Rechtsanwältin Christiane Müller. Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
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1 Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
2 Verwaltungsrecht, Verwaltungsträger Verwaltungsrecht Rechtssätze, welche die Organisation und Tätigkeit von Verwaltungsorganen und Verwaltungsträgern regeln. Verwaltung Exekutive = alles außer Judikative und Legislative Verwaltungsträger Träger hoheitlicher Gewalt im Bereich der Exekutive (z.b. Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts)
3 Körperschaften Körperschaft Zusammenschluss von Personen zur Verfolgung eines öffentlichen Zwecks baut auf der Mitgliedschaft, der ihnen zugehörigen Personen auf freiwillige Mitgliedschaft zwangsweise Mitgliedschaft, z.b. in Ärzte- oder Rechtsanwaltskammern Arten Gebietskörperschaften: Hoheitsbereich wird durch einen räumlich abgrenzbaren Bereich des Staatsgebietes bestimmt; z.b. Gemeinden: Mitglieder sind die Bewohner des Gebietes
4 Körperschaften (Forts.) Personal- und Vereinskörperschaften; z.b. Berufskammern Verbandskörperschaften; z.b. gemeindliche Zweckverbände, deren Mitglieder nur juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Exkurs: juristische Person Personenvereinigung mit gesetzlich anerkannter rechtlicher Selbstständigkeit Besonderheit: eigene Rechtsfähigkeit, d.h. selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten eigene Parteifähigkeit, d.h. kann selbstständig Partei eines Rechtstreites sein (kann also klagen und verklagt werden) juristische Personen des öffentlichen Rechts: Rechtsfähigkeit sowohl auf privatrechtlichem wie auch öffentlichrechtlichem Gebiet
5 Exkurs (Forts.) Satzungsrecht, d.h. können durch eigene Rechtssetzung ihren Aufgabenbereich regeln Selbstverwaltungsrecht (unterstehen aber staatlicher Aufsicht) juristische Personen des öffentlichen Rechts (Einteilung) Körperschaften (s.o.) Anstalten: Verwaltungseinrichtungen mit bestimmten Nutzungszweck (Erfüllung öffentlicher Aufgaben) nicht mitgliedschaftlich organisiert Zusammenfassung von Sachmitteln und Personal z.b. ZVS; öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten (öffentliche) Stiftungen: öffentlich-rechtlicher Vermögensbestand mit bestimmten (Stiftungs-) Zweck z.b. Förderung von Kunst und Wissenschaft, Universität Hildesheim
6 Verwaltungsorgan Person/Organisation, die im Namen eines Verwaltungsträgers handelt (i.d.r. Behörde) Beispiele Verwaltungsträger: Gemeinde - Verwaltungsorgan: Bürgermeister Verwaltungsträger: Land - Verwaltungsorgan: Polizei Verwaltungsträger: Bund - Verwaltungsorgan: Bundesgrenzschutz
7 Verwaltungsorgane in weiterem Sinne Beliehene natürliche oder juristische Personen, die hoheitliche Funktionen im eigenen Namen, aber im Auftrag des Staates ausüben z.b. TÜV, Schornsteinfeger Verwaltungshelfer natürliche Person, deren sich die Verwaltungsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient, nur mit begrenztem Entscheidungsspielraum z.b. Abschleppunternehmen, Schülerlotse
8 weitere Begriffe Vorrang des Gesetzes Art. 20 Abs. 3 GG Verwaltung muss im konkreten Fall alle (!) einschlägigen Rechtsnormen anwenden dabei muss die Rangordnung der Rechtsnormen beachtet werden Vorbehalt des Gesetzes Art. 20 Abs. 3 GG und andere Grundrechte kein belastendes Verwaltungshandeln ohne Ermächtigungsnorm
9 Exkurs: Rangordnung Europarecht und völkerrechtliche Verträge Verfassung Bundesrecht Landesrecht Rechtsverordnungen und Satzungen
10 Handlungsformen der Verwaltung Verwaltungsakt Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zwecks Regelung eines Einzelfalles mit Außenwirkung ( 35 VwVFG) z.b. Bußgeldbescheid Realakte führen im Gegensatz zum Verwaltungsakt keine Rechtsfolgen, sondern nur tatsächliche Folgen herbei z.b. Auskünfte, Auszahlung eines Geldbetrages, Absprachen im Vorfeld behördlicher Verfahren öffentlich-rechtliche Verträge Vertrag, durch den ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öff. R. begründet, geändert oder aufgehoben wird ( 54 VwVFG) z.b. Vertrag zwischen der Studierendenschaft und öff. Nahverkehrsunternehmen - sog. Semsterticket
11 Handlungsformen der Verwaltung (Forts.) Rechtsverordnung kein förmliches Gesetzgebungsverfahren, sondern von Exekutive gesetzt Ermächtigung gem. Art. 80 GG z.b. StVO, HundeVO Satzung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten gesetztes Recht z.b. Satzung der Universität Verwaltungsvorschriften (keine Außenwirkung) Anordnungen von vorgesetzten gegenüber nachgeordneten Behörden z.b. Ermessensrichtlinien normkonkretisierende Vorschriften z.b. TA-Luft, TA-Lärm (bsp. zur Frage: Was ist eine schädliche Umwelteinwirkung?
