Modernen Management des Ovarialkarzinoms
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- Adolph Weiner
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1 Modernen Management des Ovarialkarzinoms PD Dr. Jalid Sehouli Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Dir. Prof. Dr. Werner Lichtenegger) Charité/ Campus Virchow-Klinikum Tel Fax: Einleitung Das Ovarialkarzinom ist das 5. häufigste Malignom der europäischen Frau aber nimmt mit seiner schlechten Prognose den 1. Platz in der relativen Mortalitätsstatistik der gynäkologischen Malignome ein (Annual Report 2001). In Deutschland erkranken jährlich ca Frauen an einem Ovarialkarzinom, wobei wegen fehlender Vorsorgemöglichkeiten mindestens 75% der Patientinnen zum Zeitpunkt ihrer Diagnose bereits extrapelvine Metastasen aufweisen (FIGO III/IV). Diagnostik Bei dem Versuch die Überlebensraten weiter entscheidend zu verbessern kommt somit der Diagnostik einen besonderen Stellenwert zu. Die Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen diagnostischen Verfahren hat die einzelnen Anforderungen für folgende Indikationsgebiete zu unterscheiden und getrennt zu bewerten: Screening/ Frühdiagnose Sicherung der Diagnose (Staging?) Verkürzung der Zeit zwischen Diagnose und Therapie ( Welche Konsequenz werden aus dem diagnostischen Resultat gezogen? ) Effektivere Therapieplanung ( Multiviszerale Operation notwendig? ) Effektive Therapiekontrolle ( Macht die Therapie Sinn? ) Effektive Nachsorge ( Wie erkenne ich das Rezidiv, macht es überhaupt Sinn? ) 1. Screening Der Grossteil der Patientinnen mit Ovarialkarzinom zeigt zum Zeitpunkt der Erstdiagnose bereits ein fortgeschrittenes Tumorstadium. FIGO III oder IV mit Nachweis multipler extrapelvinen, meist peritonealer Metastasen. Daher stellt sich die Frage nach einem effektiven Screening, was aber aufgrund der Seltenheit dieses Tumors nur schwer zu erreichen ist. Verschiedene Arbeitsgruppen haben daher den multimodalen Einsatz 1
2 verschiedener Screeningmethoden untersucht. Hierbei zeigte die Kombination von gynäkologischer Untersuchung, vaginalem Ultraschall und Bestimmung des Tumormarkers CA-125 die besten Ergebnisse ohne aber die Anforderungen an ein effektives Screening erfüllen zu können. Der Sinn eines primären Einsatzes des Tumormarkers CA-125 wird nach wie vor kontrovers beurteilt, da dieser bei benignen Erkrankungen (z.b. Endometriose, Leberfunktionsstörungen) ebenfalls stark erhöht sein kann. Andererseits kommt es beim muzinösen Ovarialkarzinom nur in 66% der Fälle zu einem Markeranstieg. Das hochmolekulare Glykoprotein CA-125 ist zwar bei ca. 80% der epithelialen Ovarialkarzinome erhöht, seine alleinige Bestimmung als Screeningmethode ist ebenfalls ungeeignet. Verschiedene andere Tumormarker wie CASA, CYFRA 21-1 oder das Ovarialkarzinom assoziiertes Antigen (OCA) wurden beim Ovarialkarzinom identifiziert ohne aber bislang einen Vorteil belegen zu können (Sehouli et al. 2003, Menon and Jacobs 2000). Nach einer Studie von Jacobs et al. (1993) zeigten nur 340 von postmenopausalen Frauen einen erhöhten Tumormarker CA-125, wovon 41 Patientinnen zusätzlich pathologische Auffälligkeiten im Sonogramm aufwiesen. Bei der Operation wurden insgesamt nur 11 Ovarialkarzinome diagnostiziert. Die Spezifität lag zwar bei 99,9%, der positive Vorhersagewert aber lediglich bei 27%. In einer weiteren Studie verglich diese Arbeitsgruppe (Jacobs et al. 1999) insgesamt postmenopausale