DIPLOMARBEIT. Der Beitrag der Ressourceneffizienz zum gesellschaftlichen Wandel in der Region in und um Attnang-Puchheim

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1 DIPLOMARBEIT zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Diplomstudium der Sozialwirtschaft Der Beitrag der Ressourceneffizienz zum gesellschaftlichen Wandel in der Region in und um Attnang-Puchheim Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Josef Weidenholzer Mitbetreuer: Mag. Paul Gould eingereicht von Mag. Christian Müller Grillparzerstraße Attnang-Puchheim Attnang-Puchheim, März 2015

2 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, sowie andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Attnang-Puchheim, (Ort, Datum, Unterschrift) II

3 Coming together is a beginning. Keeping together is progress. Working together is success. Henry Ford III

4 Inhaltsverzeichnis Eidesstattliche Erklärung... II Abbildungsverzeichnis... VII 1 Einleitung Methodische Vorgehensweise Die transdisziplinäre Forschung Nachhaltigkeitsforschung Die Umweltbeanspruchung und ihre Konsequenzen Die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung Das Konzept der Nachhaltigkeit Die Notwendigkeit der Transdisziplinarität für die Nachhaltigkeitsforschung Fragestellungen sowie Wissensformen für die transdisziplinäre Forschung Der Transitions-Ansatz Die Eigenschaften von Transitionen Das mehrphasige und mehrstufige Konzept der Transitionstheorie Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen Die Barrieren einer Transition Die Transition als emotionaler Prozess Das Transitions-Management Die Definition des Transitions-Managements Das Transitions-Management und positive Feedback Loops Die Elemente des Transitions-Managements Strukturierung des Transitionsprozesses mit dem Transitions- Management Die transdisziplinäre Forschung und das Transitions-Management Die Kartographie von Kontroversen nach der Akteur-Netzwerk-Theorie nach Latour und Venturini Die Einleitung zur Kartographie von Kontroversen Die Rolle der Akteur_innen bei der Kartographie von Kontroversen Die Kontroversen als Auslöser für Veränderungsprozesse Die Kartographie der Kontroverse IV

5 Inhaltsverzeichnis Die Vorgehensweise bei der Untersuchung von Kontroversen Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Visionen und Ziele der Strategie Europa 2020 zur Ressourceneffizienz Die Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa Fahrplan für ein Ressourcenschonendes Europa Der österreichische Ressourceneffizienz-Aktionsplan (REAP) Rohstoffsicherheit Die Definition der Ressourceneffizienz Ansätze zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung und deren Beiträge zur Verbesserung der Ressourceneffizienz Steigerung der Energieeffizienz Kreislaufwirtschaft Bewusstseinsbildung Das Netzwerk und die gegenwärtige Ausprägung der Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim Problemanalyse Barrieren der Transition Die Visionen für Attnang-Puchheim Maßnahmen zur Umsetzung der Ressourceneffizienz Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Der Mainstream an Maßnahmen in der Region Der stofflich-energetische Diskurs in der Region Die Wertigkeit der Ressourceneffizienz im Rahmen der Strategie Europa Die Verantwortung der Politik Die notwendige Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft Die fehlenden Erfolgserlebnisse bei regionalen Verkehrsprojekten Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa Ausgewählte Handlungsprogramme und Maßnahmenformulierung für die Region Öffentliche Neuausrichtung bei Fragestellungen zur Ressourceneffizienz V

6 Inhaltsverzeichnis Vernetzung zwischen öffentlichem und privatem Sektor Unternehmenskooperation entlang der regionalen Wertschöpfungskette Lösungsvorschläge für ressourceneffiziente Entscheidungen in der Region Weiterentwicklung der Klima- und Energiemodellregion zur Ressourceneffizienz-Modellregion Vernetzung regionaler Akteur_innen mit der Klima- und Energiemodellregion als Projektkoordinatorin Mit dem Dienstleistungsgedanken des Energieinstituts an der JKU zur Unternehmenskooperation Ein zusammenfassender Überblick über die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit Conclusio Selbstreflektion Literaturverzeichnis Anhang Anhang 1: Gespräch mit Bürgermeister Peter Groiß am Anhang 2: Gespräch mit Herbert Lehr am Anhang 3: Gespräch mit Mag. Sabine Watzlik am Anhang 4: Gespräch mit DI Peter Gilhofer am Anhang 5: Gespräch mit DI Herbert Grill am Anhang 6: Gespräch mit DI Dr. Horst Steinmüller am Anhang 7: Gespräch mit a. Univ.-Prof. Dr. Heinz Karl Prammer am Anhang 8: Gespräch mit Günther Habel am Anhang 9: Vortrag von Mag. Sabine Watzlik am Anhang 10: Vortrag von Mag. Norbert Rainer am Anhang 11: Vortrag von Mag. Norbert Ellinger am VI

7 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Die Darstellung der Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung... 6 Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit Abbildung 3: Impulse für eine Transition am Beispiel Verkehr Abbildung 4: Zusammenspiel zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen während der verschiedenen Phasen des Transitionsprozesses Abbildung 5: Die zyklische Struktur des Transitions-Managements Abbildung 6: Der strukturierte Transitions-Management-Prozess mit seinen Wissensformen Abbildung 7: Das Netzwerk aus europäischen und nationalen Initiativen Abbildung 8: Die fünfstufige Abfallhierarchie Abbildung 9: Der chronologische Aufbau des Akteur_innen-Netzwerkes Abbildung 10: Das Netzwerk zur Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim Abbildung 11: Übersicht der Europäischen Maßnahmen im Vergleich zu den Maßnahmen in Attnang-Puchheim Abbildung 12: Die Häufigkeit der Nennungen Abbildung 13: Entwicklungsstufen der Abfallwirtschaft im Sinne der fünfstufigen Abfallhierarchie Abbildung 14: Die Zusammenfassung der genannten Elemente nach Kategorien Abbildung 15: Der Blickwinkel auf die energetische Nutzung von Biomasse Abbildung 16: Die Strukturierung nach den Zielvorstellungen der öffentlichen und privaten Akteur_innen Abbildung 17: Die Positionierung der Akteur_innen zur Kaskadennutzung Abbildung 18: Konfliktlinien zur Entwicklung ressourceneffizienter Lösungen in der Region VII

8 1 Einleitung Auf Grund eines Gesprächs mit Univ.-Prof. Dr. Josef Weidenholzer hat sich der Autor dieser Arbeit mit Mag. Alexander Staufer in Verbindung gesetzt, der bereits auf Erfahrungen in diesem Forschungsfeld zurückgreifen kann. Der Autor hat gemeinsam mit Alexander Staufer den wissenschaftlichen State of the Art und die geschickteste Herangehensweise diskutiert, woraus sich diese Arbeit entwickelt hat. Diese Diplomarbeit befasst sich mit der zentralen Forschungsfrage: Welche Ressourceneffizienzpotentiale können ausgehend von Attnang-Puchheim in der Region ausgemacht werden?. Diese Arbeit fokussiert sich also auf die (Ressourcen-)Effizienzstrategie und betrachtet die Ressourceneffizienz ausgehend von Attnang-Puchheim mit Blick auf die Region. Die methodische Vorgehensweise zur Beantwortung dieser zentralen Forschungsfrage basiert auf einem Vergleich der Positionen des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks mit der Strategie Europa 2020, um lokale Performance-Felder für Attnang-Puchheim und die Region zu ermitteln. Für die Gegenüberstellung hat sich der Autor mit der Strategie Europa 2020 auseinandergesetzt, die die Ziele für ein nachhaltiges Wachstum in der Europäischen Union definiert. Die Ressourceneffizienzstrategie beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, wie in der Europäischen Union nachhaltig gewirtschaftet werden soll. Aus diesem Grund wird die Strategie Europa 2020 auf die Elemente der Ressourceneffizienz untersucht: Was versteht die Europäische Union unter Ressourceneffizienz? Welche europäischen und nationalen Initiativen sind mit der Strategie Europa 2020 verbunden? Diese Arbeit basiert insofern auf einer Inhaltsanalyse und Beschreibung des Programmes der Strategie Europa Diese Arbeit bedient sich des Transitions-Managements. Das Transitions-Management ist ein strategisches Managementinstrument, um langfristige gesellschaftliche Ziele und Maßnahmen und deren Implementierung zu gewährleisten. Die Strategie Europa 2020 ist ein Transitions-Management-Instrument, mit dem die nachhaltige Entwicklung in Europa implementiert werden kann. 1

9 Einleitung Mit dem Verständnis der Strategie Europa 2020 zur Ressourceneffizienz im Hintergrund, hat der Autor ausgehend von Attnang-Puchheim, Experteninterviews mit nationalen und regionalen Stakeholdern geführt: Was verstehen die befragten Akteur_innen unter Ressourceneffizienz? Welche Maßnahmen werden zur Ressourceneffizienz umgesetzt? Welche Akteur_innen sind aus ihrer Perspektive relevant und welche können sie nennen? Welche Ziele und Visionen verfolgen die Akteur_innen zur Ressourceneffizienz? Mit diesen Experteninterviews kann der Autor die Aktivitäten ermitteln, die in der Region um Attnang-Puchheim zur Ressourceneffizienz bereits im Gange sind und die zukünftig geplant sind. Mit dieser Arbeit wird sichtbar, welche Elemente die Akteur_innen mit der Ressourceneffizienz in Verbindung bringen. Der Autor ist diesen Verbindungen bzw. den derzeitigen Ressourceneffizienzausprägungen nachgegangen und hat so das Netzwerk aus Akteur_innen, Dingen, Programmen und Verständnissen abgebildet. Die konkreten Aktivitäten der Akteur_innen werden durch die Netzwerkanalyse sichtbar. Die Erkenntnisse der Region werden dokumentiert. Mit dem Wissen über die Ziele der Strategie Europa 2020 zur Ressourceneffizienz und über die Ressourceneffizienz auf lokaler Ebene kann ihr Verhältnis zueinander ermittelt werden. Der Vergleich ermöglicht einen Überblick über die gesetzten Maßnahmen und zugleich lassen sich mit der Gegenüberstellung lokale Performance-Felder erkennen: Welche Maßnahmen kann man für die Region formulieren, damit ein Ausverhandlungsprozess eingeleitet wird? Wie kann der Ausverhandlungsprozess vonstattengehen, damit eine nachhaltige Lösung erreicht wird? a. Wie kann ein Ausverhandlungsprozess gestartet werden? b. Wie kann man in diesen Ausverhandlungsprozess steuernd eingreifen? c. Wie wird das Thema der Energie- und Rohstoffeffizienz in Wert gesetzt? Der Autor sieht in der ganzheitlichen Bewusstseinsbildung, dem stofflich-energetischen Nutzungskonflikt sowie in der regionalen Kaskadennutzung die zentralen Elemente für einen regionalen Ausverhandlungsprozess. In dieser Arbeit werden für diese drei Konfliktlinien sinnvolle Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge strukturiert, damit diese weiterverfolgt, weitergeführt und weitergedacht werden können. 2

10 2 Methodische Vorgehensweise In der vorliegenden Arbeit wird sich verschiedener wissenstheoretischer Ansätze bedient, die aus Sicht des Autors ineinandergreifen. Die Ressourceneffizienz bildet den Ausgangspunkt für die Diskussion mit den handelnden Akteur_innen. Der Autor verschafft sich im Gespräch mit den unterschiedlichen Expert_innen einen Überblick über deren Verständnis zur Ressourceneffizienz bzw. über deren Wissen bezüglich der Strategie zu Europa 2020: Bewusstsein Maßnahmen Problemlagen Know-how Netzwerke Konzeptionelle Überlegungen Der Autor bedient sich für die Wissensproduktion der transdisziplinären Forschungsmethode, welche unterschiedliche Wissensformen beansprucht. Die Wissensformen verlangen nach unterschiedlichen Fragestellungen, auf die von den Expert_innen geantwortet wird. Die Akteur_innen werden angehört und ihr individuelles Verständnis zur Ressourceneffizienz und zur Nachhaltigkeit im weiteren Sinne wird dokumentiert. Mit dieser Maßnahme verschafft sich der Autor einen Überblick über die aktuelle gesellschaftliche Diskussion. Die Akteur_innen sind ein wichtiger Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung der Ressourceneffizienz und für den Aufbau eines Netzwerkes. Andererseits werden mit der Inhaltsanalyse der Strategie Europa 2020 und ihren weiterführenden Dokumenten die Fragestellungen der transdisziplinären Forschung beantwortet und beschrieben. Die Untersuchung des regionalen Netzwerkes erfolgt mit der Methode der Kartographie von Kontroversen. Mit der Kartographie von Kontroversen wird das lokale Verständnis zur Ressourceneffizienz in einem Entscheidungsnetzwerk sichtbar. Für die Annäherung an die Ressourceneffizienz wird in dieser Arbeit ein Blick auf das informelle (Mikro-)Netzwerk in der Region um Attnang-Puchheim geworfen. Das Verständnis von Venturini (2009) über die 3

11 Methodische Vorgehensweise Akteurs-Netzwerk-Theorie bestimmt die Herangehensweise für den Aufbau dieses Netzwerkes. Demgegenüber steht der Transitions-Management-Ansatz. Mit dem Transitions-Management wird ein gesellschaftlicher Makro-Steuerungsansatz vorgestellt. Die Ziele und Strategien zur Verwirklichung der Ressourceneffizienz und der Weg in eine nachhaltige Gesellschaft sind mit der Strategie Europa 2020 bekannt. Diese Strategie definiert das Verständnis über die Ressourceneffizienz für diese Arbeit. Die Strategie Europa 2020 ist wie das Transitions- Management ein Steuerungsinstrument zur Planung und Überwachung ressourceneffizienter Initiativen bezüglich einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Die Strategie Europa 2020 wird in dieser Arbeit als gesellschaftliches (Transitions- bzw. Erneuerungs-)Netzwerk verstanden. Die europäischen Eliten haben in Zusammenarbeit ihre Expertisen in einem Maßnahmenpaket ausgearbeitet. Die Transitionsarena bildet die Plattform für die Diskussion der Maßnahmen, Leitlinien und Visionen zur Ressourceneffizienz. Im Gegensatz zum Transitions-Management werden bei der Akteurs-Netzwerk-Theorie nach Venturini (2009) die staatlichen Institutionen bzw. die europäischen Eliten als Akteur_innen angesehen. Mit dieser Arbeit werden zwei Netzwerke untersucht bzw. aufgebaut: Das Netzwerk um die europäischen Initiativen mit der Strategie Europa 2020 als zentralem Baustein. Das Netzwerk mit den Akteur_innen in der Region um Attnang-Puchheim 1 und wissenschaftlichen Akteur_innen aus Oberösterreich. 2.1 Die transdisziplinäre Forschung Nachhaltigkeitsforschung Folgt man den Publikationen von Schneidewind, sind die Forschungen zur Nachhaltigkeit transdisziplinär. Die Forschungen zur Ressourceneffizienz haben daher auch einen transdisziplinären Charakter. Der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz wird noch später in diesem Kapitel genauer erläutert. 1 Die Region Attnang-Puchheim umfasst die Gemeinden Attnang-Puchheim, Lenzing und Timelkam. Das sind jene Gemeinden, die die befragten Akteur_innen für die Umsetzung ressourceneffizienter Maßnahmen genannt haben. Die Begrifflichkeit der Region Attnang-Puchheim soll verdeutlichen, dass die Visionen, Ziele und Maßnahmen zur Ressourceneffizienz nur im regionalen Kontext gelöst werden können. 4

12 Methodische Vorgehensweise Zu Beginn dieses Kapitels stellt sich nun die Frage, warum die Anstrengungen zur Nachhaltigkeitsforschung im weiteren Sinne zur Ressourceneffizienz verstärkt werden sollten und in welche Richtung die Forschung gehen sollte. Die Beantwortung der Fragen verdeutlicht, dass das Konzept der Nachhaltigkeit den richtigen Weg in eine nachhaltige Gesellschaft darstellt. Die Ressourceneffizienz ist eine Teilstrategie, um die geforderte Nachhaltigkeit zu erreichen. Nun wird aber auch deutlich, dass für die Umsetzung der Nachhaltigkeit und dementsprechend auch der Ressourceneffizienz, verschiedene Disziplinen und Akteur_innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik mitunter Berücksichtigung finden müssen. Mit der transdisziplinären Forschung wird eine Methode vorgestellt, mit der die Vielfältigkeit der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden kann Die Umweltbeanspruchung und ihre Konsequenzen Der_die Leser_in soll sich mit der nicht-nachhaltigen Beanspruchung der natürlichen Umwelt und ihren Konsequenzen auseinandersetzen, die in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden. Das bestehende Ungleichgewicht in der Interaktion zwischen dem Menschen und der natürlichen Umwelt wird sich durch die stetig ansteigenden Ansprüche der Gesellschaft intensivieren. Neben den ökologischen Ansprüchen eröffnet sich ein soziales Spannungsfeld in der Gesellschaft. 2 Die Konfrontation mit dieser Problemsituation vermittelt die Notwendigkeit, in das bestehende gesellschaftliche System einzugreifen und Maßnahmen zu ergreifen, um im Sinne des Generationenvertrages auch künftigen Generationen einen sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand zu ermöglichen Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung Das menschliche Handeln und Denken ist in mehrfacher Hinsicht von den Umweltveränderungen betroffen: Das menschliche Handeln ist Ursache für die Umweltveränderungen. Das menschliche Handeln ist von den Umweltveränderungen betroffen. Der Mensch kann durch sein Handeln auf eingetretene Umweltveränderungen reagieren. 3 2 Mit den steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen steigt die Nachfrage nach Ressourcen, die nur begrenzt zur Verfügung stehen. Der Wettbewerb um diese Ressourcen verschärft das Ungleichgewicht zwischen Entwicklungsländern und den Industriestaaten (Ausbeutung von Rohstoffen) und entspricht nicht der Vorstellung von Gerechtigkeit. 3 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S

