Bildungsberichterstattung für das Land Bremen. Band 1: Bildung Migration soziale Lage. Voneinander und miteinander lernen

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1 Beschlussfassung Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit Datum: Dr. Daniel Kneuper Tel Lutz Jasker Tel Simon Ott Tel V o r l a g e Nr. L 39/18 für die Sitzung der Deputation für Bildung am Bildungsberichterstattung für das Land Bremen Band 1: Bildung Migration soziale Lage Voneinander und miteinander lernen A. Problem Die Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring sieht das Erstellen von Bildungsberichten als ein zentrales Instrument zur Steuerung des Bildungssystems vor. Sie sollen systematisch aufbereitete Informationen über die Entwicklung und/ oder den Entwicklungsstand des Bildungssystems liefern. Neben einem nationalen Bildungsbericht sind in der Bundesrepublik mittlerweile zahlreiche Länderberichte und auch einige kommunale Bildungsberichte publiziert worden. Mit Unterstützung des Programms Lernen vor Ort konnte nun eine Autoren- und Beratergruppe aus den Städten Bremen und Bremerhaven einen ersten Bildungsberichtsband für die beiden Kommunen Bremen und Bremerhaven und das Land Bremen vorlegen. B. Lösung / Sachstand Mit dem in der Anlage beigefügten Bildungsberichtsband wird eine differenzierte Bestandsaufnahme über die Situation des Bildungssystems im Land Bremen und seinen beiden Kommunen mit dem Fokus Migration und soziale Lage vorgelegt. Der Bericht wurde aufgrund der folgenden Prämissen formuliert. Mit dem Schulentwicklungsplan aus dem Jahre 2008 und der daraus resultierenden Schulgesetznovelle im Jahr 2009 wurde das Schulsystem im Land Bremen weitreichend 1

2 umgestaltet. Durch die neu gewählte Schulstruktur und die inklusive Zielsetzung des Systems sollen Bildungschancen erweitert und nicht begrenzt werden. Nach den strukturellen Änderungen bedarf es nun einer Optimierung in allen Bereichen des Bildungsprozesses. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Armuts- und Reichtumsberichts für das Land Bremen sind hierbei besonders Migration und die soziale Lage zu berücksichtigen. Frau Professor Dr. Yasemin Karakaşoğlu (Universität Bremen) hat im Auftrag der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit bereits Anfang 2011 die Wissenschaftliche Expertise mit Handlungsempfehlungen für einen Entwicklungsplan Migration und Bildung vorgelegt. Diese Expertise ist eine Grundlage für einen zu erarbeitenden Entwicklungsplan Migration und Bildung, mit dem Empfehlungen und Vorschläge für konkrete Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Bremer Bildungssystems vorgelegt werden sollen. In die Expertise sind bereits einige statistische Kennzahlen eingeflossen. Für die Erarbeitung eines Entwicklungsplans fehlt jedoch noch eine differenzierte statistische Analyse der Ausgangslage. Um in Zukunft im Rahmen des Bildungsmonitorings die Auswirkungen insbesondere der Schulstrukturreform einschätzen zu können, wurde das Schuljahr 2009/10 als Berichtsjahr gewählt. An den Stellen, an denen sich die aus der Schulreform resultierenden Änderungen bereits in der Statistik deutlich niederschlagen, werden zudem Analysen mit möglichst aktuellen Daten ergänzend dargestellt. Präsentiert werden im Berichtsband - ein Überblick über zentrale Kennzahlen zum Bildungssystem vom Elementarbereich bis zur beruflichen Bildung, - Analysen zum gewählten Themenschwerpunkt mit besonderem Fokus auf die Übergänge vom Elementarbereich bis zur beruflichen Bildung, - Daten zur Einschätzung der Situation in beiden Kommunen des Landes, Bremen und Bremerhaven, - Vergleichsdaten mit anderen Bundesländern, insbesondere den beiden Stadtstaaten Hamburg und Berlin. Das Konzept des Berichtes orientiert sich a) an den nationalen und internationalen Standards zur Berichterstattung (Orientierung an Indikatoren und der Bildungsbiographie) und an der bildungspolitischen Zielen und Schwerpunkten im Land Bremen, b) an der aktuellen Verfügbarkeit von Daten im Land Bremen und 2

