Passepartout-Schneiden

Transkript

1 Passepartout-Schneiden Einleitung Damit ein Bild gut wirkt, wird es am besten in einem ruhigen Umfeld präsentiert. Damit ist natürlich nicht die Erwartung verbunden, dass alle Besucher Ihres Zimmers oder Ihrer Ausstellung mit einem Sprechverbot belegt werden: Ihre Gäste sollen ja in Begeisterung ausbrechen dürfen. Der einfache Kniff, auf den hier eingegangen werden soll heisst Passepartout. Er soll das Bild von seiner lauten Umgebung abgrenzen und ihm eine optisch ruhige Umgebung zur Verfügung stellen. Dazu wird Ihr Bild am einfachsten mit einem ganz ruhigen, d.h. ungemusterten und einfarbigen Karton, dem Passepartout, umgeben. Schon wenn Sie Ihr Bild auf einen einfarbigen Karton kleben oder einen Rand einbelichten, wird die Kraft des Bildes sichtbar ansteigen: Mit einem Schrägschnitt- Passepartout wird diese Wirkung maximiert, egal ob Sie den Schnitt mit 30 oder 45 Grad erstellen. Warum aber den Passepartout-Karton selbst schneiden, es gibt ja fertig geschnittene? Das schöne liegt darin, dass der Ausschnitt für das Bild so gewählt werden kann, dass das Bild optimal zur Geltung kommt! Dabei muss darauf geachtet werden, dass das gesamte Werk nicht zu klein wird: es sollte mindestens 30 cm x 40 cm Kantenlänge aufweisen der Rand des Passepartouts nicht zu schmal ist: allseitig mindestens ein Drittel der Bildbreite der untere Rand ein klein wenig breiter ist als der obere (egal ob Quer- oder Hochformat): dies verhindert den optischen Eindruck, das Bild würde nach unten aus dem Passepartout fallen Werkzeug Das Herzstück im Werkzeugkoffer ist natürlich der Schrägschnitt-Schneider, d.h. ein sehr scharfes Messer, geführt in schräger Lage, und ein Metall-Lineal. Es gibt Könner, die mit einem Teppichmesser in der Lage sind einen sauberen Schrägschnitt zu erzielen. Ich empfehle aber dringend, hierzu einen der handelsüblichen Passepartoutschneider anzuschaffen. Bei uns im Fotoclub sind aktuell die folgenden Produkte mit sehr guten Resultaten im Einsatz: Logan: Lineale in verschiedenen Längen, gute Führung des Messers durch Lineal, Messer für Schräg- und Gerad-Schnitt. Klinge bis auf die Passepartout-Oberfläche geführt Maped: Lineale in verschiedenen Längen, gute Führung des Messers durch Lineal, Messer für Schräg- und Gerad-Schnitt Dexter: Messer mit einstellbarer Neigung Ehrlich gesagt ist der Logan mein Favorit. Aber daraus darf man keine Religion machen: Es ist sehr individuell, welches Produkt einem besser in der Hand liegt. Bei der Wahl der Länge des Lineals gehen Sie davon aus, wie gross Ihr längstes Bildfenster sein soll, das Sie je schneiden wollen. Geben sie 15 bis 20cm zu und Sie haben die minimale Länge des Lineals, das Sie benötigen. Seite 1 von 6

