Wissenswertes über die Schilddrüse und deren Erkrankungen

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1 Wissenswertes über die Schilddrüse und deren Erkrankungen Eine Patienteninformation der zum Thema Schilddrüse (Dr.med. B. Fassnacht und Dr.med. U. Deuster) Was ist die Hauptaufgabe der Schilddrüse? Die Schilddrüse produziert Hormone, die in vielfältiger Weise in Stoffwechselvorgänge eingreifen. Zur Hormonproduktion braucht die Schilddrüse Jod. Wie wird die Menge der Hormone im Blut gesteuert? Die Hormonmenge im Blut wird durch einen sehr feinen Regelkreis gesteuert, der der Temperatursteuerung einer modernen Heizungsanlage vergleichbar ist: Die Menge der im Blut kreisenden Hormone T 3 und T 4 wird laufend durch geeignete Messeinheiten im menschlichen Körper gemessen. Sinkt der Hormonspiegel ab, setzt die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) einen Botenstoff (TSH) frei, der die Schilddrüse zu einer vermehrten Hormonproduktion anregt. Sind die Schilddrüsenhormone ausreichend im Blut vorhanden, wird weniger TSH freigesetzt. Das TSH ist sozusagen das Gaspedal für die Schilddrüse. Welche Schilddrüsenwerte können im Labor gemessen werden? Sowohl die Hormone T 3 und T 4 als auch das TSH können wie im menschlichen Körper auch im Labor bestimmt werden. Bei bestimmten Erkrankungen oder dem Verdacht, dass eine solche vorliegt können auch bestimmte Antikörper gegen Schilddrüsengewebe (s.u.) bestimmt werden. Liegt der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung der Schilddrüse vor oder sind Kontrollen nach einer entsprechenden Operation notwendig, kann ein sog. Tumormarker bestimmt werden. - Seite 1 -

2 Welche Untersuchungsmethoden stehen für die Schilddrüse zur Verfügung? Grundsätzlich richtet sich eine Diagnostik an dem Verdacht der vorliegenden Erkrankung bzw. einer speziellen Fragestellung aus. Die Säulen der Diagnostik sind der Ultraschall, die Laboruntersuchungen und die Szintigraphie. Welche Aussagekraft hat die Schilddrüsensonographie (=Schilddrüsenultraschall)? Mit dem Ultraschall kann eine Aussage über die Gewebestruktur gemacht werden. Umschriebene Veränderungen wie z.b. Zysten oder Knoten können nachgewiesen werden. Außerdem kann die Größe der Schilddrüse ausgemessen werden. Das Muster des Schilddrüsengewebes kann Hinweise auf verschiedene Arten einer Schilddrüsenentzündung geben. Keine Aussage kann die Sonographie zur Funktion der Schilddrüse oder zur Frage gut- oder bösartiger Veränderungen machen. Welche Aussagen sind durch das Labor möglich? Als Suchuntersuchung kann das TSH bestimmt werden. Dieses gibt Aufschluß über die Gesamtfunktion der Schilddrüse. Ist der Wert erniedrigt, spricht dies für eine Überfunktion, eine Erhöhung für eine Unterfunktion der Schilddrüse. Die Bestimmung des TSH dient auch der Kontrolle unter Hormontherapie. Das Ausmaß der Funktionsstörung kann durch die Bestimmung der Schilddrüsenhormone im Blut genauer bestimmt werden. Zur Diagnose bestimmter Schilddrüsenentzündungen können Antikörper gegen Schilddrüsengewebe im Blut nachgewiesen werden. Welche Aussagen sind durch eine Szintigraphie möglich? Die Schilddrüsen-Szintigraphie ist eine Untersuchung in einem Röntgeninstitut oder bei einem Nuklearmediziner. Dabei wird dem Patienten/der Patientin eine radioaktive Substanz mit dem Namen 99 m -Technetium ( 99m TC) in die Vene gespritzt. Diese Substanz verweilt nur sehr kurz im Körper und wird über den Urin wieder ausgeschieden. Im Körper verhält sich dieser Stoff wie Jod und wird in der Schilddrüsen dort am meisten gespeichert, wo die höchste Stoffwechselaktivität vorliegt. Das Speichermuster kann mit einer speziellen Kamera aufgezeichnet werden. Außerdem kann von der Menge des aufgenommenen Techneti- - Seite 2 -

