Einführung in die Umweltverfahrenstechnik

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1 Einführung in die Umweltverfahrenstechnik Kapitel 6 - Altlastensanierung - G. Kayser

2 Stand 2002

3 6 Altlasten / Bodensanierung Verhalten von Schadstoffen im Untergrund 213 Als Boden wird der oberste Bereich der Erdrinde bezeichnet. Er bildet die Lebensgrundlage für alle nicht-aquatischen Organismen und ist somit Teil der Biosphäre und des gesamten Ökosystems [Jentzsch, 1997]. Durch Versiegelung, Erosion, Deposition und den aktuellen oder historischen Eintrag von Schadstoffen ist der Boden ständigen Veränderungen unterworfen. Dadurch kann seine Funktion als Grundlage des Lebens stark eingeschränkt oder lokal sogar zerstört werden. Eingetragene Umweltchemikalien können sich aufgrund von Wechselwirkungen mit ihrer Umgebung verbreiten und Schäden bei Mensch und Umwelt verursachen. 6.1 Verhalten von Schadstoffen im Untergrund Altlastenrelevante Stoffe können in anorganische und organische Verbindungen eingeteilt werden. Ihr physikalisch-chemisches und biochemisches Verhalten wird durch ihre Struktur sowie die bodenmechanischen, -chemischen und hydrologischen Verhältnisse am Ort der Kontamination bestimmt. Schwermetalle können austauschbar an Tonmineralien, adsorptiv an Eisen- und Manganoxide oder komplex an Huminstoffe gebunden werden, bzw. als gelöste Ionen vorliegen. Niedermolekulare organische Verbindungen werden entsprechend ihres Dampfdrucks bzw. Löslichkeit in die Bodenluft oder das Bodenwasser verlagert. Auch eine Adsorption an die Bodenmatrix findet statt. Mineralölkohlenwasserstoffe sowie monocyclische Aromaten unterliegen zudem einem biologischen Abbau. Hochmolekulare organische Verbindungen werden vorwiegend an die organischen Bodenbestandteile gebunden. Sie sind in der Regel sehr schwer wasserlöslich und entsprechend wenig mobil. Bei alten Schadensfällen kann aufgrund der ausgeprägten Persistenz der meisten dieser Substanzen auch hier eine Verlagerung der Stoffe in das Grundwasser auftreten. Auch bei der Durchführung einer Sanierung ist zu beachten, wie die Schadstoffe im Untergrund verteilt sind, in welchem Aggregatzustand sie vorliegen und in welcher Form sie ggf. in den Boden eingetragen werden. In der ungesättigten Zone verdampfen flüchtige Kontaminanten (z.b. Kohlenwasserstoffe, Halogenkohlenwasserstoffe) in die Bodenluft. Ihre weitere Verbreitung erfolgt vorwiegend durch Diffusion [Mull, 1996]. 6.2 Rechtliche Regelungen Im Vergleich zu den Umweltkompartimenten Luft und Wasser wurde der Boden als schützenswertes Gut lange Zeit vernachlässigt. Das führte dazu, dass erst im Jahr 1998 ein bundesweit gültiges Bodenschutzgesetz verabschiedet wurde. Darin sind Schutzmaßnahmen festgelegt hinsichtlich: der Inanspruchnahme von Flächen, andauernden Schad- und Nährstoffeinträgen, physikalischer Belastungen sowie der Sanierung vorhandener Bodenbelastungen [BBodSchG, 1998].

4 214 Altlasten / Bodensanierung Bodenkontaminationen können auf industrielle, öffentliche oder landwirtschaftliche Flächennutzung und die dabei ablaufenden Prozesse zurückzuführen sein. Dies können Einträge aus Verkehrswegen sein, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, versickerte Abwässer und Deponiesickerwässer, Stoffverluste aus defekten Pipelines oder ungesichert abgelagerte Abfälle. Als Altlasten werden lokal begrenzte Belastungen bezeichnet, deren Entstehung abgeschlossen ist. Altlastenverdachtsflächen sind demzufolge alle Grundstücke auf denen umweltgefährdende Stoffe produziert, verarbeitet, umgefüllt oder gelagert wurden. Eine Ausnahme hiervon bilden radioaktive Stoffe, die nicht von der Altlastengesetzgebung erfasst werden. Entsprechend ihrer Entstehung werden Altlasten und -verdachtsflächen in Altstandorte und Altablagerungen unterteilt. Altablagerungen sind stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind, Altstandorte sind Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf [BBodSchG, 1998]. Militärische Altlasten stellen einen separaten Bereich dar. Sie werden nach den vorliegenden Kontaminationen charakterisiert, die militärspezifisch (Kampfstoffe, Sprengstoffe und Zündmittel, Geschosse, etc.) sein können oder Stoffe enthalten, die auch im zivilen Bereich auftreten (Treibstoffe, Öle, etc.). Eine als Altlast verdächtige Fläche (Altlastenverdachtsfläche) wird durch geeignete Erkundungsmaßnahmen entweder als Altlast bestätigt oder sie wird als nicht kontaminierte Fläche aus dem Altlastenregister gestrichen. Eine erkannte Altlast muss saniert werden oder es sind Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen bezüglich der betreffenden Fläche ergreifen. Als Sanierungsmaßnahmen werden nach dem Bundesbodenschutzgesetz 3 Arten von Maßnahmen begriffen: Maßnahmen zur Beseitigung der Schadstoffe ( Dekontaminationsmaßnahmen), Maßnahmen, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder einschränken, ohne die Stoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), Maßnahmen zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens. [BBodSchG, 1998]. Es wird also unterschieden zwischen Sicherungsmaßnahmen, mit denen die Ausbreitungspfade für Schadstoffe unterbrochen werden und Dekontaminationsmaßnahmen, mit denen die Schadstoffe zerstört oder zumindest entfernt werden. Die im Bundesbodenschutzgesetz genannte dritte Art von Sanierungsmaßnahme bezieht sich auf die Rekultivierung anthropogen veränderter Flächen, wie z.b. Bergbaufolgelandschaften, sie ist für Altlasten nicht relevant. Zusätzlich zur Sanierung können zur Gefahrenabwehr bei Altlasten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

5 Rechtliche Regelungen 215 Erlass von Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen (eingeschränkte Nutzung, etc.) Umlagerung des kontaminierten Materials, ohne Behandlung (geordnete Deponierung). 6.3 Altlastenverdachtsflächen In der Bundesrepublik waren Ende 1998 ca Altlastenverdachtsflächen erfasst [Schidlowski-Boos, 1999], wobei ca Altablagerungen, ca industrielle Altstandorte und ca militärische und sonstige Verdachtsflächen registriert waren. Es wird geschätzt, dass 15 bis 30% dieser Verdachtsflächen saniert werden müssen [Förstner, 1995]. Für diese Sanierungen werden Kosten in Höhe von 100 bis 300 Milliarden DM erwartet [Förstner, 1995; Jentzsch, 1997]. Als Altstandort kommt praktisch jeder stillgelegte Industriestandort in Frage wobei sich einige Schwerpunkte nennen lassen, die in Tab. 6-1 zusammengestellt sind. Tab. 6-1 Altlastenverdächtige Standorte Chemieindustrie Grundstoffproduktion und -verarbeitung Kunststoffproduktion und -verarbeitung Pharmazeutika Farben, Lacke, Lösemittelproduktion und -aufbereitung Pflanzenschutzmittel Düngemittelproduktion chemische Reinigungen Mineralölverarbeitung etc. Raffinerien Gaswerke, Kokereien Tankstellen, Flugplätze, Tanklager, etc. Erzverarbeitung Metallbergbau Schmelzwerke, Metallhütten Giessereien Härtereien Metallverarbeitende Betriebe Naturstoffbe- und -verarbeitung Verarbeitung, Imprägnierung von Holz Papiererzeugung Lederherstellung und -verarbeitung