Patientinnen, die dreimal jährlich einer Kontrolle des CA-125 und einer vaginalen Sonographie unterzogen wurden, mit einer Kontrollgruppe mit Frauen. Bei insgesamt 468 Patientinnen zeigten sich erhöhte CA-125 Konzentrationen. Es folgten 781 Ultraschalluntersuchungen. Bei 29 Patientinnen wurde die Indikation zur operativen Abklärung aufgrund pathologischer sonographischer Befunde gestellt. Bei 6 dieser Patientinnen konnte ein Ovarialkarzinom diagnostiziert werden, so dass der positive Vorhersagewert bei 20,7% lag. Während des 8-Jahre-Nachbeobachtungsintervalles entwickelten nur zehn weitere Patientinnen der Screening- und 20 Patientinnen der Kontrollgruppe ein Ovarial- oder Tubenkarzinom. Die Patientinnen mit Ovarialkarzinom der Screeninggruppe zeigten ein signifikant längeres medianes Überleben im Vergleich zur Kontrollgruppe (72,9 Monate vs. 41,8 Monate, p=0,01). In beiden Gruppen aber wurden vor allem fortgeschrittene Tumorstadien (FIGO III/IV) diagnostiziert. Ein effektives breites Screening für das Ovarialkarzinom ist somit bisher nicht möglich. Neuere Studien versuchen mittels molekularbiologischer Marker das Risikokollektiv besser zu charakterisieren. Die Identifikation des BRCA-1 und -2 Gens und der HNPCC-Gene beschreibt zwar ein High-Risk-Kollektiv für die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms, trifft aber nur auf wenige Patientinnen zu (Easton et al. 1995, Streuwing et al. 1997). Neue molekularbiologische Techniken haben Gene (Mutationen) und Proteine identifizieren lassen, die bei Malignomen ein bestimmtes Expressionsmuster vermuten lassen. Die 2
3 Bioinformatik erlaubt zusätzlich die mathematische Darstellung und die exakte Beschreibung dieser Fingerprints. Besonderes Aufsehen erzielte im Jahr 2002 die Publikation von Petricoin et al. (Lancet 2002), in der auf Basis eines spezifischen Proteomic-Musters eine beeindruckende Unterscheidung zwischen malignen und nicht-malignen Ovarialtumoren mit einem positiven Vorhersagewert von 94% gelang. Mit Hilfe dieser neuen molekularbiologischen Ansätze werden sich potentiell in Zukunft die Möglichkeiten eines Screenings entscheidend verbessern können 2. Frühdiagnose Die bimanuale vaginale Tastuntersuchung ist die einfachste, kostengünstigste und am wenigsten invasive Methode. Sie kann zwar pathologische Befunde der inneren Genitale erheben, als Instrument zur Frühdiagnostik ist die bimanuale vaginale Tastuntersuchung der vaginalen Sonographie aber deutlich unterlegen. Als suspekte sonographische Kriterien gelten (Cohen 2002): - Tumore (prämenopausal:<12 cm, postmenopausal: >3 cm) - Aszites - Irreguläre Zystenwand - Septierungen - Solide Anteile - Heterogene Binnenechos. Für die transvaginale Sonographie werden Sensitivitäten von 98% erreicht, jedoch lediglich bei einem niedrigen positiven Vorhersagewert von 7% (Cohen 2002). Eine neuere Methode stellt die Farbdopplersonographie dar, bei der höhere Sensitivitäten und Spezifitäten in der Unterscheidung von benignen und malignen Raumforderungen des Ovars erreicht werden (Sivyer 2000). Die Dopplersonographie kann nur in Verbindung mit der vaginalen Sonographie relevante additive Informationen liefern. Aufgrund der veränderten Gefäßarchitektur maligner Tumoren können oftmals pathologische Flussmuster beobachtet werden, die hilfreich bei der Beurteilung solider Anteile des Ovars sein können (Reles et al/.1995). Ein alleiniges Entscheidungskriterium für die Frage Operation ja oder