Wasserkreislauf in Berlin Barrieren für anthropogene Spurenstoffe

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1 Wasserkreislauf in Berlin Barrieren für anthropogene Spurenstoffe Regina Gnirss, Bernd Heinzmann, Uwe Dünnbier, Elke Wittstock, Berliner Wasserbetriebe Ulf Miehe, Gesche Grützmacher, Kompetenzzentrum Wasser Berlin GmbH Prof. Martin Jekel, TU Berlin 2. Internationales Symposium Abwasser-Recycling 2009 in Braunschweig

2 Gliederung Einleitung Maßnahmen an der Quelle Eliminationsprozesse in der Abwasserreinigung Eliminationsprozesse in der Trinkwasseraufbereitung Uferfiltration/ künstl. Grundwasseranreicherung Nachreinigung in der Landschaft Zusammenfassung und Ausblick 2

3 Einleitung Wasserversorgung Abwasserentsorgung 202 Mio. m³ / Jahr 224 Mio. m³ / Jahr km Rohr km Kanal 9 Wasserwerke km Druckrohr 953 Brunnen 4(6) KW 147 Pumpstationen

4 Ziele in der Abwasserreinigung mögliche zukünftig Anforderungen: Phosphor < 0,1 mg/l Desinfektion organische Spurenstoffe

5 Einleitung Nutzung Haushalte, Gewerbe, Krankenhäuser Sammlung, Ableitung Verteilung Behandlung 4. Reinigungsstufe Flockungsfiltration Aktivkohlefiltration Membranfiltration Ozonbehandlung UV-Desinfektion Wasseraufbereitung Oberflächenwasser Grundwasser

6 Maßnahmen an der Quelle Industrie: Vermeidung sehr effektiv Landwirtschaft: Herbizide Herausforderung, da direkter Weg ins Gewässer und Grundwasser 30 % aller Medikamente landen im Müll oder in der Kanalisation verbunden mit einer entsprechenden Kosten- und Umweltbelastung Krankenhäuser: nur 5 35 % der Medikamentenmengen, aber: 50 % der RKM in Krankenhäusern erfasst (Machbarkeitsstudie und Testphase in Berlin: dezentrale Sammlung des Urins mit mobilen Urinsammelbehältern)

7 Dezentrales Erfassungskonzept mit mobilen Urinbehältern auf den Stationen Untersuchung in den 24h nach der Untersuchung RKM Patient Patient Pflegekraft bettlägerig mobil Verteilung/ Entleerung der Gefäße Pflegekraft Dokumentation Identifizierung RKM-Patient Urinflasche Steckbecken Sammelurinbehälter Radiologie Stationszimmer Quelle: Projekt RKM im Auftrag des KWB, Pineau, C. und Heinzmann, B. (2005) Eimer Kanister Entsorgung Deckelsack Unreinraum

8 Prozesse in der Abwasserreinigung Vorklärung Kohlenstoffentfernung: ca. 96%; Biologische oder chemische Phosphorentfernung: ca. 96%; TP< 0,5 mg/l Stickstoffentfernung: ca. 80%; TN<18 mg/l Sedimentation Schlammbehandlung: Faulung oder Verbrennung 8

9 Entfernung Betriebsparameter von AAA als Einflussfaktoren den KA Vergleich der Berliner Klärwerke: Faulung oder Verbrennung Chem. oder biolog. Phosphorentfernung

10 Betriebsparameter als Einflussfaktoren Betriebsparameter gleich (SRT=15 Tage, TS = 4 g/l) Einfluss des Fällmittels? 50 MÜN RUH SCH WAS 40 Estron im Ablauf (ng/l) Fällmittel in Simultanfällung (Fe II) (mg/l) MÜN: n = 20 RUH: n = 13 SCH: n = 10 WAS: n = 11

11 Verfahren als Einflussfaktoren Pre-denit. Q = 135 L/h t v = 17 h 26 Tage Post-denit. Q = 190 L/h t v = 11 h 8 Tage Post vs Pre- Denitrifikation Höhere N-Entfernungsrate von 95% vs % Pre-denit. Höherer Luftbedarf für den Airlift der Membran Niedrigere Denitrifikationsrate in MBR im Vergleich zu konv. BB

