SPEZIALISTEN AUS DEM PFLANZENREICH

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1 SPEZIALISTEN AUS DEM PFLANZENREICH Im Eistobel lassen die steilen Hänge und das dichte Blätterdach des Waldes die Sonne nur an wenigen Stellen bis auf den Boden vordringen. Deshalb fühlen sich hier vor allem Pflanzen wohl, die sich an feuchte, schattige Lebensräume angepasst haben. Überquellende Artenfülle Der Schluchtwald des Eistobels ist ein arten- und strukturreicher Laubmischwald. Hohe Luftfeuchtigkeit und eine gute Wasserversorgung sorgen dafür, dass Moose und Farne in großer Vielfalt und Fülle gedeihen. An manchen Stellen fühlt man sich fast in einen tropischen Regenwald versetzt: Efeu klettert lianengleich an den Bäumen empor. Moose, Farne und Baumpilze wachsen auf den Stämmen. Boten aus der Urzeit Farne waren die ersten Pflanzen, die vor mehr als 300 Millionen Jahren das Festland eroberten. Schon damals entwickelten sich die drei Hauptgruppen der Farne, die wir bis heute unterscheiden: Bärlappe, Schachtelhalme und Wedelfarne. Vertreter dieser Gruppen kommen auch im Eistobel vor. Unscheinbare Lebenskünstler Moose sind Spezialisten für Lebensräume mit hoher Luftfeuchtigkeit. Feuchte und schattige Wälder gehören zu ihren Lieblingsstandorten. Sie besiedeln sogar ständig vom Wasser überrieselte Felsen. Deshalb fühlen sie sich im Eistobel mit seinen zahlreichen Wasserfällen und Felswänden besonders wohl. Zu den schönsten Moosen des Eistobels zählen verschiedene Arten der Lebermoose, die sich mit ihren wurzelartigen Haaren sogar an harten Nagelfluhfelsen verankern können.

2 SPEZIALISTEN AUS DEM PFLANZENREICH Zu den ersten Frühlingsboten im Eistobel zählt die Zentimeter hohe Sumpfdotterblume, die mit ihren leuchtend gelben Blüten Bienen, Hummeln, Fliegen und Käfer anlockt. Goldgelbe Frühlingsbotin Die Sumpfdotterblume besiedelt nährstoffreiche Sumpfwiesen, Bachränder und feuchte Wälder. Als einer der ersten Frühlingsboten blüht sie im Eistobel schon im April. Dann sorgen ihre Blüten für leuchtende Farbtupfen entlang der Oberen Argen. Verantwortlich für die gelbe Farbe ist der Farbstoff Karotin. Das wussten unsere Vorfahren zu nutzen: Sie verwendeten die Blüten der Sumpfdotterblume zum Färben von Butter. Blätter, so groß wie Autoreifen Die Weiße Pestwurz und die nahe verwandte Rote Pestwurz blühen im zeitigen Frühjahr. Die runden, herzförmigen Blätter erscheinen erst Wochen später und erreichen Rekordgröße: Während die Blätter der Weißen Pestwurz einen Durchmesser von 30 Zentimetern erreichen, werden die der Roten Pestwurz bis zu 90 Zentimeter groß. Filigrane Meisterwerke, die nur getragen von einem einzigen, kräftigen Blattstiel sogar genügend Deckung für Rehe bieten. Zarte Blume im rauen Nagelfluhfels Das Alpen-Maßliebchen ist eine Pflanze der Berge, die in den Alpen noch in 2800 Meter Höhe vorkommen kann. In tieferen Lagen fühlt sich die hübsche Blütenpflanze, die an ein zu groß geratenes Gänseblümchen erinnert, nur in bestimmten Lebensräumen wohl. So besiedelt sie im Eistobel die Felsen, Rutschhänge und feuchten Stellen im Schluchtwald. Das bis zu 35 Zentimeter hohe Alpen-Maßliebchen blüht im Mai und Juni.

3 ÜBERLEBENSKÜNSTLER IM GEBIRGSBACH Die starke Strömung der Oberen Argen macht im und am Wasser lebenden Tieren wie der Wasseramsel das Leben schwer. Die Unterwasserjägerin Auf den ersten Blick wirkt die Wasseramsel unscheinbar. Doch der kleine Vogel ist ein echter Überlebenskünstler, der sich perfekt an das Leben am Gebirgsbach angepasst hat. Ohne zu zögern steckt die Wasseramsel ihren Kopf ins Wasser und dreht mit ihrem Schnabel Steinchen um Steinchen um immer auf der Suche nach Insektenlarven und anderen kleinen Wassertieren. Ist das Wasser tiefer, geht die Wasseramsel schwimmend und tauchend auf Nahrungssuche. Bis zu einer halben Minute kann der kleine Vogel unter Wasser bleiben und dabei Strecken von mehr als zehn Metern zurück legen. Juwelen der Lüfte Die Männchen der Blauflügel-Prachtlibellen tragen ihren Namen zu Recht: Mit ihren prachtvoll schillernden Körpern und den leuchtend blauschwarz gefärbten Flügeln sind sie eine echte Augenweide. Sie leben an schnellfließenden Bächen und kleinen Flüssen, an denen sich sonnige und schattige Bereiche abwechseln. Im Eistobel fliegen die Prachtlibellen von Mai bis August. Die Männchen besetzen Reviere und versuchen mit kunstvollen Balztänzen die weniger auffällig gefärbten Weibchen zu verführen.

