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- Emilia Kuntz
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1 A Date: Name: StB 1 Umsatzsteuer Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Dortmund, und Diplom-Ökonom Hans-Joachim Kraatz, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Dresden * Sicherheitseinbehalte,Leasinggeschäfte,Ratenverkäufe etc.: BFH stellt die bisherigen Liquiditätsnachteile der Sollbesteuerung in Frage Der BFH hat darauf erkannt, dass ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer, der seinen Entgeltsanspruch aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann, bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung berechtigt ist. Das auf den ersten Blick sicher recht spezielle und eher theoretisch anmutende Urteil dürfte sich in der Praxis immer dann ± und zwar zum Vorteil des Mandanten ± auswirken, wenn dieser als Sollbesteuerer nach Erbringung seiner Leistung zwar einen Entgeltsanspruch hat, diesen aber aufgrund entgegenstehender Vereinbarungen zunächst nicht durchsetzen kann. Entsprechend mindert sich dann der Vorsteueranspruch des aus den Vereinbarungen begünstigten Leistungsempfängers.# I. Der Urteilsfall Das Urteil BFH,Urteil vom ,V R 31/12 erging zu folgendem Sachverhalt: Ein deutsches Unternehmen (D) ist im Bereich der Oberflächentechnik tätig und führte für einen ebenfalls deutschen Unternehmenskunden (K) Malerarbeiten aus. Auf Grund eines Sicherheitseinbehalts wegen möglicher Baumängel musste K zunächst nur 90% der Rechnungssumme zahlen. Die verbleibenden 10% waren erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist (5 Jahre) fällig. D wollte dementsprechend zunächst nur 90% des Umsatzes versteuern und die Umsatzsteuer auf die restlichen 10% nach Fälligkeit in 5 Jahren bezahlen. Das Finanzamt forderte mit der bislang herrschenden Meinung die sofortige Zahlung der gesamten Umsatzsteuer. * Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann ist Dozent,Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen,Dortmund. Diplom-Ökonom Hans-Joachim Kraatz ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater,Dresden. Beide sind Partner der kmk Steuerberatungsgesellschaft mbh.
2 2 StB Date: Name: A II. Weite Auslegung des Begriffs der ¹Uneinbringlichkeitª nach 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG ± zu Gunsten des leistenden Unternehmers Der BFH teilt die Auffassung des leistenden Unternehmers 1. Die Sollbesteuerung ± also die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten ± ist auch im Hinblick auf die EU-Vorgaben im Grundsatz nicht zu beanstanden. Daraus ergibt sich für den leistenden Unternehmer zwangsläufig auch eine gewisse Pflicht zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer 2. Diese Pflicht darf den Sollbesteuerer aber im Vergleich zum Istbesteuerer nicht über Gebühr belasten! Dieses Ziel ± also die Vermeidung einer Überbelastung ± erreicht der BFH über die Auslegung des Begriffs der ¹Uneinbringlichkeitª nach 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Auslegung muss auch dazu dienen,die Besteuerungsgleichheit zwischen der Soll- und Istbesteuerung zu gewährleisten 3. Aus diesem Grund legt der BFH den Berichtigungstatbestand ( 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) weit aus 4. Damit ist ab sofort zu unterscheiden: 1. Nachträgliche Uneinbringlichkeit Schon immer unstreitig war,dass die Sollbesteuerung den Unternehmer bei Umständen,die erst nach der Leistungserbringung