Pflegebedarf in der Zukunft Konsequenzen für die Pflegeberufe
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- Nicole Feld
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1 Pflegebedarf in der Zukunft Konsequenzen für die Pflegeberufe 5. APOLLON Symposium der Gesundheitswirtschaft am 15. November 2013 in Bremen Gesundheitsberufe auf dem Prüfstand - Wandel, Trends und Perspektiven Prof. Dr. Heinz Rothgang Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen
2 Vorbemerkung Pflege bezieht sich auf Häusliche Krankenpflege Krankenhauspflege Langzeitpflege (im wesentlichen Altenpflege) Ich konzentriere mich im Folgenden auf Langzeitpflege Prof. Dr. Heinz Rothgang 2
3 Inhalt I. Nachfrage nach Pflegeleistungen II. Angebot an Pflegeleistungen: Arbeitskräfteentwicklung III. Vorausberechnungen zur Versorgungslücke: Der Bertelsmann-Themenreport Pflege 2030 IV. Konsequenzen für Pflege- und Berufspolitik Prof. Dr. Heinz Rothgang 3
4 I.1 Zahl der Pflegebedürftigen (1/3) Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2010 Prof. Dr. Heinz Rothgang 4
5 I.1 Zahl der Pflegebedürftigen (2/3) Abbildung 30: Zeitreihe der Prävalenzen; Standardisiert auf die Bevölkerung Deutschlands des Jahres differenziert nach Pflegestufen 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 0,0% von 40,2 Millionen von 41,8 Millionen von 82,0 Millionen Stufe III Stufe II Stufe I Männer Frauen Gesamt... differenziert nach Pflegearrangement 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% von 40,2 Millionen von 41,8 Millionen von 82,0 Millionen Pflegeunterbrechung/ Krankenhaus Vollstationäre Pflege Formell-ambulante Pflege Informelle Pflege Altersspezifische Pflegehäufigkeiten bleiben im Wesentlichen unverändert. Differenziert nach Pflegestufen: Anstieg der Prävalenzen in Stufe I Sinkende Prävalenzen in Stufe II und III Differenziert nach Pflegeform: Sinkende Prävalenz für informelle Pflege (insbes. Frauen) 0,0% Männer Frauen Gesamt Quelle: GEK-Routinedaten BARMER GEK Pflegereport 2011: 133 Prof. Dr. Heinz Rothgang 5
6 I.1 Zahl der Pflegebedürftigen (3/3) Das höhere Szenario erscheint derzeit wahrscheinlicher Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2010 Prof. Dr. Heinz Rothgang 6
7 I.2 Leistungsinanspruchnahme - heute Quelle: Statistisches Bundesamt 2013: Pflegestatistik 2011 Prof. Dr. Heinz Rothgang 7
8 I.2 Leistungsinanspruchnahme Entwicklung bis heute Anteil der Leistungsempfänger ,1 25,4 26,3 26,8 27,5 27,9 28,3 28,7 29,2 29,5 29,6 29,8 29,5 29,0 28, ,8 6,9 8,8 Inanspruchnahme von Pflegeleistungen in der Sozialen Pflegeversicherung 7,1 7,8 8,4 8,9 8,8 8,8 9,0 9,0 9,1 9,3 9,3 8,9 8,5 8,4 7,7 5,8 9,4 10,0 10,6 10,7 11,0 10,9 10,8 10,8 10,8 10,7 11,0 12,0 13,5 14, ,1 61,3 58,1 55,9 54,2 53,0 52,3 52,0 51,5 51,0 50,6 50,3 49,9 49,6 49,0 48,5 48,5 48, Jahr Stationäre Pflege Pflegesachleistung Kombileistung Pflegegeld Prof. Dr. Heinz Rothgang 8
9 I.2 Leistungsinanspruchnahme - morgen Zwei Gründe für die Annahme eines weiterhin rückläufigen Anteils der Angehörigenpflege 1. Sinkendes familiales Pflegepotential Sinkende Zahl an Töchter/Schwiegertöchtern pro Pflegebedürftigem Steigende Kinderlosigkeit, rückläufige Kinderzahl Höhere Frauenerwerbsquote höhere Opportunitätskosten der Pflege Höherer Anteil von Einpersonenhaushalten mit geringem Pflegepotential Größere Mobilität Kinder wohnen an anderen Orten als Eltern Abnehmende Pflegebereitschaft Prof. Dr. Heinz Rothgang 9
