Eisvorhersage für Schifffahrtskanäle
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- Werner Koenig
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1 Referat M2 - Wasserhaushalt, Vorhersagen und Prognosen Veranlassung Eisvorhersage für Schifffahrtskanäle Als Folge der gemäßigten Klimabedingungen in Deutschland ist auch während der Wintermonate die Nutzung der Wasserstraßen durch die Schifffahrt oft uneingeschränkt möglich. In strengen Wintern können Frostperioden jedoch zur Bildung einer Eisdecke führen, die zunächst durch die Schifffahrt selbst sowie Eisbrecher gebrochen werden kann, bei längerer Andauer jedoch zur Einstellung der Schifffahrt führt. Am ehesten sind regelmäßig die Kanäle wie z.b. Main-Donau-Kanal (MDK) oder Mittellandkanal (MLK) betroffen. Zur Unterstützung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), die in ihren Eisberichten die Schifffahrt über die voraussichtliche Eisentwicklung informiert, wurde ein Verfahren bereitgestellt, das quantitative Aussagen zur Eisstärke über die nächsten sieben Tage liefert. Dadurch soll die Aussagekraft der Eisberichte gesteigert und zugleich die Sicherheit und Leichtigkeit der Schifffahrt unter winterlichen Bedingungen erhöht werden Koblenz Postfach Koblenz Tel.: 2 61 / Fax: 2 61 / Im Referat M2 Wasserhaushalt, Vorhersagen und Prognosen wurde im Jahr 21 mit der Entwicklung eines Vorhersagemodells begonnen, das sich auf die über einen Prognosezeitraum von sieben Tagen erstellte Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) stützt (GME-Modell). In den seither vergangenen Wintern konnte das Verfahren regelmäßig genutzt werden, hauptsächlich für den Mittellandkanal und den Main-Donau-Kanal. Modell zur Wassertemperatur- und Eisstärkenvorhersage Der Wärmehaushalt von Oberflächengewässern wird maßgeblich durch die meteorologischen Bedingungen gesteuert. Die einzelnen hieraus resultierenden Energieströme als wichtigste sind Strahlungsbilanz, fühlbare und latente Wärme zu nennen führen zur Erwärmung bzw. Abkühlung des Gewässers oder wenn ihre Bilanz ausgeglichen ist zum Verharren auf gleichbleibender Temperatur, der sog. Gleichgewichtstemperatur. Das Konzept der Gleichgewichtstemperatur, das diese Einzelkomponenten des Energieaustauschs integral umfasst, wird zur Beschreibung der Wassertemperaturänderungen in Abhängigkeit von den meteorologischen Bedingungen genutzt.
2 T a T s T m T w Luft Φ ia = H ia * (T s - T a ) Eis Φ i = k i * (T m - T s ) / h Φ wi = H wi * (T w - T m ) Wasser 5668 Koblenz Postfach Koblenz Tel.: 2 61 / Fax: 2 61 / Gewässerbett Abb. 1: Vertikale Energieströme in einem eisbedeckten Gewässer [1] In Abb. 1 bedeuten: Φ ia Wärmestromdichte Eis-Luft Φ i Wärmestromdichte im Eis Φ wi Wärmestromdichte Wasser-Eis H ia Wärmetransportkoeff. Eis-Luft H wi Wärmetransportkoeff. Wasser-Eis h Dicke der Eisschicht k i Wärmeleitfähigkeit des Eises T a Lufttemperatur T m Schmelzpunkt von Eis T s Oberflächentemp. der Eisschicht T w Wassertemperatur Unter winterlichen Bedingungen können sich Kanäle an der Oberfläche bis zum Gefrierpunkt abkühlen. Die entstehende Eisdecke modifiziert den weiteren Abkühlungsprozess erheblich (Abb. 1). Ein auf dem sog. Stefan-Ansatz [4] aufbauendes und ein zweites, physikalisch basiertes Verfahren zur Berechnung der Eisstärke wurden entwickelt und in ein Modell zur Wassertemperatur- und Eisstärkenvorhersage implementiert. Als Eingangsdaten werden die aktuelle Wassertemperatur, die Lufttemperaturvorhersage des Deutschen Wetterdienstes über sieben Tage (GME-Modell) und sofern verfügbar aktuelle Stärken der Eisdecke benötigt. Um klimatischen Unterschieden an langen Kanalstrecken Rechnung zu tragen, werden sie unter Berücksichtigung der Gitterstruktur des GME-Modells in Abschnitte unterteilt. Der Mittellandkanal beispielsweise gliedert sich in ein westliches, mittleres und östliches Teilstück von jeweils über 1 km Länge. Das in der Programmiersprache Delphi entwickelte Programm liefert die Wassertemperatur- und Eisstärkenentwicklung über die nächsten sieben Tage in graphischer und tabellarischer Form. Die Vorhersage wird unmittelbar nach
