Senatsverwaltung für Finanzen
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- Matthias Schmitt
- vor 8 Jahren
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1 Länderfinanzausgleich - Behauptungen und Tatsachen Der bayerische Steuerzahler kann nicht für die Misswirtschaft anderer Länder wie Bremen oder Berlin aufkommen. Tut er auch nicht. Der Länderfinanzausgleich ist Teilelement eines mehrstufigen Systems 1 zum teilweisen Ausgleich von Steuerkraftunterschieden. Denn insbesondere in den neuen Ländern liegt das Steueraufkommen je Einwohner bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit und die fortbestehenden wirtschaftliche Strukturschwäche deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt. Mit Ausgabenentscheidungen anderer Bundesländer oder gar deren Defiziten hat der Länderfinanzausgleich nichts zu tun. Wer mehr ausgibt, erhält deswegen keine höheren Ansprüche. Bayern geht es um den Schutz bayerischer Steuergelder. Das Geld, das Bayern in den Länderfinanzausgleich einzahlt, ist bayerisches Geld es fehlt Bayern an anderer Stelle. Mehr Geld könnten alle Länder gut gebrauchen. Aber davon einmal abgesehen, ist das mit dem bayerischen Geld nicht so einfach. Richtig ist, die Steuereinnahmen, um die es hier geht, werden von bayerischen Finanzämtern eingenommen. Aber deswegen ist es noch nicht bayerisches Geld. Es kann zum Beispiel in anderen Ländern erwirtschaftet worden sein. Wie auch immer: Von den Steuereinnahmen, die in den Finanzämtern eines Landes eingenommen werden, fließt ein guter Teil schon einmal an den Bund so sieht es die Finanzverfassung im Grundgesetz vor. Ein anderer Teil wird unter den Ländern durch die Zerlegung umverteilt, um Fehler bei der Steuererhebung zu korrigieren. Die Umsatzsteuer wird ohnehin unter den Ländern nach Einwohnern aufgeteilt. Einige notwendige Korrekturen der Steuererhebung etwa bei der Dividendenbesteuerung werden andererseits gar nicht durchgeführt. Im Ergebnis ist festzuhalten: Die bayerischen Steuereinnahmen sind keineswegs in voller Höhe bayerisches Geld. Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht. Die Geberländer müssen sich krumm legen, um ihn finanzieren zu können. Das Grundgesetz gibt in Artikel 107 die Vorgabe, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen. Denn die streut gewaltig und spiegelt dabei die unterschiedliche Wirtschaftskraft der Länder wider: Hamburg hat die anderthalbfache Wirtschaftskraft des Bundesdurchschnitts, die neuen Länder nur 1 Erste Stufe: Steuerverteilung unter den Ländern. Zweite Stufe: Umsatzsteuervorwegausgleich. Dritte Stufe: Länderfinanzausgleich. Vierte Stufe: Ergänzungszuweisungen des Bundes zum Ausgleich von Sonderbelastungen.
2 die Hälfte. Schon 1951 hatte das Bundesverfassungsgericht allerdings festgestellt, der Länderfinanzausgleich solle die Finanzkraftunterschiede unter den Ländern nur verringern, nicht aber beseitigen. So ist es bis heute geblieben. Nach Länderfinanzausgleich sind alle Länder gleich. Nein. Die bayerischen Steuereinnahmen sind auch nach Länderfinanzausgleich 5 % höher als im Länderdurchschnitt (gerechnet je Einwohner), das sind zwei Milliarden Euro pro Jahr. Bei einem Staatshaushalt von rd. 44 Milliarden Euro ein erklecklicher Betrag. Bremen und Berlin hingegen haben auch nach Länderfinanzausgleich 10 % weniger als der Länderdurchschnitt. Im Falle von Berlin ist das rund eine Milliarde Euro pro Jahr. Bayern und Berlin trennen also drei Milliarden Euro. Einer zahlt alles. Bayern ist das Land mit der höchsten Belastung im Länderfinanzausgleich. Nein. Betrachtet man allein das Jahr 2011, war Bayern mit 292 Euro je Einwohner das Land mit den zweithöchsten Beiträgen nach Hessen mit 297 Euro je Einwohner. Blickt man jedoch auf den gesamten Zeitraum seit Inkrafttreten des Länderfinanzausgleichs in seiner jetzigen Form, zeigt sich, dass Hamburg zeitweise 350 Euro je Einwohner, Hessen sogar 450 Euro je Einwohner in den Länderfinanzausgleich eingezahlt hat. Die derzeitige bayerische Belastung liegt weit darunter. Dass Bayern 2011 insgesamt 3,7 Mrd Euro zahlte, Hessen aber lediglich 1,8 Mrd Euro, liegt an der unterschiedlichen Einwohnerzahl beider Länder. Kein Land hat Anreize, zusätzliche Steuerfahnder einzustellen denn alle Mehreinnahmen gehen im Länderfinanzausgleich verloren. Nein. