Inklusion aber bitte für alle und überall! Carl-Wilhelm Rößler Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Rheinland
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- Stephan Dressler
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1 Inklusion aber bitte für alle und überall! Carl-Wilhelm Rößler Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Rheinland
2 Überblick Was versteht man unter Inklusion? Voraussetzungen einer inklusiven Gesellschaft Inklusion und Autonomie Art. 8: Bewusstseinswandel Art. 9: Barrierefreiheit, Art. 20: Mobilität Art. 12: Gleiche Anerkennung vor dem Recht Art. 19: Selbstbestimmt Leben, Einbeziehung in die Gemeinschaft Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Art. 29: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben Fazit und Ausblick Literatur
3 Was versteht man unter Inklusion? Inklusion? Das ist doch das mit Schule, und so, von wegen alle Kinder zusammen und so, oder?
4 Was versteht man unter Inklusion? Inklusionsthema wird häufig im Zusammenhang mit Bildung, insbesondere mit Schulbildung, wahrgenommen Realisierung von Inklusion im Bildungsbereich ist ein sehr wichtiger Schritt auf dem Weg zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft insgesamt inklusive Gesellschaft ist wesentliches Leitprinzip der UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), vgl. Art. 3 Buchst. c)
5 Voraussetzungen einer inklusiven Gesellschaft Inklusion bedeutet Einbeziehung in die Gesellschaft gesellschaftliche Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen von vornherein Bestandteil der Gesellschaft sind und nicht erst von außen hereingeholt werden müssen kein Anpassungsdruck für Menschen mit Behinderung (Abgrenzung zur Integration)
6 Inklusion und Autonomie Inklusion setzt individuelle Autonomie von Menschen mit und ohne Behinderung voraus ohne Autonomie nimmt Inklusion Züge von Bevormundung an Inklusion gewinnt ihre Qualität gerade dadurch, dass sie Raum und Rückhalt für persönliche Lebensgestaltung bietet notwendig ist daher ein individueller Entscheidungsspielraum Ziel ist die volle und wirksame Teilhabe aller Menschen an allen Bereichen der Gesellschaft
7 Art. 8: Bewusstseinswandel Inklusion und Autonomie bedingen auch umfassenden Respekt vor Menschen mit Behinderung Behinderungsbegriff der UN-BRK erkennt u. a. den wertvollen gesellschaftlichen Beitrag von Menschen mit Behinderung an sie sind nicht als Belastung für die Gesellschaft, sondern als gleichberechtigter, leistender Bestandteil der Gesellschaft anzusehen (verlangt Abkehr von der Reduzierung auf Fallzahlen und Fallkosten in der deutschen Behindertenpolitik)
8 Art. 8: Bewusstseinswandel Veränderte Wahrnehmung von (Menschen mit) Behinderung Diversity-Ansatz: Behinderung wird nicht mehr als von vornherein negativ gesehen, sondern als normaler Bestandteil menschlichen Lebens und menschlicher Gesellschaft ausdrücklich bejaht Behinderung wird als Quelle möglicher kultureller Bereicherung wertgeschätzt Behinderung ist kein Mangel und kein Makel
9 Art. 9: Barrierefreiheit, Art. 20: Mobilität beide Aspekte sind unverzichtbar, um Inklusion und Autonomie überhaupt leben zu können nur bei gewährleisteter Barrierefreiheit und gesicherter Mobilität kann eine Einbeziehung in die Gesellschaft insgesamt erreicht werden
10 Art. 9: Barrierefreiheit, Art. 20: Mobilität Barrierefreiheit noch lange nicht vollständig erreicht zahlreiche Konfliktfelder technische Fragestellungen Wirtschaftlichkeitserwägungen Spannungsverhältnis Barrierefreiheit Denkmalschutz Eigeninteressen Einzelner Forderung nach konsequentem Vorrang der Barrierefreiheit Forderung nach universellem Design Barrierefreiheit muss so selbstverständlich werden wie Brandschutz
11 Art. 9: Barrierefreiheit, Art. 20: Mobilität Barrierefreiheit muss umfassender wahrgenommen werden als bisher unterschiedliche Arten von Behinderung sind zu berücksichtigen Barrierefreiheit für Menschen im Rollstuhl ist häufig vorzufinden Barrierefreiheit für Menschen mit Sehbehinderung oder Hörbehinderung ist deutlich seltener vorzufinden Barrierefreiheit für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischer Beeinträchtigung wird nur sehr unzureichend berücksichtigt
12 Art. 9: Barrierefreiheit, Art. 20: Mobilität Mobilität für Menschen mit Behinderung nach wie vor großes Problem Öffentliche Verkehrsmittel Flugreisen Autonomie wird unzulässigerweise eingeschränkt, etwa bei der Wahl des Wohnortes (Stadt oder Land)
13 Art. 12: Gleiche Anerkennung vor dem Recht Menschen mit Behinderung genießen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit, vgl. Art 12 Abs. 2 UN-BRK Rechtsfähigkeit steht jedem Menschen ab der Geburt zu, ist somit unproblematisch Problem: Handlungsfähigkeit
14 Art. 12: Gleiche Anerkennung vor dem Recht Inklusion setzt voraus, dass Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen selbstbestimmt agieren können je nach Art und Schwere der Behinderung ist dies unter den aktuellen Verhältnissen nicht möglich bisheriger Lösungsansatz: Anordnung einer gesetzlichen Betreuung Betreuung ist das Gegenteil von autonomem Handeln notwendig sind Unterstützungsstrukturen, damit Menschen mit Behinderung grundsätzlich selbst entscheiden und agieren können Abkehr vom bisherigen Betreuungsrecht
