Konzeption einer Optimierung der Reputationsmessung
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- Uwe Baumann
- vor 8 Jahren
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1 nachweisen; für das Wissen konnte kein signifikanter Effekt nachgewiesen werden (2009, 219). Dazu ist jedoch zu bemerken, dass die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Messmodelle attribut-bezogen operationalisiert werden, während der von HAUTZINGER gewählte Ansatz eher affektiv-einstellungsbezogen ausgerichtet ist (siehe vorangegangener Abschnitt). ALBA & HUTCHINSON haben darüber hinaus darauf hingewiesen, dass die Messung von Wissen stets eine Messung mehrerer Wissensdimensionen 100 sein sollte (1987, 438). Es bleibt festzuhalten, dass mit dem Konstrukt des Kenntnisgrads ein für die Beurteilung der Messung von Reputation bzw. den Effekten von Reputation bedeutsames Konzept vorliegt Hypothesen Das Konstrukt der Relevanz ( ) stellt in den Medien- bzw. Kommunikationswissenschaften im Rahmen der Wirklichkeitskonstruktion durch Medien ein wichtiges Element dar, das nun aus dem Kontext der Theorie der Nachrichtenfaktoren heraus behandelt wird (RUHRMANN 1993). Fasst man Unternehmensaktivitäten als Ereignisse auf, dann sind es kurz gesagt die Medien, die diese Menge an Ereignissen auf eine geringere Menge an Nachrichten reduzieren 101. Der Rezipient selbst kann nur einen Bruchteil dieses Nachrichtenangebots wahrnehmen und muss daher das Wahrgenommene selektieren. Ein solcher Selektionsprozess kann aus Perspektive von Journalisten (als Rezipient 1. Ordnung) durch rund ein Duzend Nachrichtenfaktoren bestimmt sein 102. Für die Rezipienten der Medien (Rezipienten 2. Ordnung) konstatiert MERTEN (1993, 298), dass 100 Die Autoren nennen als die fünf Wissensdimensionen: Kognitive Leistung, kognitive Strukturen, Analyse, Einzelheiten und Erinnerungsvermögen. 101 Werbliche Kommunikation sowie Web 2.0 Kommunikation muss dabei zu der Berichterstattung in den Massenmedien hinzugezählt werden. 102 RUHRMANN führt folgende Nachrichtenfaktoren auf (1993, 238ff): Ereignisentwicklung (Kurzfristigkeit), Außergewöhnlichkeit, Eindeutigkeit (Einfachheit), Bedeutsamkeit (Reichweite und Intensität), Erwartungstreue (Planbarkeit), Überraschbarkeit (Plötzlichkeit), Themenkarrieren (Kontinuität), relative Themenvarianz (Abwechslung), Elitenationen (wichtige Staaten), Elitepersonen (wichtige Politiker, Wirtschaftsführer, Experten, Stars), Personalisierung (Fokussierung menschlicher Schicksale), Negativität ( Bedrohung des Lebens durch Feinde ). 134
2 Selektivität auch für den Prozess der Wirkung ein zentrales Konzept ist; denn Selektivität ist zugleich Strategie sinnvollen Verhaltens und das basale Konzept zur Konstruktion von Wirklichkeit. MERTEN nennt als Bestandteile des Prozesses der gestuften Selektivität insgesamt sieben Stufen (ebd.): Mitteilung als organisatorische Bedingungen: Verfügbarkeit von Medien, Erreichbarkeit des Kommunikators, störungsfreie Übertragung von Inhalten etc. Selektion nach Themen Selektion nach Bewertungen des Kommunikators Selektion nach Aufmerksamkeit in Bezug auf Überraschung und Relevanz Selektion nach Kontexten (Gegenwart anderer Personen) Selektion nach Einstellungen (subjektiven Präferenzen) Auswahl des Informationsangebots und Inbezugsetzung mit intern vorhandenen Erfahrungen, Wissensbeständen etc. Bei der