6 216 Altlasten / Bodensanierung Tab. 6-2 Altstandort Altstandorte und dort zu erwartende Schadstoffe (verändert nach Jentzsch, 1997) mögliche Kontaminanten Herstellung von Akkumulatoren, Batterien Chemische Reinigungen Herstellung von Düngemitteln Schwermetalle, Säuren, Basen, Flouride Benzin, Benzol, chlorierte Kohlenwasserstoffe Schwermetalle, Fluorsilicate, Säuren, Basen Eisen- und Stahlerzeugung Schwermetalle, Cyanide, Fluoride, Säuren, Basen, Phenol, MKW 1 Herstellung von Farben und Lacken Flugplätze Gaswerke, Kokereien Glasherstellung und -verarbeitung Herstellung anorganischer Grundstoffe und Chemikalien MKW 1, Benzol, Toluol, Xylole, PAK 2, CKW 3, Kresole, Phenol, Teeröle, Schwermetalle, Säuren, Basen, Flouride, Cyanide Benzin, MKW 1, PCB 4, Tetrachlorethen, Trichlorethen MKW 1, Benzol, Toluol, Xylole, PAK 2, Kresole, Teeröle, Schwermetalle, Säuren, Basen, Cyanide, Ammonium Schwermetalle, Cyanide, Flouride, Benzol Schwermetalle, Cyanide, Flouride, Fluorsilicate, CKW 3, Säuren, Basen Gummi-, Kunststoff-, Asbestverarbeitung Schwermetalle, Cyanide, Flouride, Benzin, Benzol, Toluol, PAK 2, CKW 3, Phenol, Teeröle, Asbest Holzbe- und -verarbeitung, Imprägnierung Kunststoffherstellung Lederherstellung und -verarbeitung Metallgiessereien Metallhärtung, Oberflächenveredelung Schwermetalle, Säuren, Basen, Cyanide, Fluoride, Fluorsilicate, MKW 1, Benzin, Toluol, Xylole, PAK 2, CKW 3, Kresole, Teeröle, Pflanzenschutzmittel Schwermetalle, Säuren, Basen, Cyanide, Fluoride, MKW 1, Benzol, Toluol, Phenole, PAK 2, HKW 5, Kresole, Pflanzenschutzmittel Arsen, Chrom, Quecksilber, Flouride, Naphthalin, Pentachlorphenol, Kresole, Phenol, Tetrachlormethan Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen, Flouride, Benzin, Benzol, CKW 3, Metallverarbeitung Schwermetalle, Cyanide, MKW 1, CKW 3, Mineralölverarbeitung, -lagerung Herstellung von Munition und Explosivstoffen NE-Metallerzbergbau NE-Metallhütten MKW 1, Benzol, Toluol, Xylole, PAK 2, PCB 4, Phenole, Pentachlorphenol, Schwermetalle, Säuren, Basen, polychlorierte Dioxine und Furane, leichtflüchtige CKW 3 Schwermetalle, Säuren, Basen, CKW 3, Dinitrophenol, Dinitrotoluol, Nitrobenzol, Phenol Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen, Phenol, Kresole Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen, Flouride NE-Metallumschmelzwerke Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen, Fluoride, MKW 1 Herstellung und Verarbeitung von Papier, Pappe, Textilien Herstellung von Pflanzenschutzmitteln, Schädlingsbekämpfungsmitteln, etc. Schwermetalle, Cyanide, Säuren, Basen, MKW 1, Benzol, CKW 3 Schwermetalle, Cyanide, Flouride, Fluorsilicate, Säuren, Basen, CKW 3, Phenol, Kresole, Teeröle, Pflanzenschutzmittel Herstellung von Speiseölen und -fetten Benzin, Benzol, Nickel, Säuren, Basen, CKW 3 Schrott- und Autowrackplätze Benzin, MKW 1, PCB 4, Tetrachlorethen, Trichlorethen Tierkörperbeseitigung und -verwertung Ammonium, Benzin, Tetrachlorethen 1: Mineralölkohlenwasserstoffe 2: Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe 3: Chlorierte Kohlenwasserstoffe 4: Polychlorierte Biphenyle 5: Halogenierte Kohlenwasserstoffe

7 Erkundung und Bewertung 217 Die in Altlasten vorliegenden Kontaminanten stammen aus den Produktions-, Verarbeitungs- und Transportaktivitäten auf den betroffenen Standorten. Entsprechend der verwendeten Substanzen variiert das Stoffinventar von Altlasten, wobei die gleichen Schadstoffe in unterschiedlichen Altstandorten anzutreffen sind. In Tab 6-2 sind Altstandorte und die dort zu erwartenden Schadstoffe zusammengestellt. 6.4 Erkundung und Bewertung Verdachtsflächen müssen einer Erkundung unterzogen werden, um so ihr Umweltgefährdungspotential bewerten zu können, bzw. sie als nicht gefährlich zu identifizieren. Die Erkundung und Bewertung von Altlastenverdachtsflächen erfolgt stufenweise mit zunehmend aufwendigeren und teureren Methoden. Wird eine Verdachtsfläche in einer Erkundungsstufe als nicht kontaminiert erkannt, wird sie aus dem Altlastenkataster gestrichen, ohne dass teure chemische Analysen in grossem Umfang durchgeführt werden mussten. Damit sollen Aufwand und Kosten der Altlastenerkundung und - bewertung minimiert werden. Der Ablauf einer Altlastenbearbeitung ist in Abb. 6-1 dargestellt Historische Erkundung Abb. 6-1 Fliessbild der Altlastenbearbeitung [Umweltbundesamt, 2002a] Im Rahmen einer historischen Erkundung werden Anhaltspunkte über Art und Menge potentiell vorhandener Schadstoffe sowie die geologischen und hydrologischen Verhältnisse

8 218 Altlasten / Bodensanierung am Standort zusammengestellt. Dazu werden Angaben aus Werksunterlagen, Bauämtern, Orts-, Kreis-, Bezirks- und Staatsarchiven herangezogen, es werden ehemalige Betriebsangehörige befragt sowie Luftbilder und Karten ausgewertet. Aus diesem Datenmaterial sollen folgende Informationen hervorgehen: Lage der Verdachtsfläche, mögliche Ausbreitungspfade für Schadstoffe, aktueller Besitzer, Besitzer zum Zeitpunkt der Verunreinigung (Schadensverantwortlicher), Art der Stoffe, mit welchen am Standort umgegangen wurde, bzw. die abgelagert wurden (damit kann auch ihre Human- und Ökotoxizität sowie ihre Mobilität abgeschätzt werden), Menge dieser Stoffe, besondere Vorkommnisse, die zu einer Freisetzung von Schadstoffen geführt haben (können), Empfindlichkeit der Umgebung auf den potentiellen Eintrag der Schadstoffe Orientierende Untersuchung Wird durch die Ersterkundung der Verdacht, dass sich auf der Fläche eine Altlast befindet, nicht entkräftet, werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Auf dieser Stufe der Erkundung werden Boden-, Bodenwasser- und Bodenluftproben gezogen und analysiert. Damit sollen die hydrologischen und geologischen Verhältnisse im Untergrund genauer beschrieben werden, das Stoffinventar genauer identifiziert und lokalisiert werden, mögliche Ausbreitungspfade in das Grundwasser oder die Atmosphäre genauer erfasst werden. Die Zahl und Größe der Proben ist relativ gering, das Probenahmeraster wird anhand der Vorinformationen so angelegt, dass besonders kontaminationsverdächtige Stellen bevorzugt untersucht werden. Je nach Stoffinventar werden auf dieser Stufe Summen- oder Einzelsubstanzparameter bestimmt. Für die Bewertung des Gefährdungspotentials werden Bodenwerte (s. Kap ) herangezogen. Zeigt diese orientierende Untersuchung, dass von der Fläche keine Gefahr ausgeht, kann sie aus dem Altlastenkataster gestrichen werden, sie wird jedoch weiterhin regelmäßigen Kontrollen unterzogen. Wenn der Altlastenverdacht nicht ausgeräumt wird, muss eine genauere, detaillierte Untersuchung durchgeführt werden, die eine abschließende Beurteilung des Verdachtes und ggf. eine Sanierungsplanung zulässt. Wird bei der orientierenden Untersuchung festgestellt, dass von der Fläche eine akute Gefahr ausgeht, besteht sofortiger Handlungsbedarf und es werden zusätzlich zur detaillierten Untersuchung Sofortmaßnahmen eingeleitet Detaillierte Untersuchung Mit der detaillierten Untersuchung soll genauer Aufschluss über die Art und Menge der Kontaminanten, ihre Verteilung und mögliche Ausbreitungswege gewonnen werden. Zu-