nein ist die Dopplersonographie jedoch nicht. Trotz breiten Einsatzes des vaginalen Ultraschalls zeigt sich bisher keine Verschiebung der Tumorstadienverteilung zugunsten der FIGO-Stadien I und II. Nur grossangelegte qualitätskontrollierte Studien können den möglichen Einfluss der verschiedenen Untersuchungstechniken auf die Früherkennung klären. Sicherung der Diagnose (Staging)/ Therapieplanung (Operation) Die klinische und gynäkologische Untersuchung gelten als eine der wichtigsten Untersuchungen bei der Diagnostik des Ovarialkarzinoms. 3
4 Neben der Palpation pathologischer Adnexbefunde kann sie meistens wichtige Informationen über einen möglichen Befall des Douglasperitoneums, der Rektum- und Sigmaserosa liefern. Für die Beurteilung des Oberbauches bieten sich die Sonographie (Leberfilae?, Nierenstau?), die Computertomographie und Magnetresonanztomographie an. Die Computertomographie scheint prinzipiell nicht mehr Informationen als die abdominale Sonographie zu liefern (Onyeka 2001). Neben dem Aszites lassen häufig auch Verdickungen des Peritoneums und des Omentum majus ( omental cake ) nachweisen. Für die Beurteilung pathologischer Strukturen im kleinen Becken sind alle bildmorphologischen Verfahren der Vaginalsonographie (ggf. in Verbindung mit der Dopplersonographie) deutlich unterlegen. Der Tumormarker CA-125 zeigte beim epithelialen Ovarialkarzinom in verschiedenen Studien Erhöhungen in Zusammenhang mit dem Vorliegen eines Ovarialkarzinoms (Schreecengostt 2002). Mehr als 80% aller Frauen mit epithelialen Ovarialkarzinomen haben erhöhte Serumwerte für das tumorassoziierte Antigen CA-125, jedoch korrelieren die Höhe der Werte nur schlecht mit dem Tumorbefallmuster. Der Nutzen eines Einsatzes der Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) in der Diagnostik des Ovarialkarzinoms werden in der Literatur kontrovers diskutiert. In der Regel werden diese diagnostischen Verfahren nicht zur Detektion eines Ovarialtumors, sondern zur Beschreibung der Ausbreitung eines schon bekannten Ovarialkarzinoms eingesetzt (Ricke et al. 2003). In der CT können Karzinomherde, die kleiner als 1 bis 2 cm groß sind, meist nicht entdeckt werden. Außerdem ist die Detektion von Tumorgewebe, dessen Densität sich nur wenig von der Densität des umliegenden Gewebes unterscheidet, oft schwierig. Gut eignet sich die CT zur Diagnostik von Lebermetastasen, da sich hier die Densität des Tumorgewebes in der Regel deutlich von der des Leberparenchyms unterscheidet (Jung et al. 2002). Einige Autoren betrachten die CT-Untersuchung als Methode der Wahl, vor allem weil für die CT- Diagnostik eine breitere Verfügbarkeit besteht und die Kosten niedriger sind als für eine MRT-Untersuchung (Lorenzen 1996, Hamm 1999). Große Schwächen zeigt die CT besonders in der Beurteilung des kleinen Beckens. Die Magnetresonanztomographie zeigt sich in einigen Punkten der CT überlegen (Forstner 1995). Die MRT zeichnet sich durch einen hohen Weichteilkontrast aus, der durch den unterschiedlichen Wassergehalt und die unterschiedlichen Relaxationszeiten der verschiedenen Gewebe erzeugt wird. Durch den hohen Weichteilkontrast ist die Detektion von Tumorgewebe im Abdomen (Peritoneum) und im kleinen Becken oftmals besser möglich als mit der CT (Cohen 1994). Das MRT ist jedoch weniger als das CT in seiner Durchführung standardisiert. 4