Betrachtung der aufgeführten Stufen fällt auf, dass das Konzept der Relevanz hinsichtlich der Aufmerksamkeit für bestimmte Kommunikationsangebote und somit im gesamten Selektionsprozess eine zentrale Rolle einnimmt. RUHRMANN bemerkt in diesem Zusammenhang (1993, 241): Die Funktion von Aufmerksamkeit liegt darin, Überraschungen abzuwehren bzw. Unsicherheit zu bewerten (...). Ereignisse müssen sowohl überraschend (...) als auch relevant (bedeutsam, interessant) sein (...). Weiterhin führt RUHRMANN an (1993, 245): Die Aufmerksamkeit für eine Nachricht wird sowohl von der Neuigkeit bzw. formalen Auffälligkeit (Präsentation) der Nachricht als auch von der Relevanz der Inhalte für den Rezipienten beeinflusst (...). Rezipienten orientieren sich fast ausschließlich an der Relevanz, die sie den Nachrichten zurechnen. Bei der Einschätzung der Rele- 135
3 vanz wird Alltagswissen über die behandelten Themen (...) sowie über Medienhandlungsschemata verwendet. Folgt man den vorliegenden Ausführungen, lässt sich Relevanz als eine interagierende Variable auffassen, welche die Beziehung zwischen der Informiertheit (Wissen über unternehmerische Aktivitäten) und der Evaluation (Schätzung des Ansehens des Unternehmens) beeinflusst 103. Daher kann der Relevanz ein moderierender Effekt auf die Beziehung zwischen Kenntnisgrad und Reputation unterstellt werden 104, und der postulierte Zusammenhang soll Hypothese H1 bilden: Hypothese H1: Die individuell bewertete RELEVANZ von einzelnen Unternehmensaktivitäten für eine gute Unternehmensreputation allgemein beeinflusst die Wirkbeziehung zwischen KENNTNISGRAD über Unternehmensaktivitäten und der REPUTATION. Wie im vorangegangen Abschnitt dargelegt, kann die Kenntnisgradmessung in einen Zusammenhang mit der Reputations- und Loyalitätsmessung gestellt werden. Eine Theorie der öffentlichen Meinung, die vor allem durch die Massenmedien und das Internet gesteuert wird und Wirkungen auf intentionales Handeln von Stakeholdern hat, existiert momentan nicht. Übertragen auf die Wahlentscheidung von Wählern (im Sinne einer Konsequenz für eine abhängige Variable) hat NOELLE-NEUMANN die Theorie der Schweigespirale vorgeschlagen (1980), die MERTON sinngemäß zusammenfasst (1993, 321): 103 Dies schließt nicht aus, dass eine hohe Relevanz aller unternehmerischer Aktivitäten einen direkten Effekt auf spezifisches Wissen über ein Unternehmen hat. Allerdings müsste dann dieses Wissen im Prinzip bei allen Unternehmen vorliegen, da die Relevanz der Unternehmensaktivitäten für eine hohe Reputation unabhängig von den Unternehmen ist, das Wissen jedoch spezifisch für die Unternehmen graduell vorliegt. Auf die Besonderheit bei der Modellierung dieser Zusammenhänge wird in Abschnitt 4.4 ( Indikatoren für die Adaption auf Relevanz und Kenntnisgrad ) genauer eingegangen. 104 Die Bedeutung des Konstrukts des Kenntnisgrads sowie der Effekt von Kenntnisgrad auf Reputation sowie weitere zentrale Beziehungen innerhalb des Optimierungsmodells werden nun nacheinander besprochen. 136