3 Vorliegen der notwendigen Eingangsdaten erstellt, in der Regel zwischen 8 Uhr und 9 Uhr MEZ. Die Ergebnisgraphik wird per an die betroffenen Dienststellen übermittelt und alternativ auf dem Server der BfG bereitgestellt. Abb. 2 zeigt als Beispiel eine Vorhersage von Ende Januar 26, als der Mittellandkanal und der Elbe-Havel-Kanal bereits mit Eis bedeckt waren. Entsprechend liegt die Wassertemperatur gleichbleibend knapp über C. Die Diagramme der Lufttemperatur-Vorhersage lassen in den Tagen bis die typische Temperaturabnahme von West nach Ost sowie ab den Zustrom milder Luftmassen von Westen her erkennen. Dementsprechend wachsen die Eisstärken ab 3.1. nicht mehr an, um dann in den folgenden Tagen wieder abzunehmen Koblenz Postfach Koblenz Tel.: 2 61 / Fax: 2 61 / In den vergangenen Wintern hat sich gezeigt, dass Fehler in der Lufttemperaturvorhersage von nennenswertem Einfluss auf die Vorhersage der Eisstärke sind. Zur Validierung des Modells wird dieser Einfluss beseitigt, indem anstelle der Lufttemperatur-Vorhersagen die gemessenen Tageswerte der Lufttemperatur genutzt werden. Abb. 3 zeigt als Beispiel die für die Scheitelhaltung, den höchstgelegenen Abschnitt des MDK im Winter 25/6 berechneten Eisvorhersagewerte unter Nutzung der an der Klimastation Weißenburg gemessenen Lufttemperatur. Bei den Vorhersagewerten zur Eisstärke handelt es sich um die jeweils über 7 Tage nach dem Stefan-Ansatz sowie dem energetischen Verfahren vorausberechneten Eisstärken. Dabei bilden die Vorhersageergebnisse jeweils die Startwerte für das folgende 7 Tages -Intervall. Durch das wiederholte Brechen der Eisdecke und das Übereinanderschieben der Schollen durch die Eisbrecher entsteht im Laufe der Zeit eine sehr inhomogene Eisdecke im Kanal. Die seitens der WSV beobachteten maximalen und minimalen Eisstärken sind in Abb. 3 ebenfalls eingetragen. Berücksichtigt man, dass sich bei den in Abb. 3 dargestellten Ergebnissen die Fehler des Vorhersagemodells über den gesamten Zeitraum aufsummieren, so wird durch diese Ergebnisse die Eignung des Verfahrens zur Eisvorhersage belegt. Verbesserungen sind auf Seite der Eingangsgrößen durch die Einbeziehung eines weiteren Vorhersagemodells des DWD, des sog. Lokalmodells, und durch verbesserte Wassertemperatur-Messwerte vorgesehen. Literatur: [1] Ashton, G.D. (Ed.) (1986) : River and Lake Ice Engineering. Water Resources Publications, Littleton, Colorado
4 [2] (1997): Abschätzung zur Nutzung von Abwärme für die Eisfreihaltung in den Westdeutschen Kanälen, BfG-163, Koblenz [3] (22): Entwicklung und erster Test eines Modells zur Eisvorhersage auf Schifffahrtskanälen, BfG-1366, Koblenz [4] Stefan, J. (1889) : Über die Theorie der Eisbildung, insbesondere über die Eisbildung im Polarmeere. Akademie der Wissenschaften Wiens, Sitzungsberichte der math.-naturw. Classe Bd. CXVIII, Abth. II a Koblenz Postfach Koblenz Tel.: 2 61 / Fax: 2 61 /
5 Eisstärken - Vorhersage Mittellandkanal Lufttemperatur: GME-Modell des DWD Referat M2 Luft- u. Wassertemperatur MLK West Eisstärke MLK West Luft- u. Wassertemperatur MLK Mitte Eisstärke MLK Mitte Luft- u. Wassertemperatur MLK Ost Eisstärke MLK Ost Luft- u. Wassertemperatur EHK Eisstärke EHK T-Luft_GME T-Luft_MOS T-Wasser Eisstärke_Energ Eisstärke_Stefan 26 Abb 2: Beispiel für eine Eisvorhersage für Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal
6 7 6 Eisstärke in cm Stefan-A.(Mess.Wb) energ. A.(Mess.Wb) Beobachtung max. Beobachtung min Abb. 3: Ergebnis nachträglicher Vorhersage-Läufe nach dem Stefan-Ansatz und dem energetischen Ansatz für den Main-Donau-Kanal im Winter 25/6 anhand gemessener Lufttemperaturen der Klimastation Weißenburg (Mess.Wb)
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