Einführung ESUG. I. Eigenverwaltung / Schutzschirmverfahren
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- Greta Adenauer
- vor 8 Jahren
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1 Einführung ESUG Zum trat das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Kraft. Diese Änderungen gelten für alle Unternehmens-Insolvenzverfahren, deren Eröffnung nach dem beantragt wurde. Insbesondere soll dem amerikanischen Sanierungsrecht folgend das fehlende Vertrauen in die Person vorl. Insolvenzverwalter / Insolvenzverwalter beseitigt werden. Dieser war nach altem Recht dem Schuldner und seinen Beratern bis zur Bestimmung durch das Insolvenzgericht idr unbekannt. Der Gesetzgeber verfolgte mit diesen Regelungen das Ziel Anreize für eine frühzeitige Insolvenzantragsstellung zu geben, ohne dass damit ein völliger Kontrollverlust der Unternehmensführung einhergeht. Zu den wesentlichen Veränderungen gehört, dass sowohl die Gläubiger als auch der Unternehmer selbst Möglichkeiten erhalten aktiv in die Sanierung eingreifen zu können. Der Unternehmer hat zum einen die Möglichkeit, eine Eigenverwaltung bzw. ein Schutzschirmverfahren (unten I) zu beantragen, um eine eigenbestimmte Sanierung vorzubereiten. Zum anderen kann er auf die Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses und damit auch auf die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters Einfluss nehmen. Erleichtert wurden auch die Möglichkeiten der finanzwirtschaftlichen Sanierung durch Einbeziehung der Anteilsrechte in das Inso- Planverfahren im Wege von Kapitalveränderungen und des sog. debt-equity-swap. I. Eigenverwaltung / Schutzschirmverfahren Die Eigenverwaltung eröffnete bereits nach bisherigem Recht der Unternehmensleitung die Möglichkeit, verfügungsbefugt und damit Herrin des Verfahrens zu bleiben. Statt eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter bestellt, der die wirtschaftliche Lage zu prüfen hat und dem Insolvenzgericht sowie dem Gläubigerausschuss gegenüber berichtspflichtig ist. Allerdings führte diese Form der Eigenverwaltung bislang ein Nischendasein (Anteil der Eigenverwaltungen unter 1 % am Gesamtanteil der Unternehmensinsolvenzen). Mit dem ESUG will der Gesetzgeber endlich der Eigenverwaltung zum Durchbruch verhelfen, um im Idealfall im Einvernehmen mit den Gläubigern die Kenntnisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung bestmöglich nutzen zu können. Das ESUG erleichtert die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung. So werden die Gläubiger über den vorläufigen Gläubigerausschuss (GA) nun schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die Entscheidung über die Eigenverwaltung einbezogen. Bereits in der Phase zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung kann die sog. vorläufige Eigenverwaltung angeordnet werden ( 270 a InsO). Damit wird vom Gericht eine Vorentscheidung über die Anordnung der Eigenverwaltung getroffen. Sofern der vorl. GA einstimmig den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung unterstützt, kann das Gericht diesen Antrag nicht ablehnen. Mit dem neuen Schutzschirmverfahren ( 270 b InsO), das eine weitere Form der vorläufigen Eigenverwaltung ist und deren Wirkung nochmals verstärkt, wird dem Schuldner im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung ein eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung gestellt. Der Schuldner erhält auf einen entsprechenden Antrag und Beschluss des Gerichts bis zu drei Monate Zeit, unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschliessend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann.
