Gesundheitsökonomische Evaluation
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- Berthold Schäfer
- vor 8 Jahren
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1 Gesundheitsökonomische Evaluation Kosten-Nutzen-Analysen t Prof. Dr. med. Helmut Brunner Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Seite 1 Lernziele Die Studierenden sollen einige betriebswirtschaftliche Grundprinzipien und Modelle definieren. die Grundprinzipien ökonomischen Handelns darlegen. betriebswirtschaftlich und ökonomisch relevante Kostenarten erläutern. gesundheitsökonomische Bewertungsmethoden erläutern. Gründe und Beispiele für Kostensteigerungen im Gesundheitswesen kennen. Strategien der Kostendämpfung im Gesundheitswesen erläutern. Rationalisierung und Rationierung unterscheiden. Seite 2 1 1
2 Unterschiedliche Ziele von Medizin und Ökonomie Ziele der Medizin i Die Versorgung des einzelnen Patienten hat höchste Priorität. Qualität und Erfolg der Behandlung stehen im Vordergrund. Die Medizin hat eine sehr lange Tradition und in der eigene Wertvorstellungen (Ethik). Seite 3 Ziele der Ökonomie Sinnvolle Zuordnung (Allokation) der knappen Mittel (Ressourcen). Ökonomische Ethik. Zielgruppen: a) Mitarbeiter eines Unternehmens, b) die gesamte Bevölkerung (Volkswirtschaft), c) Gruppen von Patienten und Versicherten. Der Arzt als Nutzer der knappen Ressourcen. Das Behandlungsergebnis wird mit den entstandenen Kosten bewertet. Eine andere Verwendung der Mittel auch außerhalb der Medizin wird einbezogen (Opportunitätskosten). Seite 4 1 2
3 Gründe für den Kostenanstieg im Gesundheitswesen Demographische Entwicklung Technologischer Fortschritt Beispiele: 1. Antibiotika 2. Neue e Impfungen 3. Asthma 4. Versorgung Frühgeborener. Seite 5 Abb. 1-1 Beschäftigte im Gesundheitswesen als Anteil an allen Beschäftigten (Quelle: Statistisches Bundesamt 2005) 12.00% 10.00% 10,2% 10,7% 8.00% 6.00% 4,5% 5,8% 4.00% 2,9% 2.00% 0.00% Seite 6 1 3
4 Abb 1-4 Gesundheitsausgaben der BRD als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (Quelle: OECD 2005) 10,6% 11,1% 1% 8,7% 8,5% 6,2% 4,8% Seite 7 Abb 1-2 Ländervergleich: Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (Quelle: OECD, 2005) Deutschland 11,1% USA 15% Frankreich 10,1% Belgien 9,6% Italien 8,4% Österreich 7,5% Dänemark 9% Niederlande 9,8% Seite 8 1 4
5 Abb 1-3 Ländervergleich: Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (Quelle: OECD, 2005) Deutschland 11,1% Spanien 8% Finnland 10,1% Ungarn 9,6% Polen 8,4% Irland 7,5% Luxemburg 7% Portugal 9,8% Seite 9 Arzneimittelausgaben der GKV in Mrd. (Quelle: Schwabe/Paffrath, 2007) ,2 11, , , , ,3 21, , Seite
6 Vergleich des Antibiotika - Einsatzes pro 1000 Einwohner und Tag in verschiedenen europäischen Ländern Frankreich 36,5 Spanien 32,4 Portugal 28,8 Griechenland 22,7 Finnland England 19,3 18 Deutschland Schweden Dänemark 13,6 13,5 11,4 Niederlande 9 Gesamttagesdosen pro Einwohner Quelle: Cars et.al Seite 11 Abb.1-10: Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, MRSA* Griechenland UK Irland Italien Portugal Spanien Belgien Deutschland Österreich 8.8% 13.8% 24.8% 23.6% 34.7% 44.4% 41.5% 41.2% 40.6% Finnland Schweden 10% 1.0% 0.8% Dänemark Niederlande 0.6% 0.6% (*Tiemersma et al., 2004) Seite
7 Wie kann der Kostenanstieg im Gesundheitswesen gebremst werden? Rationalisierung bei medizinischen Maßnahmen. Gesundheitsökonomische Bewertung: Kosten- Nutzen-Analysen als Entscheidungshilfen. Qualitätsmanagement. Evidence-based Medicine (EbM). Verbesserung des Informationsflusses, Vernetzung, Telemedizin. Politik: Strukturreform durch den Staat, z. B. Einführung von Managed - Care Modellen (USA, Schweiz). Seite 13 Seite 14 Methoden gesundheitsökonomischer Bewertung medizinischer Maßnahmen 1. Analyse einzelner Krankheiten Krankheitskostenanalyse 2. Vergleichende Bewertung medizinischer Maßnahmen (Kosten-Nutzen-Analysen) Kosten-Minimierungs-Analyse (CMA) Kosten-Wirksamkeits-Analyse (CEA) Kosten-Nutzwert-Analyse (CUA) Qualitätsbezogene Lebensjahre, Quality-Adjusted Life Years (QALY) Kosten-Nutzen-Analyse im engeren <Prof. Dr. med. Sinne: Helmut Brunner> Humankapitalansatz 1 7
