Effizienzgründe für die Existenz einer Sozialversicherung
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- Magdalena Waldfogel
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1 Soziale Sicherung A.3.1 Effizienzgründe für die Existenz einer Sozialversicherung Erster Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: In einer Ökonomie mit rein privaten Gütern und einer perfekten Eigentumsordnung ist jedes Marktgleichgewicht bei vollkommener Konkurrenz ein Pareto-Optimum. Die Voraussetzungen des Theorems sind auf Versicherungsmärkten u.a. dann verletzt, wenn der Versicherer den Umfang des Risikos, dass er versichern soll, weniger gut abschätzen kann als der potentielle Versicherungsnehmer = asymmetrische Informationsverteilung der Versicherer kann eine transaktionsrelevante gegebene Größe nicht beobachten, die dem Versicherungsnehmer bekannt ist = adverse Selektion der Versicherungsnehmer kann sein Risiko durch Handlungen, die der Versicherer nicht beobachten kann, selbst beeinflussen = Verhaltensrisiko, moral hazard
2 Soziale Sicherung A.3.2 Versicherungsmarktgleichgewicht unter idealen Bedingungen (1) große Zahl identischer Individuen; repräsentatives Individuum mit Anfangsvermögen W 0 Schadensfall: Wahrscheinlichkeit π; Verlust von Neumann-Morgenstern-Nutzenfunktion: wächst monoton in W, d.h. 0 streng konkav als Ausdruck der Risikoaversion des Einzelnen, d.h. 0 private Versicherung: Deckungssumme V; Prämiensatz p mit Wahrscheinlichkeit Schadensfall Endvermögensposition: W 1 = W 0 pv L + V mit Gegenwahrscheinlichkeit 1 Endvermögensposition: W 2 = W 0 pv ein Gleichgewicht auf dem Versicherungsmarkt bezeichnet eine Menge von Vertragsangeboten seitens der Versicherungsunternehmen mit den folgenden Eigenschaften (Konzept von Rothschild/ Stiglitz (1976)): jeder einzelne Vertrag bringt seinem Anbieter im Erwartungswert einen nichtnegativen Gewinn ein es gibt keinen potentiellen Vertrag außerhalb dieser Menge, der mit einem positiven erwarteten Gewinn verbunden wäre jeder Versicherte schließt den Vertrag ab, der seinen Erwartungsnutzen maximiert
3 Soziale Sicherung A.3.3 Versicherungsmarktgleichgewicht unter idealen Bedingungen (2) Individuell optimaler Deckungsgrad V * durch Maximierung des Erwartungsnutzens: 1 Marginalbedingung: in einem Versicherungsmarktgleichgewicht: faire Prämie, d.h. Marginalbedingung für V * : 1 1 Es kommt bei einer fairen Prämie zu einer vollständigen Absicherung des Schadens Ein Wirtschaftssubjekt erreicht im Schadens- wie im Nichtschadensfall das gleiche sichere Endvermögen Dieses Gleichgewicht ist zugleich eine Pareto-optimale Risikoallokation (First-Best-Optimum)
4 Soziale Sicherung A.3.4 Versicherungsmarktgleichgewicht unter idealen Bedingungen: Graphische Analyse Endvermögen im Schadensfall W 1 45 W 0 πl B 1 tan α = (1 π)/π W 0 L α A W 0 πl W 0 Endvermögen im Nichtschadensfall W 2
5 Soziale Sicherung A.3.5 Versicherungsmarktgleichgewicht bei vollkommener Information und mehreren Risikogruppen Die o.g. Bedingung für Pareto-Optimalität lässt sich auf den Fall mehrerer Typen j von Versicherten mit je unterschiedlichem Schadensrisiko π j verallgemeinern: Hierbei muss jeder Typ j eine Versicherung erhalten mit: Versicherungssumme V = L und Prämie π j L für die graphische Analyse: 2 verschiedene Typen von potentiellen Versicherungsnehmern (schlechte versus gute Risiken) beiden Typen, s und g, droht im Schadensfall ein gleich hoher Verlust L, sie weisen aber unterschiedliche Schadenswahrscheinlichkeiten π s bzw. π g auf, mit π s > π g
6 Soziale Sicherung A.3.6 VersicherungsmarktGG bei vollkommener Information und 2 Risikogruppen: Graphische Analyse Endvermögen im Schadensfall W 1 I g (B g ) π s > π g 45 I s (B s ) B g B s W 0 L α tan α = (1 π s )/π s A W 0 π s L W 0 π g L W 0 Endvermögen im Nichtschadensfall W 2
7 Soziale Sicherung A.3.7 Moral Hazard auf Versicherungsmärkten: Grundlogik die Schadenswahrscheinlichkeit π sei eine abnehmende Funktion der individuellen Anstrengung e; z.b.: Schaden = Arbeitslosigkeit Anstrengung geht für den Einzelnen mit einem Nutzenverlust einher; mit 0 Individueller Erwartungsnutzen: Nettovorteil des Einzelnen au höherer Anstrengung: 1 0 Für den einzelnen Versicherungsnehmer mit Vollversicherung lohnt selbst die kleinste Anstrengung nicht Verglichen mit dem Zustand ohne Versicherung wird e niedriger ausfallen, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, arbeitslos zu werden höher sein wird als ohne Versicherung
8 Soziale Sicherung A.3.8 Moral Hazard auf Versicherungsmärkten: Implikationen Wenn der moral hazard (die Verringerung der Anstrengung durch die Versicherung) von den Versicherungsgebern nicht antizipiert wird, werden häufiger als erwartet Ansprüche fällig werden und die Versicherungsbranche wird Verluste machen Unternehmungen werden dann versuchen, die Prämien zu erhöhen, den Versicherungsschutz einzuschränken oder Maßnahmen zu ergreifen, um das Problem zu verringern Mögliche Maßnahmen der Versicherungsgeber: Überwachung ( monitoring ) Anreize für die Versicherungsnehmer, die Wahrscheinlichkeit eines Schadensfalls so gering wie möglich zu halten, z.b. Selbstkostenbeteiligung
