Vertiefung im Internationalen Privatrecht. Internationales Familienrecht 12 Wiederholung und Vertiefung (III)
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- Emma Vogel
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1 Vertiefung im Internationalen Privatrecht Internationales Familienrecht 12 Wiederholung und Vertiefung (III)
2 Vorlesungsüberblick 1. Wiederholung Grundlagen des IPR 2. Eheschließung 3. Allgemeine Ehewirkung 4. Namensrecht 5. Ehescheidung 6. Eingetragene Lebenspartnerschaft 7. Faktische Lebensgemeinschaft 8. Kindschaft 9. Intersexualität 10.Wiederholung und Vertiefung 2
3 Wünsche für die letzte Stunde? 3
4 Fall 1: Die Deutsch-Spanierin F und der Deutsch-Spanier M sind verheiratet. Beide sind in Deutschland geboren und aufgewachsen und leben dort. Nach einigen Jahren beschließen sie, sich scheiden zu lassen und fragen sich, ob eine Rechtswahl, und wenn ja, welche, sinnvoll wäre. Anmerkung: Nach spanischem Recht ist eine Scheidung nach drei Monaten Ehelebens sofort möglich. Es ist davon auszugehen, dass das spanische Recht dem deutschen ansonsten entspricht. 4
5 Vorüberlegungen 5
6 Um festzustellen, ob eine Rechtswahl sinnvoll ist, muss zuerst geprüft werden, welches Recht ohne eine solche anwendbar wäre und welche Rechtsordnungen gewählt werden könnten. I. Anwendbarkeit der Rom III-VO Das Scheidungsstatut richtet sich primär nach der Rom III-VO als vorrangig anwendbarem Unionsrecht (vgl. Art. 3 lit. d EGBGB). Dazu müsste der Anwendungsbereich der Verordnung gem. Art. 1 Rom III- VO eröffnet sein. Problematisch ist hier die Frage, ob ein Bezug zu mehr als einer Rechtsordnung vorliegt, wie dies gemäß Art. 1 Abs. 1 a.e. verlangt wird. Es ist umstritten, wann genau ein solcher Bezug vorliegt bzw. wie ein solcher Bezug festzustellen ist. Zunächst ist umstritten, ob der Auslandsbezug ein autonom zu definierendes Konzept ist oder als Vorfrage den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten überantwortet wird... 6
7 II. Objektive Anknüpfung, Art. 8 Vorbehaltlich einer Rechtswahl richtet sich das Scheidungsstatut nach Art. 8 Rom III-VO. Hiernach ist primär auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts abzustellen. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person bestimmt sich danach, an welchem Ort diese Person ihren Lebensmittelpunkt hat, was sich insbesondere aus den Gesamtumständen ihres Lebens, Lebensverlaufs und dem Maß an sozialer Integration ergibt. F und M sind in Deutschland geboren, aufgewachsen und leben weiterhin dort. Sie haben daher ihren Lebensmittelpunkt dort, mithin auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Gem. Artt. 8 lit. a, 11 Rom III-VO sind daher bei objektiver Anknüpfung die deutschen Sachvorschriften einschlägig. 7
8 III. Subjektive Anknüpfung Gem. Art. 5 Abs. 1 Rom III-VO können die Ehegatten das auf die Scheidung anwendbare Recht wählen, gem. Art. 5 Abs. 3 Rom III i.v.m. Art. 46d EGBGB in Deutschland sogar bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Scheidungsverfahrens. Gem. Art. 5 Abs. 1 lit. a und b stünde M und F nur die Wahl des deutschen Rechts zur Verfügung, da beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt stets in Deutschland hatten. Fraglich ist, ob ihnen Art. 5 Abs. 2 lit. c die Möglichkeit eröffnet, spanisches Recht zu wählen. Dazu müssten mindestens einer von ihnen die spanische Staatsangehörigkeit haben. M und F sind beide deutsch-spanische Doppelstaater... 8
9 Falllösung: 1. Anwendbarkeit der Rom III-VO Problem: Auslandssachverhalt (Art. 1 Abs. 1 a.e. Rom III ) nach h.m. autonomer Begriff, wohl keine Vorfrage daher Art. 5 Abs. 1 EGBGB irrelevant 2. Art. 8 lit a.: deutsches Recht 1 Jahr Trennungszeit notwendig 3. Art. 5 Abs. 1 lit. c Wahl spanischen Rechts möglich? - Erwägungsgrund (22) nationales Recht (EGBGB) + Grundsätze der EU - e.a.: Art. 5 Abs.1 S. 2 EGBGB dt. Staatsangehörigkeit - a.a.: Art. 5 Abs. 1 S. 2 (-), aber Abs. 1 S. 1 (+) effektive Staatsangehörigkeit: dt. - a.a.: jedenfalls i.r.v. Art. 5 Rom III gilt Art. 5 Abs. 1 EGBGB gar nicht, da Privatautonomie gefördert werden soll und die Rechtsprechung des EuGH zu Garcia Avello und Hadadi (EuGH, C-168/08 ) zu übertragen ist spanisches und deutsches Recht wählbar 4. Art. 5 Abs. 1 lit. d Rom III Wahl spanischen Rechts als lex fori Gerichtsstand in Spanien gem. Art. 3 Abs. 1 lit. b Var. 1 Brüssel IIa 5. Voraussetzungen der Rechtswahl Art. 46d Abs. 2 EGBGB notarielle Beurkundung notwendig oder Rechtswahl im Prozess (+ Rechtsunsicherheit), Alternative: Klage in Spanien 9
10 Fall 3: Das italienische Ehepaar F und M leben in Norwegen. Sie beginnen ein Trennungsverfahren nach italienischem Recht vor dem dortigen Gericht und ziehen nach seinem Abschluss nach Deutschland. Drei Jahre später möchten sie sich in Deutschland scheiden lassen. Wie ist die Rechtslage? Anmerkung: Voraussetzung für eine Scheidung nach italienischem Recht ist ein gerichtlicher Trennungsausspruch sowie eine dreijährige Trennungszeit ab Antragstellung. 10
11 Lösung I. Zuständigkeit gem. Brüssel IIa 1. Art. 5 (-) 2. Art. 3 Abs. 1 lit. a (+) II. Anwendbarkeit der Rom III (+) III. Art. 9 Abs. 1 Rom III (auch bei Trennung in Drittstaat) 1. Trennung nicht rein faktische Trennung ausreichend, sondern personenstandsrechtlich relevante, staatlich ausgesprochene Trennung (historisch aus der Trennung von Tisch und Bett entwickelt) 2. Folge: perpetuatio statuti unabhängig davon, ob norwegisches Gericht Trennungsstatut richtig ermittelt und angewandt hat Ergebnis: Scheidung nach italienischem Recht (+) 11
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