Konzept Ärztliche Psychotherapie
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- Stephanie Scholz
- vor 7 Jahren
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1 Konzept Ärztliche Psychotherapie MAS und DAS Ärztliche Psychotherapie Leitung Studiengang lic. phil. Regula Flury Sekretariat Gulnara Berger Jutta Storck Rom UniversitätsSpital Zürich Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Culmannstrasse 8 CH-8091 Zürich Tel: Fax: info.aep@forum-psychiatrie.ch 1. Arbeitsfeld und Arbeitsweise des Psychiaters/Psychotherapeuten Der Psychiater/Psychotherapeut ist Mediziner. Er arbeitet in einem medizinischen Netzwerk und spricht im Austausch mit dem medizinischen Netzwerk eine medizinische Sprache: ICD-10; DSM-IV. Der Psychiater/Psychotherapeut arbeitet im Spannungsfeld verschiedener Störungsmodelle deren Auswirkungen er in die Konzeption seiner Psychotherapie miteinbeziehen muss: Im medizinischen Akutmodell werden Störungen als Mangel bzw. Defekt betrachtet, die behoben bzw. deren Auswirkungen mindestens gelindert werden sollen. Hauptakteur ist der Arzt. Der Patient ist mehr oder weniger passiver Empfänger der Behandlung. Das Akutmodell geht fliessend über in das medizinische Rehabilitationsmodell. Beim medizinischen Rehabilitationsmodell (chronischen Erkrankungen) liegt das therapeutische Schwergewicht auf der Verbesserung der Funktionalität. Es wird mehr mit den gesunden Anteilen des Patienten gearbeitet. Arzt und Patient begegnen sich auf gleichem Niveau. Der Patient übernimmt mehr Verantwortung als im medizinischen Akutmodell. Die Entscheidungen werden gemeinsam erarbeitet. Im psychotherapeutischen Störungsmodell wird eine Störung als Ausdruck eines Konfliktes, einer Entwicklungskrise, eines Ungleichgewichts, eines Fehllernens oder einer ungünstigen Beziehungskonstellation o.ä. interpretiert. Der Psychotherapeut arbeitet mit den gesunden Anteilen der Persönlichkeit des Patienten und wahrt dessen Autonomie soweit wie möglich. Der Therapeut ist eher Facilitator. Die Hauptverantwortung für den Fortschritt liegt beim Patienten. Der Psychiater/Psychotherapeut ist mit Patienten mit biopsychosozialen Störungen konfrontiert. Seine Diagnostik ist dementsprechend komplex. Er ergänzt die medizinische mit einer multiaxialen, biopsychosozial orientierten Diagnostik: Achse I Psychische Störung, Achse II Persönlichkeit, Achse III Somatische Krankheiten, Achse IV Psychosoziale und umgebungsbedingte Krankheitsfaktoren, Achse V Funktionsniveau. Er ergänzt diese mit weiteren an seinem psychotherapeutischen Modell ausgerichteten Kriterien. Der Psychiater/Psychotherapeut stellt die Behandlungsindikation. Dabei berücksichtigt er medizinische Kriterien wie Art, Schweregrad und Komplexität der Störung, aber auch die persönlichen Eigenheiten des Patienten und nicht-medizinische Kriterien wie etwa die soziale Situation des Patienten, sowie die Verfügbarkeit bzw. Finanzierbarkeit eines adäquaten (psycho-) therapeutischen Angebots. Der Psychiater/Psychotherapeut hat im medizinischen und speziell im psychiatrischen Versorgungssystem eine Triage-und Koordinationsaufgabe. Er übernimmt die Behandlung selbst oder weist seinen Patienten der adäquaten Behandlung zu. Die Behandlungsziele einer ärztlichen Psychotherapie werden in einem Spannungsfeld zwischen den Zielen, Erwartungen und Ressourcen des Patienten, dem Auftrag des Überweisers, der psychotherapeutischen Fallkonzeption und den Möglichkeiten des Therapeuten definiert. Die gemeinsame Definition der Behandlungsziele mit dem Patienten ist ein zentraler Teil des Seite 1 von 5
