Mecklenburg-Vorpommern
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- Oswalda Acker
- vor 8 Jahren
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1 Mecklenburg-Vorpommern Zentralabitur 2010 Katholische Religion Aufgaben
2 Abitur 2010 Katholische Religion Seite 2 Hinweise für den Schüler Aufgabenwahl: Ihnen werden zwei Prüfungsarbeiten vorgelegt (Block A und Block B). Wählen Sie einen Block aus und bearbeiten Sie diesen vollständig. Bearbeitungszeit: Die Bearbeitungszeit beträgt 240 Minuten. Zusätzlich werden 30 Minuten Einlesezeit für die Wahl der Aufgaben gewährt. Hilfsmittel: Duden (Deutsche Rechtschreibung) Bibel Sonstiges: Alle Prüfungsunterlagen sind geschlossen zurückzugeben. Entwürfe zur Reinschrift können ergänzend zur Bewertung nur herangezogen werden, wenn sie zusammenhängend konzipiert sind und die Reinschrift etwa 3/4 des erkennbar angestrebten Gesamtumfangs umfasst.
3 Abitur 2010 Katholische Religion Seite 3 Thematische Anbindung: Gott (KC 4.2) Block A Textgrundlage: Thomas Söding: Gottesbilder der Bibel, Interview vom , zitiert nach: Abruf: Aufgaben: Text 1. Stellen Sie die Hauptaussagen des Textes strukturiert und mit eigenen Worten dar. 20% 2. Setzen Sie die Zeilen in Beziehung zu Ihren Kenntnissen über Bilder Gottes in der Bibel. 40% 3. Nehmen Sie selbst begründet Stellung zu folgendem Zitat (Zeilen 13-15): "Andererseits steht jede menschliche Vorstellung, jedes menschliche Bildnis in der Gefahr, Gott auf ein menschliches Maß festzulegen und ihn für eigene Zwecke zu benutzen. [ ] Unsere Versuchung ist, Gott nach unserem Bild zu machen." 40% Gottesbilder der Bibel Die Bibelarbeiten im neuen Kirchenjahr beschäftigen sich mit den Gottesbildern der Bibel. Kirchensite befragte den Leiter des Katholischen Bibelwerkes im Bistum Münster, Professor Thomas Söding, nach diesem Projekt. Kirchensite: "Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde", heißt es in den Zehn Geboten (Ex 20,4; Dtn 5,8). Warum konnte der Mensch dennoch nicht der Versuchung widerstehen, sich ein "Gottesbildnis" zu machen? Thomas Söding: Die Gottesbilder, die verboten werden, sind Götzenbilder, wie das Goldene Kalb (Ex 32). Menschen stellen solche Bilder auf, um sich der Gegenwart einer Gottheit, ihrer Hilfe und ihres Schutzes, zu versichern. Das Bilderverbot ist aber auch für Menschen aktuell, die an den einen Gott glauben. Einerseits brauchen wir Menschen sinnliche Vorstellungen auch von Gott. Deshalb hat Jesus sich nicht gescheut, vom Reich Gottes Gleichnisse, Bild-Geschichten zu erzählen. Andererseits steht jede menschliche Vorstellung, jedes menschliche Bildnis in der Gefahr, Gott auf ein menschliches Maß festzulegen und ihn für eigene Zwecke zu benutzen. [ ] Unsere Versuchung ist, Gott nach unserem Bild zu machen. Tatsächlich sind wir Menschen aber nach dem Bilde Gottes geschaffen. Wir sind Gottes Ebenbild. Wer dessen innewird, macht sich kein Götzenbild mehr. Kirchensite: Wie kann man sich davor schützen, das eigene Bild von Gott absolut zu setzen?