5 Beide Untersuchungsverfahren sind nicht dazu geeignet, frühzeitig pelvine oder paraaortale Lymphknotenmetastasen zu entdecken, da sie vor allem die Größe (>1cm) als Entscheidungskriterium verwenden, aber über 50% der Metastasen kleiner als 2 mm sind (Wu 1986, Petru 1994). Eine Übersicht zu den Ergebnissen der MRT-Untersuchung (Tab. 2) liefert eine aktuelle prospektive Studie an 80 Patientinnen mit primärem oder rezidiviertem Ovarialkarzinom (Ricke, Sehouli et al. 2003). Präoperative Diagnostik, Staging Das definitive Staging kann nur intraoperativ gestellt werden. Dies findet seine besondere Berücksichtigung in der FIGO-Klassifikation. Die diagnostischen Methoden können aber wertvolle Informationen für die Therapieplanung liefern (z.b. bei multiviszeralen Tumorbefall). Präoperativ sollten obligat eine Röntgenuntersuchung des Thorax (Pleurarerguss?) und eine vaginale Sonographie erfolgen. Die Oberbauchsonographie kann verlässlich intrahepatische Filae beschreiben. Betreffend der Beurteilung des Peritoneumsbefall scheint die optimierte MRT Vorteile zu bieten (Ricke, Sehouli et al. 2000). Weder die CT noch die MRT- Untersuchung sind jedoch routinemäßig einzusetzen. Auf eine Zystoskopie, Magen-Darm- Passage oder Koloskopie kann in der Regel verzichtet werden, da trotz Befall der äußeren Wandschichten bei diesen Untersuchungen meistens keine pathologischen Befunde erhoben werden. Die logische klinische Konsequenz der Tatsache, dass häufig äussere Darmwandschichten befallen sind, liegt in der operativen interdisziplinären Operation fortgeschrittener Ovarialkarzinome. Auch für die Entscheidung, ob bei Darmbefall eine kontinuitätserhaltende Rektumresektion möglich ist, sind präoperative bis auf die digitale rektale Untersuchung in der Regel nicht notwendig. Die wichtigste Stagingmethode stellt die Operation selbst dar. Neben der prognostisch wichtigen Tumorreduktion dient die Laparotomie der exakten FIGO-Klassifikation, die auf die Ergebnisse der feingeweblichen Untersuchung und der operativen und klinischen Befunde beruht. Grundvoraussetzung ist aber die adäquate Operation, die aus einer Längslaparotomie, der detaillierten Exploration des Abdomens, der Hysterektomie, bilateralen Adnektomie und systematischen pelvinen und paraaortalen Lymphonodektomie besteht. Sakurai und Mitarb. konnten zeigen, dass bereits in ca. 17% bereits bei T1- Ovarialkarzinomen paraaortale Lymphknotenmetastasen auftreten und somit ein FIGO- Stadium IIIc vorliegt (ASCO 2002). Der Tumormarker CA 125 zeigte beim epithelialen Ovarialkarzinom in verschiedenen Studien Erhöhungen in Zusammenhang mit Ovarialkarzinomen [21;22]. Mehr als 80% aller Frauen mit epithelialen Ovarialkarzinomen haben erhöhte Serumwerte für das tumorassoziierte Antigen CA 125, Jedoch erweist sich dieser Marker gerade bei jüngeren Die Einsatzfähigkeit der Computertomographie (CT) und der Magnetresonanztomographie (MRT) in der Diagnostik des Ovarialkarzinoms wird kontrovers diskutiert. 5
6 In der CT können Karzinomherde, die kleiner als 1 bis 2 cm groß sind, meist nicht entdeckt werden. Außerdem ist die Detektion von Tumorgewebe, dessen Densität sich nur wenig von der Densität des umliegenden Gewebes unterscheidet, oft schwierig. Gut eignet sich die CT zur Diagnostik von Lebermetastasen, da sich hier die Densität des Tumorgewebes in der Regel deutlich von der des Leberparenchyms unterscheidet. Einige Autoren betrachten die CT-Untersuchung als Methode der Wahl, vor allem weil für die CT-Diagnostik eine breitere Verfügbarkeit besteht und die Kosten