2 therapeutischen Prozesses. Die Behandlungsziele unterliegen den Rahmenbedingungen, die durch die Finanzierung der Behandlung gesetzt werden. Neben der Verbesserung der Lebensqualität des Patienten ist die Wiederherstellung der Funktionalität (soziale und berufliche Reintegration) prioritär. Der Psychiater/Psychotherapeut muss sich häufig auf das Erreichen von Teilzielen beschränken. Entsprechend der multaxialen Diagnostik ist auch der Gesamtbehandlungsplan des Psychiaters/ Psychotherapeuten häufig mehrdimensional: Psychotherapeutisch, somatisch und sozial unterstützend. Der Psychiater/Psychotherapeut behandelt häufig kombiniert, z.b. pharmako- und psychotherapeutisch. Der Psychiater/Psychotherapeut arbeitet häufig in einem Mehrpersonensetting, parallel mit andern Ärzten oder Therapeuten und/oder in einem multiprofessionellen Team. Der Psychiater/Psychotherapeut arbeitet mit einer psychotherapeutischen Fallkonzeption. Je nach Art und Schweregrad der Störung behandelt er gleichzeitig oder sukzessiv in einem Therapieverlauf auf mehreren psychotherapeutischen Ebenen: Anwendung allgemeiner psychotherapeutischer Techniken; Arbeit mit modellspezifischen Elementen; Durchführung einer modellspezifischen Psychotherapie; Durchführung einer störungsspezifischen Psychotherapie; Kombinationen der oben genannten Der Psychiater/Psychotherapeut behandelt Patienten mit verschiedensten Störungen aller Schwereund Komplexitätsgrade mit unterschiedlichem Störungsverlauf.. Er modifiziert seine Arbeitsweise dem entsprechend. Er arbeitet häufig in unperfekten Situationen und muss patientenorientiert, niederschwellig, pragmatisch, undogmatisch und kreativ vorgehen können Der Psychiater/Psychotherapeut arbeitet in einem komplexen Umfeld, das ihm je verschiedene Rollen zuschreibt. Er muss die verschiedenen Rollenzuschreibungen erkennen, mit deren Auswirkungen auf die Patienten-Therapeuten-Beziehung vertraut sein und in seine Psychotherapie integrieren können: Der Psychiater/Psychotherapeut als Mediziner und Akteur bzw. Partner in einem medizinischen Netzwerk (Hausarzt, Spitäler, psychiatrische Institutionen). Der Psychiater/Psychotherapeut als Schlüsselfigur für die Auslösung von Geldleistungen von Versicherungen und Sozialleistungen. Der Psychiater/Psychotherapeut in der Rechenschaftspflicht des Finanzierers (Zeugnisse, Bestätigungen). Der Psychiater/Psychotherapeut als forensischer Auftragnehmer bei unfreiwilligen oder gar zwangsweisen Behandlungen und bei behördlich angeordneten Kontrollen (FFE, Massnahmenvollzug). Seite 2 von 5
3 2. Einflussfaktoren auf die Arbeitsweise des ärztlichen Psychotherapeuten Arbeitsfeld Auswirkungen auf Arbeitsweise Patienten und ihre Störungen Modifikation der Arbeitsweise entsprechend der Ansprechbarkeit des Patienten, dem Schweregrad seiner Störung und dem Therapieverlauf Akteur im medizinischen und psychiatrischen Versorgungssystem als Psychiatrischer Grundversorger Facharzt Psychiatrie Facharzt Psychotherapie Akteur im öffentlichen Gesundheitswesen: Kranken, Invaliden-, Lohnausfallversicherung und Sozialhilfe: Schlüsselfigur zur Auslösung von Geldleistungen; Rechenschaftspflicht (Berichte, Zeugnisse) StGB, StVG: Forensische Aufträge mit Berichts- und Kontrollpflicht ZGB: Unfreiwillige und Zwangsbehandlungen Störungsmodell Psychische Störungen sind biopsychosozial zu konzeptualisieren Medizinische Sprache (ICD-10) Verpflichtung Patienten mit schweren und komplexen Störungen zu behandeln Triage- und Koordinationsaufgaben Psychiatrische Achsendiagnostik (DSM IV) Arbeit unter verschiedenen Störungsmodellen (Akutmedizinisch; Reha; Psychotherapiemodell) Arbeit im Zusammenarbeit mit andern Akteuren der Systeme Verschiedene Rollenzuschreibungen mit Auswirkungen auf die Patient-Therapeut- Beziehung, die integriert werden müssen. Orientierung der Behandlungsziele an Lebensqualität, aber auch an Funktionalität (Arbeitsfähigkeit, soziale und berufliche Reintegration). Oft Beschränkung auf Teilziele. Achsendiagnostik (DSM IV): Die psychische Störung wird auf dem Hintergrund der Persönlichkeit, der lebensgeschichtlichen Entwicklung, somatischer Aspekte und des Umfeldes gesehen Komplexer Behandlungsplan mit Interventionen auf verschiedenen Achsen, Kombinations-, Parallelbehandlungen und Behandlungen im Mehrpersonensetting Seite 3 von 5