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zum Beispiel (als die drei großen Geberländer) behalten von allen Mehreinnahmen 2 mindestens die Hälfte. Nicht nur sie, sondern alle Länder haben ein Interesse an effizienten Finanzämtern und zusätzlichen Betriebsprüfern. Bayern stellt als einziges Land mehr Steuerfahnder ein. Nein. Auch Berlin hat gerade in den Finanzämtern 75 neue Stellen im Bereich der Steuerfahndung und Betriebsprüfung geschaffen. Bezogen auf die Zahl der Einwohner ist dies die gleiche Größenordnung wie in Bayern. Von zusätzlichen Euro an Steuereinnahmen bleiben Bayern nur 140 Euro übrig. Nein. Ein Teil des Steueraufkommens steht dem Bund zu, bei der Lohnsteuer 425 Euro (42,5%). Bayern bleibt von zusätzlichen Mehreinnahmen nach Abzug des Bundesanteils rd. die Hälfte um ganz genau zu sein: Von den 575 Euro bayerischem Landes- und Gemeindeanteil bleiben 293 Euro. 2 bezogen auf den Landesanteil (nach Abzug des Bundesanteils) siehe übernächste Frage
3 Über 110% profitieren alle anderen Bayern bleibt kein einziger Euro übrig, wenn die Finanzkraft weiter steigt. Nein. Selbst bei höchster Finanzkraft (d.h. mehr als 120 % des Länderdurchschnitts) bleibt einem steuerstarken Land in jedem Falle ein Viertel des Steuermehraufkommens. Bayern liegt derzeit vor Länderfinanzausgleich bei 115 %. Das System des Länderfinanzausgleichs wird überdehnt. Ganz im Gegenteil. Das Volumen des Länderfinanzausgleichs ist ständig geschrumpft. Im Jahre 2000 wurden noch 8,3 Mrd Euro umverteilt, 2011 waren es nur noch 7,3 Mrd Euro. Dies zeigt sehr deutlich, dass sich die Finanzkraftunterschiede zwischen den Bundesländern anders als von Bayern behauptet verringern. Bezogen auf die Steuereinnahmen von Ländern und Gemeinden hatte der Länderfinanzausgleich im Jahre 2000 einen Anteil von 3,4 %, 2011 dagegen von nur noch 2,4 %. Wenige zahlen, der Rest kassiert. Nur, wenn man die Länder zählt. Eine Milchmädchenrechnung, denn die Länder sind unterschiedlich groß. Die entscheidende Rechengröße im Finanzausgleich ist nicht die Zahl der Länder, sondern die Zahl der Köpfe. Das größte Bundesland Nordrhein- Westfalen prägt mit seinen nahezu 18 Millionen Einwohnern den Durchschnitt. Auf der Seite derer, die oberhalb des Durchschnitts stehen, also (2011) ausgleichspflichtig waren, leben in den Ländern Bayern, Baden- Württemberg, Hessen und Hamburg etwa 31,2 Millionen Menschen, in den Empfängerländern sind es insgesamt 32,7 Millionen Menschen. Eine ziemlich ausgeglichene Sache also. Berlin erhält die Hälfte des Finanzausgleichsvolumens. Berlin erhielt ,0 Mrd Euro aus dem Länderfinanzausgleich und 200 Mio Euro aus dem vorgelagerten Umsatzsteuerausgleich. Sachsen hingegen erhielt 920 Mio Euro aus dem Länderfinanzausgleich und 2,2 Mrd Euro aus dem Umsatzsteuerausgleich. Länderfinanzausgleich und Umsatzsteuerausgleich sind jedoch zwei aufeinanderfolgende Schritte in einem Ausgleichssystem und müssen als Einheit verstanden werden. Im Ergebnis erhält Berlin aus dem Ausgleichssystem mit 3,2 Milliarden Euro nur wenig mehr als Sachsen (3,1 Milliarden Euro). Immer mehr Geld fließt nach Berlin. Nein. Berlin erhält, pro Einwohner gerechnet, heute nicht mehr als vor zehn Jahren.
