Demenz und Migration Förderung der Selbstmanagement-Kompetenzen türkeistämmiger pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz
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- Gottlob Breiner
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1 Demenz und Migration Förderung der Selbstmanagement-Kompetenzen türkeistämmiger pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz, Universität Bielefeld Förderung:
2 Das Anwerbeabkommen in den 70ern Bildquelle: focus.de
3 Pflegesituation von Menschen mit Migrationshintergrund I 1. Durchschnittsalter von Pflegebedürftigen mit Migrationshintergrund liegt bei 62,1 Jahren und damit um etwa 10 Jahre unter dem Durchschnittsalter deutscher Pflegebedürftiger 2. Die Pflegestufe bei MigrantInnen liegt häufiger (15%) bei der Pflegestufe III als bei deutschen Pflegebedürftigen (9%) (Kohls 2012). 3. Menschen mit Migrationshintergrund werden zu 98% zu Hause von Angeho rigen gepflegt (Okken u.a. 2008), meist Töchter, die die Pflege vorübergehend übernehmen, was zum Dauerzustand wird (Kücük 2013).
4 Pflegesituation von Menschen mit Migrationshintergrund II 4. Pflegemotivation: Selbstverständlichkeit, Verpflichtung, Wiedergutmachung 5. Abgesehen von Pflegegeldleistungen nehmen Pflegebedürftige mit Migrationshintergrund und ihre Angehörigen wenig unterstützende Leistungen in Anspruch (Okken u.a. 2008). Bei Inanspruchnahme: Unzufriedenheit mit der unterstützenden Leistung (Kücük 2013)
5 Demenz bei Menschen mit Migrationshintergrund I keine Prävalenzzahlen vorhanden bundesweite Schätzung: etwa demenziell erkrankte MigrantInnen (Piechotta/Matter 2008) Dreifache Fremdheit (Dibelius/Uzarewicz 2006): 1. Alter/Altern 2. Demenz 3. Migration Die Betroffenen vergessen massenhaft Worte, fühlen sich wieder hilflos, von der Umwelt abgeschnitten es ist fast dieselbe Situation wie bei ihrer Ankunft in Deutschland vor 40 Jahren (taz 2012:2)
6 Demenz bei Menschen mit Migrationshintergrund II Geringe Inanspruchnahme unterstützender Leistungen Zugangsbarrieren: sprachliche Probleme Hemmungen vor deutschen Institutionen (Piechotta/Matter 2008) Scham, Ängste (Thiel 2013) Folgen: Betroffene von Demenzerkrankungen können nicht frühzeitig und fachgerecht betreut werden Familiäre Überlastungssituationen
7 Förderung der Selbstmanagement- Kompetenzen türkeistämmiger pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz Projektziele: - Analyse psychischer Belastungen, Bedürfnisse und Bedarfe pflegender Angehöriger türkeistämmiger Menschen mit Demenz - Entwicklung eines selbsthilfeorientierten Konzepts zur Förderung der Selbstmanagement-Kompetenz pflegender Angehöriger Entlastung pflegender Angehöriger & Verbesserung der Pflegesituation
8 Methodik der Studie Phase Methodisches Vorgehen Gegenstand Phase I -qualitative Befragung (10 ExpertInnen, 15 pflegende Angehörige) - inhaltsanalytische Auswertung Bedarf, Bedürfnisse und psychische Belastungen pflegender Angehöriger Phase II -Weiterentwicklung der Storytelling-Methode nach Glodny u.a. (2011) -Aufsuchende Pflegetrainings in der Häuslichkeit Konzeptentwicklung und -erprobung
9 Zentrale Ergebnisse I Grad der Erkrankung bei Erstkontakt: mittel bis schwer erkrankt Akzeptanz der Demenzerkrankung bei Angehörigen und der türkischen Community sehr gering, tabuisiert, schambesetzt Pflegesituation und Inanspruchnahme pflegerischer Leistungen: Erkrankte werden zu Hause von Angehörigen gepflegt, Pflegegeld wird in Anspruch genommen, ambulante Pflege nahezu gar nicht, Behandlungspflege wird angenommen Qualität der Pflege meist unzureichend, gesundheitliche Situation der Erkrankten häufig grenzwertig Medikamenteneinnahme problematisch
10 Zentrale Ergebnisse II Gründe für fehlende Inanspruchnahme von Pflegeleistungen: Pflegende Angehörige sind schlecht über das Gesundheits- und Pflegesystem in Deutschland informiert Pflege wird als Familiensache verstanden Misstrauen Unzufriedenheit mit entlastenden Angeboten, weil sie nicht alles erledigen (z.b. Körperpflege, Haushalt, Behördengänge, Arztbesuche...) Gang zur PsychiaterIn/PsychotherapeutIn tabuisiert Psychische Belastungen: Pflegende Angehörige sind psychisch stark belastet und nehmen Hilfe erst in Anspruch, wenn es nicht mehr anders geht Ratlosigkeit wird als sehr belastend empfunden, Rollenkonflikte Hinweis auf Depressionen bei pflegenden Angehörigen