10 I. Leistungsinanspruchnahme - morgen 2. Altersstruktureffekt Niedriger Anteil der Angehörigenpflege bei Hochaltrigen Hoher Anteil der Heimpflege bei Hochaltrigen Erhöhung des Durchschnittsalters der Pflegebedürftigen führt zu steigender Heimquote Quote der Angehörigenpflege 2009 Quote der Heimpflege 2009 Insgesamt ist mit einem Trend zur formalen Pflege zu rechnen Nachfrage nach Pflegekräften wächst stärker als Zahl der Pflegebedürftigen Prof. Dr. Heinz Rothgang 10
11 Inhalt I. Nachfrage nach Pflegeleistungen II. Angebot an Pflegeleistungen: Arbeitskräfteentwicklung III. Vorausberechnungen zur Versorgungslücke: Der Bertelsmann-Themenreport Pflege 2030 IV. Konsequenzen für Pflege- und Berufspolitik Prof. Dr. Heinz Rothgang 11
12 II. Angebot an Pflegeleistungen Demographisch bedingt ist das Erwerbspersonenpotential rückläufig bis 2030 um knapp 15 % Prof. Dr. Heinz Rothgang 12
13 II. Angebot an Pflegeleistungen 100 Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials 95 Index: 2010= Jahr Quelle: eigene Berechnungen beruhend auf den variablen Erwerbspersonenpotentialquoten des IAB und der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des StBa Prof. Dr. Heinz Rothgang 13
14 II. Angebot an Pflegeleistungen Demographisch bedingt ist das Erwerbspersonenpotential rückläufig bis 2030 um knapp 15 % Der Arbeitsmarkt kippt In Zukunft ist wieder mit Arbeitskräfteknappheit zu rechnen Pflege konkurriert in Zukunft verstärkt mit anderen Branchen, die bessere Arbeitsbedingungen aufweisen Eine Steigerung des in der Pflege tätigen Anteils der Erwerbsbevölkerung ist nicht zu erwarten Insgesamt geht das Angebot an Pflegekräften zurück Prof. Dr. Heinz Rothgang 14
15 Inhalt I. Nachfrage nach Pflegeleistungen II. III. IV. Angebot an Pflegeleistungen: Arbeitskräftentwicklung Vorausberechnungen zur Versorgungslücke: Der Bertelsmann- Themenreport Pflege 2030 Konsequenzen für Pflege- und Berufspolitik Prof. Dr. Heinz Rothgang 15
16 III.1 Ausgangspunkte des Themenhefts Themenheft Pflege 2030 : Zwei Ausgangspunkte 1. Regionale Unterschiede Frage: Wie entwickeln sich für die einzelnen Kommunen die Zahl der Pflegebedürftigen Zahl der Beschäftigten in der Pflege relative Bedeutung der Versorgungsarten Versorgungslücken in der beruflichen Pflege? 2. Versorgungsarten: Angehörigenpflege, ambulante Pflege, Heimpflege Fragen: Welche Veränderungen ergeben sich in Abhängigkeit von verschiedenen Annahmen? Szenarien Wie beeinflussen diese Veränderungen die Versorgungslücken? Wie können diese Veränderungen beeinflusst werden? Prof. Dr. Heinz Rothgang 16
17 III.2 Methoden der Vorausberechnung (1/2) Zahl der Pflegebedürftigen Über Zeit konstante alters- und geschlechtsspezifische Pflegequoten gemäß der Daten des Statistischen Bundesamtes Bevölkerungsvorausberechnung gemäß Wegweiser Kommune Beschäftigte in der Pflege Arbeitskräfteangebot: über Zeit konstanter Anteil der Jährigen Arbeitskräftebedarf: über Zeit konstante Quoten von Beschäftigten / Pflegebedürftigen in ambulanter und stationärer Pflege Versorgungslücke: Differenz von Arbeitskräftebedarf und -angebot, gerechnet in Vollzeitäquivalenten Versorgungslücke bezieht sich auf die Lücke, die entsteht, wenn der gleiche Versorgungsgrad wie bisher beibehalten werden soll. Prof. Dr. Heinz Rothgang 17