2 Natürlich ist eine Schneideunterlage zu empfehlen. Das erspart nicht nur den Kauf eines neuen Tischtuches nach jedem Abend, an dem Passepartouts geschnitten wurden. Das Schneiden geht auch ruckelfrei vonstatten (das Messer bleibt nicht hängen) und das Messer bleibt scharf. Die Schneideunterlage muss mindestens so gross sein dass das ganze Passepartout darauf Platz hat: Denn einen Schnitt müssen Sie in voller Länge durchziehen können (Ansetzen geht nicht sauber!). Dabei ist es egal, ob Sie sich für einen günstigen, glatten Karton (2mm und mehr, kein Well-Karton) entscheiden oder dem Fachhandel eine Freude machen und eine teure, professionelle Schneideunterlage kaufen. Weiter sind auch ein gespitzter Bleistift (beim Maped Schneider auch ein roter Farbstift), Radiergummi, (Metall-)Massstab sowie Winkel/Geodreieck bereitzuhalten. Material Es gibt im Fachhandel eine grosse Auswahl an Passepartout-Kartons. Dieser soll säurefrei sein, damit das Bild auch nach Jahren keinen Schaden nimmt. Weiter soll er doppelseitig kaschiert sein, damit er sich unter Einfluss von (Luft-)Feuchtigkeit nicht wellt oder durchbiegt. Die Oberflächen können aus einer grossen Palette von Farben und Musterungen ausgewählt werden. Wir empfehlen aber dringend: Einfache, wenig gemusterte, flache Oberflächen sind zu bevorzugen. Primär soll ja das Bild wirken und nicht der Passepartout. Zu lebhafte Passepartout-Oberflächen konkurrenzieren das Bild, das Auge wandert vom Bild weg. Schwarze oder weisse Farbe ergeben eine gut kontrastierende Abgrenzung des Bildes und heben es hervor. Ob Sie den Passepartout Karton in grossen Bogen kaufen (z.b. 81cm x 101cm) oder bereits vom Lieferanten auf die gewünschte Grösse (z.b. 30cm x 40cm oder 40cm x 50cm) zuschneiden lassen ist Geschmacksache. Beim Transport aus dem Geschäft aber darauf achten, dass die Ecken des Kartons nicht gestaucht werden. Herstellen des Bildfensters Alle Markier- und Schneide-Arbeiten werden auf der Rückseite des Passepartout-Kartons ausgeführt. Das stellt sicher, dass keine Linien ausradiert werden müssen und das Schneiden keine Spuren auf der schönen Oberfläche der Vorderseite hinterlässt. Da die Vorderseite des Passepartouts dadurch auf der Schneideunterlage zu liegen kommt, ist sicherzustellen, dass die Unterlage sauber und glatt ist (keine Leimspuren, Dellen etc.) und der Passepartout- Karton vollständig darauf zu liegen kommt (keine Knicke durch Kanten etc.). Vorbereitungsarbeiten Zuerst gilt es den Ausschnitt festzulegen. Das geht am einfachsten, wenn Sie sich zwei Winkel (mindestens 10cm breit, mindestens 50cm Schenkellänge) aus Passepartout-Karton anfertigen und aufs Bild legen. Durch Verschieben der beiden Winkel können Sie den genauen Bildauschnitt finden, der die beste Bildwirkung ergibt. Messen Sie die Länge und Breite, nachdem Sie sichergestellt haben, dass alle Kanten rechtwinklig zueinander stehen. Seite 2 von 6

3 Nun können Sie den zu schneidenden Ausschnitt auf der Rückseite des Passepartout- Kartons aufzeichnen. Dabei werden die beiden seitlichen Ränder gleich breit gemacht (Passepartout-Breite minus Bildausschnitt durch zwei). Der untere Rand soll ein klein wenig breiter als der obere Rand gemacht werden: Sonst sieht es aus, als ob das Bild zu tief im Passepartout angeordnet ist. Da es sich hierbei um einen Kniff handelt, der eine subjektive Seh- Schwäche des Menschen kompensiert, ist die Austellung einer Rechenregel unmöglich. Wir wagen trotzdem die Angabe eines Erfahrungswertes (ohne Gewähr): bei einem 18x24 Bild in einem 30x40 Passepartout sieht es gut aus, wenn der untere Rand 3 bis 5 Millimeter breiter ist als der obere. Zuviel des Guten würde im Eindruck resultieren, dass das Bild in den Himmel aufsteigen will (auch wieder Geschmacksache). oberer Rand Bildausschnitt unterer Rand (breiter als oberer) Mit dem Logan und Dexter Passepartout-Schneider kann es nun gleich losgehen, denn diese zwei Modelle schneiden nahe bei der eingezeichneten Schnittlinie: Das Lineal kann problemlos von Auge nahe an die Schneidelinie gelegt werden, so dass der Schnitt genau auf der Schneidelinie erfolgt. Mit dem Maped-Schneider empfiehlt es sich, vorher noch Hilfslinien zu erstellen (andere Farbe als die Ausschnittslinien wegen Verwechslungsgefahr), Seite 3 von 6