13 Methodische Vorgehensweise Die anthropogene Bedürfnisbefriedigung impliziert Austauschprozesse zwischen Mensch und natürlicher Umwelt. Die Tätigkeiten zur Bedürfnisbefriedigung greifen auf den Ge- und Verbrauch natürlicher Ressourcen und natürlicher Regelkreisläufe zurück. 4 Das Ungleichgewicht zwischen den gesellschaftlichen Anspruchsentwicklungen und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes ist seit Längerem bekannt. Diese Unausgewogenheit äußert sich in unterschiedlichen Problemlagen. 5 Abbildung 1: Die Darstellung der Einflussgrößen der Umweltbeanspruchung Quelle: Priewasser 2007, S. 11 Der (numerische) Bevölkerungsanstieg führt zu einer Mehrbeanspruchung der natürlichen Potenziale, damit die existentiellen Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigt werden können. 6 Die Bevölkerungsentwicklung führt in manchen Gebieten zu einem Anstieg der Bevölkerungsdichte, die höhere Infrastrukturmaßnahmen erfordert. 7 Die natürlichen Ressourcen bilden die Basis allen Wirtschaftens und decken den täglichen Lebensbedarf. 8 Die Lebensqualität ist von der Inanspruchnahme der natürlichen Ressourcen abhängig. 9 Die Wirtschaftsentwicklung mit der immanenten beständigen Zunahme des Produktions- und Konsumvolumens gilt als Grundbedingung für materiellen Wohlstand und soziale Sicherheit. 10 Mit der Verbesserung im materiellen Lebensstandard verstärken sich die ökologischen Ansprüche der Gesellschaft Vgl. Littig/Grießler 2004, S Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Milota 2012, o. S. 8 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S. 6 f. 9 Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Priewasser 2007, S. 7. 6

14 Methodische Vorgehensweise Die zunehmende Industrialisierung von Schwellen- und Entwicklungsländern sowie die damit einhergehenden steigenden Wohlstandsgewinne werden die Nachfrage und den Wettbewerb nach Rohstoffen, Nahrung und Energie zusätzlich verschärfen 12. Die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung der Wirtschaft sind in der globalen Dimension nur schwer zu steuern. 13 Nach Gege und Oldeland (2013) kann der massive Ressourcenbedarf durch die folgenden Faktoren zusammengefasst werden: Stetig steigender Konsum mit kurzlebigen Produkten (Konsum- und Wegwerfgesellschaft) Sorgloser Umgang mit Rohstoffen und Ökosystemen Einsatz fossiler und nicht erneuerbarer Energien Immense Abfallströme und Emissionen 14 Die klimatischen Bedingungen und die Spezialisierung der Wirtschaft beeinflussen die Art des Ressourcenverbrauchs. In Österreich findet man eine sehr ressourcenintensive Industrie vor Entnahme von Ressourcen aus der natürlichen Umwelt Das Ausmaß der Ressourcenbeanspruchung übersteigt die natürliche Regenerations- und Reproduktionskapazität. Die Übernutzung des Naturhaushaltes resultiert in verschiedenen Erscheinungsformen: Geringer werdende Rohstoff- und Energievorräte Verknappung in der Wasserversorgung Verlust fruchtbarer Böden Artenschwund Verlust ganzer Ökosysteme 16 Die gegenwärtige Nutzung der natürlichen Ressourcen entspricht nicht den sozialethisch motivierten Vorstellungen von Nachhaltigkeit. Für eine nachhaltige Ressourcennutzung 11 Vgl. Priewasser 2007, S. 6 f. 12 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S. 6 f. 13 Vgl. Priewasser 2007, S. 6 f. 14 Vgl. Gege/Oldeland 2013, S Vgl. Milota 2012, o. S. 16 Vgl. Priewasser 2007, S. 2. 7

15 Methodische Vorgehensweise müssen künftige Generationen dieselben Nutzungsmöglichkeiten wie die gegenwärtige Generation vorfinden. 17 Die natürlichen Ressourcen dürfen nicht auf Kosten des sozialen und wirtschaftlichen Wohlstandes kommender Generationen überbeansprucht werden. 18 Der Ressourcenverbrauch wird in der bisherigen Art und Weise und im bisherigen Umfang nicht mehr dauerhaft fortsetzbar sein Eintrag in die natürliche Umwelt Die Ressourcenbeanspruchung führt während oder nach der Transformation in Konsum- und Produktionsprozessen zu einer Abgabe von anthropogenen Stoffen an die Umweltmedien 20. Die mengenmäßige oder qualitative Ausgleichskapazität bzw. Aufnahmefähigkeit von Ökosystemen, Lebewesen und natürlichen Regelkreisen gegenüber diesen Stoffen wird überstiegen. 21 Die Konsequenzen der Überbeanspruchung sind weitreichend und umfassen beispielsweise: Belastung der menschlichen und tierischen Gesundheit Versauerung von Böden und Gewässern Klimaveränderung CO 2 -Emissionen Stoffliche Freisetzung in die Umwelt 22 Die Menschheit ist mit dem derzeitigen Ausmaß der menschlichen Bevölkerung und der zunehmenden technischen Entwicklung in der Lage, auf die globalen Ökosysteme Einfluss zu nehmen und die weltweiten Stoffkreisläufe zu verändern. Die Natur wird zunehmend als Senke 23 verwendet. Der Aufnahme- und Abbaukapazität von Abfällen sind Grenzen gesetzt. Weitere Probleme im Spannungsfeld zwischen Natur und Mensch sind unter anderem folgende: Süßwasserkrise Ausbreitung der Wüstenflächen Verlust an fruchtbaren Böden für die Landwirtschaft 17 Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Umweltmedien sind Luft, Wasser oder Boden. 21 Vgl. Priewasser 2007, S. 3 f. 22 Vgl. Priewasser 2007, S Der Wald kann beispielsweise eine Senke sein, wenn dieser mehr Kohlendioxid aufnimmt, als er in die Atmosphäre abgibt. 8

16 Methodische Vorgehensweise Umweltflüchtlinge Die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung Die diskutierten Problemlagen werden aufgegriffen und es wird ein Ansatz präsentiert, der die Richtung für eine nachhaltige Entwicklung vorgibt. Der Autor konzentriert sich bei den Vorhaben, die Idee der Nachhaltigkeit zu vermitteln, auf die Ausführungen von Prammer und Priewasser, die am Institut für betriebliche und regionale Umweltwirtschaft an der Johannes Kepler Universität lehren. Für Prammer (2010) und Priewasser (2007/2010/2011) gilt der Ansatz der kritischen ökologischen Nachhaltigkeit als gegenwärtiges Paradigma. Dieser Ansatz bejaht die Beeinflussung der Umwelt unter Beachtung der natürlichen Kapazitätsgrenzen. Die Grenzen sind entnahmeseitig und emissionsseitig zu berücksichtigen. Emissionsseitig dürfen die nicht-vermeidbaren Stoffabgaben die Aufnahme- und Assimilationskapazitäten der Ökosphäre nicht übersteigen. Die Einträge in die Umweltmedien sind zu minimieren. Sie müssen an der Belastbarkeit der Umweltmedien und der Ökosysteme, sowie deren Lebewesen orientiert werden und müssen vermindert werden. 25 Rohstoffseitig dürfen die natürlichen Regenerationsgrenzen bzw. die Reproduktionskapazitäten der erneuerbaren Energien und Rohstoffe nicht überschritten werden. Die Nutzung der erneuerbaren Ressourcen darf keine anderen wesentlichen Ressourcenfunktionen wie Ernährung, Artenvielfalt, Boden- und Grundwasser beeinträchtigen. Für nicht-erneuerbare Rohstoffe ist das kritische Bestandsniveau bzw. die Reichweite festzulegen. Nicht-erneuerbare Energieträger und Rohstoffe dürfen nur in dem Umfang der Natur entnommen und genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger, wirtschaftlich nutzbarer Ersatz zur Verfügung steht, wie beispielsweise: Neue Vorräte Gleichwertige erneuerbare Ressourcen Verringerung des Ressourcenbedarfes durch technische Verbesserungen oder Innovationen Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 10 f. 25 Vgl. Prammer 2012, o. S. 26 Vgl. Prammer 2012, o. S. 9

17 Methodische Vorgehensweise Die Nutzung muss in steigendem Maße und sukzessive durch erneuerbare Rohstoffe und Energieträger ersetzt werden. Die Grenzen dürfen nicht überschritten werden, so dass die Nutzung der Ressourcen auch künftigen Generationen möglich ist. 27 Zugunsten einer nachhaltigen Wirtschaftsweise innerhalb der natürlichen Verarbeitungs- und Reproduktionsgrenzen verringern geschlossene Nutzungskreisläufe stoffliche und energetische Emissionen. 28 Die menschlichen Eingriffe bzw. Einträge in die Umwelt müssen in einem Zeitverhältnis zu den natürlichen Prozessen stehen, die eine Regeneration benötigt Das Konzept der Nachhaltigkeit Das gesellschaftliche Handeln muss sich innerhalb der entnahme- und emissionsseitigen Bestands- und Kapazitätsgrenzen der natürlichen Umwelt bewegen, um den Ansprüchen der gegenwärtigen und der kommenden Generationen zu entsprechen. Dieser Idee kann nachgekommen werden, indem ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge stattfindet. Für den angestrebten Veränderungsprozess werden in den theoretischen Überlegungen drei Strategien angedacht, die miteinander kombiniert eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise ermöglichen sollen. Dabei müssen bei den nachhaltigen Prozessen ökologische Herausforderungen mit sozialen und ökonomischen Ansprüchen vereint werden. Das Konzept der Nachhaltigkeit trachtet danach, ökologische Herausforderungen 30 mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten und sozialen Ausgleichsansprüchen in Einklang zu bringen 31, wofür die geeigneten institutionell-politischen Voraussetzungen zu suchen sind. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielsetzungen sind integriert und gleichrangig zu behandeln. 32 Die ökologische Verhaltensorientierung in den Alltagshandlungen der zentralen Akteur_innen des Wirtschaftslebens bestimmt die Umsetzung der nachhaltigen Wirtschaftsweise Vgl. Prammer 2012, o. S. 28 Vgl. Priewasser 2010, S Vgl. Priewasser 2010, S Langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. 31 Vgl. Priewasser 2010, S Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 4 bzw. Littig/Grießler 2004, S Vgl. Priewasser 2010, S

18 Methodische Vorgehensweise Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit Quelle: Priewasser 2010, S. 155 Der Schwerpunkt der Nachhaltigkeit liegt weiterhin auf ökologischen Themen. Die soziale Nachhaltigkeit stellt eine Querschnittsmaterie dar. 34 Die soziale Nachhaltigkeit muss die institutionellen Voraussetzungen schaffen und sichern, welche die Gesellschaft in die Lage versetzt, die Bedürfnisse auf individueller und kollektiver Ebene zu befriedigen. 35 Die wichtigsten Komponenten der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit sind: Integration: Anerkennung kultureller Unterschiede statt Ausgrenzung, Vernetzung Dauerhaftigkeit: Sicherung des sozialen Friedens, Bildung, Sicherheit, Risikovermeidung Verteilungsgerechtigkeit: zwischen den Generationen und innerhalb der Generationen Partizipation: Mitsprache, Mitentscheidung von Betroffenen 36 Die Nachhaltigkeit ist ein Wandel in Richtung zunehmender ressourcenextensiver und emissionsarmer Produktions- und Konsumvorgänge. Die Effizienz-, Suffizienz- und Konsistenzstrategie sind die drei grundlegenden strategischen Verhaltensansätze in der Nachhaltigkeitsdebatte. 37 Diese werden nachfolgend erläutert Suffizienzstrategie Die Suffizienzstrategie setzt an den vorherrschenden Konsummustern der Gesellschaft an. 38 Mit dieser Strategie sollen die Senkung der materiellen Bedürfnisse und/oder die Transformation materieller in immaterielle Bedürfnisse unmittelbar zu einer absoluten 34 Vgl Vgl. Littig/Grießler 2004, S Vgl. Priewasser 2010, S Vgl. Prammer 2009, S

19 Methodische Vorgehensweise Verringerung des Ressourcenverbrauchs und in Konsequenz zur Reduktion der Umweltbelastung auf der Emissionsseite führen. 39 Die Veränderungen in den Konsummustern oder im Konsumverhalten basieren auf einer mehr oder weniger unfreiwilligen teilweisen bis gänzlichen Verzichtsleistung, die von außen beeinflusst werden kann. Andererseits kann durch freiwillige Genügsamkeit bzw. ein freiwilliges Maßverhalten beim Kauf und/oder bei der Nutzung von Gütern und Dienstleistungen eine nachhaltige Wirtschaftsweise erreicht werden. 40 Die Konsumaktivitäten können durch die Nutzung langlebiger/hochwertiger, reparaturfähiger Produkte oder durch die gemeinschaftliche Nutzung von Gebrauchsgütern in Grenzen gehalten werden. 41 Die Suffizienzstrategie zur Senkung der materiellen Bedürfnisse ist in Demokratien nur schwer umsetzbar. 42 Die Thematisierung der Ziele und der Strategien der Suffizienzstrategie ist Gegenstand der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften. 43 Durch den materiellen Wohlstand verändert sich das Konsumverhalten hin zu gestiegenen Ansprüchen zur Bedürfnisbefriedigung. Ein suffizientes Konsumverhalten führt nicht zwingend zu einer Verringerung der Lebensqualität. 44 Suffizienzstrategie kann durch Genügsamkeit und durch eine Änderung des Lebensstils umgesetzt werden Effizienzstrategie Größte Bedeutung zur Erreichung einer nachhaltigen Wirtschaft wird der ökologischen Effizienz von Produktions- und Konsumprozessen beigemessen. 46 Die Effizienzstrategie setzt am Wirtschaftlichkeitsprinzip der Ökonomie an, mit dem Ziel, eine gewünschte bzw. angestrebte Wirtschaftsleistung mit dem geringstmöglichen Einsatz 39 Vgl. Prammer 2009, S. 60 f. 40 Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Prammer 2012, o. S. 43 Vgl. Prammer 2009, S Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Priewasser 2011, o. S. 46 Vgl. Priewasser 2007, S

20 Methodische Vorgehensweise von Stoffen und Energie zu erbringen. Mit einem gegebenen Stoff und Energie soll ein Maximum an Wirtschaftsleistung hergestellt werden. 47 Mit einem sinkenden Naturverbrauch für eine wirtschaftliche Leistungseinheit kann der Mehrbedarf an Materialien und Energie abgefedert werden, der durch das Wirtschaftswachstum hervorgerufen wird. Eine gleichzeitige Erhöhung des materiellen Wohlstands wird ermöglicht. 48 Die Effizienzstrategie befasst sich mit der mengenmäßigen Anpassung der Input- und Output- Ströme hinsichtlich des Natursystems. 49 Die Effizienzstrategie kann grob in Umlauf- und Verbrauchseffizienz gegliedert werden: Eine Umlaufeffizienz kann beispielsweise durch eine optimale Nutzung der eingesetzten Ressourcen durch Recycling oder Kaskadennutzung erreicht werden. Die Verbrauchseffizienz kann beispielsweise durch einen geringeren spezifischen Ressourcenbedarf erzielt werden. 50 Die Effizienzstrategie ist erfolgversprechend, weil nicht der effiziente Umgang mit dem Faktor Arbeit im Vordergrund steht, sondern der sparsame Einsatz von Material und Energie. Die Umsetzung der Effizienzstrategie führt zu einer Steigerung der Ressourcenproduktivität. So kann unter der Annahme eines konstanten Verbrauches die Erschöpfung bestimmter natürlicher Ressourcen erheblich verzögert werden. Die Effizienzstrategie kann kurz- und mittelfristig als entlastungseffektiv beschrieben werden Kompatibilitätsstrategie Die Kompatibilitätsstrategie behandelt die anthropogen verursachten Stoff- und Energieströme, die umweltverträglich gestaltet werden sollen. Eine geschlossene Kreislaufführung ermöglicht eine konsistente Wirtschaftsweise. 52 Die Konsistenzstrategie kann durch umweltkompatible Stoffe und die Kreislaufführung realisiert werden Vgl. Prammer 2012, o. S. 48 Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Priewasser 2007, S Vgl. Priewasser 2011, o. S. 51 Vgl. Prammer 2012, o. S. 52 Vgl. Priewasser 2007, S. 13 f. 53 Vgl. Priewasser 2011, o. S. 13

21 Methodische Vorgehensweise Die Kompatibilitätsstrategie wird auch oft als Konsistenzstrategie bezeichnet. Sie stellt den Gegenpol zu der Auffassung dar, dass von Menschen ausgelöste Stoff- und Energieströme unter Nachhaltigkeitsaspekten lediglich zu minimieren sind. Die Entnahme aus der und die Eintragung in die Ökosphäre sind ökologisch kompatibel zu gestalten. Somit können auch hohe Stoffumsätze zwischen Technosphäre und Ökosphäre getätigt werden. Die durch Sonnenenergie angetriebenen Stoffwechselprozesse dienen als Vorlage für eine ökologisch nachhaltige Produktionsweise. 54 Der isolierte Einsatz der Strategien kann das Kernproblem einer nicht nachhaltigen Beanspruchung der natürlichen Bestände und Kapazitäten nicht lösen. Für eine dauerhafte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise müssen die Strategien miteinander kombiniert werden. Die Strategien erfordern räumlich und zeitlich ökologische Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Innovationen sind mit einem Strukturwandel verbunden. Werden Effizienz- und Kompatibilitätsstrategien gekoppelt, so lässt sich der Übergangszeitraum für den erwähnten Strukturwandel zumindest strecken. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen mit den wirtschaftlichen und sozialen Instabilitäten lassen sich bis zum Erreichen einer ökologisch motivierten Wirtschaft und Gesellschaft abfedern. 55 Das Potenzial von gesellschaftlichen und/oder technischen Innovationen muss untersucht und es muss abgeschätzt werden, ob mit diesen die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können. 56 Die nachhaltige Entwicklung stellt eine Kompromisslösung zwischen der Nachhaltigkeit im Sinne einer Bestandssicherung und einer dauerhaft verträglichen Entwicklung im Sinne einer Verbesserung der Lebensbedingungen durch die Ausweitung der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen dar Die Notwendigkeit der Transdisziplinarität für die Nachhaltigkeitsforschung 58 Die bisherigen Erkenntnisse zeigen den disziplinenübergreifenden Charakter der Nachhaltigkeit und der Ressourceneffizienz. Die integrierte Betrachtung der diversen Disziplinen erfordert die Berücksichtigung vielschichtiger Problemlagen. 54 Vgl. Prammer 2012, o. S. 55 Vgl. Prammer 2012, o. S. 56 Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S Vgl. Jörissen/Kopfmüller/Brandl/Paetau 1999, S. 40 f. 58 Hier wird die Frage nach der Notwendigkeit der transdisziplinären Forschung beantwortet. 14