12 Verfahren als Einflussfaktor 10 AAA KW: concentration (µg/l) % Entfernung MBR: % Entfernung 2 0 Nov/Dec 2001 Jan/Feb 2002 Mar/Apr 2002 May/Jun 2002 Jul/Aug 2002 Sep/Oct 2002 Nov/Dec 2002 Jan/Feb 2003 Mar/Apr 2003 Influent WWTP effluent PP1 effluent PP2 effluent

13 Vergleich MBR vs. konv. Belebung stabile Biozönose muss sich entwickeln (>>> 2 SRT) starke Schwankungen

14 Zusammenfassung Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik Verfahren: Membranverfahren ist etwas besser (Phenazone) als konv. Belebungsverfahren Sehr polare organische Substanzen (Carbamazepin) werden nicht entfernt Prozessparameter die einen Einfluss haben könnten: Schlammalter >> 15 Tage Größere belüftete Zone, vorgeschaltete Denitrifikationsstufe Fällung und Flockung Jahreszeitliche Unterschiede bei Entfernungsraten: biologischer Abbau wird im Sommer besser

15 Klärwerk Schönerlinde Inbetriebnahme 1986 Verteilbauwerk Arkenberge Verteilbauwerk Blankenburg Oberflächenwasseraufbereitung Zweischichtfilter: Zulauf: Havelwasser und Klarwasser KA Schönerlinde Filtergeschwindigkeit: 10 m/h Filtermaterial: OWA - Tegel Inbetriebnahme im August m Anthrazit Pumpwerk Oberhavel 0,8 m Sand ehemalige Rieselfelder Außerbetriebnahme 1986 Blankenfelder Graben Buchholzer Graben Panke Panke Tegeler F ließ Tegeler See Ableiter vom Klärwerk Fläche: 4 km² Durchschnittliche Tiefe: 6,6 m Maximale Tiefe: 15 m Volumen: 24,6 Mio. m³ theoretische Aufenthaltszeit: 3 bis 4 Monate bei 3 m³/s Oberhavel Überleitung zur OWA und Rückleitung von gereinigtem Wasser Wasserwerk Tegel Nordgraben

16 Flockungsfiltration Sedimentation Rohrflockung Fällmittel: > 20 mol Fe/TP Flockungshilfsmittel 30

17 Flockungsfiltration Zweischichtfilter: Zulauf: Klarwasser KA Ruhleben Filtergeschwindigkeit: 6 8 m/h Filtermaterial: 1 m Anthrazit (1,4-2,5 mm) 0,8 m Sand (0,7-1,25 mm) Dissertation an Ulf Miehe TU Berlin Wasserreinhaltung (Prof. Jekel) Projektarbeit Frau Dr. Böckelmann, TU Berlin Ökologie und Mikroorganismen (Prof. Szezyk)

18 Eliminierung von anthropogenen Stoffen in der OWA Tegel durch Vergleich Flockungsfiltration der Entfernung Januar von bis August 2004 Spurenstoffe durch Schnellfiltration Carbamazepin keine Entfernung Acetylaminoantipyrin (AAA) geringe Entfernung in den OWAs % Entfernung im Versuchsfilter Eisenschlamm scheint Einarbeitung zu beschleunigen

19 Vergleich der Entfernung von Spurenstoffe durch Schnellfiltration Estron Schnellfiltration führt zu vollständigem Rückhalt Abhängig zur Fällmittelzugabe? BEE: n = 10 OWA DOC TOC AOX Phenazon AAA FAA MTBE AMDOPH Carbamazepin Mittelwert n=8 in % SPA: n = 11 TEG: n = 10 Filter1:n = 17 bei 6 m/h

20 Vergleich der Entfernung von Spurenstoffe durch Schnellfiltration mit Pulverkohle Carbamazepin und Phenazon wird effektiv entfernt Estradiol und Ethinylestradiol sehr gut an Aktivkohle sorbiert Sulfamethoxazol und Diclofenac wird zu 80 % entfernt RKM und AAA wird nur mit frischer Aktivkohle effektiv entfernt 6 5 Zulauf nur Filtration 10 mg/l PAK 20 mg/l PAK 4 [µg/l] 3 2 BEE: n = 10 1 SPA: n = 11 0 TEG: n = 10 Sulfamethoxazol Carbamazepin Phenazon AAA Filter1:n = 17 bei 6 m/h Diclofenac