3 ums ggf. auf eine spezielle Art der Schilddrüsenentzündung, nämlich den sog. Morbus Basedow geschlossen werden. Was ist ein Schilddrüsenknoten? Der Begriff des Schilddrüsenknoten meint eine beim Ultraschall festgestellte, umschriebene Veränderung im Schilddrüsengewebe. Beispiele dafür sind z.b. Zysten oder gutartige Adenome, wie sie besonders in den hiesigen Gegenden gehäuft vorkommen. Gelegentlich wird auch von kalten, warmen oder heißen Knoten gesprochen. Diese Bezeichnungen stammen von der Szintigraphie. Ein kalter Knoten nimmt kein Technetium auf, d.h. in der Szintigraphie wird ein leerer Fleck abgebildet. Diese Veränderungen sind stets, sofern im Ultraschall nicht eine Zyste gesehen wurde, verdächtig auf eine bösartige Veränderung. Hier ist dann eine Operation dringend notwendig. Warme Knoten speichern stärker als die Umgebung, die übrige Schilddrüse stellt sich aber ebenfalls dar. Dies ist beim heißen Knoten nicht der Fall, lediglich der Knoten wird abgebildet, weil die restliche Schilddrüse sozusagen abgeschaltet ist. Welche diagnostischen Möglichkeiten bestehen noch? In den Fällen, in denen die Kombination der genannten drei Säulen der Diagnostik (Sonographie, Labor, Szintigraphie) keine eindeutige Diagnose zuläßt, kann mittels Gewebeuntersuchung eine weitere Maßnahme ergriffen werden. Hierbei wird unter örtlicher Betäubung Schilddrüsengewebe mit einer kleinen Nadel entnommen. Dieses Gewebe wird dann feingeweblich untersucht. Kann auch mit dieser Methode keine sichere Aussage getroffen werden, wird eine Operation notwendig. Wie bemerke ich eine Schilddrüsenerkrankung? Ungewollte Gewichtabnahme, beschleunigter, manchmal unregelmäßiger Herzschlag, Herzschwäche und Schwitzen bei geringster Anstrengung oder gar in Ruhe können Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion sein. Eine Schilddrüsenunterfunktion ist häufig durch schnelle Ermüdbarkeit, Frieren auch in beheizten Räumen, Gewichtzunahme und Verstopfung gekennzeichnet. - Seite 3 -

4 Das Schilddrüsenkarzinom bleibt wie viele Tumore lange unerkannt, weil es keine typischen Beschwerden macht. Chronische Heiserkeit oder Schmerzen in den Halsweichteilen können ebenso uncharakteristische Beschwerden sein, wie ungewollte Gewichtabnahme. Wie werden Schilddrüsenerkrankungen behandelt? Eine vergrößerte Schilddrüse mit normaler Funktion oder hormonproduzierende, gutartige Knoten können manchmal mit einer Hormontherapie mit oder ohne Jodzusatz verkleinert werden. Eine Schilddrüsenunterfunktion macht eine Hormontherapie notwendig. Dazu wird jeden Morgen vor dem Frühstück eine Tablette mit einer bestimmten Menge Schilddrüsenhormon eingenommen. Die richtige Dosis wird dann wieder über den TSH-Wert kontrolliert. Dabei sollten seit der letzten Tabletteneinnahme mindestens 24 Stunden vergangen sein. Bei der Schilddrüsenüberfunktion gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. Ziel ist dabei immer, eine ausgeglichene Stoffwechsellage zu erreichen. Dieses Ziel muß auch vor einer Operation erreicht sein. In den meisten Fällen werden Medikamente verabreicht, die entweder die Jodaufnahme in die Schilddrüse oder den Einbau von Jod in das Hormon verhindern. Dadurch wird die Hormonproduktion gedrosselt. Da diese Medikamente auch negative Einflüsse auf die Blutbildung haben können, wird die Therapie nicht allein über die Messung des TSH und der Hormone sondern auch über das Blutbild kontrolliert. Muß eine Überfunktion in jedem Falle im Anschluß an die Therapie mit Tabletten operiert werden? Eindeutig nein! Unter bestimmten Bedingungen kann eine Behandlung mit Tabletten zur Verminderung der Hormonproduktion über viele Jahre durchgeführt und eine Operation vermieden werden. In vielen Fällen jedoch ist die erkrankte Schilddrüse jedoch zusätzlich vergrößert, so dass sie operiert werden sollte. Ist eine Operation aus verschiedenen Gründen nicht ratsam, können umschriebene Veränderungen (Knoten), sofern sie nicht bösartig sind, mit Alkohol verödet werden. Mit Hilfe eines dem Technetium ähnli- chen Stoffes kann eine innere Bestrahlung durchgeführt werden. Dieses radioaktive Jod muß nicht gespritzt sondern kann geschluckt werden. - Seite 4 -