8 Beispiel für eine Kosten- Wirksamkeits-Analyse (Cost-Effectiveness-Analysis) Zwei blutdrucksenkende k d Mittel werden verglichen durch die Quotienten Kosten (A)/Wirksamkeit (A) (Senkung des Blutdrucks in mm Hg) und Kosten (B)/Wirksamkeit (B) (mm Hg) Inkrementelle Analyse: T CEA = (K A - K B )/(E A -E B ) = ΔK/ ΔE Seite 15 Beispiel für eine Kosten-Nutzwert- Analyse (Cost-Utility-Analysis, CUA) Als Nutzen der medizinischen Maßnahme wird ein QALY (Quality Adjusted Life Year, qualitätskorrigiertes Lebensjahr) definiert: Produkt aus gewonnenen Lebensjahren und erreichter Lebensqualität QoL, ausgedrückt als Nutzwert (score von 0=Tod bis volle Gesundheit=1, WHO-Definition). Kosten/QALY ; Kosten/(Jahre x QoL) Seite
9 Inkrementelle Kosten (K) -Nutzwert (u)- Analyse, cost - utility- analysis, CUA T CUA = (K A -K B )/(QALY A -QALY B ) = ΔK/ ΔQALY QALY= LY u Seite 17 Gesundheitsökonomisch relevante Kostenarten Tangible Kosten 1. Direkte medizinische Kosten Direkte nicht-medizinische Kosten 2. Indirekte (volkswirtschaftliche) Kosten Intangible Kosten (Lebensqualität) Seite
10 Kosten durch Rückenschmerzen* Niederlande Deutschland Bevölkerung 15,4 Mio. 81 Mio Direkte (medizinische) Kosten 0,37 Mrd. 2 Mrd. Indirekte (volks- 4,6 Mrd. 24 Mrd. wirtschaftliche) Kosten * nach van Tulder et al, 1995 Seite 19 Kosten von Asthma bronchiale in Deutschland im Jahre 1992 Kostenart Gesamtausgaben % (Mio. DM) Ambulante ,7 Behandlung Arzneimittel ,9 Stationäre ,4 Behandlung Rehabilitation 441 8,6 Krankengeld 213 4,2 Arbeitsunfähigkeit ,0 Vorzeitige ,2 Todesfälle Direkte Kosten ,8 Indirekte Kosten ,2 Gesamtausgaben Seite
11 Frühgeborene: Medizinische, soziale, ethische und ökonomische Fragen bei ihrer Versorgung und Betreuung. Neugeborene (1998 ca ) pro Jahr: 6-10% vor der 36. Woche < 2500g 0,6% vor der 28. Woche < 1000g 0,2% (ca. 1500) vor der 25. Woche < 750g Gestorbene Säuglinge 1998: < 2500 g 3,80% > 2500 g 0,24% Seite 21 Kosten und Geburtsgewicht Gewicht (g) n (%) Kosten (Mio. EURO) % < 750 0,1 3, ,3 5,0 6 1, ,9 10,8 13 1, ,9 7,5 9 2, ,7 6,7 8 > 2,499 90,0 45,3 55 Sonstige 3,1 3,4 4 Gesamt 100,0 82,1 99* * (rundungsbedingt) Source: A. Gill, The socioeconomic impact of preterm delivery. Front Horm Res 27: 1-9, Seite
12 Kosten pro Kind Gewicht (g) n (%) Kosten (EURO) % < 750 0, , , , , , , , > 2,499 90, Sonstige 3, Source: A. Gill, The socioeconomic impact of preterm delivery. Front Horm Res 27: 1-9, Seite 23 Rückenschmerzen - Lumbalgie, Ischialgie Seite
13 Kosten durch Rückenschmerzen* Niederlande Deutschland Bevölkerung 15,4 Mio. 81 Mio Direkte (medizinische) Kosten 0,37 Mrd. 2 Mrd. Indirekte (volks- 4,6 Mrd. 24 Mrd. wirtschaftliche) Kosten * nach van Tulder et al, 1995 Seite 25 Bandscheibenvorfall in den Wirbelkanal hinein (Prolaps) Wirbelkanal Intakter vorderer Bandscheibenring (Anulus fibrosus) Wirbelkörp er Seite
14 Prävention Kräftigung des Rückens, v.a. Rumpfmuskulatur Ausgleich zum langen Sitzen mittels Rückentrainingsprogrammen (Gymnastikund Geräteeinheiten) Übergewicht abbauen (Hohlkreuz!) Rückenschonende Bewegungsabläufe am Arbeitsplatz Quelle: Techniker Krankenkasse 2005 Seite 27 Seite
15 Studie der AOK Niedersachsen 2005 Unspezifische Rückenschmerzen Medizinische und ökonomische Bewertung eines ambulanten Präventionsansatzes Evaluation sekundärpräventiver Rückenschulung Rückenschulungen sind Programme, in die der Betroffene durch das Erlernen eines rückengerechten Verhaltens aktiv eingebunden wird. Ziele: 1) Vermindern der Rückenschmerzen und 2) Vermeiden von chronischen Rückenbeschwerden Seite 29 Studie Gegenstand der Studie: o Untersuchung der Effektivität ität und Wirtschaftlichkeit einer sanften Rückenschule zur Prävention von unspezifischen Rückenbeschwerden Zielgruppe: o Einschlusskriterien: < 55 Jahre alte Männer oder Frauen Innerhalb von 6 Mon. 2 AU-Meldungen >13Tage oder >27 zusammenhängende AU-Tage Seite
