9. Steri Fach-Forum 3. März 2011 Klinikum der Universität München Großhadern
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1 9. Steri Fach-Forum 3. März 2011 Klinikum der Universität München Großhadern Sterilgutverpackung und Lagerung Normative Vorgaben/Interpretation Dr. Thomas Kießling TÜV Rheinland LGA Products GmbH
2 Einleitung Die aseptische Bereitstellung und Anwendung von sterilen Medizinprodukten erfordert : 1. eine sachgerechte und geeignete Verpackung (als Teil der ordnungsgemäßen Aufbereitung) und 2. eine den Anforderungen entsprechende Lagerung (incl. Transport) 2
3 Begriffe Verpackungssystem Sterilbarrieresystem Endverpackung Primärverpackung Sekundärverpackung Lagerverpackung usw. Begriffe wurden in der Vergangenheit unterschiedlich verwendet. Aktuell gültige Festlegungen finden sind in DIN EN ISO
4 Definition Verpackungssystem (ISO ) Verpackungssystem = Sterilbarrieresystem + Schutzverpackung Sterilisation ermöglichen physikalischen Schutz bieten Sterilität aufrecht erhalten bis zum Zeitpunkt der Anwendung aseptische Bereitstellung Sterilisation ermöglichen akzeptable mikrobielle Barriere bieten aseptische Bereitstellung Sterilisation ermöglichen physikalischen Schutz bieten mikrobiellen Schutz bieten Fazit: Betrachtung des Sterilbarrieresystem für sich nicht ausreichend 4
5 Einflüsse auf ein Verpackungssystem Produkt/Set Sterilisationsverfahren Verpackungssystem Transport Lagerungsbedingungen Sterilgutlagerfrist Die Gesamtheit der Einflüsse ist entscheidend für die Auswahl des geeigneten Verpackungssystems 5
6 Anforderungen an das Material des Sterilbarrieresystems (1) Keine Beeinträchtigung der Sterilisation - ausreichender Zugang des Sterilisationsmediums zum Produkt Keine Beeinträchtigung durch die Sterilisation - keine Änderungen der Barriereeigenschaften - keine Beschädigung durch Druck, Temperatur - keine unzulässige Absorption des Sterilisationsmediums Keine Beeinträchtigung durch das Produkt, beispielsweise bei - spitzen oder scharfen Instrumenten - schweren Sieben - Erschütterungen beim Transport Keine Beeinträchtigung des Produktes - Abgabe von Substanzen 6
7 Anforderungen an das Material des Sterilbarrieresystems (2) In DIN EN ISO sind die allgemeinen Anforderungen an Materialien, Sterilbarrieresysteme und Verpackungssysteme beschrieben Für unterschiedliche Arten der Verpackungssysteme gibt es ergänzende Normen mit spezifischen Anforderungen, die immer zusammen mit DIN EN ISO gelten: Typisches Material Norm Klarsichtbeutel und -schläuche DIN EN 868-5:2009 Papier, Vlies (für Dampfsterilisation) Wiederverwendbare Sterilisierbehälter (für Dampfsterilisation) DIN EN 868-2:2009 DIN EN 868-9:2009 DIN EN :2009 DIN EN 868-8:2009 7
8 Auswahl der geeigneten Verpackung Die Anforderungen an das Material kann im Allgemeinen nur der Hersteller des Verpackungsmaterials nachweisen. Die Hersteller bieten unterschiedliche Materialien an, mit unterschiedlichen Eigenschaften. Die Auswahl des geeigneten Materials erfolgt durch den Anwender auf Basis der Produktinformation/Spezifikation des Herstellers mit Angaben zu - zulässigen Sterilisationsverfahren - erfüllten Normen (immer DIN EN ISO , zusätzlich der zutreffende Teil von DIN EN 868) - Qualität des Materials (z.b. bei Papier xx g/m²) - Ggf. enthaltenen Indikatoren für verschiedene Sterilisationsverfahren - Angaben zur weiteren Verarbeitung, z.b. Temperaturen für den Siegelprozess 8
9 Nachweis der Eignung Für alle zur Anwendung kommenden Materialen sollte der Nachweis vorliegen, dass die Anforderungen erfüllt sind. Die Hersteller des Verpackungsmaterials bestätigt für das angewendete Material die Konformität mit DIN EN ISO , ggf. mit zutreffenden Teilen von DIN EN 868 Achtung: - Vielfach beziehen sich diese Konformitätserklärungen auf das Material - In den Verkaufsunterlagen wird das zugrunde liegende Material aber nicht aufgeführt - Häufig findet sich der Hinweis auf das Material nur in der Produktinformation/Spezifikation 9