12 Ermessen Ermessensnormen räumen einer Behörde Spielraum auf der Rechtsfolgenseite ein, soweit die Tatbestands- Voraussetzungen erfüllt sind Verwaltung kann selbst entscheiden, ob sie einschreiten will oder ggf. welche von mehreren in Betracht kommenden Entscheidungen sie treffen will z.b. kann, darf, ist befugt, nach pflichtgemäßem Ermessen Gegenbeispiel sog. Muss-Vorschriften (sog. gebundene Entscheidung) sog. Soll-Vorschriften: die Behörde muss im Regelfall eine bestimmte Rechtsfolge setzen, außer in atypischen Fällen
13 Arten des Ermessens Entschließungsermessen (ob) die Behörde kann entscheiden, ob sie eine Rechtsfolge setzen will Handlungs- oder Auswahlermessen (wie) die Behörde kann aus mehreren Entscheidungsalternativen wählen Auswahlermessen/Störerermessen (wer) wer soll in Anspruch genommen werden
14 Ermessensreduzierung auf Null Ermessensfreiheit ist so gering, dass nur eine einzige Entscheidung denkbar ist Fallgruppen Freiheitsgrundrechte Sondernutzungserlaubnis für Straßenkünstler (Art. 5 Abs. 3, 1. Fall GG) Selbstbindung der Verwaltung durch tatsächliche Übung (Art. 3 Abs. 1 GG) Ermessensrichtlinie (Art. 3 Abs. 1 GG) Polizeirecht gegenwärtig erhebliche Gefahr für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ( 11 NSOG)
15 Ermessensfehler Nachprüfung von Ermessensentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte nur beschränkt möglich es wird nur geprüft, ob Ermessensentscheidung gesetzliche Grenzen überschritten hat (sog. Ermessensfehler) keine Prüfung der Zweckmäßigkeit der Entscheidung Hintergrund: Gewaltenteilung
16 Ermessensfehler (Forts.) Ermessensüberschreitung ausdrückliche Grenzen des Ermessen werden überschritten z.b. Bußgeldvorschriften, die einen Rahmen (bis max. 200 ) angeben Ermessensfehlgebrauch Normzweck der Ermessensnorm wurde missachtet z.b. sachfremde Erwägungen, falscher o. unvollständiger Sachverhalt, falsche rechtliche Erwägungen z.b. Abfallrechtliche Erwägungen bei Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis nach dem FernstraßenG Ermessensnichtgebrauch Behörde geht irrtümlich von einer gebunden Entscheidung aus, obwohl Ermessenspielraum
17 Unbestimmter Rechtsbegriff enthalten keinen fest umrissenen Sachverhalt Tatbestand muss für jeden Einzelfall fixiert werden tatsächlich z.b. Dunkelheit, Trockenheit rechtlich Gemeinwohl, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Zuverlässigkeit Auslegung erforderlich nach dem Wortlaut systematisch teleologisch historisch
18 Unbestimmter Rechtsbegriff (Forts.) bei der Auslegung zu beachten sind weiterhin auch: Verfassungsgrundsätze (siehe Termin 2) Gerichtsentscheidungen Gesetzeskommentare Verwaltungsvorschriften Gericht kann im Gegensatz zu Ermessensfehlern umfangreicher überprüfen kann seine Auslegung an die Stelle der Verwaltung setzen
Öffentliche Verwaltung
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