22 Methodische Vorgehensweise Die Unsicherheit über die Wirkungszusammenhänge 59 und die nicht beeinflussbare Dynamik zwischen den Einflussgrößen 60 erschweren die Formulierung konkreter Lösungsansätze. Die Unberechenbarkeit eröffnet einen Spielraum für alternative Vorschläge und für kontroverse Stellungnahmen. Die Beeinflussung einzelner Einflussgrößen kann zu einem unerwarteten Effekt auf das gesellschaftliche System führen. Die Problemlösung verlangt nach Systeminnovationen. Systeminnovationen verknüpfen Elemente von sozialen und technischen Innovationen. Die Innovationen müssen erforscht werden und für den Weiterentwicklungsprozess müssen Fortschritte präsentiert und diskutiert werden. Die voneinander losgelösten, aber zusammenspielenden Innovationen und die gesellschaftlichen Veränderungen greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig. Sie stellen den Auslöser für einen gesellschaftlichen Transformationsprozess dar. Wissen muss generiert werden. 61 Die Nachhaltigkeitsprobleme sind vielschichtige, komplexe und lebensweltliche Probleme, welche durch folgende Eigenschaften charakterisiert sind: Nachhaltigkeitsprobleme haben einen wertgeladenen Charakter. Sie sind zudem durch einen langfristigen Charakter gekennzeichnet. Nachhaltigkeitsprobleme haben soziale Relevanz und Dringlichkeit, die einen zeitgerechten Handlungsbedarf auslösen. Sie haben eine soziale, ökologische und ökonomische Zieldimension, wodurch die Komplexität gesteigert wird. Nachhaltigkeitsprobleme weisen fundamentale Unsicherheiten auf, welche sowohl die Ausgangsdefinition der Probleme als auch den gewünschten Zielzustand und den Transformationsprozess betreffen. 62 Die Probleme sind komplex und werden von verschiedensten Faktoren beeinflusst. Die Einflussfaktoren sind intensiv miteinander verschränkt, wodurch die Beeinflussung einzelner Größen zu unerwarteten Effekten auf das Gesamtsystem führen kann. Die Unsicherheit und 59 Ein Beispiel sind die Forschungen zum Klimawandel. Das Verhalten der Menschen beeinflusst das Klima. Die Entwicklung der Menschheit kann aber nur bedingt vorhersagt werden. So arbeiten unterschiedliche Wissenschaftler_innen mit unterschiedlichen Annahmen. Die unterschiedlichen Annahmen schüren die Unsicherheit bei den Prognosen. 60 Die Ölverschmutzung der Meere hat Auswirkungen auf den Fischbestand in einer Region. Für die Fischer_innen dieser Region reduziert sich durch die Ölverschmutzung die Ausbeute beim Fischfang. Sie werden mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. 61 Vgl. Kapitel Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen 62 Vgl. 15

23 Methodische Vorgehensweise das Unwissen über Wirkungszusammenhänge erschwert die Voraussagbarkeit von nachhaltigen Entwicklungen 63 und führt zu Problemen bei der Identifikation der anzustrebenden Zielsetzungen und bei der Konkretisierung der nachhaltigen Entwicklung. Die Bewertung von Problemen lässt einen subjektiven Spielraum zu, der die Entwicklung von Ansätzen und Strategien zur Umsetzung von Zielen hemmt. 64 Die nachhaltige Entwicklung stellt ein normatives Leitbild dar, welches die Integration und die Respektierung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Ziele fordert. Die Berücksichtigung der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit mit den verschiedensten lebensweltlichen Problemen zeigt den problemorientierten und disziplinenübergreifenden Charakter der Nachhaltigkeit und ihrer Erforschung. 65 Der wissenschaftstheoretische Ansatz der Transdisziplinarität bzw. die transdisziplinäre Forschung bildet die Grundlage für die Umsetzung des normativen Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung und ist eine Methode zur Lösung von Problemen. Die Transdisziplinarität ist aufgrund der sozialen Relevanz und Dringlichkeit von Nachhaltigkeitsproblemen notwendigerweise lösungsorientiert. Der Handlungsbedarf wird sofort ausgelöst Fragestellungen sowie Wissensformen für die transdisziplinäre Forschung Ausgehend von konkreten gesellschaftlichen Veränderungsanforderungen löst die transdisziplinäre Forschung gesellschaftlich relevante Probleme mit Hilfe der Vernetzung unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen und bezieht nicht-wissenschaftliche Akteur_innen eines Handlungsfeldes in ihre Forschung mit ein. Für die transdisziplinäre Forschung sind unterschiedliche Wissensformen für die Wissensproduktion relevant: Systemwissen Zielwissen (Visionen und Leitbilder) Transformationswissen Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 5 f, Schneidewind 2010, S. 122 f. bzw Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 5 f, Schneidewind 2010, S. 122 f. bzw Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 6 ff. bzw. 16

24 Methodische Vorgehensweise Mit dem Systemwissen werden der gegenwärtige Zustand der Mensch-Natur-Beziehungen und die Zusammenhänge und Mechanismen in ökologischen und sozio-technischen Systemen beschrieben. 68 Probleme mit gesellschaftlicher und zugleich wissenschaftlicher Relevanz sind Ausgangspunkte des transdisziplinären Prozesses. Die Probleme sind gemeinsam 69 zu finden, abzugrenzen und zu definieren. 70 Das Systemwissen erfordert Wissen über die komplexen Zusammenhänge lebensweltlicher Probleme auf der sozialen, ökonomischen und ökologischen Ebene 71 und zwischen den einzelnen Dimensionen: Was wird gerade diskutiert? Was wird gerade verhandelt? Wer spricht über welche Themen? Das Zielwissen ist Wissen über wünschenswerte Ziele. Neues Wissen muss generiert werden, um die Lösung der Problemstellungen zu ermöglichen. Mit dem Zielwissen werden die gesellschaftlichen Zielvorstellungen einer nachhaltigen Entwicklung erarbeitet. 72 Das Zielwissen bedingt Wissen darüber, wie sich die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit verbinden lassen: Was sind die Ziele, Handlungsprogramme oder Visionen? Die Verbindung zwischen dem Systemwissen und dem Zielwissen stellt das Transformationswissen dar. Im Transformationswissen sind beispielsweise die Strategien der Konsistenz, Suffizienz und Effizienz enthalten, die in dieser Arbeit nachfolgend noch diskutiert werden. 73 Das Transformationswissen beschreibt das Wissen zur Auslösung konkreter Veränderungsprozesse. Das Wissen muss in Praxis und Wissenschaft zurückwirken. 74 Mit dem Transformationswissen soll der Übergang vom IST- zum SOLL-Zustand gestaltet und umgesetzt werden: Wie lassen sich die Ziele erreichen? Wie gelangt man vom IST- zum SOLL-Zustand? 68 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S. 8 bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f. 69 Die transdisziplinäre Forschung umfasst wissenschaftliches und zugleich praktisches Wissen. Unter der Begrifflichkeit gemeinsam sind die wissenschaftlichen und nicht- wissenschaftlichen Akteur_innen zu verstehen. 70 Vgl. bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f. 71 Die drei Säulen der Nachhaltigkeit werden in dieser Arbeit im Kapitel Das Konzept der Nachhaltigkeit diskutiert. 72 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S Vgl. bzw. Schneidewind 2010, S. 122 f. 17

25 Methodische Vorgehensweise Welche Skills benötigen die Akteur_innen? Welche Akteur_innen müssen zusammenarbeiten und sind alle relevanten Akteur_innen repräsentiert (Demokratie)? Der Transitions-Ansatz Das Transitions-Management ist ein Planungs- und Steuerungsinstrument für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Diese Perspektive macht es notwendig, dass zunächst die Veränderungsprozesse definiert werden, die bei einer gesellschaftlichen Transition geschehen. In diesem Kapitel werden demnach die Einflussfaktoren einer strukturellen Veränderung eines gesellschaftlichen Systems aufgearbeitet: Das Zusammenspiel bzw. die Wirkungsweise zwischen den Ebenen eines gesellschaftlichen Systems bei einer strukturellen Veränderung. Der iterative Ablauf einer strukturellen Veränderung. Die Wechselbeziehung zwischen (System-)Innovationen und den gesellschaftlichen Strukturen im Verlauf eines Wandlungsprozesses. Barrieren, die Innovationen und strukturelle Veränderungen hemmen. Das gesellschaftliche System befindet sich in einem ständigen Wandlungsprozess mit Veränderungen in der Kultur, den Strukturen 76 und den Routinen 77 des gesellschaftlichen Gesamtsystems oder eines Teilsystems. 78 Bei einem gesellschaftlichen Transformationsprozess brechen Kultur, Struktur und Routinen einer Gesellschaft zusammen und neue etablieren sich. Das gesellschaftliche Gesamtsystem oder ein komplexes Teilsystem der Gesellschaft wird strukturell verändert. Durch diese strukturelle Veränderung wird Marktund Systemfehlern entgegengewirkt. 79 Die Veränderungen in den einzelnen Teilsystemen sind interdependent. Die Veränderungen in einem Teilsystem beeinflussen demnach andere Teilsysteme. Wenn sich verschiedene 75 Vgl. Dubielzig/Schaltegger 2004, S Die Struktur beschreibt die institutionellen Rahmenbedingungen. 77 Unter Routinen versteht man die Arbeitsweisen, Regeln und Praktiken einer Gesellschaft. 78 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. und Weber et al. 2006, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S

26 Methodische Vorgehensweise Veränderungen in Teilbereichen gegenseitig verstärken, wird der gesellschaftlichen Entwicklung eine Richtung geben. 80 Der gesellschaftliche Wandel findet entsprechend von einem dynamischen Gleichgewichtszustand in einen anderen statt und kann zwei Quellen haben: langsame Veränderungen der (externen) Umwelt interne Veränderungen innerhalb eines Systems 81 Einerseits entwickelt sich das gesellschaftliche System gemeinsam mit der Außenwelt weiter, da das System von der sich verändernden Außenwelt beeinflusst wird. Der Anpassungsprozess des Systems findet durch die Veränderung der Systemstruktur statt. 82 Auf der anderen Seite können einmalige Ereignisse, Unfälle oder Krisen in einem System die dominante Struktur untergraben und Veränderungen beschleunigen. 83 Die systematische Veränderung ist eine zugrundeliegende Hypothese der Transitionsforschung. 84 Der gesellschaftliche Transformationsprozess kann zusammenfassend durch folgende Charakteristika beschrieben werden: technologische, ökonomische, ökologische, soziokulturelle und institutionelle Entwicklungen, die einander beeinflussen und verstärken (Produktions- und Konsummuster, rechtliche Konzepte, Organisationsformen oder kulturelle Vorstellungen). Die Transformation ist ein langfristiger Prozess und erstreckt sich zumindest über eine Generation hinweg (25 Jahre). Es gibt Interaktionen zwischen verschiedenen Ebenen. Die Kategorien Nische, Regime und Landschaft verdeutlichen, dass neue nachhaltigere Praktiken erst Träger und andersfunktionierende Strukturen über die Zeit verändern und neuausrichten. 85 Die Transition definiert den Wandlungsprozess eines Systems. Der Wandel findet von einem relativ stabilen Systemzustand bzw. Gleichgewichtszustand in einen anderen statt. 86 Bei einer 80 Vgl Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 82 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 83 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 84 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 85 Vgl. Loorbach 2007, S. 17 f. 19

27 Methodische Vorgehensweise Transition wird das Denken und Handeln auf gesamtgesellschaftlichem Niveau fundamental verändert. 87 Das Denken und Handeln findet folgendermaßen statt: multi domain: in vielen Domänen wie Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft. Eine gesellschaftliche Transition resultiert aus sich gegenseitig beeinflussenden Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Gebieten. multi aktoral: mit vielen Akteur_innen multi level: auf sämtlichen Niveaus der Gesellschaft 88 Die Transition erfordert ein Denken und Handeln in Systemzusammenhängen Die Eigenschaften von Transitionen Der (Wandlungs-)Prozess einer gesellschaftlichen Transformation verläuft graduell 90 und der Prozess ist dynamisch. 91 Die Transitionen sind durch große Unsicherheiten charakterisiert und daher nicht berechenbar. Eine Transition ermöglicht keine vorgefertigten, passenden Lösungen. Sie können nicht als Prozess vordefiniert werden und folgen keiner Gesetzmäßigkeit. Der Veränderungsprozess kann weder linear noch zentral gesteuert werden, da viele Akteur_innen beteiligt sind. 92 Eine Transition ist durch eine große Komplexität gekennzeichnet Das mehrphasige und mehrstufige Konzept der Transitionstheorie Die Transitionstheorie baut auf zwei analytischen Konzepten auf, um diese komplexen Prozesse zu strukturieren: das mehrphasige und das mehrstufige Konzept. Diese Konzepte sind eng miteinander verwandt und die Kombination beider Konzepte ermöglicht die Analyse der zeitlichen Dimension sowie der Dynamik einer Transition: Analyse des Systemzustands Analyse der Möglichkeit eines strukturellen Wandels Vgl. Loorbach 2007, S. 18. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 87 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Loorbach 2007, S. 17. bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 17 f. 89 Vgl. Weber et al. 2006, S. 17 f. 90 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 10 und Weber et al. 2006, S. 17 f. 91 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Loorbach 2007, S. 18 bzw. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 9 f. 94 Vgl. Loorbach 2007, S

28 Methodische Vorgehensweise Die Mehrebenen-Perspektive der Transition Die Mehrebenen-Perspektive eröffnet das Verständnis für die kulturellen Aspekte, Strukturen und Routinen eines gesellschaftlichen Systems. Die Mehrebenen-Perspektive zeigt die Wechselbeziehungen zwischen den individuellen und kollektiven Akteur_innen und deren Verhaltensweisen als auch zwischen den Strukturen auf und dient der Beschreibung und Analyse von Transitionen. 95 Eine Transition ereignet sich durch das gleichzeitige Zusammenspiel auf den drei funktional differenzierten Ebenen des gesellschaftlichen Systems: Makro Niveau (Landschaft): Die Landschaft umfasst kaum beeinflussbare, exogene Faktoren. Sie bildet die Rahmenbedingungen für die strukturellen Veränderungen der beiden anderen Ebenen (z. B.: Weltanschauung oder politische Kultur). Meso Niveau (Regime): Kognitive (z. B.: Ziel- und Innovationsperspektiven), regulative und normative Regeln werden von den dominanten Akteur_innen eines Regimes vorgegeben. Die dominanten Strukturen, Kulturen und Routinen eines Systems werden abgebildet. Die Veränderungen auf der Meso-Ebene werden von der Makro-Ebene beeinflusst (z. B.: Institutionen sowie Organisationen bzw. institutionelle Strukturen). Mikro Niveau (Nischen): Individuelle (Einzelpersonen), Technologien und Routinen sind das Kennzeichen von Nischen. Diese sind die Treiber für sozio-technische Innovationen und Initiativen (z. B.: die Wiedergewinnung von Metallen aus Klärschlamm mittels hyperakkumulierenden Pflanzen 96 ). Auf der Mikro-Ebene werden konkrete Strategien bzw. Handlungsansätze einzelner Akteur_innen formuliert, die in einem System wirken Impulse für eine Transition Nach Weber et al. (2006) sowie Schneidewind und Scheck (2012) bedarf eine Transition einer Änderung des vorherrschenden Regimes. Die Akteur_innen auf dem Meso-Niveau sind gegenüber Veränderungen und Innovationen ablehnend. Die Pfadabhängigkeit aufgrund der vorherrschenden Dominanz der Akteur_innen gilt es zu überwinden. Der Wandel entsteht durch das Aufkommen und die Entwicklung von Nischen. Diese Entwicklung ist ein 95 Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S z. B.: Sonnenblumen 97 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11., bzw. Schneidewind/Scheck 2012, S

29 Methodische Vorgehensweise wesentlicher Faktor für Veränderungen auf dem Meso-Niveau. Innovationen können Instabilitäten auf dem Meso-Niveau auslösen, welche folgende Muster aufweisen können: Bottom-up: Die Dominanz der Nische steigt und sie übernimmt das Regime. Top-down: Das Regime gerät durch Veränderungen auf der Landschaftsebene unter Druck, wodurch der Wandel eingeleitet wird. Hybrid aus Bottom-up und Top-down: Lern- und Anpassungsprozesse auf der Regime-Ebene führen zur Akzeptanz von Innovationen aus der Ebene der Nische. 98 Abbildung 3: Impulse für eine Transition am Beispiel Verkehr Quelle: eigene Darstellung Die Transitionen laufen auf den verschiedenen Niveaus und in mehreren Domänen der Gesellschaft gleichzeitig ab. Die Teilprozesse beeinflussen und verstärken sich gegenseitig. Die Konsequenz ist die Interaktion der langsamen Entwicklungen auf der Makroebene mit den schnellen Strömen auf der Meso und Mikroebene Der mehrphasige Prozess einer Transition Ein erfolgreicher Transitionsprozess wird durch eine Vielzahl an ursächlichen Zusammenhängen und Koevolutionen angetrieben. Jeder Transitionsprozess verläuft individuell. Der Transitionsprozess kann je nach Geschwindigkeit und Ausmaß der Veränderungen in vier Phasen unterteilt werden: 1. Vorentwicklungsphase: e: Eine Veränderung des dynamischen Gleichgewichts ist nicht zu erkennen. Die Veränderungen betreffen das System und die Vernetzung der 98 Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 50 bzw. Weber et al. 2006, S. 21 f. 99 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 11 bzw. Weber et al. 2006, S