11 Zentrale Ergebnisse III Bedürfnisse konnten nur sehr schwer geäußert werden, da die pflegenden Angehörigen keine Vorstellung davon haben, was Entlastung in ihrer Situation bedeuten könnte Verständnis in der türkischen Community Unterstützung im Alltag, Pflegekompetenz Handlungsspielräume für den Fall, dass der Betreuungs- und Pflegebedarf stärker wird ( Wir wissen nicht, was wir tun sollen, wenn es schlimmer wird.. ) Aufsuchende Unterstützung Kontinuierliche Betreuung/Beratung der pflegenden Angehörigen durch gleichbleibende Person, die neue Herausforderungen erkennt und Rat geben kann
12 Instrumente zur Stärkung der Selbstmanagement- Kompetenzen türkeistämmiger pflegender Angehöriger von Menschen mit Demenz 1. Story Telling in türkeisprachigen Selbsthilfegruppen (Glodny 2009) - Es wird von der AnleiterIn eine Geschichte mit offenem Ende erzählt, die eine Situation aus dem pflegerischen Alltag darstellt. Die TeilnehmerInnen diskutieren darüber, wie die Geschichte weitergehen könnte, bzw. wie die (problematische) Situation gelöst werden könnte. Sie reden dabei über den Fall, kommen aber auch ins Gespräch über ihre eigene Situation. 2. Betreute Überleitung vom Krankenhaus in die Häuslichkeit - Familie wird in der Häuslichkeit für eigens dafür weitergebildete PflegetrainerInnen besucht; es wird die Pflegesituation analysiert, ggf. in einem Familiengespräch ein Familiennetzwerk für die Pflege aktiviert, um die Hauptpflegeperson zu entlasten. - Die PflegetrainerIn besucht die Familie kontinuierlich, vermittelt Wissen über die Krankheit und pflegerische Kompetenzen, aber verhilft auch, in die neue Rolle als pflegende Angehörige zu finden
13 Literatur I Altinisik (2013): Versorgungsprobleme von älteren Migrantinnen und Migranten am Beispiel der Demenzdiagnostik. In: Matter, C.; Piechotta-Henze, G. (Hrsg.): Doppelt verlassen? Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz. Bundesministerium für Gesundheit (2011): Daten aus der Studie zum Pflege-Weiterentwicklungsgesetz. TNS Infratest Sozialforschung. Dibelius, O.; Uzarewicz, C. (2006): Die Pflege von Menschen höherer Lebensalter. Stuttgart: Kohlhammer Verlag. Grieger, D. (2009): Soziale und gesundheitliche Lage von älteren Migrantinnen und Migranten in der BRD. In: Schaefer, J. (Hrsg.): Alter und Migration: Tagungsband der 15. Gerontopsychiatrischen Arbeitstagung des Geriatrischen Zentrums an der Universitätsklinik Tübingen. Frankfurt/Main: Mabuse. Kessler, J. u.a. (2000): DemTEc. Ein neues Screening-Verfahren zur Unterstützung der Demenzdiagnostik. In: Psycho 26: Kessler, J.; Kalbe, E. (2010): Die Sprachlosigkeit überwinden. In: pflegen: Demenz Heft 1: Knipper, M.; Bilgin, Y. (2010): Migration und Gesundheit. Konrad Adenauer Stiftung. Kohls, M. (2012): Pflegebedürftigkeit und Nachfrage nach Pflegeleistungen von Migrantinnen und Migranten im demografischen Wandel. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
14 Literatur II Kücük, F. (2013): Die Situation pflegender Angehöriger von an Demenz erkrankten türkischen MigrantInnen in Berlin. In: Matter, C.; Piechotta-Henze, G. (Hrsg.): Doppelt verlassen? Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz. Machleidt, W. (2013): Migration, Kultur und psychische Gesundheit. Stuttgart: Kohlhammer Verlag. BAMF (2009): Migrationsbericht pdf? blob=publicationfile BAMF (2011): Migrationsbericht pdf? blob=publicationfile Okken, P.-K., Spallek, J., Razum, O. (2008): Pflege türkischer Migranten. In: Bauer, U., Büscher, A. (Hrsg.): Soziale Ungleichheit und Pflege. Beiträge sozialwissenschaftlich orientierter Pflegeforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Piechotta, G.; Matter, Ch. (2008): Die Lebenssituation demenziell erkrankter türkischer Migrant/-innen und ihrer Angehörigen. In: Zeitschrift für Gerontopsychologie und psychiatrie Jg. 21; H 4: Razum, O. u.a. (2008): Migration und Gesundheit. Schwerpunktbericht der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Robert-Koch-Institut. Berlin. Taz (2012): Die vergessenen Dementen, von Karen Grass. Ausgabe Thiel, A. (2013): Türkische Migranten und Migrantinnen und Demenz Zugangsmöglichkeiten. In: Matter, C.; Piechotta-Henze, G. (Hrsg.): Doppelt verlassen? Menschen mit Migrationserfahrung und Demenz.
15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Universität Bielefeld Fakultät für Gesundheitswissenschaften
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