2 Bei dem in die Krise geratenen Unternehmen ist zu aller erst durch kritische Betrachtung der Liquiditätssituation zu klären, ob die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten ist oder diese lediglich droht. Ist danach lediglich von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit (oder Überschuldung) auszugehen, kann das Schutzschirmverfahren angestrebt werden. Der das Unternehmen begleitende Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt muss zudem die Sanierungsfähigkeit bescheinigen. Ist indes bereits von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen, ist zwingend ein Insolvenzantrag zu stellen. Aber selbst in diesem Fall hat die Unternehmensleitung weiterhin die Möglichkeit, die Sanierung aktiv zu gestalten: Es besteht die Möglichkeit 1. die Eigenverwaltung nach bisherigem Recht zu beantragen und 2. auf die Wahl eines vorläufigen Gläubigerausschusses und damit die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters aktiv Einfluss zu nehmen Zahlungsunfähigkeit i.s.d. 17 InsO? Ja Nein Regelinsolvenzverfahren Einfluss über vorläufigen Gläubigerausschuss Schutzschirmverfahren zur Vorbereitung des Insolvenzplanes bisherige Eigenverwaltung Vorteile des Schutzschirmverfahrens: Starke Einflussnahme auf die Wahl des vorläufigen Sachwalters Keine Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters Keine Anordnung von Verfügungsverboten oder Zustimmungsvorbehalten Einflussnahme auf die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses (siehe IV.) Die Aufhebung des Schutzschirms ist an strenge Voraussetzungen gekoppelt Mit den Änderungen durch das ESUG wird die Anordnung der Eigenverwaltung für den sanierungswilligen Unternehmer berechenbarer. Wenn das Verfahren gut vorbereitet ist und er die Rückendeckung der wichtigsten Gläubiger erhält, ist die Anordnung der Eigenverwaltung in Zukunft praktisch sicher. II. Vorläufiger Gläubigerausschuss 2
3 Das Gesetz unterscheidet zwischen den Fällen, in welchen ein vorläufiger Gläubigerausschuss zwingend einzusetzen (1.) ist und solchen Fällen, in den dieser nur auf Antrag eines Gläubiger, des Schuldners oder des vorläufigen Insolvenzverwalters eingesetzt wird (2.). Allerdings hat die Unternehmensleitung in beiden Fällen durch vorherige Kommunikation mit den Gläubigern die Möglichkeit, auf die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses Einfluss zu nehmen. 1. Der vorläufige Gläubigerausschuss als Pflichtausschuss Sofern das Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale mindestens ,00 EUR Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages im Sinne des 269 Abs. 2 HGBs mindesten ,00 EUR Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag im Jahresdurchschnitt mindesten 50 Arbeitnehmer erfüllt hat, muss das Insolvenzgericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen. Ein Ermessen hat das Insolvenzgericht nicht. Anders jedoch, wenn die Einsetzung zu einer Verzögerung führt, die eine Veränderung der Vermögenslage zum Nachteil der Gläubiger befürchten lässt. Allerdings ist eine Verzögerung dann nicht zu befürchten, wenn der Schuldner selbst den Eröffnungsantrag gestellt und die erforderlichen Unterlagen eingereicht hat. 2. Der fakultative Gläubigerausschuss Beantragt die Unternehmensführung, der vorläufige Insolvenzverwalter oder ein Gläubiger jedoch selbst die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses, muss diesem Antrag zwingend ein Vorschlag geeigneter Mitglieder, inklusiver sämtlicher Kontaktdaten, beiliegen mitsamt den entsprechenden Einverständniserklärungen der potentiellen Mitglieder im Original. 3. Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses Die in der Vorschlagsliste zu benennenden Gläubiger müssen aus der Gruppe der absonderungsberechtigte Gläubiger ( z.b. Gläubiger von Forderungen, die z.b. durch Sicherungseigentum, Sicherungsabtretung oder Grundpfandrechte gesichert sind) Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen Kleingläubiger Vertreter der Arbeitnehmer stammen. Daraus ergibt sich sodann auch, dass der vorläufige Gläubigerausschuss mit mindestens vier Mitgliedern - aus jeder Gruppe einer - bestehen muss. Die neuere Rechtsprechung geht im Falle der Fortführung des Betriebes von einer Besetzung mit mindestens 5 Mitgliedern aus. Deshalb sollte die Vorschlagsliste insgesamt mindestens 5 potentielle Mitglieder benennen. 4. Aufgaben und Einflussmöglichkeiten des Ausschusses Wesentliche Aufgabe und damit auch größte Einwirkungsmöglichkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses ist es einen (einstimmigen) Vorschlag zur Person des vorläufigen Sachwalters / Insolvenzverwalters zu tätigen oder sich aber zu den Anforderungen an den vorl. Sachwalter / Insolvenzverwalter und zu seiner Person zu äußern. Auch ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, bevor eine Entscheidung auf Anordnung über die Eigenverwaltung getroffen wird. Unterstützt der vorläufige Gläubigerausschuss hingegen den Eigenantrag des Schuldners, so gilt die Anordnung der Eigenverwaltung als nicht nachteilig für die Gläubiger. Durch die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses wird den einzelnen Gläubigern auch die Möglichkeit genommen, die Aufhebung des sog. Schutzschirmverfahrens zu beantragen. 3