3 c) an den im Programm Lernen vor Ort formulierten Empfehlungen zur Erstellung von Bildungsberichten. Der Berichtsband umfasst folgende Kapitel: Einführung A Bevölkerungs- und Sozialstruktur, Bildungsstand und -beteiligung B Finanzierung von Bildung C Tagesbetreuung für Kinder im Elementarbereich D Überblick über das Schulsystem (allgemeinbildend und berufsbildend) E Allgemeinbildende Schulen: Migration und soziale Lage F Übergänge in der Bildungsbiografie aus der Perspektive von Migration und sozialer Lage (einschließlich Übergang in berufsbildende Schulen) G Leistungen und Abschlüsse Dem Bericht ist eine Kurzfassung der Ergebnisse vorangestellt (S. 21ff.), auf die für einen zusammenfassenden Überblick verwiesen wird. Bezogen auf seine zentralen Perspektiven wird im Bericht deutlich: - Migration ist in Bremens Bildungseinrichtungen des Elementarbereichs und in der Schule Normalität: Es gibt nur wenige Kitas und Schulen, in denen weniger als 20 % der Schüler/innen eine Zuwanderungsgeschichte haben. Jedoch unterscheiden sich die Schulen beider Kommunen und innerhalb der Stadt Bremen sehr deutlich bezüglich der sozialen und kulturellen Herkunft der Schülerschaft. - Die Kennzahlen für Migrantinnen und Migranten fallen in nahezu allen untersuchten Bildungsbereichen ungünstiger aus als für Personen ohne Migrationshintergrund. Dies gilt in beiden Stadtgemeinden, Bremen und Bremerhaven, jedoch mit jeweils leicht unterschiedlichen Ausprägungen. - Erwerbslosigkeit, Armutsrisiko und niedriger Bildungsstand der Erwachsenenbevölkerung sind im Land Bremen vergleichsweise stark ausgeprägt. 43% der Kinder und Jugendlichen im Land Bremen sind von mindestens einer dieser Risikolagen betroffen und 10% von allen drei Risikolagen. Migrationshintergrund geht derzeit in beiden Stadtgemeinden mit einem erhöhten Armutsrisiko (genauer: einem erhöhten Risiko, SGB II zu erhalten) einher. - Für die Stadt Bremen wurde ein nahezu linearer Zusammenhang zwischen den Kategorien Migrationsanteil und SGB-II-Anteil in den Ortsteilen festgestellt. Dies kann als ein Hinweis auf eine starke Segregation entlang dieser Merkmale gedeutet werden und passt zu den Befunden aus dem Armuts- und Reichtumsbericht des Senats. - Die starke Segregation in der Stadt Bremen hat einen deutlichen Niederschlag im Bildungssystem. Neben der sozial und kulturell sehr unterschiedlichen 3