9 Erkundung und Bewertung 219 sätzlich müssen vertiefende Analysen zu den hydrologischen und geologischen Verhältnissen durchgeführt werden. Diese sind vor allem von Bedeutung für die Festlegung bzw. den Transport von Schadstoffen im Untergrund und sie beeinflussen die verschiedenen Sanierungsverfahren in unterschiedlichem Ausmaß. In Tab. 6-3 sind die für die Bewertung einer Altlastenverdachtsfläche die wichtigen Parameter zusammengestellt. Tab. 6-3 Für die Bewertung einer Altlastenverdachtsfläche wichtige Parameter (verändert nach Jentzsch, 1997) Bezugssystem Parameter allgemein Masse des kontaminierten Materials Boden Bodentyp und -gefüge Partikelgröße und -größenverteilung Durchlässigkeit des Bodens Schadstoffe Art, Konzentration und Menge der Schadstoffe räumliche Verteilung der Schadstoffe im Boden integrierte Parameter Schadstoffverteilung in Abhängigkeit von Partikelgröße und -dichte Schadstoffgehalte in Bodenwasser und Bodenluft Grundwasser Schadstoffgehalte im Grundwasser Grundwasserstand und -fließrichtung Für die abschließende Bewertung des von der Verdachtsfläche ausgehenden Gefährdungspotentials werden wiederum Bodenwerte (s. Kap ) herangezogen. Ergab die Untersuchung, dass keine Gefährdung vorliegt, so kann die Fläche endgültig aus dem Verdacht entlassen werden. Liegt eine akute Gefährdung vor, so werden Sofortmaßnahmen ergriffen. Wurde ein Gefährdungspotential festgestellt, hängt das weitere Vorgehen vom Ausmaß des Schadensfalles und den unmittelbaren und potentiellen Auswirkungen auf die betroffenen Schutzgüter ab. Aufgrund der großen Zahl festgestellter Altlasten und der mit einer Sanierung verbundenen hohen Kosten werden in der Regel Prioritätenlisten aufgestellt, die nach der Umweltrelevanz der einzelnen Altlasten gegliedert sind. Die Reihenfolge der Sanierung richtet sich dann nach diesen Listen. Die Ergebnisse der Detailuntersuchung werden benötigt, um die in Frage kommenden Sanierungsverfahren zu selektieren und eines davon auszuwählen. Sie stellen auch die Grundlage für die Sanierungsplanung dar Bodenwerte und Sanierungsziele Die Beurteilung des Gefährdungspotentials, das von einer Altlast ausgeht erfolgt anhand von Bodenwerten. Dabei wird von Referenzwerten, Prüfwerten und Maßnahmewerten gesprochen. Die Referenzwerte (oder Hintergrundwerte) stellen die durchschnittliche Hintergrundbelastung eines nicht anthropogen beeinflussten Bodens mit den untersuchten Schadstoffen

10 220 Altlasten / Bodensanierung dar. Die (standortübliche) Multifunktionalität des Bodens ist bei Einhaltung der Referenzwerte gewährleistet. Prüfwerte (oder Toleranzwerte) sollen sicherstellen, dass bei der tatsächlichen oder geplanten Nutzung keine Beeinträchtigung von Schutzgütern zu erwarten ist. Bei Überschreitungen von Prüfwerten müssen Nutzungsbeschränkungen oder technische Maßnahmen eingeleitet werden, um die Gefahren für betroffene Schutzgüter zu verhindern. Die Prüfwerte werden regelmäßig als Sanierungszielwerte festgelegt. Wenn Maßnahmenwerte (oder Eingreif-, Interventionswerte) überschritten werden, ist eine Bodenkontamination mit (entsprechend hohem) Gefährdungspotential vorhanden und es müssen Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden [Lühr, et al., 1996]. Die Prüf- und Maßnahmenwerte werden von Landes- bzw. Bundesbehörden festgelegt. Sie richten sich nach der vorgesehenen Nutzung und den betroffenen Schutzgütern. Als besonders schutzwürdig werden die menschliche Gesundheit und das Grundwasser angesehen. Tiere, Pflanzen, Bodenorganismen, Bodenqualität oder die natürliche Umwelt werden weniger oft berücksichtigt [Jentzsch, 1997]. Die Nutzungsbezogenheit von Bodenwerten ergibt sich daraus, dass für unterschiedliche (vorgesehene) Nutzungen einer Fläche für den gleichen Schadstoff unterschiedliche Bodenwerte festgelegt werden. In Tab. 6-4 sind die verschiedenen Nutzungsarten zusammengestellt, die bei der Festlegung von Bodenwerten spezifisch berücksichtigt werden. Als Beispiel für Prüf- und Maßnahmenwerte sind entsprechende Werte der LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser) für einige anorganische und organische Schadstoffe in Grundwasser in Tab. 6-5 angegeben. Tab. 6-4 Flächennutzungsarten, für die spezifische Bodenwerte festgelegt sind Kinderspielplätze Wohngebiete, Haus- und Kleingärten mit Nutzpflanzenanbau Sportplätze Park- und Freizeitanlagen Industrie- und Gewerbeflächen landwirtschaftliche Nutzflächen nicht agrarisch genutzte Flächen (Wald und Forstgebiete, Ödland) Grundwasserschutzgebiete Naturschutzgebiete

