Patienteninformation zur Vorbeugung von Gelenkversteifungen
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- Kornelius Beckenbauer
- vor 7 Jahren
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1 Wer rastet der rostet Patienteninformation zur Vorbeugung von Gelenkversteifungen
2 Sehr geehrte Patientinnen und Patienten, Die Auszubildenden der Krankenpflegeschule am Klinikum der Stadt Ludwigshafen haben diese Broschüre für Sie erstellt. Sie soll zur Unterstützung für alle Patienten mit einer Bewegungseinschränkung und deren pflegende Angehörige dienen. Ziel ist es dazu beitragen zu können, einer Entstehung bzw. einer Verschlechterung von Gelenkversteifungen entgegen zu wirken. In der Krankenpflege arbeiten wir häufig mit pflegebedürftigen Patienten, die bereits eine Gelenksteifigkeit aufweisen und in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt sind. In Gesprächen mit Angehörigen wird deutlich, dass das Risiko der Gelenksteifigkeit bei Menschen mit einer Bewegungseinschränkung oftmals nicht bekannt ist. Auch über Maßnahmen zur Vorbeugung herrscht oft Unkenntnis. Laut Angaben des deutschen Krankenkassenverbandes sind derzeit ca. 2 Millionen Menschen auf Pflegeleistungen angewiesen. Erfreulicherweise übernehmen immer mehr Angehörige die Pflege zu Hause. Diese brauchen Aufklärung und Informationen, um möglichen Risiken frühzeitig entgegen zu wirken. Unsere praktischen Erfahrungen auf Station und der theoretische Unterricht im Rahmen der Krankenpflegeausbildung, die diese Problematik nochmals verdeutlichten, waren der Anstoß für diese Broschüre. Ganz herzlich bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei allen, die uns unterstützt und zum Gelingen dieser Broschüre beigetragen haben. Einen angenehmen Aufenthalt und baldige Genesung wünschen Ihnen Kurs gelb der Krankenpflegeschule (Oktober September 2009) und die Mitarbeiter/innen Ihrer Station. 2
3 Was ist eine Kontraktur? Bei einer Kontraktur (lat. contrahere: zusammenziehen) kommt es zu einer dauerhaften Verkürzung von Muskeln, Sehnen und Bändern mit der Folge einer bleibenden Bewegungseinschränkung und Versteifung eines Gelenkes. Woran sind Kontrakturen zu erkennen? Ä Bewegungseinschränkung Ä Erkennbarer Widerstand bei Bewegung Ä Schmerzen bei Bewegung Ä Krankhaft veränderte Haltung des betroffenen Gelenkes Ä Komplette Versteifung einzelner Gelenke 3
4 Vor allem ältere Menschen sind gefährdet, denn: o Durch den abnehmenden Kalziumgehalt werden die Knochen brüchiger und weniger belastbar. o Aufgrund langer Belastungen wird die Knorpelschicht dünner und verliert an Elastizität. o Muskelmasse wird im Alter durch Fettgewebe ersetzt. Dadurch lässt die Muskelkraft nach. o Muskeln verlieren im Laufe des Lebens an Elastizität. Folge ist die Abnahme der Beweglichkeit. Bei welchen gesundheitsbedingten Einschränkungen besteht zusätzlich eine Gefährdung? Kontrakturen sind häufig Spätfolgen anderer Erkrankungen. Alle Faktoren, die die Bewegung beeinträchtigen, können die Entstehung von Kontrakturen begünstigen. Hierzu zählen beispielsweise: Ä Mangelnde Bewegung: o Viele Erkrankungen (z.b. Schlaganfall und Parkinson) gehen mit einer Bewegungseinschränkung einher, die die Entstehung von Kontrakturen fördert. Ä Schmerzen: o Bei Schmerzen nimmt der Betroffene eine Position ein, in der die Schmerzen am wenigsten verspürt werden. Die Bewegungen, die Schmerzen verursachen, werden gemieden. 4