niedriger sind als für eine MRT. Grosse Schwächen zeigt das CT besonders in der Beurteilung des kleinen Beckens. Die Magnetresonanztomographie zeigt sich in einigen Punkten der CT überlegen. Die MRT zeichnet sich durch einen hohen Weichteilkontrast aus, der durch den unterschiedlichen Wassergehalt und die unterschiedlichen Relaxationszeiten der verschiedenen Gewebe erzeugt wird. Durch den hohen Weichteilkontrast ist die Detektion von Tumorgewebe im Abdomen (Peritoneum) und im kleinen Becken oftmals besser möglich als mit der CT. Das MRT ist jedoch weniger als das CT in seiner Durchführung standardisiert. Beide Untersuchungsverfahren sind nicht geeignet frühzeitig pelvine oder paraaortale Lymphknotenmetasasen zu entdecken, das sie vor allem die Grösse als Entscheidungkrietrium verwenden aber über 50% der Metastasen kleiner als 2mm sind (Ricke et al/2000). Abschliessend sollte betont werden, dass das therapeutische Management beim primären Ovarialkarzinom in der Regel nicht von den Resultaten der Bildmorphologie abhängig gemacht werden sollte. Ausnahme macht hier nur der Nachweis multipler intrahepatischer Filae. Die bildmorphologische Unterscheidung zwischen echten intrahepatischen Lebermetastasen, die an sich für das Ovarialkarzinom untypisch sind, von den häufigen Leberkapselmetastasen kann sehr schwierig sein. Operation - die 1. Säule der Therapie Die Therapie des Ovarialkarzinoms besteht aus einer radikalen multiviszeralen Operation und einer anschließenden systemischen zytostatischen Behandlung. Bereits Meigs (1934 und Munnel (1968) konnten zeigen, daß Patientinnen von einer maximalen Tumorresektion profitieren. Griffith (1975) und Hoskins (1994) konnten belegen das der postoperativer Tomorrest der wichtigste Prognosefaktor beim Ovarialkarzinom darstellt. Sowohl bezüglich dem rezidivfreien Überleben und dem Gesamtüberleben haben Patientinnen ohne postoperativen Tumorrest den größten Benefit. Für die Einschätzung der Prognose hat sich die Unterscheidung von drei Subgruppen auf Basis des maximalen postoperativen Tumordiameters bewährt. Hierbei weisen Patientinnen mit erzielter makroskopischer Tumorfreiheit die besten Langzeitergebnisse auf. Patientinnen mit Tumorrest kleiner als 2cm weisen eine bessere Prognose als Patientinnen mit Tumorresiduen grösser als 2cm auf (Hoskins/1994). Diese Tatsache findet ihre klinische Umsetzung in der zytoreduktiven Chirurgie mit dem Ziel der maximalen makroskopischen 6
7 Tumorreduktion bzw.- freiheit bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom mit dem meist primär interdisziplinären Ansatz [Lichtenegger et al/1998]. Bristow et al. publizierten hierzu erstmals eine systematische Metaanalyse auf Basis von insgesamt 53 Studien mit insgesamt 6885 Patientinnen (Zeitraum: ). Sie untersuchten den Einfluß der operativen Tumorreduktion auf das Gesamtüberleben. Ausgewertet wurden operierte Patientinnen mit einem FIGO-Stadium III oder IV und einer anschliessenden platinhaltigen Chemotherapie publizierte Studien. Hiernach wiesen Patientinnen, die eine maximale Tumorreduktion von über 75% erfahren hatten, ein medianes Gesamtüberleben von 36,8 Monaten auf. Patientinnen mit einer Tumorreduktion von weniger als 25% hatten dagegen nur ein medianes Gesamtüberleben von 23 Monaten. Jede 10%ige Tumorreduktion war mit einer Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens von 6,3% verbunden [Bristow et al/2002]. Neue Studien empfehlen eine Unterscheidungsgrenze