11 Erkundung und Bewertung 221 Tab. 6-5 Prüf- und Maßnahmenschwellenwerte für einige Leitparameter der Untersuchung von Grundwasser [LAWA, 1994] Parameter Einheit Prüfwert Maßnahmenwert Antimon (Sb) µg/l Arsen (As) µg/l Barium (Ba) µg/l Blei (Pb) µg/l Cadmium (Cd) µg/l Chrom, gesamt (Cr) µg/l Chrom VI (Cr) µg/l Kobalt (Co) µg/l Kupfer (Cu) µg/l Molybdän (Mo) µg/l Nickel (Ni) µg/l Quecksilber (Hg) µg/l 0, Selen (Se) µg/l Zink (Zn) µg/l Zinn (Sn) µg/l Cyanid, gesamt (CN - ) µg/l Cyanid, frei (CN - ) µg/l Fluorid (F - ) µg/l PAK, gesamt 1 ) µg/l 0,1-0,2 0,4-2 - Naphthalin als Einzelstoff µg/l LHKW, gesamt 2 ) µg/l S LHKW, karzinogen 3 ) µg/l PBSM, gesamt 4 ) µg/l 0,1-0,5 1-3 PCB, gesamt 5 ) µg/l 0,1-0,5 1-3 Kohlenwasserstoffe 6 ) µg/l (außer Aromaten) BTX-Aromaten, gesamt 7 ) µg/l Benzol als Einzelstoff µg/l Phenole, wasserdampfflüchtig µg/l Chlorphenole, gesamt 8 ) µg/l 0, Chlorbenzole, gesamt 8 ) µg/l 0, ) PAK, gesamt: Summe der polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, in der Regel Summe von 16 Einzelsubstanzen nach der Liste der US Environmental Protection Agency (EPA) ohne Naphthalin; ggf. unter Berücksichtigung weiterer relevanter Einzelstoffe (z. B. Methylnaphthalin) 2) LHKW, gesamt: Leichtflüchtige Halogenkohlenwasserstoffe, d. h. Summe der halogenierten C1- und C2-Kohlenwasserstoffe 3) S LHKW, karzinogen: besondere Festlegung für die Summe der erwiesenermaßen karzinogenen LHKW Tetrachlormethan (CCl 4 ), Chlorethen (Vinylchlorid, C 2 H 3 Cl) und 1,2-Dichlorethan 4) PBSM, gesamt: Organisch-chemische Stoffe zur Pflanzenbehandlung und Schädlingsbekämpfung einschliesslich ihrer toxischen Hauptabbauprodukte 5) PCB, gesamt: Summe der polychlorierten Biphenyle; in der Regel 6 Kongenere nach Ballschmitter (bzw. Altöl-VO), ggf. unter Berücksichtigung weiterer relevanter Einzelstoffe 6) Bestimmung mittels IR-Spektroskopie nach DIN H18 7) BTX-Aromaten, gesamt: Leichtflüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe (Benzol, Toluol, Xylole, Ethylbenzol, Styrol, Cumol etc.); besondere Festlegung für Benzol 8) Wenn ein PBSM (z. B. PCP, HCB) oder ein Abbauprodukt eines PBSM vorliegt, dann gelten die o. a. Prüf- bzw. Sanierungsschwellenwerte für PBSM

12 222 Altlasten / Bodensanierung Die Bodenwerte sind zum Teil toxikologisch begründet (Kinderspielplätze, Nutzgärten), zum Teil ist eine solche Ableitung jedoch nicht möglich und die Werte werden ohne eine entsprechende Begründung festgelegt [Jentzsch, 1997]. In Tab. 6-6 sind Beispiele für nutzungsbezogene Prüfwerte der Altlastenverordnung [BBodSchV, 1999] zusammengestellt. Tab. 6-6 Nutzungsbezogene Prüfwerte für Schadstoffe in Böden, Schutzgut Mensch, direkter Kontakt. Angaben in mg/kg TS [BBodSchV, 1999]. Nutzungsart As Cd Cr Hg Ni Pb Aldrin Benzo- (a)pyren PCB 2) Hexachlorbenzol Kinderspielplätze ) ,4 4 Wohngebiete ) ,8 8 Park- und Freizeitanlagen Industrie- und Gewerbegrundstücke 1) In Haus- und Kleingärten, die sowohl als Aufenthaltsbereiche für Kinder als auch für den Anbau von Nahrungspflanzen genutzt werden, ist für Cadmium der Wert von 2,0 mg/kg TM als Prüfwert anzuwenden. 2) Soweit PCB-Gehalte bestimmt werden, sind die ermittelten Meßwerte durch den Faktor 5 zu dividieren. 6.5 Sanierungsplanung Wenn die Ergebnisse der detaillierten Untersuchung vorliegen und die Altlast hinsichtlich ihres Gefährdungspotentials bewertet ist, muss das weitere Vorgehen geplant werden. Es muss entschieden werden, ob eine sofortige Sanierung oder Umlagerung des kontaminierten Materials erfolgt oder ob Nutzungsbeschränkungen ausgesprochen werden, mit denen lediglich die Gefährdung von Menschen verringert werden kann. Langfristige Überwachungsmaßnahmen und sind in der Regel nur Zwischenlösungen für den Zeitraum bis eine Sanierung erfolgt. Ein Ausräumen ( Auskoffern ) des kontaminierten Bodens mit anschließender Ablagerung in einer gesicherten Abfalldeponie stellt keine Sanierungsmaßnahme dar. Diese Vorgehensweise wird jedoch in vielen Fällen aus Kostengründen gewählt und ist bei der Wahl der weiteren Vorgehensweise mit zu berücksichtigen. In Abb.6-2 sind die möglichen Schutz- und Nachsorgemaßnahmen für kontaminierte Böden zusammengestellt. Aus den zur Verfügung stehenden Sanierungsverfahren werden die prinzipiell geeigneten Methoden ausgewählt. Für diese Verfahren wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ein Vergleich angefertigt, der technische Durchführbarkeit, Kosten, Genehmigungsfähigkeit, Sanierungsdauer, Sicherheit und öffentliche Akzeptanz berücksichtigt. Aufgrund dieser Studie wird ein Verfahren oder eine Verfahrenskombination für die Sanierung endgültig ausgewählt

13 Sicherung 223 Abb. 6-2 Schutz- und Nachsorgemaßnahmen für kontaminierte Böden [Jentzsch, 1997] 6.6 Sicherung Mit Sicherungsverfahren werden die Ausbreitungspfade für die Schadstoffe unterbrochen. Die Kontaminanten werden dabei nicht beseitigt und es muss langfristig eine ständige Überwachung der Sicherungsmaßnahmen erfolgen. Zu den Sicherungsverfahren werden die Immobilisierung der Schadstoffe, die Einkapselung des kontaminierten Bereichs, sowie passive hydraulische und pneumatische Maßnahmen. Die reine Umlagerung des belasteten Materials auf eine geordnete Deponie kann - mit Einschränkungen - ebenfalls als Sicherung bezeichnet werden Immobilisierung Immobilisierungsverfahren werden eingesetzt, um die Auslaugung von schadstoffhaltigen Feststoffen oder Schlämmen zu verhindern. Sie erleichtern gleichzeitig die Handhabung der kontaminierten Materialien und verhindern eine Staubemission. Verfahren zur Immobilisierung existieren für anorganische und organische Kontaminanten. Sie sind grundsätzlich auch für hochbelastete Böden oder Abfälle geeignet. Bei der