5 Ä Narben: o Narbengewebe in Gelenknähe schrumpft und führt zu einer Bewegungseinschränkung (z.b. Wundheilungsstörungen und Verbrennungen in Gelenknähe). Ä Angst : o Diese führt mitunter zu abwehrender Haltung, erhöhter Muskelspannung oder zu einer gebeugten Stellung aus Schutzbedürfnis. Ä Ruhigstellung: o Durch die Ruhigstellung (z.b. durch einen Gips) kommt es innerhalb weniger Wochen zu einer Verkürzung der Muskulatur und der Sehnen. Ä Unsachgemäße Lagerung: o Wird über zu lange Zeit immer die gleiche Lagerungsposition beibehalten (z.b. Oberkörperhochlagerung, Knierolle) können Gelenkfehlstellungen begünstig werden. Ä Erworbene Erkrankungen: o Sie entstehen durch Gelenkverletzungen oder altersbedingte Gelenkveränderungen (z.b. bei Gicht, Rheuma, Arthrose) 5
6 Wie entstehen Kontrakturen? Beim gesunden Menschen, verkürzen oder dehnen sich alle Muskeln durch die täglichen Bewegungen. Im Liegen verändern wir automatisch unsere Position, wenn es unbequem wird. Selbst nach einer Nacht, in der wir ungünstig gelegen haben, regeneriert der Körper meist durch die Bewegungsabläufe des Tages. Wenn einer der oben genannten Faktoren vorliegt, können unbequeme Positionen oder Fehlstellungen einzelner Körperteile nicht selbstständig verändert werden. Dies bewirkt meist eine Erhöhung der Muskelspannung. Diese Muskelspannung wiederum bewirkt eine weitere Verschlechterung in der Position oder der Stellung des Körperteiles. Dadurch wiederum steigt die Muskelspannung an, usw. Dazu kommt, dass die Muskeln die über eine längere Zeit gedehnt waren, nicht bei Bewegungsabläufen mitarbeiten. Wie kann vorbeugt werden? Um der Entstehung von Kontrakturen entgegen zu wirken, spielen regelmäßige Lagerung und Bewegungsübungen eine entscheidende Rolle. Bei der Lagerung ist zu beachten, dass: Ä ein regelmäßiger Lagewechsel (z.b. alle 2 Stunden) stattfindet, wobei die Umlagerungszeiträume in der Nacht möglichst lang sein sollten, um den Schlaf-Wach-Rhythmus nicht zu behindern. Ä möglichst alle Hohlräume, welche zwischen Körper und Unterlage entstehen, ausgekleidet sind. Ä die Körperteile nicht verdreht oder abgewinkelt gelagert sind. Ä die Unterlage dem Betroffenen (durch Decken, Kissen, Handtücher, Waschlappen ) angepasst wird. 6
7 Ä Halt der einzelnen Körperteile auch durch unterstützende Lagerungsmaterialien an der Seite erreicht werden kann. Weitere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vorbeugung: Ä Ein vertrauensvolles Verhältnis und Verlässlichkeit zwischen dem Betroffenen und der Person, die Bewegungen durchführt. Ä Keine unerwarteten unangekündigten Berührungen. Bewegungsübungen Nachfolgende Bewegungsübungen haben das Ziel, die volle Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten. Wenn die Übungen nicht selbstständig durchführen werden können, kann auch jede andere Person die Gelenke sanft durchbewegen (siehe Abbildungen). Die Übungen können auch gegen einen Widerstand durchgeführt werden. D.h. die betroffene Person bewegt sich gegen die Muskelkraft einer zweiten Person. Hierdurch wird nicht nur die Gelenkbeweglichkeit gefördert, sondern auch die Muskelkraft gestärkt. Außerdem gibt es die Möglichkeit eine physiotherapeutische Betreuung durch den Hausarzt verordnen zu lassen. 7