eintreten,nicht verpflichtet,umsatzsteuer über mehrjährige Zeiträume vorzufinanzieren Anfängliche Uneinbringlichkeit Vor dem Besprechungsurteil noch ungeklärt war der Fall, dass der Unternehmer bereits nach den der Leistungserbringung zugrunde liegenden Verträgen von vornherein nicht berechtigt ist,das Entgelt bei Leistungserbringung vollständig zu vereinnahmen. Hier hält der BFH die Annahme einer Uneinbringlichkeit bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung für gerechtfertigt: ± Eine Verpflichtung des Unternehmers zu einer mehrjährigen Vorfinanzierung der Umsatzsteuer ohne Entgeltvereinnahmung ist im Hinblick auf die Aufgabe als Steuereinnehmer auch dann unverhältnismäûig,wenn diese von vornherein feststeht 6. ± Aufgrund der vom deutschen Gesetzgeber ausgeübten Ermächtigung,einzelne Unternehmer der Istbesteuerung zu unterwerfen,ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar,wenn der Steueranspruch bei Vereinbarung eines Sicherungseinbehalts für den Gewährleistungsfall bei der Istbesteuerung erst aufgrund der Vereinnahmung nach Ablauf von Gewährleistungsfristen von zwei bis fünf Jahren entsteht,während bei der Sollbesteuerung 1 BFH,Urteil vom ,V R 31/12,BB 2014,341; BB-ONLINE BBL ; BFH-NV 2014, BFH,Urteil vom ,a. a. O.,Rz. 11 ff. 3 So bereits BFH,Urteil vom ,V R 4/09,BStBl. II 2013,590, unter II.4.b dd (1) und oben II.1.a. 4 BFH,Urteil vom ,a. a. O.,Rz Vgl. Abschn Abs. 5 UStAE; dazu ausführlich Lang in Weimann / Lang,Umsatzsteuer ± national und international,3. Aufl. 2011, 17 Anm BFH,Urteil vom ,a. a. O.,Rz. 19 u. Rz. 23.
3 A Date: Name: StB 3 auch im Umfang des Sicherungseinbehalts bereits aufgrund der Leistungserbringung sofort zu versteuern ist 7. Beratungskonsequenz Die Auslegung des Begriffs ¹uneinbringlichª dient hier dazu,die Besteuerungsgleichheit zwischen Soll- und Istbesteuerung herzustellen. Der BFH hätte wahrscheinlich anders entschieden,wenn D die laut Vertrag ebenfalls mögliche Bankbürgschaft erbracht und damit den vollen Zahlungsanspruch gehabt hätte 8. III. Betroffene Ausgangsumsätze des Mandanten Anzuwenden sein wird das Urteil immer dann,wenn die Sollbesteuerung deswegen zu einer nicht gewollten Vorfinanzierung der Umsatzsteuer durch den Mandanten führt, weil sein Kunde erst später den vollen Preis zahlt,also vor allem bei ± Sicherheitseinbehalten ± Ratenzahlungsgeschäften und ± Lieferungen gleichgestellten Leasinggeschäften. ± Sicherheitseinbehalte Der Mandant ist Bauunternehmer und tätigt ein dem Urteilsachverhalt. vergleichbares Geschäft. ± Ratenzahlungsgeschäfte Der Mandant betreibt ein Möbelhaus und kurbelt den in den Sommermonaten schleppenden Umsatz mit der Verkaufsfördermaûname ¹Ab sofort schön wohnen und erst ab Januar in 12 gleichen Raten bezahlen!ª an. ± Lieferungen gleichgestellte Leasinggeschäfte Betroffen sind insbesondere Fälle des Spezialleasings,d. h. Leasinggegenstand ist speziell auf die Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten und kann nach Ablauf der Grundmietzeit nur noch bei ihm sinnvolle Verwendung finden 9 Der Mandant ist Anlagenbauer und baut eine auf die speziellen Kundenbedürfnisse zugeschnittene Maschine. Zur Finanzierung wird ein 2-jähiges Leasing vereinbart. Anwendungsbereich: Nicht anzuwenden sein dürfte die neue Rechtsprechung dann,wenn nicht der leistende Unternehmer,sondern ein 7 BFH,Urteil vom ,a. a. O.,Rz BFH,Urteil vom ,a. a. O.,Rz Vgl. Abschn. 3.5 Abs. 5 ff. UStAE und BFH, ± IV R 97/86, BFH/NV 1991,432.