14 224 Altlasten / Bodensanierung Immobilisierung findet eine Einbindung der Schadstoffe in eine feste Matrix statt. Die bestimmenden Prozesse können Fällung, Adsorption, physikalischer Einschluss oder Verfestigung sein. Das entstehende Produkt darf weder mit Wasser reagieren, noch durch wässrige Lösungen auslaugbar sein. Es muss mechanisch, chemisch und biologisch über lange Zeiträume (mehrere Jahrzehnte) beständig sein. Schwermetalle können durch Erhöhung des ph-werts, Zugabe von Fällmitteln (Sulfide, Phosphate, Carbonate) in schwerlösliche Hydroxide bzw. Salze überführt werden. Chromate können mit Fe(II)-Sulfat zu weit weniger toxischen, schwerlöslichen Chrom(III)- Verbindungen umgesetzt werden. Freisetzbare Cyanide werden durch Zugabe von Fe(II)-Sulfat in lösliches Hexacyanoferrat überführt, das anschließend mit Fe(III)-Salzen als schwerlösliches Berliner Blau gefällt wird. Organische Flüssigkeiten, wie z.b. Sickeröle aus Altdeponien, können durch die Zugabe von reaktiven anorganischen Feststoffen in disperse, pulverförmige Zubereitungen ü- berführt werden. Technisch wird für diesen Zweck v.a. Calciumoxid eingesetzt. Es reagiert in wässrigen Lösungen zu Calciumhydroxid und bildet mit CO 2 schwer lösliches Calciumcarbonat, das dann ausfällt. Bei wasserhaltigen organischen Phasen muss das Calciumoxid vor der Umsetzung hydrophobiert werden, um so sicherzustellen, dass nur die organische Phase aufgenommen wird. Bei der Behandlung ist durch die alkalische Reaktion des CaO intermediär eine ph-wertanhebung festzustellen. Bei der Reaktion mit CO 2 erfolgt jedoch eine Neutralisation. Da die Hydratation des Calciumoxids exotherm verläuft und teilweise Temperaturen über 100 C erreicht werden, muss auf die Anwesenheit niedrig siedender o- der wasserdampfflüchtiger Verbindungen geachtet und die Verfestigung ggf. in einer geschlossenen Anlage durchgeführt werden. Die Reaktionen bei diesem Behandlungsverfahren sind in Abb. 6-3 schematisch dargestellt. In der Regel werden Immobilisierungsverfahren on site angewandt [Jentzsch, 1997] und das behandelte Material direkt wieder eingebaut oder sicher deponiert. Beim Widereinbau kann eine Basisabdichtung mit Drainagesystem eingebaut werden, um so die vertikale Ausbreitung der Schadstoffe zusätzlich zu unterbinden. In geringem Maße werden auch in situ-immobilisierungsverfahren eingesetzt [Jentzsch, 1997]. Dabei muss zwischen dem Einpflügen in oberflächennahe und der Injektion in tiefe Bodenschichten unterschieden werden. Bei lediglich oberflächlicher Kontamination des Bodens kann das belastete Material ausgebreitet und anschließend das Immobilisierungsmittel eingestreut werden. Als Reagenzien werden Adsorptionsmittel, Fällungsmittel und Ionenaustauscher eingesetzt [Jentzsch, 1997].

15 Sicherung 225 Abb. 6-3 Schematische Darstellung der Wirkung des Verfahrens zur chemischen Dispergierung von Stoffen und Stoffgemischen. I: CaO (kugelförmige Agglomerate) reagiert mit Wasser (Tropfen) unter Oberflächenvergrösserung zu Ca(OH) 2. II: Wird CaO zuerst mit flüssigem Schadstoff beladen (schwarzer Tropfen) und danach mit Wasser behandelt, wird der Schadstoff homogen dispergiert. III: unbehandeltes CaO reagiert bevorzugt mit Wasser, wenn ein Gemisch aus Schadstoff und Wasser vorliegt, wird die organische Phase nicht dispergiert. IV: Hydophobiertes CaO nimmt unter denselben Bedingungen zuerst den Schadstoff auf und reagiert dann mit Wasser zur feindispersen Feststoffzubereitung. [Bösing, 1993]. Injektionsverfahren werden für die nachträgliche Sicherung von Altablagerungen eingesetzt [Jentzsch, 1997]. Dabei werden - in einem vorher ausgearbeiteten Raster - Bohrungen niedergebracht und das Bindemittel in die Porenräume eingepresst. Es erfolgt so ein physikalischer Einschluss der Schadstoffe und die Wasserdurchlässigkeit des verfestigten kontaminierten Bodenbereichs wird stark eingeschränkt. Das Bindemittel muss entsprechend der Bodeneigenschaften gewählt werden. Zur Anwendung kommen Zement- Abb. 6-4 Anwendungsbereiche für Bindemittel, die bei der in situ-injektion eingesetzt werden [Jentzsch, 1997]

16 226 Altlasten / Bodensanierung und Tonsuspensionen, Wasserglas und Kunststofflösungen. Die Einsatzbereiche der verschiedenen Bindemittel sind in Abb. 6-4 dargestellt. Ein spezielles Injektionsverfahren für stark bindige kontaminierte Feststoffe stellt das Soilcrete-Verfahren dar. Dabei wird eine Bohrung niedergebracht und der Boden anschliessend durch einen rotierenden Hochdruckwasserstrahl im Bereich der Bohrung von unten nach oben gelockert. Parallel zur Auflockerung wird das Bindemittel zugegeben mit dem die suspendierten Partikel intensiv durchmischt werden. Dieses Verfahren ist in Abb. 6-5 schematisch dargestellt. Abb. 6-5 In situ-immobilisierung nach dem Soilcrete-Verfahren [Jentzsch, 1997] Einkapselung Durch die Einkapselung eines kontaminierten Bereichs wird der Stoffaustausch mit der unbelasteten Umgebung verhindert. Die Schadstoffe können weder in das Grundwasser noch in die Luft entweichen und gleichzeitig können keine Niederschlagswässer eindringen. Für die Einkapselung sind eine Oberflächenabdichtung und vertikale Dichtwände erforderlich. Als Basisabdichtung kann eine wasserundurchlässige Bodenschicht (Grundwasserstauer) oder eine künstliche Dichtungssohle dienen. Innerhalb des eingekapselten Bereichs wird das Grundwasser abgesaugt, was eine zusätzliche Sicherheit gegen den unkontrollierten Austritt von belastetem Grundwasser gibt. Das abgesaugte Wasser in der Regel gereinigt und in einen Vorfluter entlassen. Die vertikalen Dichtungswände können ein- oder mehrschalig ausgeführt werden. Die Einkapselung einer Bodenkontamination ist in Abb. 6-6 schematisch dargestellt. Die Dichtungssysteme müssen unter den herrschenden Bedingungen chemisch und mechanisch beständig sein und den Stofftransport sicher verhindern. Als Transportmechanismen können Diffusion (durch Konzentrationsgradienten verursacht) und Konvektion (durch Druckgefälle verursacht) auftreten. Zwischen dem Dichtungsmaterial und den (Schad)stoffen können auch sorptive Wechselwirkungen stattfinden.

17 Sicherung 227 Abb. 6-6 Einkapselung mit natürlicher (a) oder künstlicher (b) Dichtungssohle [Müller- Kirchenbauer et al., 1993] Oberflächenabdichtung Die Oberflächenabdichtung soll den Eintritt von Niederschlags- und Oberflächenwasser in den kontaminierten Boden, sowie den Austritt von schadstoffhaltigen Gasen verhindern. Entsprechend diesen Anforderungen sind Oberflächenabdichtungen aufgebaut: Über dem kontaminierten Bereich wird eine Ausgleichsschicht aus Sand oder Feinkies aufgebracht, in die eine Gasdrainage integriert ist. Darüber liegt die eigentliche Dichtung. Sie besteht aus einer mindestens zweilagigen Schicht verdichteten Tons oder Schluffs und ggf. aus einer zusätzlichen Kunststoffolie (HDPE). Oberhalb dieses Dichtungssystems befindet sich eine Drainage zur Ableitung von Wässern, die wiederum Abb. 6-7 Schematischer Aufbau einer Oberflächenabdichtung [Jentzsch, 1997]

