Die neue Rolle Deutschlands in der Welt

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1 Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 1. Kapitel: Wiederbewaffnung und Bundeswehr Erst mit der Niederlage kam in Deutschland vielerorts das Entsetzen über den Krieg, den Nationalsozialismus, den Holocaust an den europäischen Juden und über die Millionen von zivilen Kriegstoten und gefallenen Soldaten. Hunger und Not beherrschten den Alltag. Die Sehnsucht nach Frieden in Europa war groß. Ebenso der Wunsch der europäischen Völker nach einem entwaffneten und friedlichen Deutschland. Nie wieder sollte von deutschem Boden Krieg und Vernichtung ausgehen. So strebten auch die alliierten Siegermächte, die Deutschland zunächst in vier so genannte Besatzungszonen teilten, eine Entmilitarisierung des Landes an. Dies hatte Einfluss auf die Verfassungen der beiden neu entstandenen deutschen Staaten. Die Gründungsväter der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigten dies im Grundgesetz von So heißt es in Artikel 26, Absatz 1: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig (...). Eine Folge des so genannten Kalten Krieges und der Blockbildung der politischen Systeme in Ost und West waren Pläne zum erneuten Aufbau von Armeen in beiden deutschen Staaten. Im Westen wurde dies über Jahre sehr kontrovers diskutiert. Eine Friedensbewegung gegen die Wiederbewaffnung entstand. Die Regierung unter Konrad Adenauer setzte jedoch die Gründung der Bundeswehr und den Beitritt ins westliche Militärbündnis NATO durch folgte die allgemeine Wehrpflicht in der Bundesrepublik. Sie wurde 1968 im Grundgesetz verankert. Alle tauglichen Männer müssen einen Grundwehrdienst oder den so genannten Zivildienst, einen zivilen Ersatzdienst, leisten. In der DDR wurde ebenfalls 1956 die Nationale Volksarmee kurz NVA genannt gegründet, welche Teil des Bündnisses des so genannten Ostblocks, des Warschauer Paktes militärischen, wurde folgte die allgemeine Wehrpflicht. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 1

2 2. Kapitel: Die Wiedervereinigung verändert Deutschland 1985 wurde Michail Gorbatschow Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Er leitete einen weitreichenden Reformprozess ein, an dessen Ende 1991 die Auflösung der Sowjetunion stand. Neue Staaten entstanden. Auch in weiteren Staaten Osteuropas verloren die kommunistischen Parteien ihre Macht und neue Regierungen wandten sich dem Westen und der Europäischen Union zu. Dieser Prozess hatte auch Auswirkungen auf die DDR, das geteilte Deutschland und Berlin dankte nach Massenprotesten in den großen ostdeutschen Städten der langjährige Staatsratsvorsitzende Erich Honecker ab. Befürchtungen, die Nationale Volksarmee würde die Proteste niederschlagen, bewahrheiteten sich nicht. Die neue Regierung der DDR genehmigte die Ausreise und so stand am 9. November 1989 nach einem Massenansturm an den Grenzstellen die Berliner Mauer zum ersten Mal seit 1961 wieder unkontrolliert offen. Die westdeutsche Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl drängte auf eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und die Auflösung des Staates DDR. Politisches und diplomatisches Ergebnis war der so genannte Zwei-plus- Vier-Vertrag. Der Vertrag regelt die Wiedervereinigung Deutschlands. De facto wurde die DDR damit in das politische und wirtschaftliche System im Rahmen der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland eingebracht. Dies betraf auch die Armee. Die NVA wurde aufgelöst und in die Bundeswehr integriert, die Ausrüstung zu großen Teilen ausgemustert. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag verpflichteten sich das vereinte Deutschland und die neue Bundeswehr auf den Verzicht von atomaren, chemischen und biologischen Waffen und die Truppenstärke wurde von rund auf Mann reduziert. Damit stellte sich zwangsläufig die Frage nach dem Sinn der allgemeinen Wehrpflicht. Die Bundeswehr blieb Mitglied des Militärbündnisses NATO. Nach dem Ende der Blockbildung waren Aufgaben der Friedenssicherung wie Abschreckung oder Gleichgewicht zwischen den Systemen in Ost und West jedoch hinfällig. Deutschland und die neue Bundeswehr definierten ihre Aufgaben in einer veränderten Weltordnung neu. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 2