30 Methodische Vorgehensweise Akteur_innen. Die Anfälligkeit des Systems steigt. Die Entwicklung geschieht in den Nischen. 2. Take Off Phase: Der Veränderungsprozess wird durch vereinzelte strukturelle Veränderungen im System sichtbar. Die Beziehungen zwischen den Akteur_innen verändern sich. Die zusammenwirkenden Entwicklungen haben Einfluss auf das Regime. 3. Beschleunigungsphase: Die strukturellen Veränderungen kumulieren sich und kollektive Lernprozesse setzen ein. Die soziokulturellen, ökonomischen, ökologischen und institutionellen Innovationen verstärken sich gegenseitig. Die strukturellen Veränderungen beginnen sich durchzusetzen. 4. Stabilisierungsphase: Die neuen Systemstrukturen konsolidieren sich, indem sich die neu entstandenen Netzwerke, Ideen, Methoden und Prozesse in alle gesellschaftlichen Bereiche integrieren. Ein neues Gleichgewicht wird lernend erreicht Die Wechselbeziehung zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Innovationen und deren Wirkung auf die diversen Phasen eines Transitionsprozesses. Der Transitionsprozess kann mit einer Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf dem Makro-Niveau beginnen bzw. eingeleitet werden. Die veränderten Rahmenbedingungen ermöglichen eine Reaktion der kollektiven und individuellen Akteur_innen. Andererseits können die Akteur_innen beginnen, anhand von Innovationen Initiativen zu setzen, mit denen schlussendlich ein sozialer Wandel bzw. eine Transition auf gesamtgesellschaftlichem Niveau eingeleitet werden kann. Innovation und Transition bedingen sich gegenseitig. Die sozio-ökonomischen Bedingungen ändern sich während der Vorentwicklungsphase. Hinsichtlich der nicht-nachhaltigen Beanspruchung der Umwelt bedeutet dies beispielsweise, dass der Klimawandel oder die Globalisierung auf der sozialen als auch auf der ökonomischen Ebene Auswirkungen haben, welche eine Reaktion der gesellschaftlichen Akteur_innen bewirken. 101 Die Akteur_innen steigern die Effizienz und versuchen, Investitionen zu schützen Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Durch einen staatlichen Eingriff beispielsweise (z. B.: Mineralölsteuer) werden bestimmte Ressourcen verteuert. Der sorgsame und wirtschaftliche Umgang mit einem Gut orientiert sich fast ausschließlich am Preis. Mit dem staatlichen Eingriff wird ein Transformationsprozess eingeleitet und auch permanent in Schwung gehalten, der effizienter und kostenschonender Innovationen bedarf. 102 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 12 f. 23

31 Methodische Vorgehensweise Die Systeminnovationen finden in unterschiedlichen Domänen 103 zugrundeliegenden Ursachen von Problemen auf. 104 statt und greifen die In dieser Phase ist die Implementierung von Innovationen noch riskant. Eine Innovation muss überlegt sein und muss in das Gesamtsystem mit dessen Netzwerken eingebettet werden. 105 In der Vorentwicklungsphase müssen die nachstehenden Anforderungen erfüllt werden: 1. Auswahl eines gemeinsamen Transitionszieles 2. Untersuchung der Endbilder zu diesen Transitionszielen 3. Formulieren von Zwischenzielen 4. Evaluieren von Chancen und Bedrohungen für eine bestimmte Transition 5. Untersuchen von akteursspezifischen und kollektiven Transitionsaktivitäten 6. Evaluieren von Experimenten als Unterstützung des gemeinsamen Lernens 106 Ein wesentlicher Beitrag für einen erfolgreichen Prozess ist die Identifikation von Führungspersönlichkeiten. Diese Akteur_innen können zentrale Aufgaben und Funktionen erfüllen. Der Entwicklungsgrad der Innovationen ist am Ende der Vorentwicklungsphase hoch. Manche Innovationen sind im Einklang mit anderen bzw. greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig. 107 Aus zahlreich voneinander losgelösten, aber zusammenspielenden Systeminnovationen 108 entsteht die Transition. 109 In der Take-Off-Phase bewirken Innovationen eine Veränderung der Normalität, indem alternative Ideen, Konzepte, Theorien und Technologien diskutiert werden. Die Innovationen verstärken sich gegenseitig, wodurch zusätzliche Ressourcen, wie Geld, Wissen und Personal, gewonnen werden können. Durch die zusätzlichen Ressourcen wird dem Prozess eine Eigendynamik übertragen. Die vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen werden destabilisiert Domänen umfassen die Technologie, die Ökonomie, die Institutionen, die Ökologie, die Kultur sowie das Verhalten, die Wertesysteme, die Weltbilder und Paradigmen. 104 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 12 f. 106 Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Systeminnovationen verknüpfen Elemente von sozialen und technischen Innovationen. 109 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S

32 Methodische Vorgehensweise Die neu entstandenen gesellschaftlichen Strukturen werden in der Stabilisierungsphase durch die integrierten negativen Feedbacks 111 gefestigt. Die Gesellschaft trägt die entwickelten Innovationen. Die Innovationen können durch auftretende Krisen von früher etablierten gesellschaftlichen Konstellationen nicht mehr beeinflusst werden. Sie formen das neue dynamische Gleichgewicht des Systems. 112 Abbildung 4: Zusammenspiel zwischen Innovationen und systemischen Veränderungen während der verschiedenen Phasen des Transitionsprozesses Quelle: eigene Darstellung Der systemische Transitionsprozess wird durch die Mechanismen der Destabilisierung und der Innovation getragen. Die internen Dynamiken oder die Dynamiken auf der Makroebene bewirken eine Destabilisierung der etablierten Strukturen. Durch die Innovationen werden alternative Regime aufgebaut Die Barrieren einer Transition Eine zu schwache Destabilisierung und Innovation bringen das System nicht aus dem Gleichgewicht und die Transition wird nicht stattfinden. Ein eigenständiges Auftreten nur einer der beiden Mechanismen der Destabilisierung und Innovation eröffnet für das System drei Entwicklungsmöglichkeiten, die von der Interaktion tion der genannten Mechanismen abhängen: 1. Lock in: Das etablierte System koexistiert mit dem System der konkurrierenden Innovationen. Das etablierte System dominiert. 111 Die integrierten negativen Feedbacks oder auch selbst korrigierende (negative) Feedback Loops festigen die neu entstandenen gesellschaftlichen hen Strukturen, indem sie das neue Gleichgewicht eines Systems stabilisieren und Veränderungen verhindern. Details werden im Kapitel Das Transitions-Management und positive Feedback Loops erklärt. 112 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S

33 Methodische Vorgehensweise 2. Backlash: Die Möglichkeit der Entwicklung von Innovationen besteht. Die Innovation wird aber aufgrund der fehlenden Stabilisierung zusammenbrechen. 3. System breakdown: Nach der Destabilisierung der etablierten Strukturen werden keine Innovationen ersetzt. Das System kollabiert. 114 Eine Innovation kann das System erneuern, wenn beide Mechanismen eintreten. Eine Transition findet dann statt Die Transition als emotionaler Prozess Ein Transitionsprozess findet auf sachlicher, gesellschaftlicher und individueller Ebene statt. Die Transition ist gemäß Kanatschnig und Pelikan (2009) ein emotionaler Prozess, weil auf der individuellen Ebene emotionale Phasen durchlebt werden: 1. Angst führt zur Verdrängung eines Problems. Mit Methoden der wertschätzenden Befragung, des Reframing 116 oder der Schilderung von Metaphern und Geschichten kann die Angst anerkannt werden. 2. Die Notwendigkeit, sich auf etwas Neues einzulassen, wird durch eine rationale Einsicht erreicht. Ein Fehlen einer emotionalen Einsicht führt zu Aggression, mit welcher der Passivität entkommen werden kann. 3. Die emotionale Akzeptanz und die Bewältigung von Trauer ermöglichen einen weiteren Schritt, Visionen und Zukunftsstrategien auszuarbeiten. 4. Aufbruchstimmung und Freude kann für freies Experimentieren genutzt werden. Scheitern wird als Mittel zur Gewinnung neuer Erkenntnisse betrachtet Das Transitions-Management Das Transitions-Management ist ein Planungs- und Steuerungsinstrument, um einen gesellschaftlichen Veränderungsprozess unterstützend voranzutreiben. Für die langfristige Planung einer Transition müssen Ziele und Visionen definiert werden, die einen gemeinsamen Such- und Lernprozess ermöglichen. Unsicherheiten und Fehlentwicklungen während einer Transition können mit der Zieldefinition und der Visionsbildung sowie deren kontinuierlicher Überwachung und Kontrolle antizipiert bzw. adaptiert werden. 114 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Einem negativen Sachverhalt wird eine andere Bedeutung beigemessen, wenn dieser in einen positiven Sachverhalt umdeutet wird. 117 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 41 ff. 26

34 Methodische Vorgehensweise Eine Transition erfordert, die relevanten Akteur_innen in den Veränderungsprozess einzubinden. Das Transitions-Management koordiniert die beteiligten Akteur_innen über Netzwerke und steuert den Prozess mit Führungspersönlichkeiten Die Definition des Transitions-Managements Das Transitions-Management definiert einen neuen Policy und Governance Ansatz. Mit dem Transitions-Management können hochkomplexe Systeme und Unsicherheiten gehandhabt werden. Das Transitions-Management eröffnet Handlungsansätze für Probleme, welche langfristige Lösungen, aber gleichzeitig auch kurzfristige Resultate erfordern. In der Steuerungsphilosophie werden Top down- und Bottom up-instrumente eingesetzt. 118 Das Transitions-Management ist ein politisches Steuerungsinstrument, welches den gesellschaftlichen Wandel erfasst, beschleunigt und auch verändert. Die vollkommene Kontrolle der Transitionsprozesse wird vom Transitions-Management nicht angestrebt. Der Transitionsprozess erfordert einen gemeinsamen explorativen Such und Lernprozess für langfristige und nachhaltige Lösungen und Innovationen. 119 Das Transitions-Management erfordert die Entwicklung langfristiger Ziele und Visionen, wodurch Unsicherheiten und Fehlentwicklungen antizipiert und adaptiert werden können. Die Anpassungsleistungen gründen sich auf Lernprozesse. 120 Das Transitions-Management begleitet den Such und Lernprozess. Es versucht, etablierte Systeme, Handlungsmuster und Denkweisen zu öffnen, mit dem Ziel des Übergangs von einem dynamischen Gleichgewicht in ein anderes. 121 Die Strategien sind durch neue Erkenntnisse anzupassen. 122 Auch dient das Transitions-Management zur Steuerung von Systeminnovationen. Die Richtung und Geschwindigkeit der langfristigen und komplexen Prozesse können mit diesem Management beeinflusst werden. 123 Des Weiteren unterstützt das Transitions-Management den Regimewandel über gesellschaftliche Anreiz- und Koordinationsmechanismen. Diese Unterstützung erfordert die Einbindung der relevanten Akteur_innen Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Förstner 2008, S Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 52 f. 121 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Weber et al. 2006, S Vgl. Kern 2004, S

35 Methodische Vorgehensweise Nachdem nun die Eigenschaften des Transitions-Managements erläutert sind, wird die Vorgehensweise und Aufgabenverteilung bei der Steuerung von Transitionsprozessen beschrieben. Die systematische Änderung eines Regimes auf dem Meso Niveau kann nicht ohne eine Veränderung der Struktur erfolgen. Der strukturelle Wandel wird durch eine Top down-intervention ermöglicht. Die Politik nimmt den Transitions-Diskurs auf und schafft einen neuen Raum für Transitionen. 125 Die staatlichen Akteur_innen nehmen eine wichtige Rolle als Unterstützer_innen, Stimulator_innen, Kontrolleur_innen und Direktor_innen ein. Sie haben die Nischen zu unterstützen und die dominanten Regime durch Kontrollpolitik unter Druck zu setzen. 126 Durch geeignete Rahmenbedingungen, durch Anreiz- und Koordinationsmechanismen und durch gezielte politische Initiativen werden dem Transitionsprozess der notwendige Impuls und die gewünschte Richtung vorgegeben Das Transitions-Management und positive Feedback Loops Ein sogenannter Feedback Loop definiert eine positive oder negative Rückkopplungsschleife. Ein Ereignis kann beschleunigt werden (positiver Feedback Loop) oder verzögert (negativer Feedback Loop). 128 Das Transitions-Management bedient sich positiver Feedback Loops. Durch die positiven Feedback Loops wird der Druck auf das bestehende System stetig erhöht. In Lernprozessen werden gleichzeitig Alternativen untersucht und entwickelt. Das Transitions-Management muss: die heutige Politik und kurzfristige Ergebnisse mit einer langfristigen Vision verbinden, die einzelnen Elemente und Bereiche des Systems mit den Endbildern einer Transition zusammenbringen, die kurzfristigen Aktionen mit länger andauernden Lernprozessen kombinieren und das Prozessmanagement durch Entwicklungsrunden und Netzwerkmanagement ergänzen Vgl. Weber et al. 2006, S. 17 f. 125 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Kern 2004, S Vgl. Weber et al. 2006, S. 17 f. 128 Vgl. 28

36 Methodische Vorgehensweise Die Elemente des Transitions-Managements Im nachfolgenden Kapitel werden die Elemente des Transitions-Managements vorgestellt. Die Transitionsarena bildet eine Plattform für die Diskussion von Maßnahmen, Zielen und Visionen zu einer bestimmten Fragestellung bzw. zu einem bestimmten Thema. An der Diskussion können sich die verschiedensten Akteur_innen beteiligen. Die Diskussion schafft Raum für Innovationen, weil den Akteur_innen ein neuer Blickwinkel auf das gemeinsame Thema eröffnet wird. Auf Grund der Beziehungen zwischen Akteur_innen bzw. auf Grund von inhaltlichen Übereinstimmungen sowie Differenzen zwischen den Aussagen der Akteur_innen wird ein Transitionsnetzwerk geformt. Eine Führungspersönlichkeit muss dabei diesen gemeinsamen Such und Lernprozess koordinieren Transitionsarena Die Transitionsarena dient als anfängliche Diskussionsplattform, die den Multi Akteur_innen Prozess organisiert und ein gut funktionierendes Innovationsnetzwerk aufbaut. Das Transitions-Management basiert auf wissenschaftlichen Grundlagen. Die Ziele des Transitions-Managements sind ein höheres soziales Engagement, das Bilden sozialer Konstrukte 130 und Experimente sowie das Finden neuer Ideen für den Wandel. 131 Die Kompetenz der Akteur_innen auf ihrem Fachgebiet ermöglicht den Transitionsdiskurs. Eine Transitionsarena setzt sich aus einer kleinen Gruppe von zehn bis zwanzig Akteur_innen zusammen, welche Vertreter_innen aus allen der nachfolgenden Gruppen sein müssen: Regierung und Verwaltung Unternehmen NGOs Wissenschaft Die Akteur_innen müssen Innovationen offen gegenüberstehen und dürfen nicht an vorgefertigten Lösungen festhalten. Sie müssen über ihre eigene Disziplin hinausdenken. Das Netzwerk der Transitionsarena ist offen gestaltet. Mit dem offenen Netzwerk werden politische und finanzielle Freiräume für Innovationsexperimente ermöglicht, Steuerungsinstrumente werden entwickelt und der Lernprozess wird gesichert. Mit der 129 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Ein soziales Konstrukt (z. B.: die Transitionsarena) soll den Akteur_innen erleichtern über strukturellen Wandel nachzudenken. 131 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S

37 Methodische Vorgehensweise Transitionsarena werden institutionelle Barrieren beseitigt und Steuerungsprobleme dezimiert Führungspersönlichkeiten Die Führungspersönlichkeiten nehmen im Transitions-Management eine tragende Rolle ein, denn sie bilden die Verbindung zwischen der Innovation 133 und der Transformation Die Aufgaben und Funktionen der Führungspersönlichkeiten können nach Olsson (2006) wie folgt zusammengefasst werden: Identifizierung weiterer Schlüsselindividuen und -organisationen Leiten der Netzwerke und des Transitionsprozesses Formulieren der Transitionsziele Agieren auf mehreren Systemebenen Sammlung, Integration und Kommunikation von Wissen Problembereiche und Interessen in Einklang bringen Vertrauen aufbauen Konflikte konstruktiv managen Motivieren und inspirieren Erkennen von Windows of Opportunities mit dem Zusammenkommen der Faktoren Problemerkennung, Lösungsmöglichkeiten und richtige politische Konstellation Transitions- und Erneuerungsnetzwerke Individuen, Gruppen, Organisationen und Institutionen werden über Transitions- und Erneuerungsnetzwerke verbunden. Diese Netzwerke müssen sich an die Kapazität der Teilnehmer_innen für den Transitionsprozess anpassen. Sie sind offen gestaltete Netzwerke und müssen durch die Vielfalt der Interaktionen zu anderen Teilnehmer_innen beständig erweitert werden. Die Netzwerke müssen politisch unabhängig sein und die Teilnehmer_innen müssen entlang ihrer individuellen Ideen, Qualitäten und Kompetenzen ausgewählt werden. Die Mitglieder eines Netzwerkes werden abhängig von der Ebene und den Themen gewählt 132 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Die Innovation wird durch Innovator_innen mit ihren kreativen Ideen zur Verbesserung der Gesellschaft getragen. 134 Die Transformation wird von Transformer_innen getragen, die die kreativen Ideen in ihrem Lebensumfeld umsetzen. 135 Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S. 18 f