18 228 Altlasten / Bodensanierung von (bewachsenem) Mutterboden bedeckt ist. Der Mutterboden dient als Schutz der Dichtung vor mechanischen oder frostbedingten Schäden und als Aufwuchssubstrat für Pflanzen. Die Begrünung der Fläche erfolgt aus ästhetischen Gründen. Die ganze Abdeckung wird - wenn möglich - mit einem Gefälle von 3 bis 5% angelegt, um so den oberflächlichen Abfluss von Wasser zu unterstützen. Der Aufbau einer solchen Oberflächenabdichtung entspricht damit weitgehend dem Aufbau entsprechender Dichtungssysteme für Deponien (s. Kap ). Er ist in Abb. 6-7 schematisch dargestellt Vertikale Abdichtung Als wesentliche Anforderungen, denen eine Dichtungswand genügen muss, sind zu nennen: Dichtigkeit lange Lebensdauer, auch bei Einwirkung aggressiver Chemikalien Unempfindlichkeit gegenüber Herstellungsmängeln Kontrollierbarkeit der Überlappungen einzelner Elemente im Fugenbereich Eignung auch für inhomogenen Untergrund ausreichende Dichtigkeit der Einbindung in die Basisschicht In Tab. 6-7 sind die vertikalen Dichtungstechniken mit den verwendeten Materialien, Wandstärken und (bisher) erreichbaren Tiefen zusammengestellt. Tab. 6-7 Derzeit verfügbare vertikale Dichtungstechniken (verändert nach Lühr et. al., 1996) Verfahren Baustoffe Wanddicke (cm) maximale Tiefe (m) Kosten bei einschaliger Ausführung (DM/m 2 ) Spundwände Stahl Bohrpfahlwände Schmalwände Schlitzwände, Zweimassensystem Gerammte Schlitzwand Injektionsdichtungen Beton, Dichtwandsuspensionen Dichtwandsuspensionen Beton, Dichtwandsuspensionen Schlitzwände, Einmassensystem Dichtwandsuspensionen > Beton, Erdbeton Stabilisierte HOZ- Suspensionen, Dichtinjektionsmassen, chem. Lösungen Jet-Grouting-Verfahren Dichtwandsuspensionen Kombinationsdichtungen mit Folie Dichtwandsuspensionen kombiniert mit HDPE-Folien 100 bis beliebig > bis beliebig Folie: 0,2 Dichtwand:

19 Sicherung 229 Stahlspundwände bestehen aus einzelnen Formblechen, den sog. Spundbohlen, die mit Verbindungsgliedern miteinander verbunden werden. Sie werden einzeln oder in Gruppen in den Boden eingerammt. Die Verbindungsstellen sind nicht vollständig wasserdicht, so dass diese Dichtwände nur zur Sicherung relativ ungefährlicher Altlasten oder als zeitlich begrenzte Sofortmaßnahme eingesetzt werden sollten. Bohrpfahlwände bestehen ebenfalls aus einzelnen, vertikal angeordneten Elementen, die sich gegenseitig überlappen. Die Dichtungselemente werden am Ort der Anwendung hergestellt. Üblicherweise wird im ersten Arbeitsgang jeder zweite Pfahl (Primärpfähle) gesetzt, um so Abweichung von der Vertikale zu minimieren. Im zweiten Arbeitsgang werden die dazwischen liegenden Pfähle überlappend eingebracht. Dieser Arbeitsgang erfolgt, bevor die Primärpfähle ausgehärtet sind, die dabei teilweise aufgebohrt werden. Die große Zahl an Verbindungsstellen begünstigt das Auftreten von undichten Fehlstellen. Zur Errichtung von Schmalwänden werden so genannte Vortriebskörper in den Boden eingerammt, -gespült oder -vibriert. Diese sind mit Düsen versehen. Beim Herausziehen der Vortriebskörper wird eine Dichtungssuspension in den entstehenden Hohlraum gedrückt. Das Dichtungsmaterial ist in der Regel eine Suspension aus Bentonit, Zement, Wasser und eventuell Füllstoffen (Gesteinsmehl, Flugasche). Durch Überlappung der einzelnen Lamellen kann eine kontinuierliche Dichtungswand aufgebaut werden. Durchlässigkeitskoeffizienten gegenüber Wasser von 10-8 bis 10-7 m/s sind erreichbar. Bei nicht zu gesteinsreichen oder schwer zu durchdringenden Untergründen stellt dieses Verfahren eine wirtschaftlich günstige, an unterschiedliche Bodenverhältnisse anpassungsfähige Dichtungsmethode dar [Jentzsch, 1997]. In Abb. 6-8 sind Stahlspundwand, Bohrpfahlwand und Schmalwand schematisch dargestellt. a) Stahlspundwand aus einzelnen Spundbohlen b) Herstellung einer Bohrpfahlwand c) Dichtungsschmalwand Abb. 6-8 Schemata von a) Stahlspund-, b) Bohrpfahl- und c) Schmaldichtungswand (verändert nach Jentzsch, 1997)

20 230 Altlasten / Bodensanierung Bei der Herstellung von Schlitzwänden wird zwischen dem Einmassenverfahren und dem Zweimassenverfahren unterschieden. In beiden Fällen wird ein Graben ausgehoben. Dieser ist während der Aushubphase zur Stützung der seitlichen Erdwände mit einer Suspension gefüllt. Schlitzwände werden bevorzugt zur Umschließung von Altlasten eingesetzt, da sie Vorteile hinsichtlich der fehlerfreien Herstellung bieten. Abb. 6-9 Schlitzwandherstellung im Einmassenverfahren [Jentzsch, 1997] Beim Einmassenverfahren werden - wie bei den Bohrpfahlwänden - im ersten Arbeitsgang Primärlamellen ausgehoben. Wenn die Dichtungsmasse in den Primärlamellen erstarrt ist, werden die Sekundärlamellen überlappend hergestellt. Das Verfahren ist in Abb. 6-9 dargestellt. Es bietet die Vorteile, dass die ursprüngliche Stützsuspension als Dichtmasse im Graben verbleibt, dass eine gute Verzahnung der einzelnen Lamellen erfolgt und dass es vergleichsweise billig ist [Jentzsch, 1997]. Beim Zweimassenverfahren wird eine Bentonitsuspension zur Stützung des Schlitzes eingebracht. Wenn die Endtiefe erreicht ist, wird die Dichtmasse eingedrückt, die ver- Abb Herstellung einer Dichtwand im Zweimassenverfahren [Jentzsch, 1997]