4 Abitur 2010 Katholische Religion Seite Söding: Ein persönliches Gottesbild zu haben, ist ein Zeichen reifen Glaubens. Wer nur verschwommene Schemen sieht, sehnt sich nach Klarheit. Aber zum reifen Glauben gehört auch, sich nicht auf ein einziges, noch so wertvolles Gottesbild festzulegen. Vor der Absolutsetzung des eigenen Bildes hilft das Gespräch mit anderen Menschen, die sich nicht scheuen, ihre Gottesbilder zu zeigen. Am wichtigsten ist das Gespräch mit den Menschen, denen wir die Bibel verdanken. Ihre Gotteserfahrungen sind von einzigartiger Intensität. Daraus wollen wir in diesem Jahr mit dem Internet-Bibelarbeiten aufmerksam machen. Diejenigen, die den klarsten Begriff von Gott haben, wissen, dass er ein Geheimnis ist: "Jetzt sehen wir in einem Spiegel nur ein dunkles Bild, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht", schreibt Paulus (1 Kor 13,12). Aber wer Gottes Geheimnis ahnt, kann nicht schweigen. Derselbe Apostel schreibt auch: "Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gedrungen ist, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben." (1 Kor 2,9). Kirchensite: Manchmal heißt es: Das Alte Testament "predigt" den strafenden Gott, das Neue Testament den liebenden Gott. Ist es so einfach? Söding: Im Alten und im Neuen Testament gibt es helle und dunkle Gottesbilder. Im Alten und im Neuen Testament ist vom gerechten Gericht Gottes die Rede und von einem vollkommenen Heil jenseits dieses Gerichtes. Ohne die dunklen Bilder und harten Worte wäre der Glaube banal. Aber die Grundbotschaft der ganzen Bibel lautet: "Gott ist Liebe" (1 Joh 4,8.16). Die biblischen Gotteserfahrungen reichen bis in das tiefste Dunkel der Erde und bis zum höchsten Licht des Himmels. Kirchensite: Ich führe Sie in Versuchung: Welches Bild hat die Bibel von Gott? Söding: Die Bibel kennt viele Bilder Gottes, die so bunt sind wie das Leben. Die Bibel ist aber kein Kaleidoskop, das alle Bilder durcheinanderwirft. Manchmal vergleiche ich sie mit einem großen Bilderteppich. Aus vielen kleinen Bildern entsteht ein Ganzes, ein ganz großes Bild - so wie die eine große Geschichte Gottes mit den Menschen sich in vielen kleinen Geschichten der Menschen mit Gott abspielt. Die Bibel erzählt diese große Geschichte in den kleinen Geschichten und in den kleinen die große. Das eine Bild Gottes, das alle umfasst, die Ikone Gottes, ist Jesus Christus (2 Kor 4,4; Kol 1,20). Aber wie Jesus ausgesehen hat, wird nirgends beschrieben. Das hat einen tiefen Sinn. Jeder Mensch ist berufen, in der Nachfolge Jesu Gott sichtbar zu machen. Jeder Mensch, der glaubt, hofft und liebt, wird in sein Bild verwandelt (Röm 8,29). Wer von Jesus Christus geprägt ist (Gal 4,19), zeigt anderen, wie der Sohn Gottes aussieht. Kirchensite: Gottesbild - Menschenbild: Hat das etwas miteinander zu tun? Söding: Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch hat in seinen Tagebüchern oft darüber nachgedacht, dass das Bilderverbot nicht nur die Ehre Gottes, sondern auch die Würde des Menschen schützt. Es sind immer nur Menschen, deren Gottesbilder wir betrachten können - auch in der Bibel. [ ] Das Interview führte: Norbert Göckener / Foto: Michael Bönte,
5 Abitur 2010 Katholische Religion Seite 5 Block B Thematische Anbindung: Lebensmodelle (KC 4.4) Textgrundlage: Friedrich Schorlemmer: Der Gerechtigkeit verpflichtet. Freiheit bewährt sich in Verantwortung. Vortrag in der evangelischen Akademie 2003, in: ders.: In der Freiheit bestehen. Ansprachen. Berlin 2004, S (gekürzt) Aufgaben: 1. Stellen Sie die Hauptaussagen des Textes strukturiert und mit eigenen Worten dar und skizzieren Sie dabei, was Schorlemmer unter Verantwortung versteht. 30% 2. Entfalten Sie, weshalb sich Freiheit in Verantwortung bewährt und greifen Sie hierzu auf das christliche Menschenbild und die katholische Soziallehre zurück. 40% 3. Entwickeln Sie Handlungsperspektiven aus christlicher Sicht für die Zukunft unserer Gesellschaft. 30% Text Die größte Angelegenheit des Menschen ist, zu wissen, wie er seine Stellung in der Schöpfung gehörig erfülle und recht verstehe, was man sein muss, um ein Mensch zu sein, schrieb Immanuel Kant. Seine Stellung in der Schöpfung gehörig erfüllen, das heißt, Verantwortung zu übernehmen für das dem Menschen Anvertraute und dabei sich selber sein Menschsein als ein einmaliges Individuum und zugleich als Teil der Gattung zu erfüllen. Dazu muss ein Mensch wissen, wo der Platz in der Schöpfung ist, den er wahrzunehmen hat. Für unseren jüdisch-christlichen Kulturkreis bleibt dabei der zweite Schöpfungsbericht zentral, wonach Gott den Menschen in den Garten setzt, dass er ihn bebaue und bewahre. Der dem Menschen gegebene Lebensraum ist ein Garten; seine Aufgabe besteht darin, ordnend tätig zu werden, sich die Schöpfung nutzbar zu machen und den Garten beim Nutzbarmachen zu bewahren, und alle Dinge darin sind schön anzuschauen. Verantwortung heißt, in der Schöpfung Con-Creator zu sein, als Mitschöpfer die Gestaltungsfähigkeit in Ehrfurcht vor dem Leben wahrzunehmen. Der Mensch geht aufrecht und hat so die Hände zur Arbeit frei, er entwickelt abstrahierenden und differenzierenden Verstand sowie die Sprache als Mittel der Verständigung, er ist zu freier Übereinkunft über Verhaltensregeln aufgrund relativer Instinkt-Ungebundenheit in der Lage. Verantwortung, Rede und Antwort stehen coram Deo, in Selbstbewusstsein und in Demut, in bewusster Entscheidung und klarer Unterscheidung, im Glück des Gelingens und im Risiko der Fehlbarkeit. Doch seine Freiheit ist zugleich seine Bedrohung, denn Freiheit ohne Verantwortung wird zur Willkür und Verantwortung ohne Freiheit zum Zwang. Menschsein erfüllt sich in freier Verantwortung, in Verantwortung des Freien; aber der Mensch bleibt gebunden an die Lebensmöglichkeit seines Mitmenschen und seiner Mitgeschöpfe. Indem er von der Schöpfung lebt, lebt er mit ihr, oder die Schöpfung wird vom Garten zur Wüste. Die Verantwortung für eine längerfristige Überlebensfähigkeit des Menschen hat Albert Schweitzer in seiner Ehrfurcht vor dem Leben unübertroffen formuliert: Ich bin Leben, das leben will mitten unter Leben, das leben will.