18 III.2 Methoden der Vorausberechnung (2/2) Versorgungsarten Angehörigenpflege: Bezug von Pflegegeld, Ambulante Pflege: Pflegesachleistungen, Kombinationsleistung, Tages- und Nachtpflege Stationäre Pflege: Vollstationäre Dauerpflege, Kurzzeitpflege Szenarien: Szenario 1: Status quo-szenario Inanspruchnahme nach Alter und Geschlecht bleibt konstant Szenario 2: Formelle Pflege nimmt zu Trendextrapolation: Anteil der Angehörigenpflege reduziert sich jährlich um 1% des Vorjahreswertes, entsprechende Personenzahl wird zu gleichen Teilen auf ambulante und stationäre Pflege verteilt Szenario 3: Häusliche Pflege wird gestärkt Effekte der Umsteuerung sind (noch) nicht quantifizierbar Perspektivwechsel: Setzung von Nullwachstum bei Pflegeheimplätzen Prof. Dr. Heinz Rothgang 18
19 III.3 Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen Relative Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2009 und 2030 in Prozent Bremen 28,2 Hamburg 32,3 Saarland 34,0 Sachsen-Anhalt 40,3 Nordrhein-Westfalen 41,1 Rheinland-Pfalz 41,1 Hessen 43,1 Niedersachsen 45,3 Thüringen 46,2 Sachsen 46,5 Baden-Württemberg 53,6 Schleswig-Holstein 53,8 Bayern 53,8 Berlin 55,8 Mecklenburg-Vorpomme 55,9 Brandenburg 72,2 Deutschland 47,4 47,4 Prof. Dr. Heinz Rothgang 19
20 III.3 Fallzahlzunahmen in Szenario 1 Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege 380 Tsd. 300 Tsd. 425 Tsd. Prof. Dr. Heinz Rothgang 20
21 III.3 Fallzahlzunahmen in Szenario 2 Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationär 217 Tsd. 444 Tsd. 444 Tsd. Prof. Dr. Heinz Rothgang 21
22 III.3 Fallzahlzunahmen in Szenario 3 Angehörigenpflege Ambulante Pflege Stationäre Pflege 518 Tsd. 587 Tsd. 0 Tsd. Prof. Dr. Heinz Rothgang 22
23 III.4 Versorgungsarten im Jahr 2030 vollstationär ambulant Angehörigenpflege 2020: Szenario 3 20,8% 33,2% 46,0% 2020: Szenario 2 33,7% Relative Zunahme 29,0% der Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2009 und 2030 in Prozent 37,3% 2020: Szenario 1 33,1% 24,8% 42,0% ,6% 23,7% 45,6% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Prof. Dr. Heinz Rothgang 23
24 III.5 Arbeitskräfteangebot, -bedarf und Versorgungslücke Quelle: Bertelsmann Themenreport Pflege Szenario 2 Prof. Dr. Heinz Rothgang 24
25 III.5 Versorgungslücken im Jahr 2030 Szenario 1 Szenario 2 Szenario Tsd. 491 Tsd. 262 Tsd. Prof. Dr. Heinz Rothgang 25
26 Inhalt I. Nachfrage nach Pflegeleistungen II. III. IV. Angebot an Pflegeleistungen Vorausberechnungen zur Versorgungslücke: Der Bertelsmann-Themenreport Pflege 2030 Konsequenzen für Pflege- und Berufspolitik Prof. Dr. Heinz Rothgang 26
27 IV. Konsequenzen für die Pflegepolitik (1/2) 1. Zahl der Pflegebedürftigen wird steigen aber regional sehr unterschiedlich Kommunalpolitik ist gefragt 2. Versorgungspotentiale sind rückläufig, in familialer und formaler Pflege Unterstützung aller Pflegearten Angehörigenpflege: Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Beratung und Begleitung, Case und Care Management Zivilgesellschaftliches Engagement Quartiersmanagement Formale Pflege Steigerung der Attraktivität des Berufs nicht nur Imagekampagnen Höhere Rekrutierung, höherer Rückkehrquoten nach Familienphase, längerer Verbleib im Beruf Ausländische Pflegekräfte sind keine Patentlösung Prof. Dr. Heinz Rothgang 27