4 ÜBERLEBENSKÜNSTLER IM GEBIRGSBACH Zur letzten Häutung kriechen die Larven der Steinfliege an Land. Dort schlüpfen ähnlich wie bei den Libellen die erwachsenen Insekten (Foto rechts). Auf den Steinen im Fluss bleiben dann nur die leeren Larvenhüllen zurück. Leben unter Wasser Wer einige größere Steine im Flussbett umdreht, traut seinen Augen kaum: Auf den Unterseiten mancher Steine wimmelt es geradezu von Leben. Insektenlarven, Strudelwürmer und viele andere Wassertiere verbringen zum Teil mehrere Jahre im turbulenten Wasser der Oberen Argen. Dabei leben sie in der ständigen Gefahr, von der Strömung fortgerissen zu werden. Um das zu verhindern haben die Larven mancher Steinfliegen- und Eintagsfliegenarten einen extrem flachen Körper. So bieten sie der Strömung wenig Angriffsfläche. Köcherfliegenlarven beschweren sich mit einem robusten Häuschen aus kleinen Kieselsteinen, das sie zugleich vor Fressfeinden schützt. Pfeilschnelle Schwimmer Die Bachforelle ist perfekt an das turbulente Leben in einem wild sprudelnden Gebirgsbach angepasst. Wie ein Torpedo kann sie durchs Wasser schießen und dabei Spitzengeschwindigkeiten von 35 Stundenkilometern erreichen. Das hilft ihr bei der Jagd. In jungen Jahren ernährt sie sich vor allem von Insektenlarven und anderen kleinen Wassertieren. Im Alter wird die Bachforelle zu einem geschickten Fischräuber, der Mühlkoppen, Bachschmerlen, Elritzen und kleineren Artgenossen nachstellt.

5 DIE GEOLOGIE DES EISTOBELS Fast 50 Meter ragt im Eistobel die Hohe Wand aus Sandstein empor Überbleibsel eines längst verschwundenen Meeres. Reise in die Vergangenheit Wer durch den Eistobel wandert, begibt sich auf eine Reise in die erdgeschichtliche Vergangenheit. Da die unterschiedlichen Gesteinslagen hier schräg aufgeschichtet sind, durchschreitet man in der Schlucht auf wenigen Kilometern Länge einen geologischen Zeitraum von mehreren Millionen Jahren was einem 900 Meter tiefen Abstieg ins Erdinnere entspricht. Zu Beginn der argenaufwärts gerichteten Wanderung finden sich die jüngsten Gesteinsschichten, die der Oberen Süßwassermolasse zugerechnet werden. Etwa ab der Mitte wandert man durch die Obere Meeresmolasse, Ablagerungen eines Millionen Jahre alten Meeres. Belegt wird dies unter anderem durch versteinerte Haifischzähne, die in diesem Bereich des Eistobels gefunden wurden. Die Entstehung des Eistobels Der Eistobel entstand vor rund Jahren, als sich gegen Ende der letzten Eiszeit im Talkessel von Ebratshofen ein Schmelzwassersee bildete. Eine Abflussrinne dieses Sees war dann der Ursprung der heutigen Schlucht. Im Laufe der Jahrtausende vertiefte sie sich immer mehr. Ausführlich erklärt werden diese geologischen Zusammenhänge auf der großen Schautafel des Bayerischen Umweltministeriums bei der Hohen Wand : Der Eistobel zählt offiziell zu den schönsten Geotopen Bayerns.

