Wie können Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen helfen?
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- Fritzi Wolf
- vor 7 Jahren
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1 Wie können Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen helfen? Durch die Krebserkrankung ihres Kindes haben Eltern oft das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Alles ist auf einmal brüchig, ungewiss und bedrohlich. Das eigene Empfinden wird von Angst dominiert, ein Abgrund von Fassungslosigkeit, Verwirrung und Todesangst tut sich auf. In der ersten Zeit, nachdem sie die Diagnose erfahren haben, konzentriert sich jede Anstrengung auf das Bemühen, die Krankheit mit all ihren Auswirkungen zu verstehen, die ersten Therapieschritte einzuleiten und den restlichen Familienalltag einigermaßen zu regeln. Für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gefühl bleibt da oft kein Platz. Die meisten Betroffenen ziehen sich daher erst einmal zurück und vernachlässigen ihre sozialen Kontakte, da sie dafür keine Energie und keine Zeit haben. Doch gerade in dieser Anfangszeit wäre eine Unterstützung der betroffenen Familie sehr wichtig. Den Kontakt aufnehmen und halten Vielen Eltern fällt es sehr schwer, auf andere zuzugehen. Sie rechnen nicht damit, dass sie anderen Menschen die normalitätserschütternde Wucht ihrer momentanen Situation verständlich machen können. Sie wollen andere auch nicht damit belasten. Manche Betroffene verstecken sich daher hinter einer Fassade, die nach außen den Eindruck vermitteln soll, sie würden die Situation mehr oder weniger»problemlos meistern«. Für den aufmerksamen Freund jedoch wird die tiefe Betroffenheit, die Angst und Hoffnungslosigkeit im Hintergrund des Erlebens spürbar. 136
2 Den Kontakt aufnehmen und halten Vor allem die große Unsicherheit, wie einer betroffenen Familie geholfen werden kann und ob Unterstützung überhaupt erwünscht ist, macht Freunde und Angehörige häufig ratlos und führt dazu, dass sie nur zurückhaltend ihre Hilfe anbieten. So bestehen auf beiden Seiten Ängste, Unklarheiten und Hemmungen, aufeinander zuzugehen. Auch Sie als Nichtbetroffene sind sicherlich zunächst einmal schockiert, wenn Sie die Nachricht über die Krebserkrankung eines Kindes aus Ihrem Freundeskreis erfahren. Unter Umständen fehlt Ihnen auch jegliche Vorerfahrung mit solch einem dramatischen Ereignis und Sie wissen nicht, was jetzt konkret wichtig ist und den Betroffenen helfen kann. Das Wort»Krebs«löst auch in Ihnen Angst aus. Und wenn Sie an Ihre eigenen Kinder denken, stellen sich natürlich Sorgen und Ängste ein, inwiefern auch Ihre Kinder gefährdet sein könnten. Auf der einen Seite haben Sie Mitgefühl, da Sie die Familie mit dem an Krebs erkrankten Kind gut kennen und Sie ihr auf irgendeine Weise Beistand anbieten möchten. Auf der anderen Seite scheuen Sie sich, so wie viele Menschen, auf Betroffene zuzugehen, aus Angst vor dem, was damit auf sie selbst zukommen könnte. Tipp Sie können sicher sein: Es erwartet niemand von Ihnen, dass Sie auf alles eine Antwort wissen, unbegrenzt Zeit für Gespräche aufwenden, Ihre eigene Unsicherheit überspielen oder gar Ihre Gefühle gegenüber der Krebserkrankung verschweigen müssen. Im Gegenteil, viele betroffene Eltern sind erleichtert, wenn vertraute Menschen offen auf sie zugehen und vielleicht auch zugeben, dass ihnen die ganze Situation ebenso zu schaffen macht und sie nicht wissen, wie sie helfen könnten, dies aber gern tun würden. Auch die Eltern sind unsicher, wie sie anderen Menschen begegnen sollen. Neugieriges Nachfragen oder Mitleid wünscht sich niemand. Damit ist oft schwer umzugehen. Doch selbst dann, wenn sie spüren, dass ihnen ein Austausch mit den vertrauten Menschen gut tun würde, bitten die Eltern 137
