Die Wohnsituation älterer Menschen in Österreich
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- Hildegard Fuchs
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1 Die Wohnsituation älterer Menschen in Österreich von Margareta Mahidi, Christiane Feuerstein, Margarete Havel Die Wohnsituation ist gerade bei älteren Menschen ein Ausdruck der eigenverantwortlich gestalteten Lebensform: Eine eigene Wohnung ist ein Zeichen der Selbstständigkeit im Alter. Daraus erklärt sich die Abneigung vieler SeniorInnen, in ein Heim zu gehen. Um möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, in den eigenen vier Wänden zu blieben, müssen ambulante Dienste helfen. Nur eine kleine Minderheit lebt im Heim In Österreich lebt nur eine kleine Minderheit älterer Menschen ( Frauen und Männer) in Alten- und Pflegeheimen.1997 wohnten laut Mikrozensus 98% der Männer und 96% der Frauen über 60 in privaten Haushalten. Allerdings steigt der Anteil der in Heimen untergebrachten Menschen ab dem 75. Lebensjahr deutlich. Während von den 60- bis 74- Jährigen nur 1% in Heimen lebte, waren es von den bereits 75- Jährigen bei den Männern 4% und bei den Frauen 9%. Die hochbetagten Frauen (über 85) wohnten 1997 immerhin zu 17% in Institutionen; bei den Männern war es auch in dieser Altersgruppe mit 8% eine Minderheit. Diese sogenannten Anstaltsquoten sind seit vier Jahrzehnten im Wesentlichen unverändert. Umzug ins Grüne mit 60? 1991 lebte die Hälfte der ÖsterreicherInnen in Ein- und Zweifamilienhäusern. Bei den 60- bis 64-Jährigen erreichte dieser Anteil allerdings einen Gipfel. Offensichtlich ermöglicht es der Ausstieg aus dem Berufsleben noch einigen SeniorInnen, ihren Wohnsitz ins Grüne zu verlagern. Ab 65 Jahren nahm der Anteil in Ein- und Zweifamilienhäusern wieder ab. Rund ein Fünftel dieser Häuser gehörte zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, der Rest waren reine Wohnhäuser. Ungleiche geographische Verteilung Nahezu ein Fünftel der SeniorInnen in Privatwohnungen lebte laut Mikrozensus 1997 in Wien, etwas weniger in kleineren Städten (mit mehr als EinwohnerInnen), alle übrigen in Gemeinden mit weniger als EinwohnerInnen. Mit zunehmendem Alter nehmen die Anteile in den ländlichen Gemeinden ab, in Wien jedoch zu: Von den über 85-Jährigen lebt mehr als ein Viertel in Wien. Diese regionalen Unterschiede stehen auch mit der Erreichbarkeit lebensnotwendiger Einrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten im Zusammenhang. Für die meisten älteren Menschen hängt ja bei abnehmender Mobilität die Selbständigkeit nicht nur von der Wohnung und ihrer Ausstattung ab, sondern auch davon, ob wichtige Einrichtungen (wie Arzt, Lebensmittelgeschäft, Postamt u. ä.) zu Fuß in erreichbarer Nähe liegen. Mit dem Mikrozensus 1998 wurde erhoben, wie es hier bei den Seniorenhaushalten (das sind Privatwohnungen mit einem Wohnungsvorstand über 60 Jahren) aussieht.