6 Abitur 2010 Katholische Religion Seite Verantwortung aber ist nicht bloßer Gehorsam gegenüber vorgegebenen Geboten oder gar Verboten. Wer nach Verantwortung fragt, fragt nicht nur nach Legalität, sondern zugleich nach Legitimität. Er fragt nicht nur danach, was verboten ist, sondern auch nach dem, was (mir) geboten ist. Verantwortliches Leben ist insofern ein präventives Handeln, ein Gefahren vorbeugendes oder sie zumindest verminderndes Tun und Lassen. Verantwortliches Leben bedeutet weit mehr als Grenzziehung zum Verbotenen, es ist eigenverantwortetes Tätigwerden in der Welt mit einem Entscheidungsspielraum, der auf Güterabwägung beruht. Verantwortlich leben heißt, einer aktiven Gebotsethik zu folgen und nicht bloß einer passiven Verbotsethik. Gerade unsere demokratische Gesellschaft ist auf Menschen angewiesen, die sich aufgrund von Prinzipien eigenständig in gesellschaftliche Prozesse und Entscheidungen einmischen und in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich dafür Sorge tragen, dass Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten möglichst vieler geschützt, erhalten und erweitert werden. Verantwortung verlangt nicht ängstliches Fragen, ob es recht ist, sondern mutig abzuklären, was danach wird. Verantwortung wahrzunehmen heißt, präventiv zu denken und zu handeln in Mitsorge und Vorsorge. [...] Deshalb ist das Befolgen von Gesetzen nicht hinreichend; verantwortliches Leben schließt die Frage ein, was der Einzelne tun kann und tun muss, um Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten zu fördern. Für den politischen Bereich heißt dies: Es reicht nicht aus, staatlichen Gesetzen zu gehorchen; die Stimme des Gewissens muss menschlichen Gesetzen widersprechen, wo diese Minderheiten verletzen. Es reicht nicht, eine menschenverachtende Ideologie nicht zu teilen; man muss rechtzeitig und offen widersprechen und risikobereit widerstehen. Es reicht nicht, geschwiegen zu haben, wenn die vielen gegrölt haben; man muss selbst das Fällige sagen. Es reicht nicht, ein reines Gewissen zu haben; man muss eingreifen und wird dabei nicht rein bleiben können. Es reicht nicht, Verantwortung nach oben abzuschieben; denn unten wird das jeweils ausgeführt, was oben erdacht und von oben gefördert wird. Es reicht nicht, nichts gewusst zu haben; man muss wissen wollen und sich auch um gefährliches Wissen bemühen, wo Gefahr droht. Dabei hat jeder Mensch zugleich eine nicht delegierbare Verantwortung für sich selbst, für seine physische und psychische Gesundheit, für sein Wohlbefinden, für die Ausbildung und Ausübung seiner Gaben, für ein glückendes Leben, das die in ihm schlummernden Kräfte kreativ und produktiv freisetzt. Jeder hat seine Verantwortung zunächst für den ihn umgebenden engeren Lebenskreis und kann sich nicht daraus mit dem Hinweis auf höhere Aufgaben dispensieren. Zugleich hat jeder eine Mitverantwortung für das, was in seiner Kommune, in seiner Gesellschaft, in seinem Staat geschieht. Verantwortlich zu leben heißt gerade nicht, zwanghaft zu leben, sondern den Ausgleich zwischen dem Achthaben auf sich selbst und dem Achthaben auf die anderen zu suchen. [...] Der Radius der Verantwortung des Menschen hat sich seit dem vorigen Jahrhundert immens vergrößert. Jeder einzelne trägt als Teil der Weltgesellschaft Mitverantwortung für die Überlebensmöglichkeiten künftiger Generationen. [...] Die höchste Angelegenheit des Menschen ist heute, wie er dazu beiträgt, die Schöpfung zu bewahren und sich selbst darin als ein glückendes, begnadetes Geschöpf mit anderen Geschöpfen zu erfahren. Man muss sich den verantwortlichen Menschen als einen glücklichen vorstellen [...].
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