5 In den Fällen einer Schilddrüsenentzündung oder sog. Autoimmunerkrankung (s.o.) kommt eine Operation nicht in Betracht, da eine Überfunktion zu Beginn Erkrankung in den meisten Fällen im Verlauf in eine Unterfunktion übergeht. Wie kann ich mich vor einer Schilddrüsenerkrankung schützen? Ein Kropf und auch gutartige Knoten können durch eine ausreichende Jodzufuhr verhindert werden. Siehe hierzu auch Kapitel Jodprohylaxe. Gegen die übrigen Erkrankungen, die zahlenmäßig auch weit zurückliegen, gibt es keine Vorbeugung. Das bedeutet in den meisten Fällen, dass eine lebenslange Medikamenteneinnahme anzuraten ist. Sind Schilddrüsenerkrankungen gefährlich? Eine Schilddrüsenüberfunktion kann zu schwerwiegenden Komplikationen bis zu Herzinfarkt führen. Auch hier ist eine gute und sachkundige Betreuung absolut notwendig. Wenngleich die Schilddrüsenunterfunktion beim Erwachsenen eine vergleichsweise harmlose Erkrankung darstellt (beim Kind, besonders bei Kleinkind kann sie zu schweren Entwicklungsstörungen führen), sollte sie fachkundig betreut werden, da es zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität kommen kann. Ein Schilddrüsenkarzinom ist wie jeder Krebs eine ernst zu nehmende und gefährliche Erkrankung. Eine sichere Diagnosestellung und eine gute Betreuung nach der Operation sind wichtig! Kann ich mir mit Jod auch schaden? Eindeutig ja! Und zwar dann, wenn gutartige, hormonproduzierende Knoten, sog. Adenome vorhanden sind. Jodhaltige Salben und Tinkturen stellen eher kein Problem dar, auch eine korrekte Jodprophylaxe sollte nicht zu einer Überfunktion führen. Wird aber bei vorhandenen Adenomen mehr Jod als empfohlen durch Tabletten und z.b. gleichzeitigen, reichlichen Genuß von Seefisch zugeführt, kann es zu einer überschießenden Hormonproduktion und in der Folge zu einer bedrohlichen Überfunktion kommen. Besonders gefährlich ist die Anwendung von jodhaltigen Kontrastmitteln in der medizinischen Diagnostik. Auch Medikamente können durch ihren Jodgehalt oder eine Beeinflussung des Hormonstoffwechsels zu einer Überfunktion führen. Hier kann und muß Vorsorge getroffen werden. Weisen Sie daher jeden Arzt vor einer - Seite 5 -

6 Röntgenuntersuchung mit Kontrastmitteln oder Beginn einer neuen Therapie auf das Vorhandensein von Adenomen hin. Weitere Informationen finden Sie auch im Kapitel über die Jodprophylaxe. Therapie oder Jodprohylaxe? Diagnostik und Therapie der Schilddrüse setzt grundlegende Kenntnisse des Stoffwechsels und hormonellen Regelkreises voraus. Da bei jedem Patienten Besonderheiten zu beachten sind, möchten wir Sie bei dieser Fragestellung gerne unterstützen und beraten. Bei Verdachtsmomenten für das Vorliegen einer Schilddrüsenerkrankung können und wollen wir gezielte Untersuchungen wie Laboranalysen oder Ultraschall veranlassen. Auf diese Weise können wir eine Gefährdung Ihrer Gesundheit so klein wie möglich halten oder im besten Falle verhindern. Noch Fragen? Sprechen Sie mit uns! Fragen Sie uns! Vereinbaren Sie einen Termin: Tel für die internistischen Tel für die pädiatrischen - Seite 6 -