4 Wer zahlt, hat das Sagen. Schon klar. Nur zahlt Bayern gar nicht an Berlin. Der Länderfinanzausgleich wird durch das Bundesministerium der Finanzen berechnet und vollzogen, die Finanzministerien und die Rechnungshöfe aller sechzehn Länder haben ein Mitprüfungsrecht. Wen will Bayern eigentlich kontrollieren? Bayern hat bereits das Dreißigfache dessen eingezahlt, was es aus dem Länderfinanzausgleich erhalten hat. Nein. Inflationsbereinigt und bereinigt um den Effekt der Einbeziehung der neuen Länder in den Finanzausgleich 3 hat Bayern mit Stand 2010 genau das aus dem Länderfinanzausgleich erhalten, was es eingezahlt hat. Aber unabhängig davon: Es gibt keinen Anspruch darauf, aus dem Länderfinanzausgleich auch etwas zurückzuerhalten, wenn man einmal eingezahlt hat. Das Bundesverfassungsgericht hat außerdem schon 1951 festgestellt: Die Länder müssen die mit dieser Vorschrift ausgesprochenen Einschränkungen ihrer Finanzhoheit hinnehmen. Die Empfängerländer halten sich nicht an die vereinbarten Spielregeln sie bauen ihre Schulden nicht ab. Doch ausnahmslos alle Länder haben sich auf den Weg begeben, ihre Schulden abzubauen. Das schreibt (seit 2009) die Schuldenregel des Grundgesetzes vor. Und die ist für Bund und Länder verbindlich, wird vom Stabilitätsrat überwacht. Der Länderfinanzausgleich selbst kennt keine eigenen»spielregeln«oder Auflagen. Gegen etwas, was es nicht gibt, kann man aber auch nicht verstoßen Berlin und Bremen sind die deutschen»griechenländer«. Ein schöner Satz. Aber komplett daneben. Denn Berlin und Bremen bauen konsequent ihre Haushaltsdefizite ab, wie es die Schuldenbremse des Grundgesetzes vorsieht. Gegenüber der Ländergemeinschaft und dem Bund haben sie sich zu Sanierungsprogrammen verpflichtet, in denen die umzusetzenden Einzelmaßnahmen konkret festgelegt sind. 4 Der neu eingerichtete Stabilitätsrat in dem Bund und alle Länder vertreten sind kontrolliert die Umsetzung. Die Sanierungsländer berichten halbjährlich über Erfolg und Umsetzung ihrer Programme. Die finanzstarken Länder sind überfordert. Wirklich? Auch Bayern bleiben nach Länderfinanzausgleich noch zwei Milliarden Euro mehr als dem Länderdurchschnitt. Warum also sollte Bayern überfordert sein? 3 Der Bund hat die Einbeziehung der neuen Länder in den Länderfinanzausgleich durch Überlassung von sieben Umsatzsteuerpunkten finanziert. 4 Sanierungsprogramme haben daneben auch Saarland und Schleswig-Holstein abgeschlossen.
5 Die bayerischen Leistungen im Länderfinanzausgleich haben sich seit 2003 verdoppelt. Ja 5 aber nicht, weil der Länderfinanzausgleich insgesamt angewachsen wäre (er ist im Gegenteil geschrumpft), sondern weil die Leistungskraft der anderen Geberländer insbesondere von Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen 6 deutlich abgesunken ist. So gesehen müsste Bayern sein Wehklagen nicht an die Nehmerländer richten, sondern an die anderen Geberländer. Die Nehmerländer leisten sich Dinge, die Bayern seinen Bürgern nicht bieten kann Studium ohne Studiengebühren oder kostenfreie Kindergärten. Bayern gehört zusammen mit Hamburg 7 und Niedersachsen zu den wenigen verbliebenen Ländern, die noch Allgemeine Studiengebühren erheben. Berlin hingegen hat sich, wie die meisten Länder, aus bildungspolitischen Gründen gegen Studiengebühren entschieden und bietet deshalb auch die Kindertagesstätten- Plätze kostenfrei an. Interessant ist nun Folgendes: In Berlin kommen 42,5 Studenten auf Einwohner das ist eine Zahl weit über dem Länderdurchschnitt (27,1 Studenten auf Einwohner). 8 Bayern hingegen bildet weit unterdurchschnittlich aus: 22,9 Studenten auf Einwohner. Der damit in Bayern fehlende Nachwuchs wird aus Studenten rekrutiert, die nicht in Bayern, sondern in anderen Bundesländern ausgebildet worden sind. Dazu sollte man wissen: Allein die Ausbildung eines Mediziners kostet bis zu Euro. Der Freistaat Bayern hat in vielen Verhandlungsrunden mit mehrmaligen Anläufen die verschiedensten Ansätze zur Änderung des Länderfinanzausgleichs eingebracht, die von einer Veränderung bis hin zur völligen Neukonzeption gingen. Es sind viele Vorschläge gemacht worden. Merkwürdig: Der Ministerpräsidentenkonferenz wurden Vorschläge nie zugeleitet. Und über ein bayerisches»sechs-punkte-papier«las man zu Jahresanfang alleinin der Presse. Was also sollte gemeint sein? 5 wobei der Bezug auf das Jahr 2003 willkürlich ist, weil die Geberleistungen Bayerns starken Schwankungen unterworfen waren. Würde man sich auf das Jahr 2001 beziehen, käme man zu dem Ergebnis, dass die bayerischen Leistungen für den Finanzausgleich um lediglich die Hälfte angestiegen sind. 6 bezogen auf die Durchschnittswerte der Jahre 2000 bis Abschaffung zum Wintersemester 2012/13 geplant 8 Wintersemester 2010/2011. Statistisches Bundesamt, Studierende an Hochschulen, Fachserie 11 Reihe 4.1; einschließlich Fachhochschulen.
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