4 Psychotherapieverfahren Auswirkungen auf Arbeitsweise Allgemeine psychotherapeutische Techniken, Modell- bzw. störungsspezifische Psychotherapien Erweiterte Diagnostik auf dem Hintergrund des Psychotherapiemodells: Psychodynamik; Kognitionen/Verhalten bzw. systemische Einbindung des Patienten; spezifische Interventionen Arbeit auf verschiedenen psychotherapeutischen Ebenen auf dem Hintergrund einer psychotherapeutischen Fallkonzeption: Allgemeine psychotherapeutische Techniken; modell- bzw. störungsspezifische Psychotherapie bzw. Kombinationen davon. 3. Eine operationalisierte Definition des Psychiaters/Psychotherapeuten 3.1 Rollendefinition Arzt: Siehe CANMEDs 3.2 Rollendefinition: Psychiater/Psychotherapeut (1) Der Psychiater/Psychotherapeut ist Arzt, Psychiater und Psychotherapeut in einem öffentlich finanzierten, medizinischen und speziell psychiatrischen Versorgungssystem. Er integriert die daraus resultierenden, z.t. widersprüchlichen Rollenzuschreibungen, Störungsmodelle sowie die finanziellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in seine Arbeit und wahrt dabei die Autonomie des Patienten soweit als möglich. Er arbeitet mit den anderen Akteuren des Versorgungssystems zusammen und spricht ihre Sprache. (2) Der Psychiater/Psychotherapeut hat als Psychotherapeut eine spezifische psychotherapeutische Identität. Er verfügt neben seinen modell- und störungsspezifischen Kompetenzen über eine breite Palette von allgemeinen psychotherapeutischen Techniken. Er kann diese mit modell- und störungsspezifischen Psychotherapie-Elementen kombinieren. (3) Der Psychiater/Psychotherapeut konzeptualisiert psychische Störungen biopsychsozial. Er ergänzt die mehrachsige psychiatrische Diagnostik entsprechend seinem Psychotherapiemodell. (4) Der Psychiater/Psychotherapeut stellt die Behandlungsindikation und definiert zusammen mit dem Patienten die Behandlungsziele unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Erkrankung, den Zielen, Erwartungen und Ressourcen des Patienten, dem Auftrag des Überweisers, der psychotherapeutischen Fallkonzeption und den Möglichkeiten des Therapeuten. Neben der Verbesserung der Lebensqualität achtet er auf das Erreichen funktionaler Ziele. (5) Der Psychiater/Psychotherapeut triagiert den Patienten in eine adäquate Behandlung. Er leitet aus der mehrdimensionalen Diagnostik einen Gesamtbehandlungsplan auf mehreren Achsen ab, interveniert auf mehreren Achsen, führt Kombinationsbehandlungen durch und arbeitet je nach Situation solo oder in einem Mehrpersonensetting. Er koordiniert im Bedarfsfall verschiedene Behandlungen. Seite 4 von 5
5 (5) Der Psychiater/Psychotherapeut modifiziert je nach Ansprechbarkeit des Patienten, dem Schweregrad der Störung und/oder dem Therapieverlauf seine Arbeitsweise. Er geht dabei patientenorientiert, niederschwellig, pragmatisch und kreativ vor Definition der Schlüsselkompetenzen Der Psychiater/Psychotherapeut: (1) Erkennt die Konsequenzen aus seiner Stellung und seinen Aufgaben im Gesundheitssystem und integriert die z.t. differierenden Rollenzuschreibungen, Störungsmodelle und Rahmenbedingungen in seine Arbeit. (2) Arbeitet mit den andern Akteuren des Versorgungssystems effektiv zusammen, koordiniert wo indiziert und kommuniziert mündlich und schriftlich effizient mit den andern Versorgern. (3) Verfügt neben seinen modell- und störungsspezifischen Kompetenzen über eine breite Palette von allgemeinen psychotherapeutischen Techniken. Er kann diese mit modell- und störungs spezifischen Psychotherapien bzw. Psychotherapie-Elementen kombinieren. (4) Konzeptualisiert psychische Störungen biopsychosozial auf mehreren Achsen und erweitert die psychiatrische Diagnostik entsprechend den Vorgaben seines Psychotherapiemodells. Er stellt die Behandlungsindikation, definiert mit dem Patienten die Behandlungsziele und leitet daraus einen Gesamtbehandlungsplan ab. (5) Interveniert im Rahmen des Gesamtbehandlungsplans auf mehreren Achsen, kombiniert psychotherapeutische Behandlungselemente wo notwendig. Er modifiziert seine Arbeitsweise patientenorientiert, pragmatisch und kreativ je nach Ansprechbarkeit des Patienten, nach Art, Schweregrad und Verlauf der Störung, gemäss dessen Umfeld und je nach Therapieverlauf. Seite 5 von 5
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