3 Wie können Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen helfen? von an Krebs erkrankten Kindern oft nicht aktiv um Unterstützung. Sie fragen sich beispielsweise:»wem kann ich etwas erzählen?«oder»wem kann ich meine Sorgen zumuten?«oder auch»ich will niemanden überfordern, ich müsste mich einfach nur mal aussprechen. Vielleicht belaste ich mein Gegenüber aber dadurch zu sehr?«. Es ist für Sie einfacher, ein Gespräch zu beginnen, wenn Sie sich in Erinnerung rufen, was Sie schon mit den Eltern und/oder den Kindern zusammen erlebt haben. Sie haben vielleicht viele schöne Momente geteilt, vermutlich auch bereits einige schwierige Situationen gemeinsam durchgestanden. Tipp Als vertrautem Menschen fällt es Ihnen leichter, den Kontakt (wieder) aufzunehmen, wenn Sie sich das ins Gedächtnis rufen. Ein bisschen Mut gehört dazu, doch dann kann durch ein Gespräch die Unsicherheit auf beiden Seiten beendet werden. Dennoch kann es natürlich passieren, dass Ihre Hilfe erst einmal abgelehnt oder einfach nicht in Anspruch genommen wird. Lassen Sie sich nicht so schnell entmutigen! Die betroffenen Eltern erleben gefühlsmäßig oft»achterbahnfahrten«von»himmelhochjauchzend«bis»zu Tode betrübt«. Am Verhalten wird manches Mal deutlich, wie belastet die Eltern sind, wenn sie beispielsweise in Gedanken scheinen und nicht grüßen, vielleicht gereizt auf scheinbar harmlose Fragen reagieren etc. Dann versuchen Sie als Freund, verständnisvoll zu reagieren und nicht jedes Wort oder das Verhalten auf die Goldwaage zu legen. Gehen Sie immer wieder auf die Betroffenen zu. Freilich wäre es angesichts der Belastung der Eltern leichter, sich ebenfalls zurückzuziehen. Doch wenn Ihnen diese Familie wichtig ist, dann wagen Sie einen erneuten Versuch ein Versuch, der Ihnen sicherlich leichter fallen wird als den Eltern. 138
4 Was erleichtert Gespräche über Belastungen? Was erleichtert Gespräche über Belastungen? Denken Sie als Freund daran, dass Worte heilen und auch verletzen können. Generell gilt: In der Gesprächsführung sollten Sie achtsam vorgehen. Es tut betroffenen Eltern gut, wenn sie erst einmal erzählen, sich alles von der Seele reden können und dabei viel Verständnis und Anteilnahme erfahren. Halten Sie sich mit Bewertungen zurück. Es gibt in dieser schwierigen Situation kaum»richtig«oder»falsch«. Jeder Mensch reagiert anders, jede Erkrankung bringt eigene, ganz spezielle Probleme mit sich. Auch wenn es Sie drängt zu helfen, seien Sie mit Ratschlägen vorsichtig. Für die Eltern ist es leichter, Anregungen, Hinweise oder Unterstützung anzunehmen, wenn gemeinsam nach Lösungen gesucht wird. Die Unsicherheit, Angst und Trauer, das Leid, das Sie in diesen Gesprächen und im Kontakt mit der Familie erfahren, sind auch für Sie manchmal schwer zu ertragen oder mit anzusehen. Seien Sie behutsam mit Versuchen, trösten zu wollen. Möglicherweise neigen Sie dazu, ermutigen zu wollen und Hoffnung zu verbreiten. Doch Sie wissen nicht, ob es tatsächlich angemessen und berechtigt ist. Daher sagen Sie nicht einfach:»das schaffen wir schon, alles wird gut!«, sondern verpacken Sie Ihren Zuspruch anders:»ich wünsche euch, dass alles gut geht!«. So fühlen sich die Eltern in ihrer inneren Not besser wahrgenommen. Ein verständnisvoller Freund ist in diesen Zeiten für die Betroffenen wahrhaft»gold wert«. Ein Gesprächspartner, der einen so sein lässt, wie man sich im Moment fühlt, auch wenn Hilflosigkeit, Verzweiflung, Zorn, Ärger und Wut einmal dominieren, kann die schwierige Situation leichter ertragen lassen. 139
5 Wie können Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen helfen? Das Mitteilen von Sorgen, Ängsten oder Befürchtungen kann für die betroffenen Eltern bereits sehr entlastend sein. Es müssen nicht notwendigerweise Antworten oder Lösungen gefunden werden! Allein durch das Erzählen sortieren sich die Gedanken. Durch Ihre Nachfragen als Freund ergeben sich möglicherweise bereits neue Perspektiven, Spannungen lösen sich und ein Kreisdenken, in das die Eltern manches Mal versinken, kann damit unterbunden werden. Für Sie als nahestehenden Menschen wird dadurch deutlich, an welchen Punkten Sie gezielt helfen können. Sie können angemessener reagieren. Unterstützung durch Gleichaltrige Ein verständnisvoller Freund ist auch für das erkrankte Kind ganz wichtig. Wer könnte sich wohl besser in seine Lage versetzen als ein Freund, mit dem das Kind schon längere Zeit Kontakt hat, den es aus der Nachbarschaft oder der Schule kennt? Daher sollten Sie wenn Ihr Kind etwa im selben Alter wie das erkrankte Kind ist Ihrem eigenen Kind den Kontakt ermöglichen.»jetzt sind wir im Partnerlook«140
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