Artenschutz vers. Gehölzpflege?
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- Bernt Dieter
- vor 8 Jahren
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1 Artenschutz vers. Gehölzpflege? - Ein Jahr neues Bundesnaturschutzgesetz - Frühjahrstagung der Beratungskräfte des Obst- und Gartenbaus Horb am Neckar am 3. Mai 2011
2 1. Das Problem Neues Bundesnaturschutzgesetz in Kraft seit 1. März gilt vielfach als unmittelbar geltendes Recht an Stelle des Landesnaturschutzgesetzes, u.a. im Bereich Artenschutz. Noch immer Verunsicherung, was neue Rechtslage bzgl. Fällung, Rückschnitt etc. von Hecken und Bäumen betrifft. Folie 2, Dr. Hahn, RP TÜ,
3 Übersicht 1. Das Problem 2. Allgemeiner Artenschutz: Lebensstättenschutz 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes 4. Biotopschutz 5. Ausnahmen vom Schnitt- /Fällverbot 6. Resümee Folie 3, Dr. Hahn, RP TÜ,
4 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz 39 Abs. 5 S. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen u. ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird. Folie 4, Dr. Hahn, RP TÜ,
5 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz 39 Abs. 5 S. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 2. Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen. Folie 5, Dr. Hahn, RP TÜ,
6 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz 39 Abs. 5 S. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 3. Röhrichte in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückzuschneiden; außerhalb dieser Zeiten dürfen Röhrichte nur in Abschnitten zurückgeschnitten werden, 4. ständig wasserführende Gräben unter Einsatz von Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt erheblich beeinträchtigt wird. Folie 6, Dr. Hahn, RP TÜ,
7 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz Beispiele relevanter Tierarten Gehölze im Offenland Amphibien und Reptilien: Eidechsen, Frösche, Molche Avifauna: Grasmücken, Nachtigall, Neuntöter, Raubwürger, Greife, Zaunkönig Insekten: Käfer, Schmetterlinge, Nützlinge (wichtig für biol. Schädlingsbekämpfung) Säugetiere: Hase, Dachs, Fledermäuse, Wiesel Bachbegleitende Gehölze Eisvogel, Fische, Libellen Folie 7, Dr. Hahn, RP TÜ,
8 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz Bei Hecken, lebenden Zäunen, Gebüschen und anderen Gehölzen: In der Zeit vom 1. März bis 30. September Schnitt / Fällung grds. verboten! Bei Bäumen: Standort entscheidet. Verbotszeiträume ( 39 Abs. 5 S. 1) - Bäume in Wäldern, Kurzumtriebsplantagen und gärtnerisch genutzten Grundflächen: Schnitt / Fällung grds. ganzjährig erlaubt - Bäume in freier Landschaft, an Straßen: wie bei Hecken in der Zeit vom 1. März bis 30. September Schnitt / Fällung grds. verboten! Folie 8, Dr. Hahn, RP TÜ,
9 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz gärtnerisch genutzte Grundfläche : umstritten Argumente für einschränkende Auslegung ( Freistellung nur des Erwerbsgartenbaus) Definitionen ( 39 Abs. 5 S. 1) aber ausschlaggebend: klarer Wortlaut; 1 Abs. 6 BNatSchG; 8 Abs. 2 KrW-/AbfG; Verstoß ist OWi Auch private Klein-, Nutz- und Ziergärten freigestellt! Auch Bäume am Straßenrand? nein; keine noch großzügigere Auslegung ( bereits nicht als Garten einzustufen). Folie 9, Dr. Hahn, RP TÜ,
10 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz Definitionen ( 39 Abs. 5 S. 1) Kurzumtriebsplantage Bei Umtriebszeit von bis zu 20 Jahren Bestückung ausschl. mit schnell wachsenden Baumarten Abschneiden Erfasst auch Hecken- und Baumschnitt als Abtrennen von Bestandteilen (Bsp.: Zweigen), wenn dabei mehr als nur unwesentlich in Gehölz / Baum eingegriffen. Arg.: Ausnahme für Form- und Pflegeschnitte (Abs. 5 S. 2). Folie 10, Dr. Hahn, RP TÜ,
11 2. Allg. Artenschutz: Lebensstättenschutz Hintergrund der unterschiedlichen Regelung Bäume Gehölze Bedeutung von Gehölzstrukturen für Biotop- und Artenschutz Avifauna; Amphibien und Reptilien; Fische; Insekten; Säuger Nist- und Brutzeit zwischen März und Oktober wichtige Pflanzen sollen zur Fortpflanzungs-/ Brutzeit nicht schlagartig aus der Fauna verschwinden keine Störung in dieser Zeit durch radikale Schnitte Schutz der Gelege. Erwerbswirtschaftliche Nutzung bei Wald und Kurzumtriebsplantagen Folie 11, Dr. Hahn, RP TÜ,
12 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Gehölzschnitt damit aber nicht ohne Weiteres vom 1. Oktober bis Ende Februar erlaubt. Ebenso Fällen und Schnitt von Bäumen in Wäldern und auf gärtnerisch genutzten Grundflächen etc. nicht automatisch ganzjährig zulässig. Immer zwingend zu beachten: Weitergehende artenschutzrechtliche Vorgaben Gehölz / Baum evtl. als Lebens-, Fortpflanzungsoder Ruhestätte wild lebender Tiere geschützt! Folie 12, Dr. Hahn, RP TÜ,
