehen, wie ihr Weihnachtsgeschenk entstanden ist. Unsere Produkte sind immer ein ganz persönliches Geschenk und definitiv nicht von der Stange, erklärt Christel Reimer von der Manufaktur für Schönes. Die Manufaktur befindet sich an den Schüsselbuden 6-8 und hat montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. 32. Martinsmarkt der Vorwerker Diakonie auf dem Zentralgelände an der Triftstraße , Lübeck. 11 bis 16 Uhr - Adventsfest im Katharina von Bora Betagten Haus 14 bis 17 Uhr - Adventsbasar in der Seniorenpflegeeinrichtung Wilhelmine Possehl Die Universität zu Lübeck bietet ab sofort den dualen Bachelorstudiengang Pflege an. Einer der Kooperationspartner ist die Vorwerker Diakonie. Der achtsemestrige Studiengang verbindet die berufliche Ausbildung in der Pflege mit einem universitären Studium. Die Theorie findet in den Hörsälen der Universität statt, der praktische Teil in unseren Seniorenpflegeeinrichtungen oder in unseren ambulanten Diensten, erläutert Doreen Boniakowsky, Leiterin des Geschäftsbereiches Wohnen und Pflege für Senioren und pflegebedürftige Menschen der Vorwerker Diakonie. Interessenten benötigen für das Studium die Allgemeine Hochschulreife. Sie bewerben sich gleichzeitig um einen Ausbildungsplatz in der Altenpflege in der Vorwerker Diakonie und um einen entsprechenden Studienplatz an der Universität. Mit dem Studium, das nach vier Jahren mit dem Bachelor of Science abschließt, erwerben die examinierten Altenpflegekräfte einen akademischen Abschluss. Die Absolventen dieses Studiums qualifizieren sich dann für ausgewählte pflegerische Managementfunktionen in unseren Einrichtungen der Pflege, sagt Boniakowsky. In diesem Bereich gibt es dann interessante Karrieremöglichkeiten. Nähere Informationen gibt es unter

15 Zwei starke Partner für Ihre Gesundheit. Hier sind Sie gut beraten! Robert Kneschke - Fotolia.com Klindwort Apotheken ohg Lübecker Str Alfred Klindwort Bad Schwartau Klindwort Sanitätshaus Tel & Orthopädietechnik GmbH & Co. KG& Lübecker Str Bad Schwartau Klindwort Apotheken» 2x Timmendorfer Strand» 2x Bad Schwartau RAUMAUSSTATTUNG Ihr kompetenter Ansprechpartner: Dekoration Sonnenschutz Bodenbeläge Polsterei Individuelle Beratung handwerkliche Ausführung Raumausstatter Handwerk Kanalstraße Lübeck (04 51) / Fax (04 51)

16 Pietro Cavallini: Engel, die Seligen geleitend (um 1323) Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden (Lukas 2,14) Und immer bleibt die Sehnsucht wie eine Melodie, die ständig in uns singt und klingt. Dass bald ein Ende sei für Kampf und Krieg und Friede werde! Und Menschen lernen and re anzunehmen trotz allem, was sie voneinander trennt. Und einer sieht im anderen den Bruder und Schwestern steh n einander bei. Und wo es not tut, hilft man sich und heilt und alle teilen Brot und Wein und Geld. So ist es schon. So kann s auch werden, wo Hass und Streit dem Frieden noch entgegenstehn. Das Sehnsuchtslied hat eine Kraft, die unsere Welt verändern kann. Es wird zur Hoffnung, die nicht auszulöschen ist. Und wo man etwas sieht, was werden kann und werden muss, da fängt man an, etwas zu tun. Hans-Uwe Rehse Vorwerker Diakonie - Ihr Partner für: Menschen im Alter Menschen mit Behinderungen Gefährdetenhilfe Hilfen für psychisch Kranke Hospiz Kinder- und Jugendhilfe Suchtkrankenhilfe Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie