INHALTSVERZEICHNIS CA. 100 SEITEN

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1 EINLEITUNG Die Ausbildung von Reiter und Pferd geht mit dem Erwerben von Fachwissen einher. Da Wissen immer vor dem Können steht, muß sich jeder Reiter eine gewisse Kompetenz erwerben. Man muß nicht nur wissen worauf man beim Pferd wann schauen muß sondern auch, was man dann sehen kann. Möchte man z.b. einen Trainingsfortschritt überprüfen, muß man im Laufe einer gewählten Zeiteinheit (Unterrichtsstunde oder Monat) das Muskel-Spiel in Rücken und Hinterhand des Pferdes betrachten und erkennen, ob beispielsweise die langen Rückenstrecker auf denen man sitzt an Ausprägung und Aktivität zugenommen haben oder ob sie trotz geduldiger Gymnastizierung nicht besser geworden sind, da das Pferd die Vorderbeine immer noch mittels Unterhals hebt. Mit gezielt erworbenem Fachwissen kann ein Pferdehalter aber auch kritischer gegenüber seinem Tierarzt, Sattler, Hufschmied, Ausbilder, Pferdeverkäufer oder Pferdezahnarzt auftreten. Oft muß man auf alle gutgemeinten Ratschläge vermeintlicher Spezialisten hören: weil man es nicht besser weiß. Wer zu Lasten seines Pferdes Erfahrungen gesammelt hat, weil man aus Unwissenheit Fehlentscheidungen getroffen hat, kennt das schlechte Gefühl, hinterher erst schlauer gewesen zu sein... Anatomievorträgen und bunt bemalten Pferden, damit die Schüler während der Bodenarbeit beispielsweise sehen konnten, wo und wie ein Nackenband, ein Unterhals, ein Trapezmuskel oder ein anderer wichtiger Bereich arbeitet. Aus diesem Wunsch nach dem Sehen-Lernen heraus entstand eine eigene Seminar- Reihe, die zur Entstehung der vorliegenden Broschüre und den ergänzenden Lehrvideos führte. In den Beurteilungs-Seminaren zum Sehen-Lernen erstellte die Autorin zusammen mit einer Osteopathin und Tierärztin für die vorgestellten Pferde den Ist-Zustand und daraus abgeleitet ein Konzept zur Gymnastizierung und Förderung vom Fohlen bis zum Rentner. Weit über die Einblicke in die funktionelle Anatomie hinaus ging es um folgende Punkte: gemeinsames Erarbeiten von Beurteilungs-Instrumentarien, Trainingsplänen und Behandlungs -Plänen individuelle Beurteilung eigener mitgebrachter Pferde und ostheopathische Untersuchung Optimierung des Trainings/ Reha/ Rentner welche Muskeln stärken, um Gelenke zu stabilisieren welche Partien dehnen, um Gelenke zu mobilisieren Ausgleich von Exterieur-Mängeln durch gezielte Übungen Konzepterstellung Kiefer und Gebiß-Probleme und Auswirkung auf Rittigkeit Sattel- und Zäumungs-Kontrolle Beurteilungs-Kriterien beim Pferdekauf, der Zucht und der Ausbildung Pferde Fütterungsfragen Die Autorin der vorliegenden Broschüre traf auf ihren Weiterbildungs-Seminaren und Kursen leider sehr oft auf Schüler, die nicht weiter wußten, den x-ten Sattel und Zaum probierten, falsche Beschläge hatten, Gebißanomalien trotz aktuellem Zähneraspeln vorwiesen usw. Diese Beispiele kann man endlos weiterführen und es gibt derer so viele wie Reiter-Pferd-Fachmann-Konstellationen. Somit begannen die meisten Kurse mit Da sich der Aufbau und die Gliederung des Beurteilungsseminars für alle Teilnehmer bewährt hat, wird sich die vorliegende Broschüre dieser Struktur anpassen und ist damit die perfekte Ergänzung zu dem Seminar und dem dazugehörigen Lehrvideo.