4 Zusammensetzung der Schülerschaft in den Schulen gibt es auch deutliche Unterschiede bei den Bildungskennzahlen von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft. Die Kennzahlen über den Bildungserfolg fallen für Kinder und Jugendliche, Schülerinnen und Schüler aus Ortsteilen mit einem überdurchschnittlichen Anteil von Leistungsempfängern nach SGB- II und Migrantinnen und Migranten (Ortsteilgruppe A) durchweg ungünstiger aus als für Kinder und Jugendliche, Schülerinnen und Schüler aus den Ortsteilen, in denen beide Kennzahlen unter dem stadtweiten Wert liegen (Ortsteilgruppe B). Unterschiedliche Ausprägungen der Bildungskennzahlen für Personen mit und ohne Migrationshintergrund wurden insbesondere für Personen aus Ortsteilgruppe B festgestellt; für die Ortsteilgruppe A sind die Unterschiede eher gering. Insgesamt weisen die Befunde darauf hin, dass ungünstige soziale Bedingungen, unter denen eine Vielzahl von Migrantinnen und Migranten leben, erhebliche negative Effekte auf die Bildungskarrieren haben. - Für die Stadt Bremerhaven konnte die Frage der Segregation entlang von Migration und Armut aufgrund fehlender Daten nicht bearbeitet werden. - Die Bildungskennzahlen fallen in nahezu allen betrachteten Bereichen für Mädchen günstiger aus als für Jungen. Dies gilt sowohl in der Gruppe der Migrantinnen und Migranten als auch für die anderen Schülerinnen und Schüler. - Schrittweise Veränderung der Schulstruktur zeigt sich in Zahlen: So besuchen im Schuljahr 2011/12 im Land Bremen 93% der Fünftklässlerinnen und Fünftklässler eine Schulart (Gymnasium oder Oberschule), in der der Weg zum Abitur systematisch angelegt ist (7% besuchen eine private Sekundar- oder Gesamtschule, freie Waldorfschule oder ein Förderzentrum), 99,5% der Schülerinnen und Schüler, die von einer öffentlichen Grundschule in eine öffentliche weiterführende Schule wechseln, gehen in ein Gymnasien oder eine Oberschule über, 0,5% in ein Förderzentrum. Darüber hinaus ist der Anteil der inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Sekundarstufe I deutlich angestiegen von 12,3% im Schuljahr 2009/10 auf 46,2% im Schuljahr 2011/12. - Hohe Ausbildungsleistung: Betrachtet man die Gymnasiale Oberstufe und berufsbildenden Schulen gemeinsam, haben im Schuljahr 2009/10 im Land Bremen im Vergleich zur dort lebenden Bevölkerung so viele Menschen einen allgemeinbildenden Bildungsgang oder einen Bildungsgang in einer berufsbildenden Schule begonnen wie in keinem anderen Bundesland. Dies ist auf die Zentrumsfunktion zurückzuführen. Dabei ist im Land Bremen der Anteil von Schülerinnen und Schülern, die eine Ausbildung beginnen, vergleichsweise hoch. Schülerinnen und Schüler mit Wohnsitz im Land Bremen beginnen jedoch seltener eine Ausbildung und besonders häufig eine 4

5 Maßnahme im Übergangsbereich. Dies gilt besonders für Migrantinnen und Migranten und für Schülerinnen und Schülern aus Ortsteilen der Gruppe A. C. Finanzielle / Personelle Auswirkungen / Gender-Prüfung Mit der Berichterstattung sind keine finanziellen oder personalwirtschaftlichen Auswirkungen verbunden. Der Bericht enthält Analysen zur unterschiedlichen Situation von Frauen und Männern. D. Beteiligung Der Bericht umfasst auch Beiträge der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen und des Statistischen Landesamts Bremen. Eine Erörterung und enge Abstimmung der jeweiligen Berichtsteile hat mit den Autorinnen und Autoren aus den genannten Ressorts sowie mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Schulamts Bremerhaven und des Amts für Jugend, Familie und Frauen Bremerhaven stattgefunden. Zudem ist der Bericht mit der Senatskanzlei, dem Senator für Inneres und Sport, der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, der Senatorin für Finanzen und dem Magistrat der Seestadt Bremerhaven abgestimmt. Der Senat hat den Bericht am zur Kenntnis genommen und die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit gebeten, die Ergebnisse als weitere Grundlage für die Erarbeitung eines Entwicklungsplans Migration und Bildung zu nutzen. E. Beschluss 1. Die Deputation für Bildung nimmt den ersten Band zur Bildungsberichterstattung für das Land Bremen: Bildung Migration soziale Lage. Voneinander und miteinander lernen zur Kenntnis. 2. Die Deputation für Bildung überweist den Bericht zur weiteren Bearbeitung an den Deputationsausschuss Migration und Bildung. In Vertretung Carl Othmer Staatsrat 5