9 Soziale Sicherung A.3.9 Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten: Vollversicherung? Das oben beschriebene First-Best-Optimum mit Vollversicherung, in dem die beiden Risikotypen differenzierte Verträge (L, π s L) und (L, π g L ) mit für sie jeweils fairen Prämiensätzen erhalten und damit in die entsprechenden Vollversicherungspunkte B s und B g gelangen würden ist bei asymmetrischer Informationsverteilung nicht erreichbar Grund: der Punkt B g liegt auch für den s-typ auf einer höheren Indifferenzkurve als B s Schlechte Risiken, die für die Versicherungsunternehmen als solche nicht erkennbar sind, hätten einen Anreiz, sich als gute Risiken auszugeben, um dadurch in den Genuss des nur für die g-typen vorgesehenen Vertrags (L, π g L) zu gelangen Somit kann die First-Best-optimale Trennlösung kein Gleichgewicht darstellen
10 Soziale Sicherung A.3.10 Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten: Mischlösung? In einer Mischlösung ( pooling )wird allen Versicherten der gleiche Versicherungsschutz V * zum gleichen Prämiensatz 1 angeboten Eine Unterscheidung zwischen den beiden Riskotypen ist somit für die Versicherungsanbieter nicht nötig Wegen vollkommener Konkurrenz und der 1. Eigenschaft eines RS-Gleichgewichts muss jedes Pooling - Gleichgewicht auf der Versicherungsgeraden AB liegen Bei Vollversicherung, d. h. bei V = L, ergäbe sich der Punkt B auf der Sicherheitslinie Bei einer Teilversicherung (V < L) käme ein Versicherungspunkt zwischen A und B zustande, z.b. Punkt P * Links von der Verbindungsstrecke AB g existiert ein Bereich, der zugleich unterhalb von I s (P*) und oberhalb von I g (P*) liegt; mit Q sei ein beliebiger Punkt in diesem Bereich bezeichnet Versicherungsanbieter können allen potenziellen Kunden eine Teilversicherung anbieten, die diese in den Punkt Q führt, in dem sich gute Risiken besser, schlechte Risiken aber schlechter stellen als in P * der einzelne Versicherungsanbieter macht Gewinne, weil er nur gute Risiken unter Vertrag nimmt Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Mischlösung, wie z.b. P *, kein Versicherungsmarktgleichgewicht sein kann, weil bei ihr die 2. Eigenschaft des RS-Gleichgewichts verletzt wäre
11 Soziale Sicherung A.3.11 Mischlösung: Graphische Analyse Endvermögen im Schadensfall W 1 45 B g B s P * Q I s (P * ) W 0 L I g (P * ) A W 0 Endvermögen im Nichtschadensfall W 2
12 Soziale Sicherung A.3.12 Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten: Trennlösung Trennlösung: Vertragsangebote für die beiden Risikotypen unterscheiden sich Versicherungspunkte, die die s- bzw. g-typen jeweils erreichen: C s bzw. C g für eine Trennlösung darf ein s-typ bei den vorhandenen Vertragsangeboten nicht davon profitieren, wenn er sich als g-typ verstellt (Selbstselektions- oder Anreizkompatibilitätsbedingung) C g muss sich unterhalb der durch C s verlaufenden s-indifferenzkurve I s (C s ) befinden In einem Trenngleichgewicht ist die Nullgewinnbedingung für die Versicherungsgesellschaften erfüllt, wenn beide Risikogruppen jeweils Kontrakte zu ihrem individuell fairen Prämiensatz wählen Punkt C s muss auf der Strecke AB s und Punkt C g muss auf der Stecke AB g liegen Die s-typen erreichen den Vollversicherungspunkt mit der für sie fairen Prämie π s : C s = B s Die g-typen erreichen denjenigen Punkt, in dem die durch B s verlaufende s-indifferenzkurve I s (B s ) die für g-typen faire Versicherungsgerade AB g schneidet Beide Risikotypen bezahlen den für sie individuell fairen Prämiensatz, die g-typen erhalten aber nur einen partiellen Versicherungsschutz
13 Soziale Sicherung A.3.13 Trennlösung: Graphische Analyse
14 Soziale Sicherung A.3.14 Adverse Selektion auf Versicherungsmärkten: Allokationsverbesserung durch Sozialversicherung Staat: partielle Zwangsversicherung zum Prämiensatz (faire Prämie bei Mischlösung) ein der dadurch erreichte Punkt G (auf der Geraden AB ) dient beiden Typen von Wirtschaftssubjekten als Ausgangspunkt für freiwillige Zusatzversicherungen Markt für solche Zusatzversicherungen führt zu einem neuen Trenngleichgewicht,, s-typen: offensichtliche Nutzensteigerung g-typen: bei nicht zu hoher staatlicher Zwangsversicherung ebenfalls eine Nutzensteigerung Insgesamt: Sozialversicherung (i.s. einer staatliche Zwangsversicherung) stellt eine Pareto-Verbesserung dar
15 Soziale Sicherung A.3.15 Allokationsverbesserungerung durch Sozialversicherung: Graphische Analyse
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