10 Sachgerechte Anwendung des Materials Allein durch die Auswahl des richtigen Materials für das Sterilbarrieresystem ist noch nicht sichergestellt, dass die Verpackung die Anforderungen erfüllt. Es bestehen hohe Anforderungen an die Verpackungstechnik, die sich für die verschiedenen Materialen unterscheiden Typisches Material Norm Klarsichtbeutel und -schläuche DIN :2010 DIN EN ISO Papier, Vlies (für Dampfsterilisation) DIN :2010 Anwendungstechnik von Sterilisierbehältern DIN :2010 DIN EN ISO
11 Anwendungstechnik von Klarsichtbeuteln/ schläuchen DIN , DIN EN ISO Material muss nachweislich DIN EN ISO entsprechen Füllgrenze beachten Ausreichender Überstand von Material, aspetische Entnahme ermöglichen Versiegelung unter Berücksichtigung der Herstellerangaben zur Siegeltemperatur Versiegelung muss validiert sein, - Festlegen der kritischen Parameter Temperatur, Druck, Zeit - Reproduzierbare Ergebnissen - Qualität der Siegelnaht (Festigkeit, Dichtigkeit) Routinetests - Peeltest, ggf. Sealcheck - Tintentest 11
12 Beispiel für Test der Siegelnaht-Qualität beginnender Kanal 12
13 Anwendungstechnik von Papier und Vlies DIN Material muss nachweislich DIN EN ISO entsprechen Größe des Materials muss optimal an die Größe der zu verpackenden Produkte angepasst werden Weder zu locker noch zu stramm verpacken Durch festgelegte Verpackungstechnik muss ein Pasteur scher Pfad sichergestellt werden, zwei genormte Verpackungstechniken Routinekontrolle nicht möglich Nur Kontrolle des Verpackungsprozesses möglich 13
14 Anwendungstechnik von Sterilisierbehältern DIN , DIN EN ISO Herstellerangaben sind zu berücksichtigen Gebrauchs- und Verbrauchsmaterial muss nachweislich DIN EN ISO entsprechen Reinigungs- und Desinfektionsmittel müssen geeignet sein für das Material des Behälters Beladungsgewicht beachten (Empfehlung max. 10 kg) -> Validierung Vor jeder erneuten Verwendung u.a. Kontrolle auf - Verformungen - Beschädigungen an Dichtungen - Filterhalterungen, Filter (Dauerfilter oder neuer Einmalfilter), Ventile - Beschlagteile Ohne wirkungsvolle Kontrolle besteht konkret die Gefahr, dass die Sterilbarrierewirkung nicht ausreichend gegeben ist -> unsterile Produkte 14
15 Schwachstellen Die zur Verfügung stehenden Sterilisationsverfahren erfordern Sterilbarrieresysteme mit (teilweise) porösen Materialien Im allgemeinen gilt es keine weitere Schutzverpackung für aufbereitete Produkte D.h. die Wirksamkeit der Filterwirkung ist von großer Bedeutung Alterung und Feuchtigkeit kann die Porengröße negativ beeinflussen Papier als poröses Material ist mechanisch sehr empfindlich Die im Krankenhaus zur Anwendung kommenden Sterilbarrieresysteme haben folgende systembedingte Schwachstellen: - Perforationen (alle Systeme) - Feuchtigkeit (alle Systeme) - Risse (Papierbögen, Vliesbögen) - Beschädigungen an den Dichtungen (Behälter) - Lockere Verschlüsse (Behälter) 15
16 Einfluss der Logistik Transport, Einlagerung und Handhabung können eine erhebliche mechanische Belastung für ein Verpackungssystem sein. - Bei Containern kann durch ungeeignete Handhabung die Dichtung zwischen Deckel und Wanne nicht sichergestellt sein - Bei Vlies/Papier-Verpackung besteht ohne einen Sterilgutkorb eine große Gefahr durch Perforation und Rissbildung - Durch vielfaches Handhaben von Klarsichtverpackung - bricht das Material - löst sich die Siegelnaht oder bilden sich Kanäle - entstehen Perforationen 16
17 Einfluss der Umgebung Partikelgebundene Keime lagern sich im Laufe der Zeit auf der Verpackung ab Die Menge der abgelagerten Keime ist abhängig von - der Lagerdauer - der Keimbelastung der Umgebung Das Risiko für das verpackte Sterilgut ist abhängig - von der Menge der abgelagerten Keime - der Barrierewirkung des Verpackungssystems - vom in die Verpackung eindringenden Volumenstrom (Wirksamkeit der Filterwirkung) Aus diesem Grund wird häufig von einer Ereignis-bezogenen Sterilgutlagerfrist gesprochen. 17
18 Beispiele OP-Sieb - verpackt in neuwertigem Container mit Papierfilter, Vlies als Innenverpackung, kurzer Transportweg nach Sterilisation und Lagerung in geschlossenem Schrank im OP-Bereich mit gefilterter Raumluft - Große Filterwirkung für das OP-Sieb - Geringes Risiko einer mechanischen Belastung - Geringe Keimbelastung - > lange Sterilgutlagerfrist möglich Einzelinstrument - einfach verpackt in Klarsichtverpackung, Lagerung in Schublade von Stationswagen - Geringe Filterwirkung - Hohe mechanische Belastung - Hohe Keimbelastung - > kurze Sterilgutlagerfrist möglich 18