21 Sicherung 231 drängte Stützsuspension abgesaugt und für den Neueinsatz regeneriert. Die Vorteile diese Verfahrens sind: Eine Dichtmasse mit hohem spezifischen Gewicht (hoher Mineralanteil), die auf das anstehende Sickerwasser abgestimmt werden kann. Eine Rücksichtnahme auf Fliesseigenschaften, die für den Aushub notwendig sind ist nicht erforderlich. Allerdings können bei nicht sachgemäßer Herstellung Reste der Bentonitsuspension im Schlitz verbleiben, die dann zu Imperfektionen mit erhöhter Durchlässigkeit führen. In Abb ist die Herstellung einer Dichtwand im Zweimassenverfahren dargestellt. Kombinationsdichtwände bestehen aus einer Schlitzwand, die im Einmassenverfahren hergestellt wurde und in die Kunststofffolien integriert wurden. Diese Folien werden, ähnlich wie Stahlspundwände, mittels Schlössern miteinander verbunden. Doppellagige Kunststoffbahnen mit dazwischen liegenden Dränkörpern erlauben die abschnittsweise Kontrolle der Dichtwand [Jentzsch, 1997]. Als Dichtungsmassen werden für Einmassenverfahren bevorzugt Natriumbentonit- Zement-Mischungen eingesetzt. Die Feststoffgehalte der resultierenden Wand liegen bei bis zu 500 kg/m 3, ihr Wasseranteil bei ca. 90 Vol.-%. Die Wasserdurchlässigkeitskoeffizienten liegen (ohne Schadstoffeinwirkung) bei ca m/s. Für Zweimassenverfahren werden feststoffreichere Mischungen aus Bentonit, Tonmehl, Zement, Gesteinsmehl und Zuschlägen aus Sand und anderen Mineralstoffen verwendet. Es werden Durchlässigkeitskoeffizienten von bis m/s erreicht [Jentzsch, 1997] Basisabdichtung Wenn die vertikalen Abdichtungen einer Einkapselung nicht in eine Grundwasser sperrende Schicht münden, muss eine nachträgliche Basisabdichtung errichtet werden. Hierfür stehen Injektionsverfahren zur Verfügung, die obertägig vom Erdboden aus durchgeführt werden. Methoden, die bergmännische Untertagearbeiten erfordern, bestehen aus Kombinationen von Bohr-, Tunnelbau- und Injektionstechniken. Diese Verfahren sind für einige Altlastenfälle in Diskussion, wurden aber bisher nicht im kontaminierten Bereich durchgeführt [Müller-Kirchenbauer, 1996]. Das Prinzip zur Herstellung einer Injektionssohle ist in Abb dargestellt. Im abzudichtenden Bereich werden Bohrungen niedergebracht, durch welche die Dichtmasse eingepresst wird. Der Abstand der Bohrungen wird durch die Reichweite der Injektionen bestimmt, sie liegen in der Regel bei ca. 1,2 bis 1,5 m. Es wird zwischen Poren- und Kluftinjektion bzw. dem Jet-Grouting-Verfahren unterschieden. Bei den Poren- und Kluftinjektionen werden die natürlichen Hohlräume im Untergrund mit fließfähigen Massen unter Druck gefüllt. Nach Erstarren der Dichtmasse ergibt sich eine Abdichtung oder Verfestigung (oderbeides) des Bodens. Als Injektionsmassen werden verwendet: Anorganische Suspensionen: Mischungen aus Wasser, Zement, Ton und ggf. Zuschlägen und Additiven, chemische Lösungen: Meist Silikate, die durch ein Reagens ausgefällt werden und im Untergrund ein Gel bilden,

22 232 Altlasten / Bodensanierung Pasten und Mörtel: Anorganische Suspensionen mit erhöhtem Feststoffanteil, Kunststoffinjektionen: In Entwicklung befindlich [Müller-Kirchenbauer, 1996]. Die Wahl des einzusetzenden Injektionsmittel ist von den Bodenverhältnissen abhängig, Die Anwendungsbereiche sind die gleichen, wie sie für in situ-immobilisierungen gelten (s. Abb. 6-4), die mit denselben Stoffen durchgeführt werden. Abb Schematische Darstellung einer Sohleabdichtung nach dem Injektionsverfahren [Müller-Kirchenbauer, 1996] Beim Jet-Grouting-Verfahren wird in die Bohrungen ein rotierendes Rohrgestänge eingebracht, das am unteren Ende nach oben gerichtete Düsen trägt. Aus diesen Düsen tritt ein Hochdrucksuspensionsstrahl aus ( bar), der das Lockergestein löst und mit dem Suspensionsstrom nach oben fördert. In den entstandenen Hohlraum wird anschließend eine abbindende Suspension eingebracht. Sohleabdichtungen können durch zusätzliche Maßnahmen, wie z.b. Absaugen von Grundwasser in ihrer Sicherungswirkung unterstützt werden Hydraulische und pneumatische Sicherungsmaßnahmen Hydraulische Sanierungsmaßnahmen werden durchgeführt, um (situationsabhängig) eines oder mehrere der folgenden Ziele zu erreichen: Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung, Minimierung oder Verhinderung der Schadstoffausbreitung bei gegebener Grundwasserverunreinigung, Verhinderung von Gefährdungen von Objekten im Grundwasserbereich, Wiederherstellung einer akzeptablen Grundwassergüte (Dekontamination). Hydraulische Sicherungsmaßnahmen kommen vor allem dann in Betracht, wenn die Schadstoffe im Untergrund diffus verteilt vorliegen und somit keine Zuordnung zu einer

23 Sicherung 233 Schadstoffquelle gemacht werden kann oder als Sofortmaßnahme, um im Zeitraum bis eine Dekontamination erfolgt, die Ausbreitung der Schadstoffe zu verhindern Abpumpen von Schadstoffen als flüssige Phase Liegen flüssige (organische) Schadstoffe in der gesättigten Zone des Untergrunds als eigene Phase vor, so können sie über Brunnen abgepumpt werden. Diese Brunnen sind im Zentrum der Kontamination zu setzen und so zu betreiben, dass der gesamte Bereich der Schadstoffphase von der Strömung erfasst wird. Es müssen zwei Fälle unterschieden werden: die organische Phase ist spezifisch leichter als Wasser (in der Praxis sind dies vorwiegend Mineralölkohlenwasserstoffe), Abb Lage des Filters im Brunnenrohr und Strömungsverhältisse beim Abpumpen von flüssigen Phasen, die leichter als Wasser sind die organische Phase ist spezifisch schwerer als Wasser (z.b. Kohlenwasserstoffe) [Mull, 1996] (oftmals Chlorkohlenwasserstoffe). Durch das Abpumpen wird eine Absenkung des Grundwasserspiegels mit Strömung zu den Förderbrunnen verursacht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe mit dem Grundwasserstrom verhindert. In Abb bzw. Abb sind die hydraulischen Verhältnisse im Untergrund für die beiden Fälle schematisch dargestellt. In der ungesättigten Bodenzone kann eine Entfernung von Schadstoffen in Flüssigphase durch hyd- Phasen, die schwerer als Wasser sind (z.b. Abb Lage des Filters im Brunnenrohr und Strömungsverhältisse beim Abpumpen von flüssigen raulische Sicherungsmaßnahmen Halogenkohlenwasserstoffe) [Mull, 1996] nicht oder nur unter Vorbehalt erfolgen. Um dies zu ermöglichen ist es notwendig, ein flüchtiges organisches Lösemittel in den Boden zu infiltrieren (z.b. kurzkettige Kohlenwasserstoffe) in dem die Schadstoffe gelöst

24 234 Altlasten / Bodensanierung und ins Grundwasser transportiert werden. Aus dem Grundwasser erfolgt dann eine Elimination durch Entnahmebrunnen. In der ungesättigten Zone verbliebene Lösemittel- und Schadstoff-Reste müssen über Bodenluftabsaugung entfernt werden. Dieses Verfahren ist aus zwei Gründen bedenklich: Es wird ein zusätzlicher Schadstoff (das Lösemittel) in den Boden eingebracht, um einen anderen zu entfernen. Bei heterogenem Untergrund können wenig durchlässige Bereiche nicht oder nur unzureichend extrahiert werden Entfernen von im Grundwasser gelösten Schadstoffen Im Grundwasser gelöst vorliegende Schadstoffe können durch Abpumpen des belasteten Grundwassers aus dem Untergrund entfernt werden. Die Brunnen sollten im Zentrum der Verschmutzung bzw. der Verschmutzungsfahne angeordnet sein. Bei großen Ausdehnungen des kontaminierten Bereichs müssen oft mehrere Brunnenstaffeln gesetzt werden, um die gesamte Schadstoffahne zu erfassen. In Abb ist eine entsprechende Anordnung von Brunnenstaffeln schematisch dargestellt. Als gezielter Schutz für Entnahmebrunnen, die im Abstrombereich einer Verschmutzungsquelle liegen, können Abwehrbrunnen oder Infiltrationsbrunnen gesetzt werden. Bei Abwehrbrunnen (s. Abb. 6-15) ist darauf zu achten, dass die gesamte Breite der Abb Schema der Anordnung von Brunnenstaffeln bei weit ausgedehnten Schadstoffahnen (Fließ- Richtung von rechts nach links) [Mull, 1996] Abb Anordnung eines Abwehrbrunnens zum Schutz eines Entnahmebrunnens bei geringer Ausdehnung der Schadstofffahne [Mull, 1996]