4 Menschen als soziale Wesen vermeiden Isolation und formulieren ihre Meinungen möglichst unter Kenntnis der Meinung Anderer. Die Meinung Anderer kann man von anderen Menschen oder aus Medien erfahren. Das Individuum nimmt neben der statischen Meinungsverteilung auch deren Veränderung wahr. Individuen, die annehmen, dass sie die dominante Meinung vertreten, wagen sich damit stärker hervor als Individuen, die diese nicht annehmen. In der Öffentlichkeit wird dann die Dominanz der als dominant unterstellten Meinung weiter verstärkt. Als Folge wagen sich deren Vertreter noch mehr in den Vordergrund. Umgekehrt werden Individuen, die eine andere Meinung vertreten, durch die abweichende Meinung eingeschüchtert und schweigen. Durch dieses Schweigen wird die als dominant angesehene Meinung tatsächlich zur dominanten Meinung. Die Theorie der Schweigespirale als Bestandteil einer Theorie der öffentlichen Meinung wurde kontrovers diskutiert und soll nicht die inhaltliche Basis der Modellentwicklung dieser Studie darstellen, vielmehr führt der empirische Überprüfungsansatz von NOELLE- NEUMANN zu einer interessanten Implikation für ein komplexes Reputationsmessmodell. Zur Erfassung des Effekts der Schweigespirale wurden zwei Angaben erhoben (vgl. MER- TEN 1993, 321): Welche Meinung hat der Befragte über Chancen einer Partei, die Wahl zu gewinnen (eigene Ansicht)? Welche Meinung hat der Befragte in Bezug auf die Meinung Anderer zum Wahlsieg (was wohl die Anderen meinen, wie wohl die öffentliche Meinung beschaffen ist)? Die zweite Frage, die auch als Klima-Frage bezeichnet wird, ist die für die Reputationsmessung interessante Frage. Im Zusammenhang mit der Schweigespirale bemerkt MERTON dazu (1993, 321): Das Problem dieses Ansatzes liegt in der Unterstellung, daß der Einzelne sich ein zutreffendes Bild über die dominante Meinung machen kann. Denn, wie andere Un- 137
5 tersuchungen zeigen, kann sich die Bevölkerung auch über die Bevölkerung täuschen (...). Zentral ist somit die Ausgestaltung eines zutreffenden Bildes, die im Zusammenhang mit einer multi-attributiven Evaluation von Reputation in Bezug auf ökonomische Konsequenzen (als Wirkung) offensichtlich am besten über die Informiertheit über die jeweiligen Unternehmensaktivitäten realisiert werden kann. Das Konstrukt des Kenntnisgrades soll daher den Moderator der Hypothese H2 bilden: Hypothese H2 Der individuell bewertete KENNTNISGRAD über einzelne Unternehmensaktivitäten moderiert die positive Wirkbeziehung zwischen REPUTATION und ökonomischen Konsequenzen (LOYALITÄT). Somit sind die zentralen Konstrukte sowie die zentralen Beziehungen (Hypothesen) der Studie definiert. Im Folgenden werden einige Annahmen und Konstrukte erläutert, die als zusätzliche Bestandteile in ein komplexes Modell von Reputation integriert werden Das Konstrukt Eigene Erfahrung Im Unterschied zu den klassischen Fokalkonstrukten des Konsumentenverhaltens, wie beispielsweise Kundenzufriedenheit, ist Unternehmensreputation an eine gewisse Wahrnehmung von Öffentlichkeit gebunden, deren Zugang individuell nach Relevanz und Kenntnisgrad für bestimmte Unternehmensaktivitäten gemäß den oben aufgestellten Hypothesen variiert 105. Doch auch wenn im Rahmen der theoretischen Verortung von Reputation klar geworden ist, dass Reputation eine Sicht der Öffentlichkeit in Bezug auf die Aktivitäten eines Unternehmens ist, so lässt sich diese Sichtweise aus der Perspektive evaluierender Stakeholder-Individuen nicht ohne weiteres praktisch von den eigenen, personenbezogenen Erfahrungen trennen. Als die eigenen Erfahrungen können diejenigen Werte erfasst wer- 105 Siehe dazu auch: HAUTZINGER (2009, 142 Fußnote 73). 138
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