15 Art. 19: Selbstbestimmt Leben, Einbez. in die Gemeinschaft Leben in der Gemeinschaft ist räumlich (Quartier) und bezüglich Wohnform zu sehen gleiche Wahlmöglichkeiten für Menschen ohne Behinderung zu entscheiden, wo und mit wem sie leben keine Verpflichtung, in besonderen Wohnformen zu leben Kollision mit Mehrkostenvorbehalt aus 13 SGB XII 13 SGB XII ist vor dem Hintergrund des Artikel 19 in dem Sinne auszulegen, dass eine stationäre Unterbringung gegen den Willen des Menschen mit Behinderung generell unzumutbar ist
16 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung gleiches Recht mit anderen, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen verlangt wird ein offener, inklusiver und für Menschen mit Behinderung zugänglicher Arbeitsmarkt freie Wahl der Beschäftigung
17 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Arbeitsmarkt in Deutschland noch nicht inklusiv Prinzip der Integration vorherrschend (Anpassung an die normale Welt wird erwartet) Barrierefreiheit wird erst bei Beschäftigung hergestellt Bedürfnisse von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen nur unzureichend berücksichtigt
18 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Menschen mit Lernschwierigkeiten finden kaum eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen stoßen auf massive Probleme auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt psychische Beeinträchtigung für Laien nicht sichtbar Bedürfnisse etwa nach Anpassung der Arbeitszeit und -belastung an sich ändernde Tagesform kaum realisierbar
19 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Gedanke des inklusiven Arbeitsmarkts steht im Widerspruch zu bestehenden Sonderstrukturen (insbesondere Werkstatt für Menschen mit Behinderung) Inklusion bedeutet, dass es nicht nur darum geht, innerhalb bestehender Strukturen des Arbeitsmarkts auch Raum für Menschen mit Behinderung zu schaffen es muss darum gehen, Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld zugleich auch so zu gestalten, dass sie den unterschiedlichen menschlichen Lebenslagen gerecht werden und Menschen mit Behinderungen sich darin auf die ihnen eigene Art mit Arbeitsleistungen einbringen können
20 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Exkurs: Sinngebung von Arbeit und Beschäftigung Beruflicher Erfolg auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedeutet für Menschen mit Behinderung einen wesentlichen Schritt in Richtung einer vollen und wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft insgesamt den eigenen Lebensunterhalt einschließlich des sich hieraus ergebenden Lebensstandards mit eigenen Händen zu erwirtschaften und zu definieren, verschafft ein hohes Maß an persönlicher Befriedigung und Selbstachtung gleichzeitig erfährt man sehr viel Anerkennung durch Kollegen, Kunden bzw. durch die Gesellschaft insgesamt
21 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung Sinnhaftigkeit eines solchen Engagements wird untergraben, wenn man die Früchte der eigenen Arbeit nicht ernten kann Anrechnung von Einkommen und Vermögen durch die Sozialhilfe steht einer vollen und wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft, insbesondere im Bereich Arbeit und Beschäftigung, nachhaltig entgegen eigenes Engagement von Menschen mit Behinderung für eine berufliche Inklusion wird durch den Gesetzgeber nicht wertgeschätzt
22 Art. 27: Arbeit und Beschäftigung notwendig ist eine konsequente Abkehr vom Prinzip der Fürsorge und eine Hinwendung zum Prinzip eines Nachteilsausgleichs volle und wirksame Inklusion ist strukturell ausgeschlossen, wenn Einkünfte und Vermögenswerte für Teilhabeleistungen angerechnet werden Behinderung und die Frage der wirtschaftlichen Verhältnisse stehen in keinem sachlichen Zusammenhang zueinander und dürfen nicht miteinander verknüpft werden
23 Art. 29: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben Inklusion setzt hierbei die volle Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen voraus aktives und passives Wahlrecht Teilhabeleistungen, um politische Ämter ausüben zu können Schaffung einer barrierefreien Umgebung zur Ausübung politischer Ämter keine Beschränkung auf behindertenpolitische Themen es gibt keine Themen, die keine behindertenpolitischen Aspekte enthalten!
24 Fazit und Ausblick UN-BRK legt die Messlatte für eine inklusive Gesellschaft und eine volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft sehr hoch Inklusion muss in der gesamten Bandbreite wahrgenommen und für alle Lebensbereiche als verbindliches Leitprinzip anerkannt werden hohe Kreativität und Innovationskraft aller Beteiligten erforderlich derzeitiges System der Eingliederungshilfe und Teilhabeleistungen bedarf grundlegender Veränderungen
25 Literatur 1. Kreutz, Lachwitz, Trenk-Hinterberger: Die UN-Behindertenrechtskonvention in der Praxis, Luchterhand-Verlag 2. Bielefeldt: Zum Innovationspotenzial der UN-Behindertenrechtskonvention, Deutsches Institut für Menschenrechte
26 Impressum Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben NRW Projektträger für das Rheinland: Selbstbestimmt Leben Behinderter Köln e.v. c/o Zentrum für selbstbestimmtes Leben Köln An der Bottmühle 2, Köln Telefon: Telefax: Internet: Gefördert durch das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW
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