2 Demnach waren binnen 15 Minuten zu Fuß erreichbar für drei Viertel aller SeniorInnenhaushalte ein praktischer Arzt/ eine praktische Ärztin für zwei Drittel eine Apotheke für etwa drei Viertel ein Postamt oder Geldinstitut für 85 % ein Lebensmittelgeschäft für 96 % eine Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels für 93 % ein Gasthaus für 79 % eine kulturelle oder religiöse Einrichtung. Dies stellte im Vergleich zum Jahr 1992 eine Verbesserung in allen Kategorien dar mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte, für die ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist. Am schlechtesten versorgt sind ältere Menschen in kleineren bäuerlichen Gemeinden. In Gemeinden ab EinwohnerInnen sinkt der Anteil schlecht versorgter SeniorInnenhaushalte und in den Großstädten verschwindet er fast völlig. Obwohl das durchschnittliche Niveau der Gesamtversorgung in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen hat, ist einzelnen ländlichen Gemeinden mit unzureichender Versorgungslage gerade in der Zukunft vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen. Wohnungsausstattung hat sich verbessert Der Mikrozensus 1997 zeigte bei SeniorInnenwohnungen in sämtlichen Altersgruppen bereits einen relativ hohen Kategorie-A-Anteil und bedeutend weniger schlecht ausgestattete Wohnungen. Im Durchschnitt waren 74% der SeniorInnenwohnungen Kategorie A (Zentralheizung inkl. fest installierte Stromheizungen, Bad, WC) 16,8% Kategorie B (mit Bad/Dusche und WC, ohne Zentralheizung) 3,6% Kategorie C (ohne Bad/Dusche) und 5,2% (ohne WC oder Wasser in der Wohnung). Nach wie vor war aber festzustellen: Der Anteil der bestausgestatteten SeniorInnenwohnungen wird mit zunehmendem Alter ihrer BewohnerInnen geringer. So waren 1997 die Wohnungen der 60-bis 64-jährigen Wohnungsvorstände zu 81% in Kategorie A und bei den über 85-Jährigen nur mehr 59%. 21% der Wohnungen von Hochbetagten hatten kein Bad oder keine Dusche und davon die Hälfte WC und/oder Wasser am Gang. In den Wohnungen der 60- bis 64-Jährigen gab es zu insgesamt nur 5,2 Prozent kein Bad/Dusche oder Wasser bzw. WC am Gang lebten rund SeniorInnen allein in Privatwohnungen, von diesen aber in Wohnungen im 3. oder einem noch höheren Stockwerk. Besonders problematisch dürfte die Situation von SeniorInnen sein, in deren Wohnhäusern es keinen Lift gab. Wohnungsaufwand wird mit dem Alter geringer Bei dem für die Wohnung zu leistenden Aufwand sind ältere Wohnungsvorstände gegenüber jüngeren eher begünstigt. Das liegt zum Teil daran, dass ältere Menschen oft in Altbauten leben, deren Standard (selbst innerhalb der Kategorien A und B) hinter
3 dem der in den vergangenen 20 Jahren errichteten Wohnhäuser zurückbleibt. Zum anderen sinkt der Wohnungsaufwand, je länger der entsprechende Vertrag zurückliegt: Die Miete ist bei langer Vertragsdauer günstiger (besonders, wenn nicht an den Index gebunden, aber auch bei Wertsicherung durch eine Indexklausel), und Eigentumswohnungen sind nach Ende der Darlehensrückzahlungen billiger. So lag der durchschnittliche monatliche Wohnungsaufwand in Österreich laut Mikrozensus 1997 insgesamt bei S. Bei Personen zwischen 60 und 64 Jahren war er mit durchschnittlich S bereits deutlich geringer. Einen Wohnungsaufwand unter S hatten 65- bis 69-Jährige, über 85-Jährige im Schnitt nur noch etwas mehr als S. Auch die durchschnittlichen Quadratmeterentgelte sinken in allen Kategorien, je älter der Wohnungsvorstand ist. Wohnsituation und Gesundheit Mit zunehmendem Alter verbringen die Menschen mehr Zeit in der Wohnung, und die Vorstellung von einem angemessenen Wohnen gewinnt gerade bei SeniorInnen an Bedeutung. Als zufriedenstellend werden Wohnbedingungen empfunden, wenn funktionale Aspekte wie Ausstattung, Standard, Lage stimmen, aber auch emotionale und soziale: Vertrautheit mit der Wohnung und Einrichtung, Sicherheit in der Wohnung und der Wohnumgebung sowie die Möglichkeit, bestehende Kontakte aufrecht zu erhalten. Ein unmittelbarer Zusammenhang ist bei älteren Menschen zwischen Wohnsituation und Gesundheitszustand gegeben. So ist das Unfallrisiko älterer Menschen bei schlecht ausgestatteten Wohnungen wesentlich höher. Jährlich kommt es zu rund tödlichen Stürzen von SeniorInnen und zu etwa durch solche Unfälle verursachten Spitalstagen. Es ist davon auszugehen, dass diese hohe Anzahl von Unfällen auch durch eine nicht optimale Ausstattung und Qualität der Wohnung und Wohnumgebung entsteht. ExpertInnen schätzen, dass die Unfallfolgekosten auch durch den enorm hohen