des postoperativen Tumorrestes in makroskopisch tumorfrei, Tumorrest 1 cm und Tumorrest >1cm [Eisenkop et al/2001]. Hierzu liegen aber noch insgesamt wenige publizierte Daten vor. Ferner ist zu betonen, dass die jeweilige Einstufung prinzipiell nicht retrospektiv erfolgen sollte, da hierzu oftmals detaillierte Angaben aus den Operationsprotokollen fehlen. Eigen hierzu konzipierte und validierte Dokumentationssysteme sollten noch stärker zur Answendung kommen [Sehouli et al/2003]. Das operative Management des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms beinhaltet eine Längslaparotomie, die von der Symphyse bis zum Xiphoid verläuft um die detaillierte Exploration des Abdomens und die operativen Prozeduren zu ermöglichen. Bei der Exploration des Abdomens ist besonderes Augenmerk auf die Zwerchfellkuppeln, des gesamten Dünn- und Dickdarmes und des Peritoneums zu setzen. Die Inspektion der Bursa omentalis (operativer Zugang zwischen Colon transversum und Magenarkade erbringt häufig weitere Tumorabsiedlungen. Die operative Therapie stellt die wichtigste diagnostische Methode dar und verfolgt das Ziel der maximalen Tumorentfernung bzw. reduktion. Im Einzelnen werden folgende operative Prozeduren durchgeführt: totale Hysterektomie mit bilaterale Salpingo-oophorektomie, komplette infragastrale Omentektomie, Appendektomie und systematische pelvine und paraaortale Lymphonodektomie. Falls weitere Organe- oder Organstrukturen metastatisch befallen sind, schliessen sich weitere Resektionen an um eine Tumorfreiheit zu erreichen oder einen drohenden Darmverschluss vorzubeugen. Aufgrund der anatomischen und biologischen Besonderheiten beim Ovarialkarzinom sind die Lymphknoten im FIGO-Stadium II bereits in 50% und die der Paraaortalregion trotz negativen pelvinen Lymphknoten in bis zu 20% metastatisch befallen (Burghardt et al./1990). Die systematische pelvine und paraaortale Lymphonodektomie dient vor allem dem exakten FIGO-Staging. Während der prognostische Stellenwert des Lymphknotenbefalls in der Literatur unumstritten ist, konnte der therapeutische Nutzen bisher nicht belegt werden. Die Ergebnisse der randomisierten Studie von Panicci et al. (2005) zeigten einen Vorteil im Progressionsfreien Überleben (29,4 und 22,4 Moante), aber keinen im Gesamtüberleben 7
8 beim Vergleich der systematischen Lymphonodoktomie mit dem Lymphknoten-Sampling vergrösserter Lymphknoten bei Patientinnen mit einem Tummorrest kleiner 1 cm. Nur bei postoperativer Tumorlast >1cm sollte auf eine systematische paraaortale Lymphonodektomie bei makroskopisch unauffälligen Lymphknoten in der Regel verzichtet, da in dieser Situation ein Nutzen für die Patientinnen unwahrscheinlich ist. Beim Rezidiveingriff wird häufig ein Etagenwechsel des Tumorbefalles vom kleinen Becken bei der Primärsituation in die Oberbauchregion beobachtet. So fanden wir in einer eigenen Analyse bei der Primäroperation einen Befall der Bursa omentalis nur in 9% aber in 18% bei der Rezidivoperation. Eine Magenteilresektion führten wir in 1% der Patientinnen während der Primär- und in 8% bei der Rezidivoperation durch. Um eine Ileusgefahr abzuwenden und um ein ideales Tumorresektionsergebnis zu erzielen, ist häufig eine Darmresektion durchzuführen. Auch bei mehrfachen Voroperationen ist der Grossteil der Patientinnen kontinenzerhaltend zu operieren. Das rezidivfreie Intervall ist für die Indikation zum Rezidiveingriff ein wirksamer