4 III. Das Insolvenzplanverfahren Der Insolvenzplan eröffnet gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren wesentliche Gestaltungsalternativen bei der Restrukturierung des Unternehmens. Während die InsO das auf Liquidation gerichtete Regelinsolvenzverfahren normiert, herrscht hinsichtlich des Planverfahrens weitgehende Gestaltungsfreiheit. Vor den Neuerungen des ESUG durchliefen nur ca. 2-3 % der eröffneten Insolvenzverfahren auch ein Insolvenzplanverfahren. Dies lag zum Teil daran, dass die Gläubiger das Insolvenzplanverfahren blockieren oder aber durch Einlegung von Rechtsmittel stark verzögern konnten. Insolvenzpläne sind nun zeitlich planbar, da die zeitlich unkalkulierbaren Rechtsbeschwerdeverfahren praktisch wegfallen. Nach Inkrafttreten des ESUG kann nunmehr das bisherige Blockadepotenzial von Anteilseignern mittels des sog. debt-equity-swap durchbrochen und ein masseunzulängliches Verfahren durchgeführt werden. Zudem wurde das Obstruktionsverbot reformiert. 2. Aufbau eines Insolvenzplanes Der Insolvenzplan besteht aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil, sowie den entsprechenden Anlagen. In dem darstellenden Teil wird eine umfassende Bewertung des Unternehmens aufgenommen, sowie eine Beschreibung, welche Maßnahmen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen wurden oder noch zu treffen sind. Er soll so kurz und verständlich formuliert werden, dass auch ein juristischer Laie diesen versteht. Im gestaltenden Teil wird sodann festgelegt, welche Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden. Diesbezüglich sind alle Gläubiger in Gruppen einzuteilen. Die Gruppen ergeben sich aus dem Gesetz (vgl. 222 InsO). Die materielle Substanz, wie z.b. Vermögensübersichten oder Gutachten etc. ist dem Plan als Anlage beizufügen. 3. Verfahrensablauf Der Plan wird entweder von der Unternehmensleitung selbst oder gemeinsam mit diesem entwickelt und durch den Insolvenzverwalter vorgelegt. Das gesamte Verfahren über einen Insolvenzplan wird von dem Insolvenzrichter bearbeitet. Lässt der Insolvenzrichter den Plan zu, so wird dieser an die Verfahrensbeteiligten übermittelt und ein Erörterungs- und Abstimmungstermin anberaumt. Dabei soll eine Frist von einem Monat nicht überschritten werden. 4. Abstimmung über den Plan / Rechtsmittel überstimmter Gläubiger Sodann wird über den Plan von den im Plan zu bildenden Gläubigergruppen abgestimmt. Wird ein Gläubiger überstimmt, so wird sein Minderheitenschutz zur Stärkung der Planungssicherheit durch das ESUG erheblich eingeschränkt. Ein überstimmter Gläubiger kann, wenn seine Gruppe für den Plan gestimmt hat, die Versagung der Bestätigung des Plan nur dann verlangen, wenn er selbst gegen den Plan gestimmt hat und durch diesen Plan schlechter gestellt wird als er ohne den Plan stünde. Dies muss er glaubhaft machen. Rechtsbeschwerden zum BGH sind nicht mehr möglich, es sei denn, das Landgericht lässt diese zu. 5. Nichtangemeldete Forderungen Um hinsichtlich auch der Passivmasse Planungssicherheit zu schaffen, ist eine besondere Verjährungsfrist für nicht angemeldete Forderungen normiert (1 Jahr ab Planrechtskraft). 6. Abschluss des Planverfahrens Nach Abschluss des Planverfahrens müssen nur noch fällige Masseverbindlichkeiten bezahlt werden oder durch Vorlage eines Finanzplans sichergestellt werden. 4
5 Zudem kann der Plan jetzt auch vorsehen, dass aufgetretene Mängel oder Lücken durch den Verwalter, mit Zustimmung des Gerichts, noch nach der Gläubigerabstimmung beseitigt werden können. Fazit Für den im Vorfeld gut beratenen Unternehmer sind durch das ESUG (insbesondere durch die gestärkte Eigenverwaltung, den stärkeren Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters sowie den Ausbau und der Straffung des Insolvenzplanverfahrens) die Sanierungsmöglichkeiten erhöht worden und der Weg durch ein Insolvenzverfahren beherrsch- und berechenbarer geworden. 5
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