6 DIE GEOLOGIE DES EISTOBELS 18 Meter stürzt der Große Wasserfall über eine schräge Felswand in die Tiefe. Unterhalb des Falls hat sich im Laufe der Jahrtausende ein mächtiger Kolk gebildet. Wasserfälle und Strudellöcher Kaskaden, Wasserfälle und Strudellöcher machen den besonderen Reiz des Eistobels aus. Im Laufe der Jahrtausende sind sie überall dort entstanden, wo sich härtere und weichere Gesteinsschichten im Flusslauf abwechseln. Im Eistobel stürzt das Wasser mit großer Wucht über Geländestufen aus hartem Nagelfluhgestein. Befinden sich flussabwärts weichere Schichten aus Sandstein oder Mergel, werden diese durch die Kraft des Wassers allmählich abgetragen. Im Laufe der Zeit bildeten sich so gewaltige Kolke und Strudeltöpfe. Einige von ihnen weisen heute eine Wassertiefe von mehr als fünf Metern auf. Wo in diesen Vertiefungen Steine durch die Strömung in rotierende Bewegungen versetzt werden, entstehen kreisförmige Strudellöcher. Das Strudelloch-Modell in dieser Ausstellung macht diesen Vorgang anschaulich. Schwimmen und Baden ist in den tiefen Kolken und Strudellöchern des Eistobels verboten: Gefährliche Unterströmungen und Unterwasserstrudel würden sogar gute Schwimmer in die Tiefe ziehen.

7 DER MENSCH IM EISTOBEL Auf Familien mit Kindern wartet im Eistobel ein einzigartiges Naturerlebnis. Auf Entdeckungsreise im Eistobel Mehr als Menschen zieht das Naturschutzgebiet Eistobel jedes Jahr in seinen Bann. Auf gut gesicherten Wegen wandern die Besucher durch den Eistobel und können dabei unter mehreren Rundwanderweg-Varianten wählen. Mit seinen zahlreichen Wasserfällen, Strudellöchern und mächtigen Felswänden bietet die Argenschlucht ein einzigartiges Naturerlebnis. Am Ufer laden breite Kiesstreifen zum Rasten, Spielen und Entdecken ein. Gerade für Familien mit Kindern ist eine Wanderung durch den Eistobel ein Erlebnis für alle Sinne. Empfehlenswert ist auch die Durchquerung des Eistobels mit einer Besteigung der 1068 Meter hohen Riedholzer Kugel zu kombinieren. Wenn die Argen zum wilden Fluss wird Die Argen ist ein echter Gebirgsfluss. Bei ihrem rund drei Kilometer langen Weg durch den Eistobel überwindet sie eine Höhendifferenz von 70 Metern. Besonders eindrucksvoll zeigt sie ihre ungestüme Kraft, wenn nach der Schneeschmelze oder nach ergiebigen Regenfällen gewaltige Wassermassen durch die Schlucht rauschen. An Engstellen klettert das Wasser dann mehrere Meter in die Höhe und nimmt alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist. So wurden zum Beispiel beim Hochwasser im August 2005 ganze Brücken aus der Verankerung gerissen und fortgeschwemmt. Die ständig anfallenden Reparaturen am Wegenetz finanziert der Förderverein Eistobel mit Ihren Eintrittsgeldern. Dafür ein herzliches Danke schön!

8 DER MENSCH IM EISTOBEL Ein unzugänglicher Tobel wird zur Touristenattraktion Jahrtausendelang war der Eistobel eine wilde und unzugängliche Gebirgsschlucht berichtete dann der Isnyer Stadt- und Landbote erstmals von einem Besuch der Riedholzer Wasserfälle. Damit kam der Stein ins Rollen: 1881 begann die Sektion Schwarzer Grat des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins mit der Errichtung eines eisernen Steges am Zwinger. Bereits drei Jahre später war die Schlucht durch eine Weganlage vollständig erschlossen. Zu dieser Zeit setzte sich der Name Eistobel durch, der von den bizarren Eisbildungen im Winter herrührt. Um die Jahrhundertwende kamen mit der Eisenbahn viele Sommerfrischler nach Isny und machten den einst unzugänglichen Tobel zu einer Touristenattraktion. 1958: ein abgerutschtes Wegstück wird wieder begehbar gemacht. Stegbau um wurde ein Verein zur Erhaltung der Naturschönheiten im Eistobel (bis 1945) gegründet 50 Jahre später spielen Alphornbläser zum Jubiläum auf. Das Naturschutzgebiet Eistobel Besuch im Eistobel (um 1965). Als Tobel bezeichnet man im Allgäu eine enge, steile, meist bewaldete Schlucht, die von einem Bach durchflossen wird erließ das Landratsamt Lindau eine Anordnung zur einstweiligen Sicherstellung des Eistobels. Es folgte die Ausweisung zum Naturschutzgebiet. Heute erstreckt sich das rund 70 Hektar große Schutzgebiet von der Argentobelbrücke im Norden bis zur Argenbrücke bei der ehemaligen Metallwarenfabrik Schüttentobel im Süden. Seit 1983 kümmert sich die Fördergemeinschaft Eistobel um die Pflege und den Unterhalt der Wege im Naturschutzgebiet.

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