38 Methodische Vorgehensweise und sollten alle gesellschaftlichen Bereiche umfassen wobei dies anfänglich nicht notwendig ist. Sichtweisen werden hinterfragt und bestehende Gemeinsamkeiten hervorgehoben. Differenzen müssen ebenfalls Berücksichtigung finden Strukturierung des Transitionsprozesses mit dem Transitions-Management In diesem Kapitel wird die Frage geklärt, wie der Transitionsprozess mit dem Transitions- Management strukturiert gesteuert werden kann. Bei der Reflexion der wissenschaftlichen Literatur wird ein zyklischer Ablauf erkennbar. Der Ausgangspunkt des Transitions-Managements zur Steuerung eines Transitionsprozesses ist eine differenzierte Systemanalyse. Bei dieser Analyse können auch zunehmend die Handlungsmuster der Akteur_innen und deren Einflussfaktoren Berücksichtigung finden. Das gesellschaftliche Problem wird definiert und als dringlich angesehen. 138 Für die Forschungen ist die Erarbeitung von alternativen Visionen ein wichtiger Baustein. Die Visionen werden durch Zielsetzungen erreicht. In der Transitionsarena werden langfristige und kollektive Ziele formuliert und konkrete Strategien diskutiert, die in einem Umsetzungskonzept ausgearbeitet werden. Dieser Prozess soll in enger Abstimmung mit den handelnden Akteur_innen definiert werden. 139 Für den Erwerb von Wissen für und über Transitionsprozesse sind Experimente durchzuführen. Diese basieren auf den Visionen und Zielsetzungen. Der Wandlungsprozess muss ständig beobachtet und kritisch bewertet werden. 140 Die Visionen und Ziele helfen dabei, die Entwicklungen zu überwachen. Die Inhalte zur Zielerreichung müssen kontinuierlich angepasst werden und die Zielsetzungen und Strategien müssen möglicherweise überarbeitet werden. Die Visionen und Ziele stellen die Übertragung und Verbreitung der Forschungsergebnisse und des erworbenen Wissens in die Gesellschaft sicher. Ein Lernprozess wird eingeleitet, der Veränderungen auf breiter Basis ermöglicht Vgl. Kanatschnig/Pelikan 2009, S Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 53 ff., Loorbach 2007, S. 115 f. bzw Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 53 ff., Loorbach 2007, S. 115 f. bzw Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 53 ff., Loorbach 2007, S. 115 f. bzw Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 53 ff., Loorbach 2007, S. 115 f. bzw. 31

39 Methodische Vorgehensweise Eine Konzeptionalisierung ist linear und weit entfernt von der gegenwärtigen Praxis, in welcher sich die verschiedenen Phasen überschneiden und auf verschiedenen Ebenen auftreten. 142 Abbildung 5: Die zyklische Struktur des Transitions-Managements Quelle: Schneidewind/Scheck 2012, S. 54. Die Problemstrukturierung, die Strategieformulierung, die Implementierung und Evaluierung sind, wie in vielen anderen Policy-Prozessmodellen, die Kernelemente des Transitions- Managements. Ein zyklischer Ablauf ist zu erkennen. 143 In historischen Transitionsstudien treten die folgenden Muster immer wieder auf und bestätigen die eben getroffene Annahme: Ein Problem entsteht, Alternativen werden verhandelt, eine Maßnahme wird ergriffen und ein neues Gleichgewicht entsteht. Die verschiedenen Elemente können auf drei Ebenen bezogen werden: Die strategische Ebene identifiziert und definiert Probleme und formuliert Alternativen. Die taktische Ebene verhandelt konkrete Alternativen und entwickelt institutionelle Veränderungen. Die operationale Ebene implementiert Pläne und Agenden. Diese Aktivitäten können als eine Form des Transitions-Managements definiert werden, wenn sie soziale Transformationen in Bewegung setzen Vgl. Schneidewind/Scheck 2012, S. 53 ff., Loorbach 2007, S. 115 f. bzw Vgl. Loorbach 2007, S. 115 f. 32

40 Methodische Vorgehensweise Der Transitions-Management-Zyklus integriert und strukturiert die verschiedenen Aktivitäten- Cluster. Der Transitions-Management-Zyklus schafft eine Basis für einen partizipatorischen Prozess mit einem offenen Ende und einem großen Ausmaß an Flexibilität. Eine Kerncharakteristik des Transitions-Management-Zyklus ist die Integration von Inhalten und Prozessen, Analysen und Verfahren. Auf Basis der komplexen Systemperspektive ist jeder Handlungs-Cluster im Prozess über die Analyse und das theoretische Konzept informiert, welche nur auf der Basis der gegenwärtigen Praxis angewandt werden. Der Transitions- Management-Zyklus beinhaltet einen kontinuierlichen und iterativen Prozess, wobei innerhalb des Zyklus zahlreiche zyklische und iterative Prozesse ablaufen. Der Aktivitäten-Cluster kann als Prozessphasen designt werden. Aktivitäten greifen immer ineinander, werden simultan durchgeführt und können nicht immer abgegrenzt werden. 145 Der Transitions-Management-Zyklus besteht aus den folgenden Komponenten: 1. Strukturierung der Probleme, Gründung einer Transitionsarena und Vorstellung 2. Entwicklung einer Koalitions- und Transitionsagenda 3. Etablierung und Verwirklichung eines Transitionsexperiments und Mobilisierung der resultierenden Transitionsnetzwerke 4. Überwachung, Evaluierung und Erlernen der Einheiten der Transitionsexperimente und, auf diesen basierend, Anpassung der Versionen, der Agenda sowie der Koalitionen In der Realität gibt es keinen fixierten Ablauf der einzelnen Schritte des Transformations- Managements und diese Schritte können im Zyklus unterschiedlich gewichtet werden Die transdisziplinäre Forschung und das Transitions- Management Das Transitions-Management ist ein Instrument zur Steuerung gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Der Ablauf eines Transitions-Management-Prozesses verläuft zyklisch, wobei einzelne Schritte wiederholt werden können. Für den iterativen Ablauf sind, abhängig vom jeweiligen Ereignis, unterschiedliche Wissensformen von Relevanz. Das Transitions-Management strukturiert die Wissensformen, abhängig vom Fortschritt des Transitions-Management-Prozesses, zyklisch. Mit der nachfolgenden Abbildung wird der 144 Vgl. Loorbach 2007, S. 115 f. 145 Vgl. Loorbach 2007, S Vgl. Loorbach 2007, S

41 Methodische Vorgehensweise Zusammenhang zwischen dem Transitions-Management und der transdisziplinären Forschung hergestellt. Abbildung 6: Der strukturierte Transitions-Management-Prozesss mit seinen Wissensformen Quelle: Schneidewind/Singer-Brodowski 2013, S Die Kartographie von Kontroversen nach der Akteur-Netzwerk- Theorie nach Latour und Venturini Bei Forschungen zu einem Thema eröffnen die unterschiedlichen Lösungsansätze der beteiligten Akteur_innen einee Diskussion. Mit der Beobachtung dieser Diskussion kann der soziale Veränderungsprozesss zwischen den Akteur_innen beobachtet werden. Der unabhängige und außenstehende Blickwinkel ermöglicht, dass die soziale Debatte abgebildet werden kann: 1. Auswahl der kontroversen Thematik 2. Analyse der Beziehung zwischen den konkurrierenden Statements 3. Komplexitätsreduktion durch die Beschreibung des Beobachteten 4. Evaluierung der Kontroverse Die Kartographie von Kontroversen ist ein wesentlicher Ansatz, um den sozialen Faktor einer Transition herauszuarbeiten. Die kontroversen Stellungnahmen werden veranschaulicht, die Interaktion zwischen den Akteur_innen wird sichtbar. Die Veranschaulichung der interaktiven Handlungen rückt den sozialen Aspekt einer Transition in den Vordergrund. Die Darstellung ist dabei situationsspezifisch. 34

42 Methodische Vorgehensweise Die Einleitung zur Kartographie von Kontroversen Die Kartographie von Kontroversen ist eine Forschungsmethode, um die zeitnahe sozialtechnische Debatte zu untersuchen. 147 Die Forscher_innen bzw. Wissenschaftler_innen müssen nicht den Untersuchungsgegenstand, sondern die Kontroverse beobachten und das Gesehene beschreiben. 148 Die Kartographie von Kontroversen bedingt keine konzeptionellen Annahmen und erfordert keine spezifische Theorie oder Methodologie. Es müssen keine Definitionen beachtet und keine Hypothesen demonstriert werden. 149 Trotz des theoretischen und methodologischen Minimalismus ist die Kartographie von Kontroversen keine leichte Aufgabe. Denn sie liefert keinen vorgefertigten Forschungsleitfaden 150 und ist des Weiteren noch nicht hinreichend dokumentiert Die Rolle der Akteur_innen bei der Kartographie von Kontroversen Die Kartographie von Kontroversen fordert die theoretische und methodologische Bewegungsfreiheit, weil die alleinige Einhaltung einiger theoretischer oder methodologischer Richtlinien keine Objektivität gewährleistet. Der Objektivität kann sich nur mit einer Vervielfachung der Perspektiven verschiedener Akteur_innen angenähert werden. Die zahlreichen und partiellen Perspektiven eines Phänomens ermöglichen eine sorgfältigere und unabhängigere Beobachtung. 152 Mit den teilnehmenden Akteur_innen erhöht sich die Komplexität und die Kontroversen sind schwieriger zu koordinieren. 153 Die Kartographie strebt nicht nach der absoluten holistischen Sichtweise. Das Ziel ist vielmehr der Fokus auf die verschiedenen Ebenen der Kontroverse. 154 Die Kartographie von Kontroversen bedingt die begründete, aber revolutionäre Idee, dass die Teilnehmer_innen eines sozialen Phänomens möglicherweise genauso informiert sind wie ein_e außenstehende_r Forscher_in Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 2 f. 151 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 4 f. 35

43 Methodische Vorgehensweise Die Akteur_innen sind dauerhaft mit den Themen konfrontiert, welche die Wissenschaftler_innen nur für einen gewissen Zeitraum von einem externen Standpunkt betrachten. Den Akteur_innen muss deshalb zugehört werden, anstatt in erster Linie eigene Annahmen zu treffen. Die Ideen der Akteur_innen dürfen nicht vernachlässigt werden, nur weil diese nicht auf einer wissenschaftlichen Theorie oder Methodologie basieren Die Kontroversen als Auslöser für Veränderungsprozesse Die Akteur_innen sind als Teil einer sozialen Gemeinschaft über Netzwerke verbunden. Die Handlungen der Akteur_innen werden durch die Interaktion beeinflusst und durch ihre Beziehungen im Netzwerk geformt. 157 Es ist nicht ausreichend, lediglich die Akteur_innen bzw. die sozialen Netzwerke zu beobachten, um soziale Phänomene zu verstehen. 158 In einem stabilisierten Netzwerk geht die Fähigkeit verloren, Assoziationen zu interpretieren. 159 Die isolierte Betrachtung der Akteur_innen lässt die soziale Komponente nur kurzfristig zur Analyse zu, wenn sich Assoziationen zu einem kollektiven Zustand formieren. 160 Kontroversen beziehen sich auf die wissenschaftlichen Theorien und Technologien, die noch nicht gefestigt sind oder die als Black-Box betrachtet werden. Sie sind für die Sozialwissenschaften interessant, weil die Black-Box geöffnet und Ideen erörtert werden. 161 Die Kontroverse beschreibt eine gemeinsame Ungewissheit. Die Akteur_innen stimmen nicht überein oder sie einigen sich auf den Unterschied. 162 Jede Kontroverse eröffnet ein Forum für Konflikte und Verhandlungen zwischen Akteur_innen, die sich ansonsten gegenseitig ignorieren würden. 163 Kontroversen ermöglichen demnach die heterogensten Beziehungen, weil die verschiedenartigsten Akteur_innen ihre Berücksichtigung finden Vgl. Venturini 2009, S. 4 f. 157 Vgl. Venturini 2009, S. 15 f. 158 Vgl. Venturini 2009, S. 10 f. 159 In einem stabilisierten Netzwerk passiert kein Veränderungsprozess mehr und die Beziehungen zwischen den Akteur_innen sind eindeutig gefestigt. Bei einem Veränderungsprozess bilden sich neue Netzwerke. Während der Bildung neuer Netzwerke können der Findungsprozess zwischen den Akteur_innen und zugleich die sozialen Debatten untersucht werden, die während des Findungsprozesses stattfinden. 160 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 6 f. 164 Vgl. Venturini 2009, S. 6 f. 36

44 Methodische Vorgehensweise Kompromisse beenden die Kontroverse. Die Kontroverse bewegt sich zwischen Indifferenz und vollständiger Harmonie. 165 Zwischen den unterschiedlichsten Akteur_innen können sich nicht nur neue oder überraschende Allianzen entwickeln, sondern auch soziale Einheiten, die unauflösbar zu sein scheinen, können in eine Pluralität sich widersprechender Teile zerbrechen. 166 Kontroversen sind komplex, weil sie das Zentrum für die Transformation des kollektiven Lebens sind. Das Soziale ist das Dynamische in Kontroversen. Die Dynamik verändert wiederum das Soziale. 167 Mit der Beobachtung der Kontroverse wird das Soziale in der dynamischsten Form abgebildet. 168 Die Beobachtung von Kontroversen ist die Beobachtung des Übergangs von Verbindung und Trennung von Zusammenhängen. 169 Kontroversen können am besten beobachtet werden, wenn sie ihren Höhepunkt erreichen. Wenn es keine Debatte mehr gibt oder die Debatte lethargisch ist, wenn die Akteur_innen den Fragen zustimmen und sie bereit sind, mit der Minderheit zu verhandeln, dann gibt es keine authentische Kontroverse und die resultierende Kartographie wird sehr übersichtlich oder unvollständig sein. 170 Um das Soziale zu analysieren, hat man ungeachtet des Aufwandes keine andere Wahl, als in die Kontroversen einzutauchen Die Kartographie der Kontroverse Die Wissenschaftler_innen sollen sich nicht an einem Gespräch beteiligen und den Akteur_innen ihre Lösungen aufdrängen. Die Forscher_innen können die verschiedenen Optionen aufzeigen und mit der Präsentation der Argumente unterschiedliche und persönliche Standpunkte unterbreiten Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 15 f. 170 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 17 f. 37

45 Methodische Vorgehensweise Mit der sozialen Kartographie wird eine Kontroverse nicht beendet, sondern die unterschiedlichsten Lösungsansätze einer Kontroverse werden diskutiert. Die Kartographie von Kontroversen ist, wie jeder andere soziale Ansatz, nicht objektiv Die Vorgehensweise bei der Untersuchung von Kontroversen Zu Beginn der Untersuchungen sollen die Kartographierer alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen und sich von der sozialen Umwelt beeinflussen lassen. Obwohl jedes kollektive Phänomen als Kontroverse beobachtet werden kann, ist nicht jede Kontroverse ein guter Untersuchungsgegenstand. Es gibt keine exakten Instruktionen, wie eine gute Kontroverse zu wählen ist. 174 Wenn ein Projekt kartographiert wird, ist in erster Linie zu definieren, welche Kontroverse analysiert wird. 175 Nach der Auswahl der Kontroverse kann die Untersuchung begonnen werden. 176 Kontroversen vermitteln den Eindruck konkurrierender Stellungnahmen. Jedes neue Statement löst eine Vielzahl an Antworten und Diskussionen aus. Die Identifikation des vollständigen Ausmaßes der kontroversen Arena ist ein Schritt in der sozialen Kartographie. Die Kartographierer müssen die Existenz eines Netzwerks von Beziehungen zwischen den Statements erkennen, welche in eine Diskussion münden. Die soziale Kartographie hat das Netz von Beziehungen nachzuzeichnen. 177 Die Literatur soll nachrangig behandelt werden. In der sozialen Kartographie geht die Beobachtung immer der Theorie und Methodologie voraus. 178 Literatur existiert auf jedem sozialen Gebiet und animiert jede kollektive Debatte. Kontroverse Themen werden in der Literatur dynamisch und widersprüchlich diskutiert. Der schriftliche Diskurs bildet eine erste Ebene der Aussprache, welche die soziale Kartographie aufzeigen muss. 179 Folgt man dem Netz von Beziehungen, welches die kontroversen Statements umgibt, werden soziale Kartographierer zwangsläufig dazu gebracht, Zusammenhänge zu berücksichtigen, die sich jenseits der Grenzen des textlichen Universums ausbreiten. Statements werden immer Teil 173 Vgl. Venturini 2009, S. 17 f. 174 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 14 f. 178 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 14 f. 38

46 Methodische Vorgehensweise eines größeren Netzwerkes sein, das menschliche Wesen, technische Objekte, natürliche Organismen, metaphysische Wesen usw. umfasst. 180 Mit der Beschreibung einer Kontroverse wird die Komplexität auf ein überschaubares Level reduziert. Beide Aufgaben der Beobachtung und Beschreibung sind wichtig und in der Praxis der sozialen Kartographie als auch bei kollektiven Phänomenen eng miteinander verbunden. Die Beobachtung und die Beschreibung sollten nicht verwechselt werden, weil sie unterschiedliche Zwecke und unterschiedliche Konsequenzen haben. Für die soziale Kartographie darf die Anzahl der Aussagen nicht vereinfacht werden, um in der Diskussion berücksichtigt werden zu können. Es muss sichergestellt werden, dass sich die Akteur_innen, die mit der Artikulation von Aussagen an der Kontroverse partizipieren, nicht beliebig kurzschließen können. 181 In der sozialen Wissenschaft könnte keine seriöse Untersuchung ohne Beobachtung der Komplexität des kollektiven Lebens und ohne Vereinfachung durch Beschreibungen bestehen. Das Bekenntnis zum offensichtlichen Widerspruch zwischen der Untersuchung des Reichtums der sozialen Landschaft und der verständlichen Abbildung einer solchen Landschaft ist essenziell. Mit der Aufzeichnung der Debatte verlieren Kartographierer einen Teil der Resonanz. 182 Die Evaluierung der Beobachtungsarbeit preist die Artikulation wesentlich mehr als die Präzision und Konsistenz. Die Qualität der Beobachtung hängt von den Möglichkeiten ab, die Untersuchungen zu vervielfachen und die Sensibilität der Kontrollmechanismen zu steigern. Mit der Akkumulation der Bemerkungen, Dokumente, Interviews, Gutachten, Experimente, Statistiken usw. dürfen die Forscher_innen den Reichtum des kollektiven Lebens nicht reduzieren. 183 Dies erschwert die Interpretation und verkompliziert die Arbeit der Darstellung. Das verlangsamt die Konstruktion eines gemeinsamen Kosmos Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 18 f. 182 Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S Vgl. Venturini 2009, S. 20 f. 39