16 Studie Untersuchungsdesign: o Kontrollierte Studie o Rückenschulkurs über 5 Wochen (2x wöchentl., 90 Minuten) in 16 verschiedenen Regionen o Refresherkurs 6 Wochen nach Kursende Seite 31 Studie Vier Erhebungszeitpunkte: ot1: Kursbeginn (n I =197, n K =762) ot2: Interventionsende ot3: 6 Monate nach Interventionsende ot4:12 Monate nach Interventionsende (n I =72, n K =380) AU- Daten bis 2 Jahre nach der Intervention Seite
17 Studie - Kostenanalyse Einsparungen von krankengeldpflichtigen AU-Tagen: o Nach 15 Monaten: 11 AU-Tage o Nach 24 Monaten (insg.): 18 AU- Tage Volkwirtschaftliche Einspareffekte von 1622,20 je Kursteilnehmer (Produktionsausfallkosten) Einzelwirtschaftlich Einspareffekte für die Krankenkasse (AOK) von durchschn. 662,13 Die initialen Programmkosten: 503,62 Programmkosten sind überkompensiert Seite 33 Resümee Sekundärpräventive Rückenschulungen haben auf Kranke mit rezidivierenden Rückenschmerzen bis langfristig positive Auswirkungen auf 1. den Gesundheitszustand und führen zu einer 2. Reduktion der Arbeitsunfähigkeit und damit zu einer 3. Verminderung der indirekten Kosten Voraussetzung: zielgerichtete Auswahl und eine vorausgehende Beratung der Teilnehmer durch geschultes Personal! Seite
18 Evidenz-basierte Medizin Seite 35 Sterberate (%) bei Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie: Behandlung nach Leitlinien im Vergleich zur bisherigen Behandlung Leitlinien bisher *(p<0,05) 8.4%* % % 1.41% 0 Seite 36 leichter Verlauf schwer krank 1 18
19 Evidenzbewertung Evidenzklassen (nach AHCPR u. SIGN)* zur Bewertung von Studien Evidenzklasse Art der Evidenz I a I b II a II b III IV Evidenz aufgrund von Metaanalysen randomisierter, kontrollierter Studien Evidenz aufgrund mindestens einer randomisierten, kontrollierten Studie Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten, kontrollierten Studie ohne Randomisierung Evidenz aufgrund mindestens einer anderen gut angelegten, nicht- randomisierten und nicht- kontrollierten Studie, z.b. Kohortenstudie Evidenz aufgrund gut angelegter, g nicht-experimenteller, deskriptiver Studien, z.b. Vergleichsstudien, Korrelationsstudien und Fall-Kontroll-Studien Evidenz aufgrund von Berichten der Experten-Ausschüsse oder Expertenmeinungen und/oder klinischer Erfahrung anerkannter Authoritäten * Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR), 1992; Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) Seite 37 Grad der Empfehlung, so genannter Härtegrad Empfehlungsgrad Definition A B Konsistente Klasse -I-Studien Konsistente Klasse -II- oder -III-Studien oder Extrapolationen aus Klasse -I-Studien C Klasse -IV-Studien oder Extrapolationen aus Klasse -II oder -III-Studien D Evidenzklasse V oder inkonsistente Studien jeglicher Evidenzklasse Seite
20 Gliederung der Vorlesung Gesundheitsökonomische Evaluation Einleitung: BIP, Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP, Gründe für den Kostenanstieg, MRSA, Prävention: Primär-, Sekundär-, Tertiär-Prävention. Opportunitätskosten Arzneimittelausgaben Ökonomisches Prinzip Definition: Gesundheitsökonomie 1. Gossensches Gesetz (Sättigungsgesetz, Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen) Kostenarten Inkrementelle KNA, Marginalanalyse: Grenzkosten, Grenznutzen, Grenzgewinn Prinzipielle Möglichkeiten der Kostendämpfung Methoden der Kosten-Nutzen-Analyse EbM: Umsetzung der Ergebnisse klinischer Studien Rationalisierung statt Rationierung Beispiele Antibiotikatherapie Sequenztherapie Impfungen Seite
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