8 Zu beachten ist: Diese Übungen sollten nicht bei Patienten mit Muskelspannungen (Spastiken) durchgeführt werden! Sollten während der Übungen Schmerzen auftreten, müssen die Übungen abgebrochen und der behandelnde Arzt informiert werden! Unter Umständen ist eine angepasste Schmerztherapie sinnvoll, um die notwendigen Übungen zu ermöglichen. 8
9 Abspreizen und Heranführen der Finger: Mit beiden Händen werden die Finger umfasst und nach außen bzw. nach innen geführt. Beugung der Finger: Eine Hand fixiert den Unterarm am Handgelenk, die andere beugt alle fünf Finger und deren einzelne Gelenke. 9
10 Seitwärtsbewegung an der Handwurzel: Der Unterarm wird flach aufgelegt und mit der Hand fixiert. Mit der anderen Hand wird die zu bewegende Hand parallel zur Auflagefläche nach rechts und links durchbewegt. Ein- und Auswärtsdrehung des Unterarmes: Der Unterarm ist angewinkelt. Eine Hand fixiert oberhalb des Ellenbogengelenks den Oberarm, die andere umfasst das Handgelenk, wobei der Daumen in der Handfläche des Betroffenen liegt. Nun kann der Unterarm nach innen gedreht werden. Bei der Auswärtsdrehung liegt der Daumen auf dem Handrücken des Betroffenen und kann so nach außen rotiert werden. 10
11 Beugung und Streckung des Ellenbogengelenkes: Eine Hand umfasst das Handgelenk, die andere fixiert leicht den Oberarm oberhalb des Ellenbogens. Den Arm strecken und beugen. Abspreizen und Heranführen des Beines bzw. des Hüftgelenkes: Die eine Hand fixiert das Becken oberhalb des Hüftgelenks. Die andere Hand und der Unterarm liegen unter dem Unterschenkel. Das Bein wird nach außen abgespreizt und wieder zurückgeführt. 11
12 Beugung und Streckung des Kniegelenkes: Eine Hand liegt auf der Vorderseite des Oberschenkels auf, die andere umfasst das Fußgelenk und schiebt die Ferse Richtung Gesäß. Streckung und Beugung des Fußgelenkes: Eine Hand fixiert den Unterschenkel, die andere führt den Fuß. Den Fuß strecken und wieder zum Körper heranführen. 12
13 Streckung und Beugung der Zehen: Mit beiden Händen den Vorfuß fixieren. Streckung und Beugung der Zehen mit Hilfe der beiden Daumen. Alle aufgeführten Übungen sollten mehrmals täglich (6-8 Mal) durchgeführt werden, denn uneingeschränkte körperliche Beweglichkeit ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis und Voraussetzung für ein unabhängiges Leben, denn: Wer rastet, der rostet 13
14 Umgang mit bereits vorhandenen Kontrakturen Ä Kontrakturen dürfen nie mit Gewalt bewegt werden. Ä Dies führt zu einer verstärkten Verkrampfung und zu starken Schmerzen. Ä Regelmäßige Bewegungsübungen sind wichtig, damit sich bereits vorhandene Kontrakturen nicht verschlechtern. Ä Muskelspannungen können unter Umständen durch langsames und gleichmäßiges Ausstreichen (vom Körper weg) mit der gesamten Handfläche gelöst werden. Wenn Sie weitergehende Informationen wünschen, wenden Sie sich an Ihren Arzt oder die Sie betreuende Pflegefachkraft. Zusätzlich können Sie sich über die Krankenkasse Informationen über bestehende Möglichkeiten einholen. 14
15 Impressum Dieser Wegweiser wurde im Rahmen eines Projekts von Auszubildenden der Krankenpflegeschule des Klinikums Ludwigshafen erstellt. Die Leitung des Projektes hatte Frau Katharina Scudlik, Lehrerin für Pflegeberufe. Herausgeber: Klinikum der Stadt Ludwigshafen ggmbh Konzept und Inhalt: Pflegedirektion Text: Eva Jacob, Sabine Kowalewicz, Konstanze Sparn und Susann Wetzig Layout: Redaktion: Unternehmenskoordination und Öffentlichkeitsarbeit Stand: 01/
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