47 3 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Wie in der Einleitung dieser Arbeit bereits beschrieben, bildet der Fokus auf die Ressourceneffizienz und die Stadtgemeinde Attnang-Puchheim den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Der Autor setzt sich zu Beginn dieses Kapitels mit den Visionen und Zielen der Strategie Europa 2020 auseinander. Die inhaltliche Analyse der Strategie Europa 2020 verdeutlicht, dass die Ressourceneffizienz ein wesentlicher Bestandteil des nachhaltigen (Wirtschafts-)Wachstums ist. Die Ressourceneffizienz ist eine Strategie, um eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu erreichen. Die Diskussion der Strategie Europa 2020 zeigt, dass es bei der Auseinandersetzung mit der Ressourceneffizienz nicht ausreichend ist, sich ausschließlich auf die Strategie Europa 2020 zu konzentrieren. So setzt sich der Autor mit den europäischen und nationalen Initiativen auseinander, die mit der Strategie Europa 2020 in Verbindung stehen. Die besagten Dokumente greifen ineinander und stützen sich gegenseitig. Mit den ausgearbeiteten Dokumenten konkretisieren sich die Vorstellungen davon, wie mit der Ressourceneffizienz umzugehen ist. Der Autor folgt dem Netzwerk aus europäischen sowie nationalen Dokumenten. Die Strategie Europa 2020 und die nationalen und europäischen Initiativen definieren das Verständnis zur Ressourceneffizienz. Die Inhalte der Strategie Europa 2020 sowie der europäischen und nationalen Initiativen werden auf die Fragen der transdisziplinären Forschung untersucht und das benötigte Wissen wird extrahiert. Mit dem Transitions-Management wird die Wissensproduktion strukturiert: 1. Was sind die Visionen und Ziele der Europäischen Union zur Ressourceneffizienz? a. Welche Initiativen oder Dokumente sind mit der Strategie Europa 2020 verbunden und welchen Einfluss haben diese auf die Zieldefinition? b. Welche (Ziel-)Definition kann aus den europäischen und nationalen Initiativen für die Ressourceneffizienz abgeleitet werden? 2. Welche Maßnahmen werden diskutiert, um die Ressourceneffizienz-Ziele zu erreichen und um die Ressourceneffizienz kontinuierlich zu verbessern? 40

48 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Der Autor befasst sich zuerst mit den Zielen und Visionen der Strategie Europa Mit der Strategie Europa 2020 werden gleichzeitig die Ziele für ein nachhaltiges Wachstum dokumentiert. Aus diesen leiten sich wiederum die Ziele und Maßnahmen der nationalen und europäischen Initiativen zur Ressourceneffizienz ab, die in dieser Arbeit inhaltlich analysiert und beschrieben werden. Der Autor fokussiert sich bei der Beschreibung der Maßnahmen auf die Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und die Bewusstseinsbildung, da diese vorwiegend von den nationalen und regionalen Expert_innen diskutiert werden. Zudem hat der Autor Expert_inneninterviews mit nationalen und regionalen Gesprächspartner_innen geführt. Zur Vorbereitung auf die Gespräche hat der Autor einen Gesprächsleitfaden erstellt, der sich an den Fragen der transdisziplinären Forschung orientiert. Der Autor hat die Fragen entsprechend dem Transitions-Management strukturiert und die Expert_innen nach den Visionen, Zielen und Maßnahmen zur Ressourceneffizienz befragt. Mit der netzwerkanalytischen Methode der Kartographie der Kontroversen wird das lokale Netzwerk zur Ressourceneffizienz sichtbar. Die Befragungen der Expert_innen hat hervorgebracht, welche Elemente die nationalen und regionalen Stakeholder mit der Ressourceneffizienz in Verbindung bringen. Der Autor ist den Verbindungen und den derzeitigen Ressourceneffizienz-Ausprägungen nachgegangen. Die Erkenntnisse der Interviews werden in dieser Arbeit dokumentiert. Aus den Erkenntnissen wird eine Handlungsempfehlung des Autors abgeleitet. 3.1 Die Visionen und Ziele der Strategie Europa 2020 zur Ressourceneffizienz Im Jahr 2010 wurde auf internationaler Ebene die Strategie Europa 2020 verabschiedet. 185 Deren Schwerpunkt ist ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Mit der Integration der Wachstumsschwerpunkte skizziert die Strategie Europa 2020 eine Vision einer europäischen sozialen Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts. 186 Mit der Strategie Europa 2020 werden Impulse für ein Wirtschaftswachstum gesetzt, welches folgendermaßen skizziert ist: Intelligent: wissensbasiert und innovativ Nachhaltig: umweltverträglich und dadurch langfristig nachhaltiger 185 Vgl. Milota 2012, o. S. 186 Vgl. Europäische Kommission 2011, S

49 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Integrativ: Durch einen hohen Beschäftigungsgrad soll der soziale und territoriale Zusammenhalt gestärkt werden. 187 Im Rahmen der Strategie Europa 2020 hat die Europäische Kommission fünf Kernziele definiert, welche das intelligente, nachhaltige und integrative Wachstum sicherstellen sollen: Beschäftigung 2. Fertigung, Entwicklung und Innovation 3. Klimawandel und Energie 4. Bildung 5. Armut und soziale Ausgrenzung 189 Jeder Mitgliedsstaat soll die Strategie Europa 2020 auf seine spezifische Situation anpassen und die Ziele der Union im Rahmen nationaler Ziele umsetzen. 190 Aus der Strategie Europa 2020 leiten sich die Ziele für ein nachhaltiges Wachstum in der Europäischen Union ab. Die Ziele der Europäischen Union für das Jahr 2020 für eine nachhaltige Wirtschaftsweise und nachhaltige Entwicklung können folgendermaßen zusammengefasst werden: Die Treibhausgasemissionen sollen, bezogen auf das Jahr 1990, um zwanzig Prozent reduziert werden. Im Rahmen eines internationalen Abkommens mit breiter und adäquater Beteiligung sollen die Treibhausgasemissionen bis 2050 um dreißig Prozent verringert werden. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger soll auf zwanzig Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs ansteigen. Die Energieeffizienz soll um zwanzig Prozent erhöht werden. Die Ziele für die Reduktion der Treibhausgasemissionen und für die erneuerbaren Energieträger sind im Klima- und Energiepaket rechtlich verankert. Der Emissionshandel 191, 187 Europäische Kommission 2011, S Vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S Vgl Vgl. Europäische Kommission 2010, S Der Emissionshandel ist der Handel mit Emissionsrechten, die einem Land oder einem Unternehmen das Recht geben eine bestimmte Menge an Treibhausgasen oder anderen Schadstoffen zu emittieren. Der Emissionshandel ist ein wesentliches Element, um die Treibhausgase zu reduzieren. 42

50 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 192 und die Effort-Sharing-Entscheidung 193 wichtigsten Instrumente, um diese Ziele zu erreichen. 194 sind die Österreich hat sich für das Jahr 2020 nationale Ziele auferlegt. In Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels Emissionshandels sollen die Treibhausgasemissionen ausgehend vom Basisjahr 2005 um 16 Prozent reduziert werden und der Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttoendenergieverbrauch soll 34 Prozent betragen. 195 Die Europäische Kommission hat sich für den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft eine Reihe von Zielen auferlegt. Der Fokus auf die Ressourceneffizienz erfordert eine Auseinandersetzung mit internationalen und nationalen Dokumenten, welche die Zielsetzungen einer nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und die Ziele der nachhaltigen Entwicklung der Strategie Europa 2020 vertiefen. Der Autor folgt den Dokumenten ausgehend von der europäischen Ebene bis zu den nationalen Initiativen. Abbildung 7: Das Netzwerk aus europäischen und nationalen Initiativen Quelle: eigene Darstellung Aus diesen Dokumenten lassen sich Ansätze für den Weg in eine nachhaltige Wirtschaftsweise ableiten. Diese Ansätze bilden den Rahmen für die Formulierung von Maßnahmen und eröffnen einen Platz für Innovationen. Sie werden im nächsten Kapitel beschrieben. 192 Diese Richtlinie verfolgt innerhalb der Europäischen Union das Ziel, dass im Jahr 2020 ein Anteil von 20 Prozent der Energieversorgung aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt werden soll. 193 Mit der Effort-Sharing-Entscheidung soll eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen erreicht werden, deren Quellen nicht vom Emissionshandel erfasst werden. Die Lastenverteilung wird in der Entscheidung geklärt. 194 Vgl Vgl. Umweltbundesamt 2011, S

51 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa Mit der Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa soll die Europäische Union mehr nachhaltiges Wachstum erreichen. 196 Diese Initiative für ein ressourcenschonendes und ressourceneffizientes Europa resultiert aus der Strategie Europa und ist für die Europäische Union und für ihre Mitgliedstaaten bindend Im Rahmen der Initiative soll ein langfristig angelegter, strategischer Rahmen für den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft geschaffen werden 199, der durch eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen verwirklicht werden kann. 200 Die Wirtschaft muss ressourceneffizienter werden, wodurch des Weiteren ein Wettbewerbsvorteil geschaffen und die Abhängigkeit von ausländischen Ressourcen und Gütern verringert wird. 201 Eine Steigerung der Ressourceneffizienz bedeutet, dass die Wirtschaftsleistung bei gleichzeitiger Senkung des Ressourceneinsatzes gesteigert wird. 202 Mit der Steigerung der Ressourceneffizienz wird aber nicht zwangsläufig auch eine Reduktion des absoluten Ressourcenverbrauchs erreicht, wenn die Wirtschaft schneller als die Ressourceneffizienzsteigerung an sich wächst. Man unterscheidet zwischen zwei Fällen der Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch: (Relative) Entkoppelung bei steigendem Ressourcenverbrauch: Die Wachstumsrate des Ressourcenverbrauchs liegt unter der des Wirtschaftswachstums, wobei die Ressourceneffizienz steigt. Der Ressourcenverbrauch steigt langsamer als das Wirtschaftswachstum. (Absolute) Entkoppelung bei sinkendem Ressourcenverbrauch: Das Wirtschaftswachstum wird bei tatsächlich sinkendem Ressourceneinsatz erreicht. Die Ressourceneffizienz wächst schneller als die Wirtschaft. 203 Um die Ziele eines nachhaltigen Wirtschaftssystems zu erreichen, muss der absolute Ressourcenverbrauch pro erzeugten Nutzen gesenkt werden Vgl Vgl. Milota 2012, o. S. 198 Vgl. Europäische Kommission 2010, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, Vgl. Europäische Kommission 2010, S Vgl. Europäische Kommission 2010, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S

52 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Das Wirtschaftswachstum muss bei gleichbleibendem bzw. sinkendem Ressourcenverbrauch steigen. Die Zielvorstellung von einer Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch muss kritisch hinterfragt werden, denn eine wirtschaftliche Leistung bedingt einen Ressourcenverbrauch. Der Übergang in eine emissionsarme bzw. kohlenstoffarme Wirtschaft, die Nutzung erneuerbarer Energieträger, die Förderung der Energieeffizienz und die Modernisierung des Verkehrswesens soll den Klimawandel und die Umwelteinwirkungen der Ressourcennutzung begrenzen. 205 Neue Wachstums- und Innovationsmöglichkeiten müssen geschaffen werden und Möglichkeiten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind zu stärken. 206 Österreich konnte bisher das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch relativ entkoppeln. Der Ressourcenverbrauch wächst weiterhin. Das Ziel einer absoluten Entkoppelung bei sinkendem Ressourcenverbrauch konnte bisher nicht realisiert werden. 207 Ein ressourcenschonendes Europa kann nur durch einen ganzheitlichen Ansatz verwirklicht werden, bei dem Synergien optimal genutzt werden. 208 Für kurzfristige, aber vor allem für langfristige Entscheidungen soll dementsprechend der gesamte Lebenszyklus der Ressourcennutzung betrachtet werden. 209 Die Leitinitiative gibt einen langfristig angelegten Aktionsrahmen für viele Politikbereiche vor. Die langfristige Vision gewährleistet eine bessere Planungssicherheit für Investitionen und Innovationen. 210 Sie unterstützt politische Programme in den Bereichen von Klimaschutz, Energie, Verkehr, Industrie, Rohstoffe, Landwirtschaft, Fischerei, Biodiversität und regionaler Entwicklung. Die Abstimmung zwischen den einzelnen Bereichen muss garantiert werden Vgl. Schmidt-Bleek 2014, o. S. 205 Vgl. Europäische Kommission 2010, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S

53 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Fahrplan für ein Ressourcenschonendes Europa Aus der Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa resultiert der bis 2050 reichende Fahrplan für ein Ressourcenschonendes Europa mit der Vision eines Wirtschaftswachstums, 212 das die Knappheit und die Regenerationsfähigkeit der Ressourcen respektiert. Die ressourcenschonende Entwicklung kann nur durch eine nachhaltige Bewirtschaftung und Nutzungsweise der Ressourcen sowie durch die Minimierung der Umweltauswirkungen verwirklicht werden. 213 Die Ressourceneffizienz muss bis 2050 um das Vier- bis Zehnfache erhöht werden und bis 2020 müssen bereits erhebliche Verbesserungen realisiert sein. Unternehmen und Verbraucher_innen ist das Ausmaß und die Dringlichkeit der erforderlichen Umstellungen noch nicht bewusst. 214 Der Fahrplan stimmt in der Zielsetzung mit der Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa überein. Die mittel- und langfristigen Ziele stellen Etappenziele dar, welche den Weg zu einem ressourcenschonenden und nachhaltigen Wachstum veranschaulichen. Dieser Umgestaltungsprozess wird mit kurzfristig erforderlichen Maßnahmen in Gang gesetzt, die auf den definierten Zielen aufbauen. Mit dem Fahrplan wird ein Rahmen für künftige Maßnahmen geschaffen, so dass diese geplant und kohärent durchgeführt werden können. Für alle wichtigen Maßnahmen und potenziellen Ziele werden zudem Folgeabschätzungen durchgeführt. 215 Der Fahrplan zeigt die politischen Errungenschaften auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft auf und erläutert den Zusammenhang bzw. das Zusammenwirken zwischen den politischen Strategien Der österreichische Ressourceneffizienz-Aktionsplan (REAP) Seit 1990 ist der Ressourcenverbrauch in Österreich zu einem wichtigen Thema geworden. 217 Das Hauptziel des Ressourceneffizienz-Aktionsplans ist die Reduktion des österreichischen Ressourcenverbrauchs und die Steigerung der Ressourceneffizienz. Die österreichische 212 Vgl. Clusterland Oberösterreich GmbH Umwelttechnik-Cluster 2013, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 3 f. 215 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Milota 2012, o. S. 46

54 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Ressourceneffizienzpolitik soll die Umweltauswirkungen des Ressourcenverbrauchs senken, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken und für soziale Gerechtigkeit sorgen. 218 Der Ressourceneffizienz-Aktionsplan definiert Aktionsfelder, Ziele und Maßnahmen. Diese liefern konkrete Vorstellungen zur Umsetzung von Ressourceneffizienzsteigerungen und sind erste Ansätze, die vertieft und ergänzt werden müssen. Die Maßnahmen zur Ressourceneffizienz haben positive Effekte auf die Umwelt und ermöglichen Einsparungen von rund zwanzig Prozent der Materialkosten. 219 Der Ressourceneffizienz-Aktionsplan beschreibt einen langfristigen und lernenden Prozess. In der Umsetzungsphase sollen fortlaufend Akzente zur Verbesserung der österreichischen Ressourceneffizienz gesetzt werden. Der Ressourceneffizienz-Aktionsplan ist als ein dynamisches Planungsinstrument zu verstehen. Er gibt einen Handlungsrahmen vor, setzt Aktionsschwerpunkte und zeigt weitere strategische Handlungsoptionen auf. Das Ziel der Steigerung der Ressourceneffizienz kann einen entscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung leisten. 220 Der Ressourceneffizienz-Aktionsplan ist ein Maßnahmenkatalog für eine nachhaltige Entwicklung. 221 In dessen Rahmen ist auch die Studie Ressourcenverbrauch in Österreich entstanden Rohstoffsicherheit Die Initiative Rohstoffsicherheit folgt den Säulen der europäischen Strategien. Es werden Maßnahmen und unterschiedliche Entwicklungen zum Thema Rohstoffe untersucht, um das Vorhandensein von Rohstoffen innerhalb und außerhalb von Europa sicherzustellen. In dieser Initiative wurden Leitlinien erarbeitet, damit die sichere und kostengerechte Versorgungssicherheit an Rohstoffen der österreichischen Industrie gewährleistet wird. Gemäß Drexel (2012) ist der österreichische Rohstoffplan ein Musterbeispiel dafür, wie man mit einer strategischen Perspektive dem Thema Ressourcen- und Rohstoffbereitstellung begegnen kann Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Clusterland Oberösterreich GmbH Umwelttechnik-Cluster 2013, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Milota 2012, o. S. 223 Vgl. Drexel 2012, o. S. 47