28 IV. Konsequenzen für die Pflegepolitik (2/2) 3. Versorgungslücke in der formalen Pflege kann halbiert werden, wenn Zahl der Heimplätze eingefroren wird und ambulante Kapazitäten ausgebaut werden Heimpflege entspricht nicht den Präferenzen der Betroffenen Heimpflege lässt vorhandene Fähigkeiten der Bewohner zur Selbstversorgung ungenutzt Heimpflege mobilisiert zivilgesellschaftliches Engagement nur in geringem Ausmaß Versorgungslücke ist je geringer je niedriger der Anteil der stationären Pflege ist 4. Auch in Zukunft ist Heimpflege unverzichtbar. Sozialpolitik sollte aber vor allem Pflege im Quartier fördern und eine entsprechende Infrastruktur schaffen Prof. Dr. Heinz Rothgang 28
29 IV. Konsequenzen für die Berufspolitik (2/3) 1. Steigerung der Attraktivität des Berufs Personaldichte mehr Stellen = bessere Arbeitsbedingungen Bessere Entlohnung insbes. in Konkurrenz zu anderen Branchen Entsprechende Refinanzierung der Leistungen Höhere Leistungsvergütungen Höhere Beitragseinnahmen der Pflegeversicherung Die ganze Finanzierungskette ist mitzudenken 2. Spezifische Ansatzpunkte für Rekrutierung Schulgeldfreiheit, normale duale Ausbildung Rückkehrer familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte nach der Familienphase Berufsverweildauer und Erhöhung der Vollzeitquote bei älteren Pflegekräften altersadäquate Arbeitsplätze Prof. Dr. Heinz Rothgang 29
30 IV. Konsequenzen für die Berufspolitik (2/3) 3. Professionenmix Personalengpässe auch in anderen Gesundheitsberufen reine Verlagerung von Tätigkeiten reicht nicht aus Effizienzgewinne sind notwendig In der Altenpflege: Pflegekräfte müssen stärker Pflegearrangements (formelle und informelle Pflege) managen. 4. Differenzierung der Qualifikationsniveaus Von akademischen Pflegekräften bis zu Hilfsberufen Durchlässigkeit nach oben und Aufstiegschancen Generalistische Ausbildung als Ausgangspunkt Prof. Dr. Heinz Rothgang 30
31 Schluss Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Heinz Rothgang 31
32 III.3 Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen Kommunen mit besonders niedrigem Zuwachs (< 20%): Goslar, Osterode am Harz, Gelsenkirchen, Vogelsbergkreis, Hagen, Kassel, Bamberg, Coburg, Hof und Wunsiedel im Fichtelgebirge Kommunen mit besonders hohem Zuwachs: Fürstenfeldbruck, Erlangen-Höchstadt, Freising, Barning, Erding, Bad Doberan, Dachau, Ebersberg (> 90%) Ebersberg, Landkreis München, Landkreis Oberhavel (> 100%) Gründe für die unterschiedliche Entwicklung: Demographische Struktur Kommunen mit hohem Zuwachs haben in der Regel heute eine junge Bevölkerung mit niedriger Pflegeprävalenz Kommunen mit niedrigem Zuwachs haben in der Regel heute eine ältere Bevölkerung mit hoher Pflegeprävalenz Prof. Dr. Heinz Rothgang 32
33 III.6 Arbeitskräfteangebot, -bedarf und Versorgungslücke Ambulanter Bereich Personal lücke Personalbedarf ambulant Szenario 1 Personalbedarf ambulant Szenario 2 Personalbedarf ambulant Szenario 3 Personalangebot ambulant Prof. Dr. Heinz Rothgang 33
34 III.6 Arbeitskräfteangebot, -bedarf und Versorgungslücke Stationärer Bereich Personal lücke Personalbedarf stationär Szenario 1 Personalbedarf stationär Szenario 2 Personalbedarf stationär Szenario 3 Personalangebot stationär Prof. Dr. Heinz Rothgang 34
35 III.5 Ursache der Versorgungslücken Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 Szenario 1 Szenario 2 Szenario 3 insgesamt Durch Veränderung der Zahl der Pflegebedürftigen Durch Veränderung des Erwerbspersonenpotentials absolut absolut % absolut % ambulante Pflegedienste stationäre Pflegeeinrichtungen ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen Prof. Dr. Heinz Rothgang 35
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