13 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Allgemeine Schutzbestimmungen 39 Abs. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten, 2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten, 3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Folie 13, Dr. Hahn, RP TÜ,
14 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Störungsverbote 44 Abs. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, Folie 14, Dr. Hahn, RP TÜ,
15 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Störungsverbote 44 Abs. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, Folie 15, Dr. Hahn, RP TÜ,
16 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Störungsverbote 44 Abs. 1 BNatSchG: Es ist verboten, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören; 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. Folie 16, Dr. Hahn, RP TÜ,
17 3. Weitere Vorgaben des Artenschutzes Fazit - Vor Fällung, Rodung oder Schnitt immer zunächst Frage nach wild lebenden Tierarten klären Beispiel: Besetzte Vogelnester grds. jeder Eingriff verboten (andernfalls Zerstörung einer Fortpflanzungsstätte) - Bei Baumhöhlen neben Vögeln auch denken an Fledermäuse, Hornissen, Siebenschläfer etc. besonderer Schutz, daher Eingriff entweder ausgeschlossen oder Umsiedlung (genehmigungspflichtig!) erforderlich. - Zu besonderer Sorgfalt verpflichtet bereits Vorhandensein entspr. Strukturen (Baumhöhlen etc.) Naturschutzbehörde hinzuziehen! Folie 17, Dr. Hahn, RP TÜ,
18 4. Biotopschutz Für Gehölzschnitt zwischen 1. Oktober und Ende Februar sowie Fällen und Schnitt von Bäumen in Wäldern / auf gärtnerisch genutzten Grundflächen weitere zwingende Voraussetzung: Kein Verstoß gegen weitergehende Verbotsvorschriften in - Naturschutzgebietsverordnungen, - Landschaftsschutzgebietsverordnungen, - Baumschutzsatzungen oder Bebauungsplänen. Im Schutzzweck entspr. Verordnungen meist auch Erhalt und Schutz von Gehölzen / Bäumen geregelt. Folie 18, Dr. Hahn, RP TÜ,
19 4. Biotopschutz Fazit - Vor Fällung, Rodung oder Schnitt immer zunächst Frage des Biotopschutzes klären Beispiel: Fällung eines Baums im Gebiet einer Baumschutzsatzung Zunächst Genehmigung beantragen! - Im Zweifel Naturschutzbehörde hinzuziehen. Folie 19, Dr. Hahn, RP TÜ,
20 5. Ausnahmen vom Schnitt- /Fällverbot Ohne behördliche Ausnahme zulässig (unbeschadet Arten- und Biotopschutz): - Schonende Form- und Pflegeschnitte, sofern sie den jährlichen Zuwachs der Pflanzen beseitigen oder der Gesunderhaltung von Bäumen dienen ( 39 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 HS 2 BNatSchG) - Legalausnahmen des 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG. Folie 20, Dr. Hahn, RP TÜ,
21 5. Ausnahmen vom Schnitt- /Fällverbot Nach 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG gelten die Verbote des S. 1 Nr. 1-3 nicht für 1. behördlich angeordnete Maßnahmen, 2. Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise / zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie a) behördlich durchgeführt werden, b) behördlich zugelassen sind oder c) der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen, Voraussetzung für Nr. 2: Gefahr im Verzug. Folie 21, Dr. Hahn, RP TÜ,
22 5. Ausnahmen vom Schnitt- /Fällverbot Nach 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG gelten die Verbote des S. 1 Nr. 1-3 nicht für 3. nach 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft. 4. zulässige Bauvorhaben, wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden muss. Definition zulässig im Sinne Nr. 4: - Anlage gestattet (Baugenehmigung; Planfeststellung; Plangenehmigung) oder - Anlage nicht förmlich zulassungsbedürftig (verfahrensfreies Vorhaben; Vorhaben im Kenntnisgabe-/Anzeigeverfahren) Folie 22, Dr. Hahn, RP TÜ,
23 5. Ausnahmen vom Schnitt- /Fällverbot Land-, forst- u. fischereiwirtschaftliche Bodennutzung? BNatSchG enthält insoweit keine allgemeine Freistellung. 43 Abs. 3 Nr. 4 LNatSchG nicht mehr anwendbar aufgrund Artenschutzregelungen des BNatSchG. Neben Legalausnahmen des 39 Abs. 5 S. 2 BNatSchG Befreiung nach 67 BNatSchG denkbar? Ja, im Einzelfall. Tatbestandsvoraussetzungen: - Antrag bei Naturschutzbehörde - Unzumutbarkeit. Rechtsfolge: Ermessen. Folie 23, Dr. Hahn, RP TÜ,
24 6. Resümee Artenschutz durch Neuregelung gestärkt. Im Zweifel Säge weg und Naturschutzbehörde hinzuziehen! Jeder kann Beitrag leisten für intakte Tier- und Pflanzenwelt. Fachlich sinnvoller Gehölzschnitt nach wie vor zulässig. Aber: 39 Abs. 5 S. 1 BNatSchG keine runde Sache. Verbesserung nur auf Bundesebene zu erreichen. Nicht nur für Gesetzgeber gilt: Immer Regeln der guten fachlichen Praxis beachten! Folie 24, Dr. Hahn, RP TÜ,
25 Folie 25, Dr. Hahn, RP TÜ,
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