25 Sicherung 235 Schadstoffahne erfasst wird. Durch Infiltrationsbrunnen wird (s. Abb. 6-16) unbelastetes Wasser in den Untergrund eingetragen, womit die Schadstoffahne vom Infiltrationsbrunnen abgelenkt wird. Allerdings muss die infiltrierte Wassermenge pro Zeiteinheit größer sein als die im Schutz eines Entnahmebrunnens im Abstrombe- Abb Anordnung eines Infiltrationsbrunnens zum Entnahmebrunnen entzogene Menge. reich einer Kontaminationsquelle [Mull, 1996] Bei allen hydraulischen Sicherungsmaßnahmen muss auf sachgemäße Anordnung und Betrieb der Brunnen geachtet werden. Die Grundwasserfließrichtung und -menge, sowie der Einfluss der vorgesehenen Maßnahmen auf die hydraulischen Verhältnisse im Untergrund müssen bestimmt, bzw. mit entsprechenden Modellrechnungen abgeschätzt werden. Bei Fehlern können vorher unbelastete Bodenbereiche kontaminiert werden Bodenluftabsaugung Schadstoffe, die im Untergrund vorliegen, gehen - entsprechend ihres Dampfdruckes - zum Teil in die Bodenluft über. Diese Luft kann abgesaugt und z.b. mit Aktivkohlefiltern gereinigt werden. Mit dem Verfahren können das unkontrollierte Austreten von schadstoffhaltigen Gasen in die Umgebungsluft sowie das Zusickern von flüssigen Stoffen aus der ungesättigten Zone in das Grundwasser minimiert oder unterbunden Abb Bodenluftabsaugung zur Entfernung werden. Bei entsprechender Betriebsweise und Vorliegen flüchtiger von Schadstoffdämpfen aus der ungesättigten Zone [Mull, 1996] Schadstoffe ist die Methode auch zur Dekontamination des Bodens geeignet. Sie wird im Kapitel näher behandelt. Schematisch ist das Verfahren in Abb dargestellt.

26 236 Altlasten / Bodensanierung 6.7 Dekontamination Während bei den Sicherungsverfahren das Ziel ist, lediglich die Ausbreitung von Schadstoffen zu verhindern, wird mit den Dekontaminationsverfahren eine Entfernung der Stoffe aus dem Boden angestrebt. Damit muss nach Abschluss der Sanierung keine dauerhafte Überwachung der Altlast erfolgen. Thermische und biologische Dekontaminationsverfahren sind bei entsprechender Betriebsweise dazu geeignet, organische Schadstoffe zu zerstören und so aus der Umwelt zu entfernen. Bei den anderen Dekontaminationsverfahren werden schadstoffhaltige Restmassen entweder deponiert oder es muss eine entsprechende Behandlungsstufe nachgeschaltet werden, in der die Stoffe zerstört werden können Bodenwäsche Die Bodenwäsche beruht auf der Verwendung von Wasser oder wässrigen Lösungen und Suspensionen zur Reinigung kontaminierter Böden. Die Schadstoffe können dabei im Wasser gelöst, emulgiert oder in wässrige Suspension überführt werden. Durch eine Separation von Fest- und Flüssigphase gelingt es somit, die Kontaminanten vom Boden zu trennen. Das schadstoffhaltige Waschwasser muss vor der Einleitung in einen Vorfluter gereinigt werden. Es kann nach einer Aufbereitung auch als Prozesswasser wiederverwendet und somit im Kreislauf geführt werden. Der Boden kann - entsprechend des erreichten Dekontaminationsgrades - wiederverwendet werden. In Abb ist der Verfahrensablauf bei der Bodenwäsche schematisch dargestellt. Flüchtige Komponenten werden abgesaugt und müssen in einer Abluftreinigungsanlage eliminiert werden. Abb Schema des Verfahrensablaufs bei der Bodenwäsche [Heimhard et al., 1996]

27 Dekontamination Boden- und schadstoffspezifische Einflussparameter Die Reinigung eines kontaminierten Bodens durch Bodenwäsche ist nur möglich, wenn einerseits die Schadstoffe vom Boden abgelöst und andererseits diese dann gelösten oder dispergierten Schadstoffe von den suspendierten Bodenkörnern abgetrennt werden können. Entscheidend für die Eignung der Bodenwäsche sind vor allem die Bodeneigenschaften. Insbesondere sind die Korngrößenverteilung und der Gehalt an organischer Substanz des Bodens von Bedeutung. Mit abnehmender Korngröße wird es zunehmend schwieriger, Schadstoffe von den Bodenpartikeln anzulösen, der dafür notwendige apparative Aufwand steigt. Von Feinschluff- und Tonfraktionen können Schadstoffe nur unzureichend abgetrennt werden, was auf deren große spezifische Oberfläche zurückzuführen ist [Heimhard et al., 1996]. Deshalb liegen die technisch-wirtschaftlichen Grenzen für die Anwendung der Bodenwäsche bei Partikeln < 63 µm, die nicht mehr gereinigt werden und einem Anteil der Feinkornfraktionen am ursprünglichen Boden von 20 bis 30%, die nicht überschritten werden sollten. In Tab. 6-8 sind die Korngrößenbereiche verschiedener Bodenfraktionen sowie deren spezifische Oberflächen zusammengestellt. Tab. 6-8 Korngrößenbereiche von Bodenfraktionen (verändert nach Heimhard et al., 1996) Bodenart spezifische Oberfläche () Korndurchmesser Ton m 2 /g TS < 0,002 mm Schluff 5-20 m 2 /g TS 0,002 mm - 0,06 mm Sand 0,03 m 2 /g TS 0,06 mm - 2 mm Kies < 0,01 m 2 /g TS 2 mm - 63 mm Steine, Blöcke > 63 mm Sind die Kontaminanten in den Feststoffen eingeschlossen, wie z.b. bei kontaminierten Straßenbelägen oder porösen Schlacken, ist die Bodenwäsche nur beschränkt zur Reinigung geeignet. Die starke Zerkleinerung der Feststoffe, die notwendig ist, um die Kontaminanten besser zugänglich zu machen, führt zu einem starken Anstieg des Anteils an schwer abtrennbarem Feinkorn. Auch wenn die Bodenpartikel an bituminösen Teeren und ähnlichen Materialien anhaften, führt die Bodenwäsche in der Regel nur zu unzureichenden Reinigungserfolgen. Die spezifischen Eigenschaften der Schadstoffe sind für die Anwendbarkeit der Bodenwäsche weniger relevant als die Bodeneigenschaften. In gewissen Grenzen können die Verfahrensparameter den Schadstoffeigenschaften angepasst werden. Günstig ist es, wenn die Schadstoffe im Wasser gelöst oder emulgiert werden können oder wenn sie sich in Dichte, Benetzbarkeit oder Partikelgröße vom Boden unterscheiden [Jentzsch, 1997]. Die Lösung von Schwermetallen kann durch Zugabe von Komplexbildnern oder Säuren deutlich verbessert werden. Organische Kontaminanten können durch die Zugabe von Tensiden (oberflächenaktiven Substanzen) in höheren Konzentrationen und stabiler disper-