4 denn das Messer schneidet relativ weit vom Lineal entfernt (dies ist in der Gebrauchsanweisung beschrieben). Schneiden Das Messer so einstellen, dass die Spitze etwa einen halben oder maximal ganzen Millimeter unten aus dem Passepartout-Karton herausragt, wenn Sie am Schneiden sind. Sonst brauchen Sie viel Kraft, um das Messer zu schieben und die Gefahr besteht, dass Sie zu weit schneiden. Wie bereits erwähnt, ist ein sehr scharfes Messer entscheidend. Dabei ist es aber nicht nötig, dass das Messer nach jedem Einsatz gewechselt wird: Nach unserer Erfahrung kann man mit einer neuen Klinge einige hundert Meter Passepartout-Karton schneiden. Geschnitten werden die Kanten des Bildausschnittes am einfachsten im Uhrzeigersinn und zwar so, dass das Lineal jeweils links von der zu schneidenden Linie liegt (also auf dem Passepartout-Rand) und das Messer rechts vom Lineal eingehängt wird (die Spitze des Messers unterschneidet also das Lineal): Lineal Passepartout-Karton (Rückseite) Zweiter Schnitt Erster Schnitt Ausschnitt Dritter Schnitt Schnittrichtung (Logan, Dexter) Vierter Schnitt Messer Für Logan: Lineal parallel an die eingezeichneten Linien des Bildfensters anlegen (knapp 1mm Abstand). Für Maped: Lineal parallel an die Hilfslinien anlegen (Farbe beachten). Diese Linien sind in obiger Graphik nicht gezeigt. In allen Fällen ist darauf zu achten, dass das Lineal kräftig auf den Passepartout-Karton gedrückt wird, bis der Schnitt fertiggestellt ist. Es ist so gut wie unmöglich ein verrutschtes Seite 4 von 6