3 3. Kapitel: Veränderte Rolle in der Sicherheits- und Außenpolitik Von 1990 an kamen auf das vereinte Deutschland in einer veränderten Weltordnung auch neue Aufgaben in der Sicherheits- und Außenpolitik zu. Am deutlichsten wurde die veränderte Lage am Beispiel des Militärbündnisses NATO. Als Beistandspakt in Konflikten und gegen Angriffe der Sowjetunion oder der Ostblock-Staaten gegründet, verlor das Bündnis seine zentrale Aufgabe. Der Warschauer Pakt hatte sich aufgelöst, etliche seiner Truppen wie die aus Polen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Kroatien sind inzwischen gar selbst Mitglied in der NATO geworden. Deshalb definierte die NATO ihre Aufgaben in Bezug auf das Eingreifen in Spannungs- und Krisenregionen neu. Die NATO änderte 1999 die in Artikel 5 des NATO-Vertrages gemachte Einschränkung, dass Einsätze nur auf NATO-Territorium bei einem vorliegenden Angriff auf ein Mitglied stattfinden können und griff im Kosovo-Konflikt Serbien und Montenegro erstmals direkt an. Mit so genannten schnellen Eingreiftruppen sollen die Interessen der Bündnisstaaten in Krisenregionen mit und ohne Mandat der UNO auch militärisch sichergestellt werden. Dadurch veränderten sich auch die Erwartungen an die deutsche Außenpolitik und die Rolle der Bundeswehr. Die ursprünglichen Einsatzoptionen wie der Bündnisfall, ein Spannungs- oder Verteidigungsfall als Aggression gegen die Bundesrepublik oder der Einsatz bei innerem Notstand wie Katastrophen oder Unruhen, wurden mit neuen Aufgaben ergänzt. Zu diesen neuen Aufgaben und Strukturen gehört nun die Bereitstellung von: Eingreifkräften, Stabilisierungskräften und Unterstützungskräften. So genannte Unterstützungskräfte versorgen stationierte oder kämpfende eigene Einheiten oder die von Bündnispartnern, beispielsweise beim Transport oder bei der Aufklärung. Stabilisierungskräfte werden bei längeren Einsätzen, beispielsweise im Rahmen von UNO-Friedensmissionen, eingesetzt. Eingreifkräfte sind Spezial- und Eliteeinheiten, die in Krisenregionen überall auf der Welt militärisch auch in Kampfhandlungen operieren. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 3

4 4. Kapitel: Die Konflikte im Kosovo und Afghanistan Das historische und politische Spannungsfeld zwischen reiner Verteidigungsarmee und kämpfenden Eingreifkräften im Auslandseinsatz ist groß. In einem Urteil von 1994 zum Bundeswehreinsatz in Somalia sah das Bundesverfassungsgericht jedoch verfassungsrechtlich keine Einwände gegen Einsätze mit NATO- oder UNO-Mandat. In der Folge engagierte sich die Bundeswehr auch unter der ersten rot-grünen Bundesregierung im ehemaligen Jugoslawien. Der Einsatz fand im Bundestag eine breite Mehrheit. Unter Kritik hingegen stand vor allem der erste grüne Außenminister Joschka Fischer innerhalb seiner eigenen Partei. Die Grünen erreichten als Bündnispartner der Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre erstmals den Einzug in den Deutschen Bundestag. Die umfangreichsten Auslandseinsätze der Bundeswehr im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan dauern bis zum heutigen Tag an. KFOR ist die Abkürzung für Kosovo Force, ISAF bedeutet International Security Assistance Force. Beide Einsätze sind so genannte NATO-Missionen und sie werden im Kosovo seit 1999 und in Afghanistan seit 2001 durch Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gestützt. Die KFOR-Truppen sollen nach Ende des Kosovokrieges seit 1999 für die öffentliche Sicherheit und die Sicherheit der Flüchtlinge und Minderheiten sorgen. ISAF soll ebenso die öffentliche Sicherheitslage in Afghanistan und die dortige Regierung stabilisieren. Zudem ist der Einsatz in Afghanistan Teil des Kampfes gegen die Taliban sowie den internationalen Terrorismus und das terroristische Netzwerk al-qaida. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 4

5 5. Kapitel: Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union Neben den Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Rahmen der NATO ist Deutschland in der Europäischen Union maßgebend an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kurz GASP genannt beteiligt. Teil der GASP der Union ist das Aufstellen einer EU-Eingreiftruppe, um im Rahmen einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eigenständig zu entscheiden und zu handeln. Dies wurde von der EU bereits 1999 beschlossen. Die Notwendigkeit einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wurde 2003 beim erneuten Golfkrieg der USA gegen den Irak deutlich. Die Mitgliedstaaten der EU hatten in diesem Konflikt keine einheitliche Linie verfolgt. Während Deutschland und Frankreich den Bund mit Russland gegen den Krieg und die Politik der USA suchten, waren zahlreiche andere EU-Mitgliedstaaten als Bündnispartner der USA an Kampfhandlungen beteiligt. Mitursächlich für den erneuten Krieg der USA gegen das Regime Saddam Husseins im Irak war eine Änderung der US-Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Anschlag auf das New Yorker World Trade Center vom 11. September Die US-Regierung vor der Amtszeit von Präsident Barack Obama unter Georg W. Bush definierte unmittelbar nach den Anschlägen einen Kriegszustand gegen den internationalen Terrorismus, wo immer sie ihn vermutete. Militärische Konflikte wie im Irak mit oder ohne Mandat der UNO waren fortan Strategie. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 5

6 6. Kapitel: Zusammenfassung Die Wiederbewaffnung Deutschlands wurde 1956 durch die Einführung der Bundeswehr in der Bundesrepublik und der Nationalen Volksarmee in der DDR vollzogen. Allgemeine Wehrpflicht herrschte in beiden deutschen Staaten. Im Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde Die Wiedervereinigung Deutschlands geregelt, ein Verzicht auf atomare, chemische und biologische Waffen unterzeichnet und die Truppenstärke von rund auf Soldaten reduziert. Nach dem Zerfall des Warschauer Pakts wurde eine Neuorientierung der Bundeswehr und der NATO erforderlich. Die umfangreichsten Auslandseinsätze der Bundeswehr sind Kosovo Force KFOR und ISAF in Afghanistan als NATO-Missionen. Die Bundeswehr beteiligt sich an Missionen der NATO und im Rahmen der Europäischen Union in so genannten Battle Groups EU-Eingreiftruppen. Kommentartext Die neue Rolle Deutschlands in der Welt 6