BGB AT - Fall 2. Lösungsskizze. Grundfall
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1 BGB AT - Fall 2 Lösungsskizze Grundfall K V auf Übergabe und Übereignung des Buches aus 433 I 1 BGB A. Entstehung des Anspruchs Voraussetzung: Abschluss eines entsprechenden wirksamen Kaufvertrages I. Vertragsschluss Angebot und Annahme = zwei korrespondierende empfangsbedürftige WE; hier: mit Inhalt des 433 BGB 1. Angebot des V Alle für den Vertragsschluss wesentlichen Punkte, durch ein bloßes Ja annehmbar (essentialia negotii) Parteien: V und K Leistung des Verkäufers (Kaufsache): Buch Der rote Tiger Gegenleistung des Käufers (Kaufpreis): 10,- Wirksames Angebot liegt vor 2. Annahme durch K Vor.: Vorbehaltloses Einverständnis mit dem Angebot K erklärt sich nach dem SV einverstanden. K hat damit angenommen. Ein Kaufvertrag zwischen V und K wurde somit geschlossen. 1
2 3. Loslösung des V von seinem Angebot? Möglicherweise ist V an sein Angebot aber nicht mehr gebunden. Darauf beruft er sich wegen des Weiterverkaufs des Buches zu 20. Unabhängig davon, ob dieser Weiterverkauf wirksam ist, ändert dies gemäß 145 BGB aber nichts an der Bindung des V an sein Angebot. II. Der Kaufvertrag ist auch wirksam. Somit ist der Anspruch entstanden. B. Kein Erlöschen des Anspruchs Der Anspruch des K gegen V könnte gemäß 275 I 1 Alt. 1 BGB erloschen sein. Dazu könnte der Weiterverkauf des Buches geführt haben. Unabhängig davon, ob der Weiterverkauf des Buches wirksam war, ist V aber noch in der Lage, das Buch an K zu übereignen und zu übergeben. Eine Übereignung und Übergabe an den Dritten hat nach dem SV offenbar noch nicht stattgefunden. Der Anspruch des K gegen V ist somit nicht gemäß 275 I Alt. 1 BGB erloschen. C. Durchsetzbarkeit des Anspruchs I. Einrede aus 275 II BGB? Eine Einrede des V aus 275 II BGB gegen den Anspruch des K aus 433 I 1 BGB wegen des Weiterverkaufs des Buches kommt aus den zu B. genannten Gründen nicht in Frage. 2
3 II. Einrede aus 320 I 1 BGB? Der Kaufvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag. Die Ansprüche aus 433 I 1 BGB und aus 433 II BGB stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma). K hat den Kaufpreis noch nicht bezahlt. V ist nicht zur Vorleistung verpflichtet. Damit liegen alle Voraussetzungen des 320 I 1 BGB vor. V muss daher das Buch nur Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises übereignen und übergeben. Ergebnis: K kann von V Übergabe und Übereignung des Buches Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises verlangen. Abwandlung K V auf Übergabe und Übereignung des Buches aus 433 I 1 BGB A. Entstehung des Anspruchs Voraussetzung: Abschluss eines entsprechenden wirksamen Kaufvertrages I. Vertragsschluß Angebot und Annahme = zwei korrespondierende empfangsbedürftige WE 1. Angebot des V Alle für den Vertragsschluß wesentlichen Punkte, durch ein bloßes Ja annehmbar (essentialia negotii) Parteien: V und K Leistung des Verkäufers (Kaufsache): Buch Der rote Tiger Gegenleistung des Käufers (Kaufpreis): 10,- 3
4 Zwischenergebnis: Wirksames Angebot liegt vor 2. Annahme durch K Vorbehaltloses Einverständnis mit dem Angebot K will das Buch kaufen, aber nur für 8,- keine vorbehaltslose Annahme; gemäß 150 II Teil 1 BGB gilt dies als Ablehnung des Angebots 3. Neues Angebot des K gemäß 150 II Teil 2 BGB Annahme mit Änderungen = Ablehnung verbunden mit neuem Angebot Angebot des K lautet: Parteien: K und V Leistung des V: Das Buch Gegenleistung des K: 8,- 4. Annahme durch V Keine Äußerung des V a. Stillschweigende Annahmeerklärung? WE können auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) abgegeben werden; Ausnahme: Formbedürftigkeit, bspw. 311 b I, III, V BGB. Bei einer konkludenten WE wird das Gewollte nicht ausdrücklich erklärt, aber das Verhalten einer Person lässt unmittelbar den Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zu. Anwendbarkeit der Regeln über die WE. Hier: Kein Verhalten des V, das auf Annahmewillen schließen lässt b. Erlöschen des Angebots des K gemäß 146, 147 I 1? Aus 146 BGB ivm. 147 I 1 BGB könnte man folgern, dass durch das Schweigen des V bereits das Angebot des K erloschen ist, so dass aus diesem Grund kein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass K noch auf eine Annahme des V warten wollte und dies gegenüber V auch zum Ausdruck gebracht hat. 4
5 Dies ist auch rechtlich möglich, da K noch eine weit darüber hinausgehende Annahmefrist nach 148 BGB hätte setzen können. Daher kann hier nicht ohne weiters von einem Erlöschen des Angebots des K gemäß 146, 147 I 1 ausgegangen werden. Die Frage kann aber letztlich offen bleiben, wenn sich auch sonst kein Vertragsschluss ergeben würde. c. Erklärungswirkung des Schweigens des V? Grundsätzlich hat das bloße Schweigen keine Erklärungswirkung, Schweigen hat keine Aussagekraft, daher keine WE. Dies lässt sich aus den Fällen folgern, in denen dies kraft Gesetzes ausnahmsweise nicht so ist (arg. e contrario = Gegenschluss). Ausnahmen: Schweigen als Erklärungshandlung, wenn obj. Erklärungswert, insbes. wenn von den Parteien ausdrücklich/konkludent vereinbart Schweigen mit Erklärungswirkung o kraft gesetzl. Fiktion als Zustimmung (z.b. 416 I 2, 455 S. 2, 516 II 2, 545, 1943 BGB; 362 I HGB) als Ablehnung (z.b. 108 II 2, 177 II 2 BGB) o nach Treu und Glauben, 242 BGB als Zustimmung (z.b. Schweigen auf kaufmännisches Bestätigungsschreiben) Hier: V hat schlicht geschwiegen, kein Ausnahmefall, keine Annahme des neuen Angebotes durch V Daher kein Vertragsschluss Der Anspruch ist daher schon nicht entstanden. Ergebnis: K hat keinen Anspruch gegen V auf Übergabe und Übereignung des Buches aus 433 I 1 BGB. 5
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