55 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Biogene Rohstoffe haben aufgrund der Ausrichtung der Industrie in Österreich (starke Papier- und Zellstoffindustrie) eine besondere Bedeutung im Positionspapier Rohstoffsicherheit Rohstoffe für eine ressourceneffiziente Industrie. 224 Ein Themenschwerpunkt ist die Steigerung der Ressourceneffizienz und die vermehrte Wiederverwertung von Rohstoffen. 225 Diese Annahme impliziert die Aussage von Drexel (2012), dass die Industriellenvereinigung Materialeffizienz und Recycling als ressourceneffiziente Maßnahmen versteht. Eine ressourceneffiziente Industrie liefert einen Beitrag zur Lösung des globalen Ressourcenproblems und kann somit am Weltmarkt kongruieren Die Innovation und Ressourceneffizienz sind Grundlagen für den Erhalt des Standortes Österreich. 226 Drexel (2012) ist Mitarbeiter der österreichischen Industriellenvereinigung. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache ist seine Sicht bezüglich ökologischer Maßnahmen zu verstehen. Denn diese Maßnahmen müssen ihm zufolge unter ökonomischen Gesichtspunkten gemessen werden. Kosteneffizienz muss demnach ein wesentlicher Bestandteil einer Ressourcenpolitik sein. Eine technische Lösung der Ressourceneffizienz ist aus ökonomischer Perspektive beschränkt. Ab einem gewissen Zeitpunkt, so Drexel, wird eine Steigerung der Effizienz zu teuer und es stellt sich dann die Frage, ob weitere Ressourceneffizienz- Maßnahmen wirtschaftlich noch sinnvoll sind Die Definition der Ressourceneffizienz Aus den europäischen und nationalen Initiativen hat der Autor eine Definition für die Ressourceneffizienz hergeleitet. Mit der Ressourceneffizienz wird ein ganzheitlicher Ansatz beschrieben, mit dem das nachhaltige Wirtschaften in der Europäischen Union verwirklicht werden kann. Derzeit werden zwei Zugänge zur Ressourceneffizienz diskutiert, die den ganzheitlichen Charakter beschreiben. Ein Zugang sei der über das Thema Energie, so dass die Ressourceneffizienz der Energieeffizienz entspricht. 228 Die klassische Ressourceneffizienz sei der zweite Zugang und ist laut Steinmüller 229 wiederum zweigeteilt. Der Einsatz bestehender Rohstoffe sollte optimiert werden. Die 224 Vgl. Drexel 2012, o. S. 225 Vgl Vgl. Drexel 2012, o. S. 227 Vgl. Drexel 2012, o. S. 228 Das Gespräch mit Steinmüller ist im Anhang 6 dieser Arbeit nachzulesen. 229 Steinmüller ist Geschäftsführer und Leiter der Abteilung für Energietechnik am Energieinstitut der Johannes Kepler Universität Linz. 48

56 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Grundüberlegung gehe mit dem Konzept der Cleaner-Production bis in die 1990er-Jahre zurück. Der Hauptantrieb wäre/sei die energetische oder monetäre Verwertung von Nebenprodukten. Die Verwertung sei immer billiger als der Zukauf, was bedeute, dass ein Verlust an monetären Ressourcen bei diesem Ansatz immer bestehen bleibt. 230 Ressourceneffizienz bedeute aber auch, kritische Rohstoffe durch andere Materialien zu ersetzen. Man müsse darüber nachdenken, ob die heute im Bereich der modernen Industrie eingesetzten Rohstoffe durch etwas anderes ersetzt werden können und ob es im nächsten Schritt ein vernünftiges Recyclingverfahren dazu gibt. Recycling ist aus der Sicht von Steinmüller ein Grenzgang. Es stelle sich nämlich die Frage, ob Recycling ressourceneffizient ist, da beim Recycling zunächst Abfall anfällt. Recycling werde innerhalb der cradle to crave -Überlegung aber ebenfalls als ressourceneffizient dargestellt. 231 Puristisch gesehen sei die Dienstleistungsüberlegung der Schlüssel für ein völlig neues Denken. Für Steinmüller stellt sich bei der Ressourceneffizienz lediglich die Frage, mit wie viel weniger an Rohstoffen eine entsprechende Dienstleistung erbracht werden kann. Nach der Dienstleistungsüberlegung müsse aber überlegt werden, mit welchen Produkten die Ansprüche der Dienstleistung erfüllt werden können und wie diese Produkte am effizientesten gestaltet werden können. Der Dienstleistungsgedanke und generell das Vorgehen bei Energiedienstleistungen sei einer der bedeutendsten Ansätze, um Ressourcen zu sparen die Idee der Ressourceneffizienz wird dabei vollständig durchdacht. 232 Zur Veranschaulichung der Dienstleistungsüberlegung hat Steinmüller Beispiele mit dem Autor der vorliegenden Arbeit diskutiert: Im Energiebereich müsse darüber nachgedacht werden, wie viele Kilowattstunden eingesetzt werden müssen, um eine bestimmte Dienstleistung zu erfüllen (z. B.: um eine Raumtemperatur von 22 C zu erreichen). Ein energieintensives Unternehmen könne ein bis zwei Prozent per Jahr an Effizienzsteigerung vorweisen. Angetrieben durch den europäischen CO 2 - Zertifikatehandel werde eine Einsparungsnotwendigkeit von zwei Prozent per anno notwendig. Eine Effizienzsteigerung von zwei Prozent werde bei den gestellten Anforderungen nicht ausreichen. Hier stelle sich die Frage, ob die angepeilte Einsparung mit einer kontinuierlichen Verbesserung geschafft werden kann oder ob 230 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 231 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 232 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 49

57 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Sprungfunktionen in der Entwicklung zwingend sind, z. B. die substitutive Entwicklung 233. Ein stahlproduzierendes Unternehmen möchte als Endprodukt beispielsweise eine Autokarosserie erzeugen. Dazu sei es notwendig, darüber nachzudenken, wie viel Tonnen Stahl eingesetzt werden müssen, um diese Karosserie produzieren zu können. 234 Bei der Beschreibung des ganzheitlichen Charakters der Ressourceneffizienz stützt sich der Autor dieser Arbeit auf die Aussagen von Steinmüller, weil sich seine Ideen in den verschiedenen Initiativen wiederfinden: Der Dienstleistungsgedanke wird von der Leitinitiative Ressourcenschonendes Europa aufgegriffen, um das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu verwirklichen. Mit der Rohstoffsicherheit werden die Bedeutung der kritischen Rohstoffe und die Versorgungssicherheit von Steinmüller aufgegriffen. Die beiden anderen Initiativen diskutieren die Verbesserung der Ressourceneffizienz, welche durch die Optimierung des Einsatzes bestehender Rohstoffe erreicht werden soll. 3.3 Ansätze zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung und deren Beiträge zur Verbesserung der Ressourceneffizienz Mit dieser Arbeit werden jene Ansätze auf europäischen und nationalen Ebenen für den Weg in eine umweltfreundliche Wirtschaftsweise diskutiert, welche einen Beitrag zur Verbesserung der Ressourceneffizienz leisten. In weiterer Folge kann ein Konnex zu den konkreten Maßnahmen in der Region um Attnang-Puchheim hergestellt werden Steigerung der Energieeffizienz Die Steigerung der Energieeffizienz und die Entwicklung alternativer Energieträger reduziert die Abhängigkeit von den knapper werdenden Brennstoffen. 235 Durch die erneuerbaren 233 Z. B.: Durch die Verwendung von Holzprodukten können fossile Brennstoffe (Erdgas, Erdöl oder Kohle) ersetzt werden. Durch diese Substitution werden weniger fossile Kohlenstoffe emittiert. Mit der substitutiven Entwicklung soll die Verwendung natürlicher Rohstoffe vorangetrieben werden. 234 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 235 Vgl. Europäische Kommission 2011, S

58 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Energien können Öl- und Gasimporte gespart werden. Die Energieversorgung wird gesichert 236 werden. 237 und einem Anstieg der globalen Energiepreise kann besser standgehalten Kreislaufwirtschaft In der Umweltwirtschaft ist die Kreislaufwirtschaft das Bindeglied zwischen ökologischen und ökonomischen Zielen. Die Kreislaufwirtschaft schützt das Klima und die Umwelt, 238 indem sie einen erheblichen Beitrag zu Ressourcenschonung und Ressourcensicherheit leistet. 239 Die Kreislaufwirtschaft muss konsequent weiterentwickelt werden, indem sich die gesellschaftlichen Abläufe an der Natur orientieren dies ist das Cradle-to-Cradle- Konzept. 240 Eine nachhaltige Rohstoffversorgung entlang der gesamten Wertschöpfungskette kann durch eine möglichst konsequente und vollständige Ressourcennutzung erreicht werden. 241 Die Kreislaufwirtschaft ist entsprechend der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union weiter auszubauen. Diese Rahmenrichtlinie schreibt eine fünfstufige Abfallhierarchie vor 242 : Abfallvermeidung vor der Vorbereitung zur Wiederverwendung; Letztere vor Recycling; Recycling wiederum vor energetischer Verwertung; und dies vor Beseitigung des Abfalls: Vgl. Europäische Kommission 2010, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Kurth 2013, S Vgl. Kurth 2013, S Vgl. Gege/Oldeland 2013, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Kurth 2013, S

59 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Abbildung 8: Die fünfstufige Abfallhierarchie Quelle: Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier 2012, o. S. Die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2012) vorgeschlagenen Ansatzpunkte zur Vermeidung von Ressourcenverlusten entspricht im weitesten Sinne dieser Abfallhierarchie der Europäischen Union: Schließung von Stoffkreisläufen Recycling Kaskadennutzung 244 Der Austausch von Informationen zwischen Unternehmen entlang der Wertschöpfungsketten und in anderen Sektoren kann Abfälle vermeiden, Innovationen anregen und neue Märkte erschließen. 245 Die Wiederverwendung von Rohstoffen kann durch eine Industriesymbiose verstärkt werden, indem einige Unternehmen die Abfälle anderer Unternehmen als Ressource nutzen. 246 Die Kreislaufwirtschaft kann mit der Einführung von entsprechenden Maßnahmen vorangetrieben werden: Sammel- und Behandlungsinfrastruktur legistische Anforderungen wie Rücknahme- und Verwertungsverpflichtungen Verbot der Deponierung biologisch abbaubarer Abfälle Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 7 f. 246 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S

60 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Abfallwirtschaft Das Abfallaufkommen muss in absoluten Zahlen sinken. 248 Im Durchschnitt werden in der Europäischen Union vierzig Prozent der festen Abfälle wiederverwendet oder recycelt. Der Rest wird auf Deponien gelagert oder in Verbrennungsanlagen thermisch behandelt. Bestimmte Abfallströme, wie beispielsweise Bau- und Abbruchabfälle, Klärschlämme oder Elektro- und Elektronikaltgeräte nehmen zu. 249 Die Abfallwirtschaft ist im Sinne des Vorsorgeprinzips und der Nachhaltigkeit auszurichten. 250 Abfall ist eine wichtige Ressource, die als solche bewirtschaftet werden muss. 251 Die nachhaltige Bewirtschaftung von Abfällen stellt am Ende des Lebenszyklus ein wichtiges Instrument zur Gewinnung und Bereitstellung von Sekundärrohstoffen dar. Die Abfallwirtschaft kann durch einen verminderten Primärenergie- und Primärrohstoffeinsatz die Ressourceneffizienz steigern. Die mengenmäßige Erfassung relevanter bzw. strategischer Rohstoffe sind zentrale Handlungsfelder für die Abfallwirtschaft. 252 Die Weiterentwicklung des Abfallmanagements und der Abfallbewirtschaftung verbessert die Ressourceneffizienz 253, wodurch die Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren und Umweltauswirkungen verringert werden können. 254 Österreich ist auf die Versorgung mit kritischen Materialien angewiesen. Die Nutzung anthropogener Lager und die Optimierung der Recyclingsysteme kann die Abhängigkeit von den Weltmärkten jedoch verringern Recycling Unternehmen und Privathaushalte leisten durch Recycling einen Betrag, um Ressourcen effizienter zu nutzen 256 und die nachgefragte Menge an Ressourcen zu senken. 257 Durch Recycling werden ökologische Zielsetzungen erreicht, indem Stoffe zurückgewonnen werden. 258 Recycling ersetzt die Primärproduktion. 259 Die recycelten Stoffe werden im 248 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Kurth 2013, S Vgl. Krüger 2013, S

61 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Vergleich zur erstmaligen Herstellung mit einem weit geringeren Energie- und Rohstoffverbrauch in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. 260 Durch den verringerten Bedarf an neu abgebauten Rohstoffen und neuer Energie können Kosten eingespart werden 261, der Ausstoß der Treibhausgase (z. B.: CO 2 -Emissionen) kann vermindert werden und die Umwelt wird entlastet. 262 Um die Wertschöpfung bei sinkendem Ressourceneinsatz zu steigern, sind langlebige, wiederverwendbare, leicht zu wartende und gut recycelbare Produkte zu entwickeln, zu produzieren und zu nutzen. 263 Das Recycling kann durch ein geeignetes Produktdesign 264 erleichtert werden Urban Mining Urban Mining ist eine Alternative gegenüber dem Abbau natürlicher Ressourcen und es schafft langfristige Rohstoffquellen. 266 Urban Mining ist die Rückgewinnung von Rohstoffen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg (z. B.: Bauwerke, Infrastruktur in Konsumgütern). Das Recycling ist ein Teilbereich des Urban Mining, der für dieses eine notwendige Voraussetzung ist. 267 Bei Urban Mining geht es laut Steinmüller um Produkte, die über Mining-Prozesse zurückgewonnen werden, wie beispielsweise: die Rückgewinnung von Metallen in jeglicher Form in unterschiedlichen Qualitätsstufen die Rückgewinnung von Phosphor und die Rückgewinnung von Kohlenwasserstoffen, die derzeit in Form von Kunststoffen oder in der Form von organischem Material im System gebunden sind und die über entsprechende Vergasungsprozesse zurückgeholt werden. Die 260 Vgl. Krüger 2013, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Krüger 2013, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Das Produktdesign entscheidet, wie viel und welche Rohstoffe entlang des Produktlebenszyklus verwendet werden. Mit der Entscheidung für bestimmte Rohstoffe wird über die Möglichkeiten ein Produkt zu recyceln bestimmt. Das Produktdesign bestimmt bis zu 80 Prozent des Energie- und Ressourcenverbrauchs entlang des gesamten Produktlebenszyklus. 265 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Krüger 2013, S Vgl. Krüger 2013, S

62 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Kunststoffe müssen recycelt werden, bevor ein Urban Mining-Prozess initialisiert werden kann Kaskadennutzung Die Kaskadennutzung ist ein wesentlicher Schritt zur Kreislaufwirtschaft. Sie ist besonders für die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe und der daraus hergestellten Produkte bedeutsam. 269 Die Optimierung der Kreislaufwirtschaft hilft, die Nachfrage nach Rohstoffen zu reduzieren 270, indem Rohstoffe mehrfach verwertet werden, also durch das Durchlaufen mehrerer Nutzungszyklen, beginnend mit der hochwertigen stofflichen Nutzung bis zur abschließenden energetischen Verwertung. Die nachwachsenden Rohstoffe können durch die Kaskadennutzung effizient eingesetzt werden Bewusstseinsbildung Die bewusstseinsbildenden Maßnahmen nehmen in der Erreichung der Ressourceneffizienzziele eine Schlüsselrolle ein. 272 Der Umstieg in eine ressourceneffiziente Gesellschaft erfordert koordinierte Maßnahmen und ein rasches Handeln. 273 Die Verbraucher_innen müssen für nachhaltige Lebensstile sensibilisiert werden 274 und ihnen müssen der Nutzen sowie die Vorteile von Effizienzverbesserungen verdeutlicht werden, 275 damit die Maßnahmen zur Steigerung der Ressourceneffizienz mit einem Bewusstseinswandel einhergehen. 276 Mit einem veränderten Verbraucherverhalten kann sich die Nachfrage in Richtung ressourcenschonendere Produkte und Dienstleistungen verändern. 277 Die Konsument_innen treten selten als direkte Nachfrager_innen auf und haben deshalb nur indirekten Einfluss auf den Ressourcenverbrauch. 278 Nicht nur bei den Verbraucher_innen müssen Verhaltensänderungen erreicht werden, sondern auch bei den Entscheidungsträger_innen in der Wirtschaft Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 269 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S. 25 f. 271 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S. 3 f. 274 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S. 3 f. 55

63 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Ressourceneffizienz kann auch im öffentlichen Bereich verbessert werden und zu Einsparungen führen. 280 Die öffentlichen Auftraggeber_innen können durch ihre Einkaufsentscheidungen einen erheblichen Beitrag zur Ressourceneffizienz leisten. Bei der nachhaltigen und ressourceneffizienten Beschaffung handelt es sich um die Anschaffung umweltfreundlicher, ressourceneffizienter und sozial verträglicher Produkte und Dienstleistungen. 281 Die öffentlichen Auftraggeber_innen müssen Impulse für den erforderlichen Wandel hin zu nachhaltigen Konsummustern setzen, um die umweltpolitischen Ziele durch ein konzertiertes Vorgehen aller öffentlichen Institutionen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene zu erwirken. Sie haben eine Vorbildfunktion für private Konsument_innen und Unternehmen, indem sie sich an den Kriterien der Nachhaltigkeit und der Ressourceneffizienz orientieren. 282 Die öffentlichen Auftraggeber_innen werden für ihre Rolle als change agents in Richtung nachhaltige Entwicklung sensibilisiert. 283 Der Ressourceneffizienz-Aktionsplan eröffnet als eine Maßnahme zur Bewusstseinsbildung das österreichische Netzwerk Ressourceneffizienz. Akteur_innen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Unternehmen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft müssen zusammengeführt werden. Das Netzwerk soll den beteiligten Akteur_innen die Möglichkeit bieten, sich gegenseitig über Know-how, Erfahrungen und Ansprüche zu ressourcenschonender Produktion, zu nachhaltigen Produkten und ressourceneffizientem Management auszutauschen Aus- bzw. Weiterbildung Zu diesem Zweck muss das Thema der Ressourceneffizienz in die Bildung integriert werden Alternative Verhaltensmuster Die Konsumbedürfnisse können mit geringerem Ressourcenverbrauch während des Lebenszyklus verwirklicht werden. 286 Die Nachfrage nach Produkten kann durch 280 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S