19 Schwierigkeiten mit der Ereignis-bezogenen Lagerdauer Die tatsächlichen Ereignisse lassen sich nur begrenzt vorhersagen - Mechanische Beschädigungen hängen vor der individuellen Situation ab: - Zustand Container, Zustand Regal, Zustand Schrank - Transporte, Umlagerungen - Die Keimbelastung wechselt - Schwankungen des Luftdrucks Die Ereignis-bezogene Lagerdauer ist daher wenig geeignet zur Festlegung von individuellen Lagerdauern ohne detaillierte Kenntnisse zu den Einflüssen und den Auswirkungen (Nachweise der Aufrechterhaltung der Barrierewirkung) Die Ereignis-bezogene Lagerdauer ist ideal geeignet für Hersteller von Medizinprodukten zur Bestätigung der Aufrechterhaltung der Barrierewirkung für festgelegte Transportzyklen und Lagerbedingungen 19
20 Nachweis der Stabilität des Verpackungssystems DIN EN ISO fordert konkret den Nachweis, dass die Wirksamkeit der Barriere über die Zeit aufrecht erhalten wird. Es dürfen ggf. vorhandene Daten verwendet werden. Hersteller von Verpackungsmaterialien liefern i. A. keine Angaben zur Stabilität des Materials (nach der Sterilisation!) Hersteller von Medizinprodukten vergeben im Allgemeinen für ein Verpackungssystem (Sterilbarrieresystem + Schutzverpackung) ein mehrjähriges Verfallsdatum. Hier sind dann umfangreiche genormte Tests mit Echtzeitgealterten Sterilverpackungen erforderlich, z.b. - Mikrobielle Barriere (z.b. Expositionskammer) - Siegelnahtfestigkeit und Integrität - Berstfestigkeit - Vakuumleckage (bubble test) 20
21 Festlegung der Lagerdauer im Krankenhaus Die Rahmenbedingungen für im Krankenhaus aufbereiteten Medizinprodukten unterscheidet sich von der Herstellung von Medizinprodukten - eine mehrjährige Sterilgutlagerfrist ist im allgemeinen durch eine fehlende Schutzverpackung nicht möglich - die Vielzahl verschiedener Verpackungsarten und materialien in Verbindung mit unterschiedlichen Lagerarten sind bei den Untersuchungen zu berücksichtigen -> wirtschaftlich nicht sinnvoll Im Krankenhaus wird im allgemeinen wird Sterilgutlagerfrist festgelegt basierend auf DIN Sterilgutversorgung Teil 8: Logistik von sterilen Medizinprodukten 21
22 DIN Logistik von sterilen Medizinprodukten Norm regelt den Umgang mit industriellen Sterilgütern Geschütze Lagerbedingungen sind: - Geschlossene Lagersysteme - Regale in Räumen der Raumluftklasse II (nach DIN ) Eine Tabelle enthält Empfehlungen für die Lagerdauer. Lagerung ungeschützt Lagerung geschützt Sterilbarrieresystem Sterilbarrieresystem + Schutzverpackung Bereitstellung zum alsbaldigen Gebrauch (48 h) Als Lagerungsart zu vermeiden! 6 Monate Max. 5 Jahre, basierend auf Herstellerangaben 22
23 Schlussfolgerung für die Lagerdauer Die Festlegung der Sterilgutlagerdauer erfolgt durch das Krankenhaus Die Einflüsse auf die Sterilgutverpackung und die Aufrechterhaltung der Barrierewirkung sind zu ermitteln oder abzuschätzen Die festgelegte Sterilgutlagerdauer basiert - auf Nachweisen - mit ANERKANNTEN Testmethoden - für ALLE Verpackungsarten und - ALLE Lagerarten oder - auf einer dokumentierten Bewertung - der Eigenschaften des verwendeten Sterilbarrieresystems in Bezug auf das angewendete Sterilisationsverfahren - der Ergebnisse der Verpackungsvalidierung - der Festlegungen in DIN
24 Zusammenfassung Alle Verpackungsmaterialien müssen DIN EN ISO entsprechen und für das Sterilisationsverfahren geeignet sein Validierungen und Kontrollen sind notwendig Die Einflüsse auf die Keimbarriere müssen ermittelt oder abgeschätzt werden Die Sterilgutlagerfrist muss ermittelt oder konkret nachvollziehbar abgeschätzt werden Festlegungen können nur durch das Krankenhaus erfolgen! 24
25 Ende der Präsentation Danke für die Aufmerksamkeit! 25
26 Ich freue mich auf Ihre Fragen 26
27 Kontakt Dr. Thomas Kießling TÜV Rheinland LGA Products GmbH Am Grauen Stein Köln Tel.: 0221 / Fax.: 0221 / Mail: thomas.kiessling@de.tuv.com 27
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