4 4 StB Date: Name: A Dritter ± etwa ein Kreditinstitut ± die Finanzierung übernimmt 10. IV. Betroffene Eingangsumsätze des Mandanten Ist danach ± etwa aufgrund eines Sicherungseinbehalts ± beim leistenden Unternehmer eine Berichtigung des Steueranspruchs zu bejahen,muss ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Leistungsempfänger korrespondierend den Vorsteuerabzug berichtigen ( 17 Abs. 2 Nr. 1 i.v.m. Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Mandant,ein selbständiger Fliesenleger,lässt von Bauunternehmer B eine neue Auûenlagerfläche anlegen. Das Gewerk soll Euro zzgl. USt kosten. A und B vereinbaren einen Sicherheitseinbehalt i. H. von 10%. Diesen muss A erst in 5 Jahren ± nach Ablauf der Gewährleistungsfrist ± leisten. B rechnet gegenüber A daher wie folgt ab: Baumaûnahme Euro Umsatzsteuer Euro Rechnungsbetrag Euro./. Sicherungseinbehalt (10%) Euro sofort zu zahlen Euro Der sofortige Vorsteuerabzug des A reduziert sich auf e [90% v Euro]. V. Ausdrücklicher Hinweis auf Anwendung der neuen BFH-Rechtsprechung! Seit Jahren wird die Frage,ob der Steuerpflichtige das Finanzamt überhaupt und gegebenenfalls in welchen Fällen auf seine von der Verwaltungsauffassung oder der Auffassung der Finanzgerichte abweichende Rechtsansicht hinweisen muss,kontrovers diskutiert. Der BGH hat dazu erkannt,dass der Steuerbürger auch bei einer abweichenden (vertretbaren) Rechtsauffassung dazu verpflichtet ist,alle steuerlich erheblichen Tatsachen richtig und vollständig vorzutragen und es dem Finanzamt dadurch zu ermöglichen,die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung zutreffend festzusetzen 11. Damit entsteht eine Offenbarungspflicht auch für Sachverhaltselemente, deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist; ansonsten sind die Angaben i. S. von 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ¹unvollständigª. Der vorsichtige Steuerberater sollte daher bei auch nur möglicherweise strittigen Rechtsfragen gegenüber der Finanzverwaltung sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht möglichst viel vortragen,um sich abzusichern und sich so der Gefahr strafrechtlicher Konsequenzen zu entziehen. Voraussetzung für die Rechtsanwendung ist in jedem 10 Wäger, BFH/PR 2014,ˆ. 11 Weyand, Risiko der Steuerhinterziehung bei abweichender Rechtsauffassung / Anmerkungen zum BGH-Urteil vom ,5 StR 221 / 99,INF 2000,726.
5 A Date: Name: StB 5 Fall eine umfassende,breit angelegte Kenntnis nicht nur der aktuellen Rechtsprechung,sondern auch der finanzbehördlichen Richtlinien und deren Umsetzung in den vorgelegten Erklärungen ± gleichermaûen die Berücksichtigung der momentanen Veranlagungspraxis der Finanzverwaltung. Jede Abweichung hiervon birgt künftig bereits die Gefahr strafrechtlicher Vorwürfe. Dies gilt zumindest für Berufsangehörige; der Unternehmer (Steuerpflichtige) selbst wird sich mit dem Hinweis auf die an den Steuerberater vorgenommene Delegation steuerlicher Obliegenheiten vor dem Vorwurf der Steuerhinterziehung schützen können. Beratungskonsequenz Wenn Sie als Steuerberater die neue Rechtsprechung in den unter IV. genannten Fällen zu Gunsten des Mandanten anwenden wollen,müssen Sie dies ausdrücklich tun,da die Stellungnahme der Finanzverwaltung noch aussteht (siehe VI.). VI. BMF-Schreiben bleibt abzuwarten Die Finanzverwaltung hat sich zu dem neuen Urteil noch nicht geäuûert. Insbesondere wird die Finanzverwaltung klären müssen, ab welcher Zahlungsfrist die neue Steuerberichtigung zugelassen wird. Es ist damit zu rechnen,dass die Frist eher zu lang bemessen wird ± schon allein aus profiskalischem Denken.
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