Pflegeaufwand in die Milliarden gehen. Der Unfallprävention und aktiven Unfallverhütung sollte deshalb verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden. Besonders wichtig wäre, dass die Wohnverhältnisse die häusliche Pflege ermöglichen - auch zur Vermeidung von Wiedereinweisungen in die stationäre Pflege nach dem Drehtür- Effekt. Hilfestellungen (z.b. bei der Körperpflege oder der Verwendung von Rollstühle, etc.) werden durch ungünstige Grundrisse, zu enge Badezimmer oder fehlende Liftanlagen erheblich erschwert. Viele ältere Menschen müssen in Anstaltspflege gehen, obwohl sie unter anderen Wohnbedingungen auch zu Hause gepflegt werden könnten. Wohnformen älterer Menschen Die traditionellen Wohnformen älterer Menschen sind Privatwohnungen oder Heime. Daneben beginnen sich in den letzten Jahren neue Wohnformen zu entwickeln wie z.b. betreutes Wohnen oder SeniorInnenwohngemeinschaften. Die eigene Wohnung Die weitaus meisten SeniorInnen leben in ihrer bisherigen Wohnung und wollen auch in ihr bleiben. Allerdings ist auch eine größere Zahl von alten Menschen gezwungen, in
4 ihrer Wohnung zu bleiben, weil eine kleinere, besser ausgestattete Wohnung nicht leistbar ist. Der Wiener SeniorInnengesundheitsbericht 1997 stellte fest: Bedenklich muss stimmen, dass hilfs- und pflegebedürftige alte Menschen häufiger als beschwerdefreie Menschen in Wohnungen leben, die nicht der Ausstattungskategorie A zuzurechnen sind und sich auch hinsichtlich sonstiger Ausstattungsmerkmale als defizitär erweisen. Sinnvoll wäre, attraktive Wohnungstausch- und Umzugsangebote zu entwickeln - eine Aufgabe, die gerade durch den kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau gewährleistet werden könnte. Die dafür erforderliche Unterstützung durch Wohnpolitik und -wirtschaft ist jedoch derzeit nicht zu erkennen. Institutionalisiertes Wohnen Institutionalisierte Wohnformen für ältere Menschen (Pensionisten-, Alters-, Pflegeheime u. ä.) sind vor allem als ergänzende Wohnangebote bedeutend. Vielfach wird aber kritisiert, dass entsprechende Heime in der Regel viel zu groß sind (meist mehr als 200 Wohnplätze), somit die Wirtschaftlichkeit und Organisation der jeweiligen Institution im Vordergrund stehen - vor den individuellen Bedürfnissen der BewohnerInnnen, Mitsprache und Selbstorganisation. Den Bedürfnissen älterer Menschen besser entsprechen würden jedoch kleinere Heime mit Wohncharakter. Neue Wohnformen Zu den neuen Wohnformen zählen Betreutes bzw. betreubares Wohnen Integriertes Wohnen Gemeinschaftliches Wohnen in selbstorganisierten Wohnprojekten Mehrgenerationenwohnen SeniorInnenwohngemeinschaften. Dabei geht es darum, einerseits die Wohnungen seniorinnengerecht zu gestalten (das heißt barrierefreies Bauen) und gleichzeitig Betreuung anzubieten, wenn sie nötig ist. Auch durch eine entsprechende Ansiedlung in bequemer Nähe zu Versorgungseinrichtungen soll selbstständiges und selbstbestimmtes Wohnen ermöglicht werden. In Österreich sind solche neuen Wohnformen für ältere Menschen erst in den Anfangsstadien zu finden. Vorbild ist hier oftmals Deutschland. Ein Beispiel für neues Wohnen von SeniorInnen gibt es in Oberösterreich, nämlich das Betreubare Wohnen. Bis 2010 soll es in OÖ betreubare Wohnungen für SeniorInnen geben. Als solche gelten barrierefreie, also alten- und behindertengerechte Wohnungen in Wohnhäusern, für die gleichzeitig ein Betreuungskonzept vorhanden ist von der Notrufanlage bis zur Möglichkeit, z.b. Essen geliefert zu bekommen. Entsprechende Richtlinien wurden vom Land OÖ vorgegeben und eine besondere Förderungsform geschaffen. 100% der förderbaren Kosten werden im Rahmen der Wohnbauförderung gefördert und vom Sozialreferat (Lifteinbau u. ä.) subventioniert. Seit 1996 wurden 350 solcher Wohnungen fertig gestellt, 200 sind in Bau und 800 in
5 Planung. Ein anderes Beispiel ist ein Salzburger Projekt für Integriertes Wohnen: In Altenmarkt wurde ein Wohnhaus für Behinderte und ältere Menschen eingerichtet mit behindertengerechten Wohnungen, Gymnastik- und Therapieräumen sowie Betreuerzimmer. Die Bewohner werden durch mobile Dienste betreut. In Wien gibt es Betreute SeniorInnenwohngemeinschaften (derzeit 10, geplant 30). In behindertengerechten Großwohnungen leben Personen gemeinsam, die ambulante Betreuung brauchen. Sie werden aber auch angehalten, sich gegenseitig zu helfen nach dem Motto: So wenig externe Betreuung wie möglich, so viel professionelle Unterstützung wie nötig. Quelle: Seniorenbericht 2001
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