2 5.2. Nackenband INHALTSVERZEICHNIS CA. 100 SEITEN 1. Einleitung 5.3. Dehnung der Oberlinie und Anlehnungsfehler 5.4. wie hilft sich das Pferd 5.5. wie hilft sich der Reiter 2. Beurteilung und Musterung 2.1. Warum? 2.2. Wie? 2.3. Adspektion und funktionelle Anatomie Die Vorhand Die Mittelhand Die Hinterhand Die Musterung in der Bewegung 2.4. Die Zähne 3. Exterieur beeinflussende Faktoren 3.1. Die Rasse 3.2. Die Aufzucht 3.3. Die Nutzung 6. Instrumentarien zur Auswahl spezieller Übungen 6.1. Übungskatalog 6.2. Durchführung ausgewählter Übungen 6.3. Eingliederung der Übungen in das Ausbildungsprogramm 6.4. Langzeitkonzept 7. Anhang Terminologie zur Beurteilung Test zur Ortung von Lahmheit Musterungsprotokoll Zahnbefundbogen Behandlungs- und Trainingsplan eines Reha-Pferdes Wellnes-Plan mit Physiotherapeutischen Übungen 5. Wenn das Pferd durch das Reiten krank wird 5.1. Rückentätigkeit 2 8. Kurzbiographie der Autoren

3 Seitliche Betrachtung der Vordergliedmaßen Betrachtet man die Stellung der Vorderbeine von der Seite aus, denkt man sich wieder eine senkrechte Linie: von der Mitte des Schulterblattes bis zum Boden. Bei normaler regelmäßiger Beinstellung halbiert diese Senkrechte das Fesselgelenk und trifft direkt hinter dem Ballen auf dem Boden auf. rückständig: Fehlstellung, die einerseits schneller zu einer Überlastung/Ermüdung, führt oder Ursache für eine schnelle Überlastung ist. Rückständige Gliedmaßen fußen früher und flacher auf - das wiederum überlastet die Bänder zusätzlich. Bei alten oder überlasteten Pferden dagegen sieht man diese rückständige Stellung als Entlastungshaltung für angestrengte Beugesehnen und die Hufrolle. Beim Fohlen reguliert sich solch eine Beugesehnenverkürzung meist durch Bewegung auf hartem Boden. Fesselstand von links nach rechts: rückbiegig, steil, bärentatzig, rückständig, regelmäßig, vorbiegig Auch hier liegen Erfahrungswerte vor, die bestätigen, daß Fehlstellungen zu Fehlbelastungen führen. Einseitig belastete, verdrehte oder schiefe Gelenke verschleißen schnell, da die Gelenkwalzen bzw. pfannen auf einer Seite übermäßig abgerieben werden. Auf der dem Abrieb gegenüberliegenden Seite des Knochens kommt es dagegen zu einer Überdehnung der Bänder und Sehnen. vorbiegig (Vorderfußwurzel weicht nach vorn aus): bei alten Pferden oft als Verschleißmerkmal erkennbar durch einen permanenten Zug der Unterarmbeuger rückbiegig (Vorderfußwurzel weicht nach hinten aus): wirkt sich sehr nachteilig aus, da diese Stellung mit schwachen Vorderfußwurzel-Gelenken und flachen zurückgesetzten Fesselköpfen einhergeht. Solche Pferde stolpern leicht und stürzen dadurch. Oft treten Chipfrakturen im Karpalgelenk auf oder vermehrte Spannung der Unterstützungsbänder und Beugesehnen. Überköten durch Sehnenstelzfuß: entweder angeboren (besonders große Fohlen zu intensiv in der Tragezeit gefütterter Stuten und viele Erstlingsfohlen oder erworben (zu schnelles Wachstum/zu viel Kraftfutter oder Wegbrechen der Zehenwand auf zu harten Böden) vorständig: Krankheitssymptom: Hufrehe (beidseits) oder Hufrollenentzündung (einseitig) 3 von links nach rechts: normale Fessel, kurze steile Fessel, lange schräge Fessel Normalerweise sind die Fesseln der Vorderbeine immer einige Zentimeter länger als die Fesseln der Hinterbeine. Bevorzugt man für ein Reitpferd der Bequemlichkeit halber eher längere Fesseln (spitzer Fesselwinkel), so sollte ein Kutschpferd kürzere Fesseln (stumpfer Fesselwinkel) aufweisen, um besser stemmen zu können. In jedem Fall sollte man beim Mustern vergleichen, ob der Fesselstand passend zum Huf und zur Schulter zw. 50 (hinten) und 45 (vorn) ist. kurz und steil: keine Stoßdämpfung, Verletzung des Fesselgelenkes, Krongelenksschale, Podotrochlose lang und steil: neigt zwar nicht zu Krongelenkschale ist aber sonst ähnlich anfällig wie eine kurze steile Fessel lang und weich: bei einer Winkelung <45 erhöht sich der Zug auf die Beugesehnen (siehe Sehnenschäden), Entzündung des Fesselträger, Gleichbeinfrakturen

4 bärentatzig: durch Durchtreten der sehr langen Fessel, führt zu einem unsicheren Gang, was mit schlechtem Stützen und Stolpern einhergeht, prädestiniert für Sehnenschäden Bockhuf mit steiler oder auch mit schräger Fessel möglich: Zehenwand steht fast senkrecht, was einen Spezialbeschlag nötig macht (Trachten müssen geschwächt werden und der Zeh geschont) lange steile Fessel mit Knick in der Zehenachse bedingt durch Abflachung der Trachten (siehe Grafik unten rechts). Entsteht beim Versuch, dem Huf eine normale Winkelung zu geben. Statt dessen wurde die Regel mißachtet, den Huf immer passend zu Fessel zu beschneiden! Das führt dazu, daß die Beugesehne den Druck auf das Strahlbein erhöht! Musterungsbeispiel: Auf den beiden links stehenden Fotografien ist der linke Vorderfuß eines über Jahre unsachgemäß bearbeiteten Pferdes in Gegenüberstellung zum Knochenpräparat zu sehen. Wie in den vorangestellten Ausführungen erklärt, betrachtet man den Fuß von vorn und von der Seite und denkt sich zur Vereinfachung ein Lot und eine Zehenachse. Folgende Punkte fallen dabei auf: 1. innere Hufwand stärker belastet als die äußere Hufwand und, damit stärkere Belastung der Gelenk-Innenseiten. Beim Aufheben des Beines konnte man erkennen, daß der Knochen gerade gewachsen ist, nun aber der schiefe Huf zu einer Fehlbelastung führt. Somit kann/muß man es unbedingt korrigieren, um keine Lahmheit zu provozieren. 2. innere Tracht eng, die äußere Tracht weit, deformiert und über dem Eisen ausgebrochen 3. deutliche Jahresringe in Wellen, die sich in der äußeren Hufwand nach oben wölben 4. Deformation der ganzen äußeren Hufwand von oben nach unten und von vorn nach hinten mit einer Eindellung in der Mitte der äußeren Wand korrekte Zehenachse von 45 (Vorderhuf) Knick in der Zehenachse 5. steile Fessel, hohe Trachten, deutlich stumpfer Winkel der Zehenachse als die empfohlenen 45 (siehe gegenüberliegende Grafik) 6. Die Schenkel des Eisens sind zu lang. Durch die Betrachtung des ganzen Vorderbeines und des Pferdes in der Bewegung wird man sehen können, welche dieser Auffälligkeiten den Gang und die Gesundheit des Pferdes beeinträchtigen. Die nächste Überlegung daraus wird sein, welchen der Befunde man ändern kann (korrektes Ausschneiden/Beschlagen, Gymnastizierung zur Entlastung der Vorhand usw.) und was man am besten so beläßt, um nicht die Gelenke unnötig zu reizen. 4

5 2.5. Die Zähne Wie unter Punkt beschrieben, betrachtet man bei der Adspektion der Vorhand auch eingehend den Kopf des Pferdes. Es geht im Rahmen der Beurteilung des eigenen Pferdes nicht darum, selber dem Pferd die Zunge rauszuziehen und Zahnerkrankungen zu diagnostitieren. Es geht darum, die Hintergründe zu verstehen, warum man bereits ab dem Jährlingsalter ca. 1 mal im Jahr einen Pferdedentisten bemühen soll und darum, erste Anzeichen für Zahnprobleme selber zu erkennen. Die Molaren (Backenzähne) sind zum Zerreiben grober Pflanzenteile geschaffen. Während zu diesem Zweck die Kieferseitlich gegeneinander verschoben werden, wird das Futter zerkleinert und die Molaren selbst aneinander abgerieben. Der Unterkiefer des Pferdes ist schmaler als der Oberkiefer. Somit ist der Abrieb der Zähne ungleichmäßig und es entstehen scharfe kanten am Rand der Kauflächen. Diese Kanten treten am Oberkiefer außen zur Wange hin auf (kann man von außen durch die Haut ertasten, siehe DVD, Teil II) und am Unterkiefer innen zur Zunge hin. Besonders beim jungen Pferd muß kontrolliert werden, ob die Milchzähne die Entwicklung der Dauerzähne behindern: wenn z.b. die Schmelzkappen (Milchzähne) nicht ausfallen sondern auf den bleibenden, gerade durchbrechenden Zähnen festklemmen, suchen sich diese Dauerzähne einen anderen Weg durch den Kiefer. Da diese bleibenden Zähne 10 cm und länger sein können (nur die Spitze des Eisberges ist im Maul als Zahn sichtbar), sind die Folgen solch einer Verschiebung im Kiefer fatal. Wird ein Backenzahn (Molare) im Unterkiefer des Pferdes in den Kiefer zurückgeschoben (zur Kopfunterseite hin), sind diese als sogenannte Bumps am Unterkiefer-Ast sichtbar. Schieben die Zähne des Oberkiefers in den Schädel hinauf, wird es folgenschwere Auswirkungen haben (siehe nachstehendes Foto): Das Pferd in obigem Foto litt an den Folgen seiner massiven Kanten und Haken Foto eines 4,5 jährigen Pferdes, das wegen starker Widersetzlichkeit geschlachtet wurde. Es ist zu sehen, daß der vorletzte untere Backenzahn, den gegenüberliegenden Backenzahn in den Gesichtsschädel hinaufgeschoben hat und zu erheblichen Schmerzen geführt haben muß. 5 Raspelt man diese Kanten nicht regelmäßig 1-2 mal im Jahr ab, bekommt das Pferd ernsthafte Probleme, die sich durch Unrittigkeit, schlechte Futterverwertung und abbauende Konstition ankündigen. Wenn man sich vorstellt, daß sich die Backenzähne bei normaler Gebiß-Stellung 2-3 mm jährlich abnutzen und Unregelmäßigkeiten durch den Tierarzt weggeschliffen werden, wird man den zunehmenden Druck auf die Frontzähne verstehen. Will das Pferd mit den Backenzähnen aufeinander kommen, preßt es mit aller Kraft die nunmehr zu langen Schneidezähne in einen spitzen Winkel zu einem Hechtgebiß zusammen. Deshalb: wenn Sie einen Tierarzt zum Zähne-Raspeln bestellen, lassen Sie ihn nur an ihr Pferd, wenn er die Notwendigkeit kennt, die Frontzähne immer mit zu kürzen! Lacht Sie Ihr Tierarzt aus und erklärt Ihnen die Unsinnigkeit, weil ein Pferd sich die Frontzähne beim Grasen abnutzen würde, legen Sie sofort auf! Das klingt jetzt sehr drastisch und sicher werden sich damit viele konventionelle, klassisch ausgebildete Mediziner diskreditiert sehen aber es muß so deutlich gesagt werden: Ihr Pferd wird es Ihnen danken, wenn Sie einen eigens ausgebildeten Pferde-Dentisten bemühen!

6 Neben den unmittelbaren Zahn- und Kopfschmerzen, die dieser Zustand dem Pferd verursacht, können sich auf Dauer die Kiefergelenke entzünden. Wie bei uns Menschen führt eine Veränderung der Winkel zwischen Ober- und Unterkiefer zu Verspannungen der Kau- und Nackenmuskulatur. Bei Pferden sind diese Auswirkungen durch die Länge des Unterkiefers und der damit einher gehenden Hebelwirkung entsprechend groß: Schmerz strahlt über das Nackenband bis ins Kreuz führt zu Unrittigkeit schmerzhafter Brachio verändert die Vorderbein-Mechanik häufiges Kopf-Schiefhalten führt beim Reiten zum Verkanten auf dem Zügel und Unnachgiebigkeit im Genick Zähneknirschen oder Zungenfehler als Schmerzäußerungen sich verschlechternder Ernährungszustand/Konstitution kein Mahl-Geräusch, wenn man zur Kontrolle Ober- und Unterkiefer gegeneinander verschiebt Das links abgebildete 20 jährige Pferd hat nie die Frontzähne gekürzt bekommen und somit ein extremes Hechtgebiß ausgebildet (siehe auch nachstehendes Foto: der selbe Schädel im Hintergrund abgebildet). Rechts daneben ist ein 4,5 jähriges Pferd abgebildet, bei dem man sehr schön erkennt, wie tief die Zahnwurzeln in den Schädel hinein reichen (siehe auch nachstehendes Foto: der selbe Schädel im Vordergrund). Pferd ist kopfscheu und berührungsempfindlich an Stirn, Kiefergelenk, Maulspalte oder Nacken scharfe Kanten an der Außenseite des Oberkiefers lassen sich durch die Haut ertasten und scheuern die Mundschleimhaut wund, wenn man mit einem engen Nasenriemen am Reithalfter reitet oder sogar einen Sperriemen benutzt 6