21 Entfernung von Spurenstoffe im Klärwerk durch Ozon Alle Spurenstoffe außer AOJ - werden effektiv entfernt Ökotoxikologisch und gentoxikologisch mit Klärwerksablauf vergleichbar BEE: n = 10 SPA: n = 11 TEG: n = 10 Quelle: Projekt Pilotox im Auftrag des KWB, Christian Bahr et al., TU Berlin Filter1:n = 17 bei 6 m/h

22 Ergebnisse diskont. Versuche 2005 Quelle: Projekt Pilotox im Auftrag des KWB, Christian Bahr et al., TU Berlin

23 Ergebnisse diskont. Versuche 2005 Quelle: Projekt Pilotox im Auftrag des KWB, Christian Bahr et al., TU Berlin

24 Trinkwasseraufbereitung Filtration mit Enteisenung/Entmanganung Flockungsfiltration Grundwasseranreicherung und Uferfiltration Membrantechnik (Ultrafiltration) Brunnen Belüftung Filtration /Speicher/Verteilung Grundwasser Prozesswasser Trinkwasser Chlorung im Fall von Wasserqualitätsproblemen

25 Elimination von Spurenstoffen in der Trinkwasseraufbereitung Grundwasseranreicherung und Uferfiltration Filtration Sorption Abbau Fällung mixing Grundwasser 25

26 Trinkwasseraufbereitung in Berlin Filtration mit Enteisenung/Entmanganung Schnellfiltration Effektive Entfernung durch aktivierte Filter Beispiel: Phenazon 6,0 Reinwasser unbel. Rohwasser 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,

27 Alternative: Uferfiltration/künstl. Grundwasseranreicherung: Beispiel Berlin 27

28 Künstliche Grundwasseranreicherung in dem Wasserwerk Tegel Hydrologie/Hydrochemie: unterschiedliche Infiltrierbarkeit der Uferbereiche Verlangsamung der Sauerstoffzehrung durch niedrige Temperaturen Kolmationsschicht 60 % 30 % 10 % 28

29 Uferfiltration Transsekte See Wannsee Bild TUB aerob anaerob Uferfiltration mit den verschiedenen Redoxzonen verschiedene Abbaumechanismen 29

30 Uferfiltration DOC= 7,1 mg/l Diclofenac = 0,12 ug/l Phenazon = 0.3 ug/l AOI= 7,3 ug/l Sulfamethoxazol = 0,44 ug/l Carbamazepin = 0,48 ug/l, Quelle: Bernd Wiese, Gesche Grützmacher,; 30

31 Nachreinigung in der Landschaft

32 Kosten der weitergehenden Verfahren Betriebskosten für weitestgehende Aufbereitungsverfahren Aktivkohle je nach Zugabemenge 0,06-0,13 /m 3 Membranbelebungsverfahren 0,2 /m3 Ozonbehandlung 0,05 /m 3, Nanofiltration 0,3 0,5 /m 3 erhebliche Gesamtkosten (+ Konzentratentsorgung klären)

33 Zusammenfassung Polare organische Substanzen mit hoher Persistenz stellen die größte Herausforderung dar Entfernung der Spurenstoffe in der Abwasserreinigung nach dem Stand der Technik in Abhängigkeit vom Spurenstoff Prozessparameter, die einen Einfluss haben könnten: Schlammalter >> 16 Tage Größere belüftete Zone oder vorgeschaltete anoxische Denitrifikationsstufe Verfahren, die einen Einfluss haben könnten: Schlammverbrennung Fällung und Flockung

34 Zusammenfassung Multibarrierensystem sollte die Quelle und die Kläranlagen mit berücksichtigen Weitergehende Abwasserreinigung könnte zur besseren Elimination von Spurenstoffen führen (Ozonung, Pulverkohle und/oder Membranfiltration) Ausblick Mischwasserüberläufe des Mischsystem beachten (Weyrauch, P.; Matzinger, A.; Heinzmann, B.; Pawlowski-Reusing, E.; Plume, S., von Seggern, D.; Rehfeld- Klein, M.; Schroeder, K. and Rouault, P.: Contribution of combined sewer overflows to trace contaminant loads in urban streams. Eingereicht Environmental Science and Technology, 2009) und in Kläranlagen