Prognosefaktor. Patienten mit einem Rezidiv-freiem Intervall von mehr als 12 Monaten haben ein längeres Gesamtüberleben als Patienten mit einem Frührezidiv, so dass diese Patientengruppe von einer sekundären zytoreduktiven Chirurgie eher profitiert. Die Datenlage ist aber insgesamt ungenügend, da nur wenige Daten vorliegen, unterschiedliche Definitionen verwendet wurden und die Studien retrospektiv sind. So fällt das mediane Gesamtüberleben von 23 Monaten für die Gruppe mit einem Intervall > 12 Monaten auf 6 Monate für Patientinnen mit einem rezidivfreien Intervall von < 6 Monaten (p=0,03). Als limitierende Faktoren für eine optimale Zytoreduktion gelten: Schwere internistische (kardiovaskuläre) Erkrankungen. Diffuse hepatogene Filialisierung Rezidivfreies Intervall <12 Monate Ob eine Rezidivoperation beim Ovarialkarzinomrezidiv kann nur individuell im interdisziplinären Konsensus beantwortet werden, wichtige Einflussfaktoren sind: Allgemeinzustand Rezidivfreies Intervall Symptomatik Tumorbefallmuster Ansprechen auf First-line Chemotherapie Primäres Tumorstadium und Tumorbefallmuster. Chemotherapie - die 2. Säule Die Standardbehandlung besteht neben der dargestellten maximal erreichbaren operativen Tumorreduktion in einer anschließenden Chemotherapie. Das Ovarialkarzinom gilt allgemein als sehr chemotherapiesensibel mit hohen Ansprechraten. Die Kombinationstherapie 8
9 Paclitaxel und Platin (Cisplatin/Carboplatin) gilt aufgrund eindrucksvoller Ergebnisse europäischer und amerikanischer Studien entsprechend des Evidence Based Medicine Levels I als internationaler Standard der primären Chemotherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms (GOG 111, GOG 158, OVAR 5). Da Carboplatin besonders im nichthämatologischen Spektrum (z.b. Vomitus,Nephro- und Ototoxizität) deutliche Vorteile gegenüber dem Cisplatin besitzt und seine Äquieffektivität bewiesen hat (GOG 158, Ovar-3), ist die Paclitaxel + Carboplatin-Therapie klar zu favorisieren. Auf dem ASCO 2000 sind folgende drei Regime als Goldstandard der First-line-Chemotherapie formuliert worden: 3-Stunden-Infusion Paclitaxel (Dosis 175 mg/m²) + Carboplatin (AUC 5) Aufgrund des Nebenwirkunsgprofils und der ambulanten Machbarkeit setzt sich die Paclitaxel/Carboplatin-Kombination als Standard durch.eine höhere Carboplatindosis als AUC 5 ist wie eine höhere Zyklenzahl als 6 ohne Vorteil. Die zytostatische Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms sollte vorzugsweise im Rahmen von klinischen Studien erfolgen um die spärliche Datenlage zu verbessern und um die erreichten Fortschritte weiter zu optimieren. Ferner scheint die Teilnahme an klinischen Studien ein Qualitätsmerkmal insgesamt zu bedeuten. Nach einer Studie von du Bois und Koautoren liegt das relative Risiko für eine Patientin mit primärem Ovarialkarzinom nicht die Standardbehandlung zu erhalten um 500% höher, wenn die behandelnde Klinik nicht an Studien teilnimmt (du Bois et al., 2002). Unter dem Gesichtspunkt der häufigen Rezidiventwicklung kommt der Lebensqualität eine besondere Bedeutung zu. Aus diesem Grund haben wir eine multizentrische Phase II-Studie gestartet, die die Effektivität und Verträglichkeit von Paclitaxel + Carboplatin im wöchentlichen Regime untersucht (Sehouli et al., 2002). Die Vergleiche der Studienergebnisse in der Rezidivsituation sind wegen unterschiedlicher Bedingungen (z.b. verschiedene Vortherapien und Definitionen von Platinresistenz) nur sehr