5 Lineal wieder in die gleiche Position zu bringen. Bitte nicht gleich aufs Lineal knien, denn der Passepartout-Karton ist nicht sehr hart und das Lineal würde bleibende Eindrücke hinterlassen. Bei Logan und Maped die beweglichen Klingen nach oben ziehen und das Messer in die Führung des Lineals einlegen. Beim Dexter das Messer am Beginn des Schnittes einstechen und dann das Lineal anlegen. Die Klinge nun ganz in den Passepartout-Karton eindrücken und in einem Zug langsam vom Anfang bis zum Ende des Schnittes schieben (Logan, Dexter) bzw. ziehen (Maped). Beim Schneiden darauf achten, dass das Messer beim Start ein wenig zu früh schneidet, und am Ende ein wenig zu weit (damit die Ecken wirklich ausgeschnitten werden): Auf den Logan- und Maped-Messern hat es kleine Marken, die dabei helfen. Beim Logan und Maped kann wegen der guten Führung des Messers der Schnitt auch in zweimal gemacht werden (aber nur wenn das Lineal nicht verschoben wurde). Die Schnitte möglichst immer ganz vom Anfang zum Ende durchziehen. Sobald alle vier Schnitte gemacht sind, sollte das herausgeschnittene Reststück auf dem Tisch liegen bleiben, wenn der Passepartout angehoben wird. Ist das nicht der Fall, so sind die Ecken vermutlich nicht sauber ausgeschnitten: In dem Falle mit einem scharfen Teppichmesser oder Skalpell versuchen die Ecken fertigzuschneiden (knifflig wegen des Schrägschnittes). Fixieren des Bildes Ist das Bildfenster im Passepartout nun fertig ausgeschnitten, so sollte das Passepartout mit der Vorderseite nach oben auf das Bild gelegt werden, um die Korrektheit des Ausschnittes zu prüfen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wie das Bild nun mit dem Passepartout in Verbindung gebracht wird. Bitte aufpassen, dass auch wirklich der ursprünglich gewünschte Bildausschnitt im Fenster des Passepartouts sichtbar wird. Hier ein paar wenige Ideen ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Bild direkt auf Passepartout kleben: Die billigste und schnellste Variante besteht darin, das Bild von hinten direkt mit Klebeband auf den Passepartout zu kleben. Dazu wird ein erster Streifen Klebeband rückseitig auf eine Kante des Bildes geklebt (mit Klebefläche zur Bildfläche). Dann das Bild auf seine Rückseite legen und den Passepartout-Karton vorsichtig darüber positionieren. Sobald der Ausschnitt stimmt, den Passepartout-Karton andrücken: Das Bild klebt nun mit einer Kante am Passepartout. Das ganze umdrehen und die anderen drei Kanten des Bildes auch am Passepartout ankleben.! Eigentlich nur sinnvoll, wenn das ganze dann vor einen weissen Untergrund gehängt wird. Nachteile: Das Bild wird etwas gewellt sein und zwischen dem Rand des Bildfensters und dem Bild können leicht Spalten entstehen. Bild auf Karton kleben: Das Bild wird zuerst vollflächig auf einen nicht zu dünnen, weissen Hintergrundkarton geklebt (mindestens 1mm, richtige Bild- Position vorher auf dem Karton anzeichnen!). Dann das Ganze mit Klebstoff von hinten auf den Passepartout-Karton montieren. Der Hintergrundkarton sollte hochweiss sein, da das Bild leicht durchscheinend ist und so bester Kontrast und Brillanz entstehen. Ein solches Bild kann bereits, mit Klebehaken versehen, mit Erfolg an die Wand gehängt werden. Oft wird hier doppelseitige Klebefolie empfohlen, die aber knifflig anzubringen ist. Inzwischen sind auch durchaus gute Klebesprays erhältlich: Diese gestatten nach dem Einsprühen sogar noch kurze Seite 5 von 6

6 Zeit das Verschieben des Bildes. Andrücken mit weichem Lappen oder mit Kunststoffwalze. Bild in Rahmen montieren: Nachdem eine der obigen Methoden angewandt wurde, kann das Kunstwerk natürlich noch in einen Rahmen gesetzt werden. Meist wird mit dem Rahmen auch gleich der Wunsch nach einem Glas verbunden. Dies muss aber keineswegs so sein: Glas (natur oder entspiegelt) führt zu zusätzlichen Reflexen und nimmt dem Bild seine mühsam erarbeitete Brillanz und den Kontrast. Soll trotzdem ein Glas für den Schutz des Kunstwerkes sorgen, so sorgt der Passepartout dafür, dass das Bild an der Glasfront nicht anstösst oder anklebt, was meist zu grässlichen Klecksen führt. Weitere interessante Links Copyright Diese Anleitung darf ganz oder auszugsweise kopiert und weitergegeben werden. Der Fairness halber sind aber die Autoren zu nennen. Es ist keine kommerzielle Nutzung dieser Anleitung erlaubt (Kurse, Verkauf etc.). Es wird keinerlei Haftung übernommen, weder für verschnittene Passepartout-Kartons (es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen) noch für den Glücksrausch nach erfolgreichem Schneiden Viel Spass wünschen Leonie Haberthür & Armin Schweizer FotoTeam Novartis, Basel Seite 6 von 6