eingeschränkt möglich. Außerdem korrelieren die verschiedenen Responsedaten schlecht mit den medianen Gesamtüberlebensdaten. Als primäre Zielkriterien der Studien in der Rezidiv-(Palliativ-) Situation sind das Gesamtüberleben (Progressionsfreies Überleben) und die Messung der Lebensqualität zu definieren. Besonders die nicht-hämatologischen Nebenwirkungen haben einen besonderen Einfluß auf die Lebensqualität der Patientinnen. Auch in der Rezidivsituation sollte die Behandlung vorzugsweise im Rahmen klinischer Studien erfolgen. Nach Schätzungen für Deutschland wird aber nur ca. 1% der Patientinnen mit einem Ovarialkarzinomrezidiv innerhalb von klinischen Studien behandelt. Daher ist nochmals für die Studienteilnahme an den Projekten der AGO ( und NOGGO ( zu werben Trotz deutlich verbesserter Operationstechniken und hoher Ansprechraten von ca. 75% der First-Line-Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin entwickeln etwa 65% der 9
10 Patientinnen mit FIGO-Stadium III und IV ein Rezidiv oder eine Tumorprogression und versterben an dieser Erkrankung. Die zytostatische Rezidivtherapie besitzt daher einen besonderen Stellenwert bezüglich der Tumorkontrolle und Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität. Verschiedene Substanzen haben auf Basis multizentrischer Studien das Therapiespektrum für die Rezidivtherapie entscheidend vergrößern können. Hierzu werden in der Behandlung des Ovarialkarzinomrezidives eingesetzt: Gemcitabin, Etoposid, pegliposomale Zubereitung des Doxorubicins, Topotecan, Treosulfan Substanzen, die sich besonders in ihren Nebenwirkungsspektren stark unterscheiden. Die bisherigen direkten Vergleiche der einzelnen Zytostatika, wie Paclitaxel versus Topotecan, Topotecan versus liposomales Doxorubicin, liposomales Doxorubicin vs. Paclitaxel, konnten keinen eindeutigen Vorteil einer bestimmten Substanz belegen (Berek 2003). Topotecan konnte letztes Jahr seine Überlegenheit gegenüber Treosulfan in der letztes Jahr vorgestellten randomisierten Studie der AGO (Meier et al/asco 2003) belegen. Für die Prognoseeinschätzung hat sich die Einstufung in sog. platinsensitive und platinrefraktäre (jeweils plus Paclitaxel) Tumoren bewährt. Patientinnen mit platinsensitiven Tumoren und langem rezidivfreiem Intervall (>12 Monate) profitieren häufig von einer erneuten Operation und zeigen bei der Second-Line- Chemotherapie auch erheblich höhere Ansprechraten als Patientinnen mit platinrefraktären Tumoren. Etwa 15-25% der Patientinnen zeigen eine sog. platinrefraktären Tumor mit primärem Tumorwachstum während einer platin/+paclitaxel-haltigen Chemotherapie (primäre Progression) oder einem Tumornachweis innerhalb von 6 Monaten. Frührezidiv (< 6 Monate) Überlegenheit Chemotherapie gegenüber Hormontherapie Kombinationschemotherapie ohne Vorteil gegenüber Monotherapie Taxan-naive Pat.: Paclitaxel = Topotecan = peg. lip. Doxorubicin Taxan vorbehandelte Pat.: Topotecan =. peg. lip. Doxo > Alkylantien Wirksam: Etoposid, Gemcitabine, Treosulfan, Tamoxifen SPÄTREZIDIV (> 6 Monate) Re-Induktion mit Platin und Paclitaxel oder Carboplatin und Gemcitabin Wirksam: Caelyx, Etoposid, Gemcitabine, Topotecan, Treosulfan Für weitere Informationen zu aktuelle Studien kontaktieren Sie bitte unser Studiensekretariat (Tel oder studiensekretariatovarialkarinom@charite.de). Literatur beim Verfasser 10
O f f e n e S t u d i e n - August 2013 -
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