64 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Dienstleistungen befriedigt werden (z. B.: Car Sharing). 287 Produktdienstsysteme können zu einer Verlängerung der Nutzungsdauer führen. Die Funktion oder der Nutzen von Produkten wird verkauft, wodurch diese an die Stelle der eigentumsbasierten Nutzung treten. Mit der Bereitstellung wird die Befriedigung von Kundenbedürfnissen gelöst und die Umweltbelastungen werden dabei gering gehalten Preisgestaltung Die Preise sind das wichtigste Kriterium für Kauf- und Investitionsentscheidungen. Bei der Preisgestaltung werden die wahren Kosten des Ressourcenverbrauchs bzw. der Ressourcennutzung und der Umweltbelastung während des gesamten Lebenszyklus eines Guts bzw. einer Dienstleistung nicht unbedingt angemessen dargestellt. 289 Die Preise werden durch umweltschädliche Subventionen verzerrt, wodurch verantwortungsbewusste ökologische Praktiken diskriminiert werden. 290 Die mangelnden Informationen über die tatsächlichen Kosten für die Gesellschaft führen zu einer ineffizienten Ressourcennutzung 291 und die Unternehmen und Verbraucher_innen verändern ihr Verhalten nicht. 292 Eine angestrebte Preistransparenz wird ein Bewusstsein für die strategische Bedeutung der Problemvermeidung bei der Ressourcenversorgung schaffen und die Verbrauchsmuster verändern. 293 Angemessene Preissignale und klare Umweltinformationen werden den Konsument_innen Anreize dafür bieten, die ressourcenschonendsten Produkte und Dienstleistungen zu konsumieren. Die Kaufentscheidungen der Konsument_innen werden die Unternehmen zu Innovationen veranlassen. 294 Das Wirtschaftssystem fördert noch immer die ineffiziente Verwendung von Ressourcen. 295 Für einen effizienteren Umgang mit Energien und Ressourcen muss das Steuersystem strukturell ökologisiert werden, um die externen (Umwelt-)Kosten teilweise zu internalisieren Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S. 26 f. 289 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 3 f. 296 Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S. 36 f. 57

65 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder 3.4 Das Netzwerk und die gegenwärtige Ausprägung der Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim 297 Der Autor zeigt im ersten Schritt die Vorgehensweise beim Aufbau des Akteur_innen- Netzwerkes für die Region um Attnang-Puchheim. Abbildung 9: Der chronologische Aufbau des Akteur_innen-Netzwerkes Herbert Lehr Jutta Mittermair Peter Groiß Sabine Watzlik Norbert Ellinger Autor Horst Steinmüller Günter Habel Peter Gilhofer Norbert Rainer Heinz Karl Prammer Herbert Grill Quelle: eigene Darstellung Die Grafik strukturiert die Akteur_innen, wie diese in den Gesprächen gegenseitig auf sich verwiesen haben. Der Aufbau des Netzwerkes wird chronologisch rekonstruiert. Die Bezugspunkte dafür sind die Stadtgemeinde Attnang-Puchheim und die Ressourceneffizienz. Die Gesprächspartner Grill, Habel, Prammer und Steinmüller 298 hat der Autor als relevante Akteur_innen im Themenfeld der Ressourceneffizienz identifiziert und aus diesem Grund in das Netzwerk eingebunden. Der Ausgangspunkt für die Fragestellungen zur Ressourceneffizienz war Bürgermeister Peter Groiß. Der Autor unterscheidet zwischen direkt genannten Akteur_innen (direkter Verweis) und indirekt genannten Akteur_innen (gestrichelter Verweis). Mit der anschließenden Grafik wird das Netzwerk zur Ressourceneffizienz sichtbar. Der Informationsgehalt des Netzwerkes rund um die Ressourceneffizienz ist relativ dicht. Das Netzwerk gibt einen Rundumblick darüber. Im Netzwerk sind verschiedene Ebenen repräsentiert. Jeder interpretiert Nachhaltigkeit auf eine spezifische Art. 297 Die nachfolgend zitierten Aussagen stammen aus Gesprächen mit den Autor_innen. Die gesamten Inhalte der Gespräche sind gesammelt im Anhang dieser Arbeit nachzulesen. 298 Alphabetische Nennung 58

66 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Abbildung 10: Das Netzwerk zur Ressourceneffizienz in der Region um Attnang-Puchheim Quelle: eigene Darstellung 59

67 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Der praktische Teil dieser Arbeit baut auf den bisherigen Erkenntnissen dieser Arbeit auf und wendet die Theorie auf das Thema der Ressourceneffizienz in der Region um Attnang- Puchheim an. Für die Wissensproduktion hat der Autor eine Reihe von Expert_inneninterviews mit Vertreter_innen aus der Wissenschaft, Politik und Wirtschaft geführt. Mit dem theoretischen Wissen über das Transitions-Management im Hintergrund wird die Wissensgenerierung strukturiert und wie folgt zyklisch abgearbeitet: Problemanalyse Visionsentwicklung Durchführung von Projekten/Maßnahmen Für jeden gesellschaftlichen Veränderungsprozess müssen vorab die Problemfelder erörtert und Visionen definiert werden. Die Visionen können mit Hilfe von Strategien verwirklicht werden, für welche ein Maßnahmenkonzept erarbeitet werden muss. Nachdem das Netzwerk in der Region um Attnang-Puchheim bereits vorgestellt ist, werden im Sinne der Kartographie von Kontroversen die Beziehungen zwischen den Statements der Gesprächspartner_innen analysiert und die Komplexität wird durch die Beschreibung reduziert. Der soziale Aspekt des Transitionsprozesses wird herausgearbeitet und dokumentiert. Die Interdependenz zwischen dem Makro-Steuerungsansatz der Strategie Europa 2020 und den anknüpfenden Dokumenten sowie der Mikroebene wird dabei hergestellt Problemanalyse Barrieren der Transition Ein Teil der Gesprächspartner_innen zeigt weitgehend Einigkeit, wenn die Frage nach den Problemen zur Umsetzung der Ressourceneffizienz diskutiert wird. Das Umdenken in der Gesellschaft und die Problemerkennung an sich stellen demzufolge Barrieren für den gesellschaftlichen Transformationsprozess dar. Laut Steinmüller ist das größte Problem die mangelnde Bereitschaft der handelnden Personen zum Umdenken. 299 Watzlik stimmt mit Steinmüller überein, führt das Unverständnis über die Notwendigkeit, Handlungen zur Ressourceneffizienz vorzunehmen, auf die Unsicherheit der diskutierten Forschungsergebnisse zurück und erörtert diesen Sachverhalt am Beispiel des 299 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 60

68 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Klimawandels. Der vom Menschen verursachte Klimawandel wird aus der Sicht von Watzlik von verschiedensten Wissenschaftler_innen und Forscher_innen in ihren Modellen zu 99 Prozent belegt. Ein Prozent der Forschungsergebnisse sei noch mit einigen Unsicherheiten belegt. Diese verbleibende Unsicherheit rufe Kritiker_innen hervor, welche sich nur mit einschlägigen Informationen beschäftigen und mit ihrer Meinungsmache die Unsicherheit in der Bevölkerung schüren, deren Botschaften seien beispielsweise: Die E-Mobilität wird sich nicht durchsetzen. Der Klimawandel bzw. die Temperaturerhöhung trifft nicht zu, weil Fakten und Zahlen auf eine Eiszeit hindeuten. 300 Die Energieregionen in Österreich seien der Motor in der Entwicklung des Landes und seien ständig dabei, die Aufklärung über die Veränderungsprozesse in der Natur voranzutreiben, damit in den Regionen der Wandel schneller vor sich geht. 301 Prammer geht mit seinen Überlegungen noch einen Schritt weiter: Das Problem bei der Umsetzung von nachhaltigen Themen beginne prinzipiell damit, dass das Problem bzw. die Dringlichkeit des Problems erkannt werden muss. 302 Laut Prammer bleiben die Diskussionen einerseits an der Oberfläche und der strategische Weitblick der Diskussion wird verstellt, weil die Wirtschaft und auch die Gesellschaft stark kurz- bzw. mittelfristig orientierten Grundprinzipien folgen. Die Verbindung zwischen Gesellschaft und Wirtschaft sei manchmal stärker und manchmal verselbstständige sich die Wirtschaft und koppele sich von der Gesellschaft ab. 303 Die spontanen Entwicklungen, welche auf die Gesellschaft oder auf die Wirtschaft zutreffen, würden wegen einer gewissen Dringlichkeit bei der Umsetzung politischer oder unternehmerischer Maßnahmen vorrangig behandelt. Aus diesem Grund positionieren die Mitarbeiter_innen in Unternehmen, die Menschen in Gesellschaften etc. das Dringliche (z. B.: Ukraine-Krise, Sicherstellung von Arbeitsplätzen oder Pensionen) vor dem Wichtigen und nachhaltige Anliegen werden zurückgestellt. 304 Die Weltwirtschaft habe mittlerweile auch kleine Orte erfasst. Oberösterreich sei ein Exportland und daher sei auch Attnang-Puchheim betroffen. Die Orte müssten sich auf die 300 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 301 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 302 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 303 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 304 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 61

69 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Veränderungen der Märkte einstellen (z. B.: Freistellung von Mitarbeiter_innen in der Lenzing AG oder Doubrava). Dabei spiele die Dringlichkeit der Probleme auch keine Rolle und es werde nebensächlich, ob man beispielsweise zum Fahrrad oder zum PKW greift. 305 Wenn tagespolitische oder monatspolitische Entscheidungen oder Entwicklungen auftreten, könne der Fokus wieder verstärkt auf dieses Thema rücken (z. B.: Konflikte beeinträchtigen die Versorgungssicherheit in Europa). 306 Aus diesen Aussagen kann gemäß Prammer konkludiert werden, dass die nachhaltigen Themen zwischen Integration einerseits und Erosion andererseits angesiedelt sind. Die Integration der Nachhaltigkeit bedeute, dass das Thema aufgenommen und verarbeitet wird. Nachhaltigkeit werde zum selbstverständlichen Sprachgebrauch. Erosion bedeute, dass der Nachhaltigkeit kein Gewicht mehr beigemessen wird. Nachhaltigkeit werde als Hülse verwendet, ohne dass eine tatsächliche Auseinandersetzung damit verbunden ist. 307 Prammer und Steinmüller stellen die These auf, dass sich die kurz- bzw. mittelfristige Orientierung der Gesellschaft an den Marktpreisen erkennen lässt. Die Rohstoffe sind ihnen zufolge derzeit zu billig und die Marktpreise bilden nur die kurzfristige Knappheit ab. Solange es vernünftiger sei, frische Rohstoffe zu kaufen, anstatt ein vernünftiges Sparsystem aufzubauen, sei es demnach nicht zielführend, ein Umdenken in Erwägung zu ziehen. 308 Habel unterstützt die eben getroffenen Annahmen. Das Recycling sei von den Marktpreisen der Rohstoffe und von der Marktnachfrage nach Rohstoffen abhängig. Durch entsprechende Marktpreise gewinne die Ressourcenbewirtschaftung an Bedeutung (z. B.: Kupfer). Die derzeitige Strömung tendiere in Richtung steigender Rohstoffpreise. Daher könne eine konzentriertere Nachfrage nach recycelten Materialien verzeichnet werden. 309 Die kurz- und mittelfristige Denkweise spiegelt sich auch in den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen wider. Auf lokaler Ebene spielt der finanzielle Aspekt bei der Umsetzung von Ressourceneffizienz-Maßnahmen eine zentrale Rolle, so die Ansicht des Autors. 305 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit bzw. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 306 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 307 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 308 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit bzw. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 309 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 62

70 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die in der Studie Forum Attnang-Puchheim diskutierten Maßnahmen nicht ausschließlich zur Ressourceneffizienz scheitern schlicht und ergreifend an der Finanzierbarkeit. Ideen, Erfahrungswerte und Möglichkeiten zur Umsetzung der Studie sind ausreichend vorhanden. 310 Bei der Leader- und Energieregion 311 äußere sich das Problem der Finanzierung in der zur Verfügung stehenden Kapazität an Mitarbeiter_innen. Derzeit (2014) sei in der Leader- und Energieregion nur eine Mitarbeiterin für eine festgesetzte Stundenanzahl (Teilzeit) beschäftigt. Diese mangelnde Kapazität bewirke, dass man sich den Themen nicht in der gewünschten Intensität und Schnelligkeit widmen kann. 312 Steinmüller komplettiert die vorangehenden Aussagen. Aus gesellschaftspolitischer Sicht liege das Problem in der Form dessen, wie diese Thematik politisch angegangen wird. Ihm zufolge braucht es eine völlig neue Form von Governance und es bedarf neuer Bewertungsnotwendigkeiten. Derzeit werde die Erweiterung der Darstellung des Bruttoinlandsprodukts das Wohlfahrtsprodukt 313 diskutiert. 314 Das Thema der Nachhaltigkeit ist gemäß Groiß in den politischen Entscheidungen der Stadtgemeinde Attnang-Puchheim zu keinem Zeitpunkt als Hauptthema zur Debatte gestanden. Nachhaltigkeit sei meist ein Aspekt bezüglich anderer Themen und Projekte, würde aber nicht als direktes Thema angegangen. Der Nachhaltigkeit begegnet man gemäß Groiß im Nachhinein in beinahe jedem Projekt, welches geplant, umgesetzt und verwirklicht wurde. 315 Dieses Statement unterstreicht die bisher getroffenen Aussagen. Das Thema der Ressourceneffizienz ist demnach auf lokaler politischer Ebene noch nicht in vollem Ausmaß angekommen. Nachhaltigkeit wird als eine leere Worthülse verwendet, um bereits getätigte politische Entscheidungen nachträglich als nachhaltig bzw. ressourceneffizient vermarkten zu können. Die Ressourceneffizienz wird noch nicht ausreichend gelebt und der Handlungsbedarf ist vielleicht erkannt, aber noch nicht in seiner Dringlichkeit. 310 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 311 Die Leaderregion ist ein Förderprogramm der Europäischen Union für die eigenständige Entwicklung der ländlichen Regionen Europas. Die Leaderregion Vöckla-Ager ist mit der Energieregion ident. Die Gesprächspartnerin Sabine Watzlik ist Geschäftsführerin der Leader- und Energieregion Vöckla-Ager. 312 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 313 Das Wohlfahrtsprodukt stellt eine Erweiterung des Bruttoinlandproduktes dar, indem beispielsweise Umweltbelastungen Berücksichtigung finden. 314 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 315 Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 63

71 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Visionen für Attnang-Puchheim Der Gesellschaft müssen positive Szenarien für die Zukunft geboten werden und die gegenwärtige Gesellschaft muss von diesen Szenarien überzeugt sein. Diese Szenarien müssen keine fertigen Lösungen bieten, jedoch sind Visionen bedeutsam, um in eine veränderte bzw. nachhaltige Welt blicken zu können. Eine Vision ist eine abstrakte Zielsetzung, die der Zielsetzung zeitlich vorgelagert ist. Aus den Visionen werden Ziele abgeleitet, für die Maßnahmen erarbeitet werden müssen. Die Zielsetzung und Vision sind miteinander verbunden. Die Visionen der befragten Akteur_innen zur Ressourceneffizienz stimmen in vielfacher Weise überein. Die Visionsbestandteile sind eine klimaschonende Wirtschaft und eine regionale Rohstoff- und Energieautarkie, um damit Unabhängigkeit in der regionalen Wertschöpfung zu erreichen. Die Vision der Rohstoff- und Energieautarkie kann laut Prammer für Oberösterreich nur eine Annäherung an die Wirklichkeit sein. Eine energetische und stoffliche Autarkie sei aufgrund der Verflechtung der oberösterreichischen Wirtschaft nicht denkbar. Die Vision könne nur in einem größeren Raum in der Größenordnung der EU verwirklicht werden. Im oberösterreichischen Raum gehe es vor allem um die Frage der Ressourcenproduktivität Steinmüller rückt die Idee der zu erbringenden Dienstleistung in das Zentrum seiner Visionen. Die Dienstleistungsüberlegung sei der Schlüssel für ein völlig neues Denken und einer der bedeutendsten Ansätze, um Ressourcen zu sparen. Die Idee der Ressourceneffizienz werde dabei umfassend durchdacht. Man müsse abwägen, ob eine Dienstleistung von Interesse ist. Nach der Dienstleistungsüberlegung müsse auf der Produktebene überlegt werden, wie die Ansprüche der Dienstleistung mit welchen Produkten erfüllt werden können und wie diese Produkte am effizientesten gestaltet werden können Maßnahmen zur Umsetzung der Ressourceneffizienz Die Ressourceneffizienz-Maßnahmen sind vielfältig und variieren abhängig von den befragten Gesprächspartner_innen und deren Tätigkeiten in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Die diskutierten Maßnahmen werden nicht von allen Gesprächspartner_innen 316 Die Europäische Union hat seit dem 1. Juli Unionsmitgliedstaaten die EU Produktivität ist ein anderes Wort für eine ausgeprägte Effizienz. 318 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 319 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 64

72 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder gleichermaßen gutgeheißen und eröffnen Diskussionspotenzial sowie teilweise Unverständnis bei den befragten Akteur_innen Der Status Quo in der Stadtgemeinde Attnang-Puchheim Laut Groiß befassen sich die Gemeinden zu wenig unmittelbar mit dem Thema der Nachhaltigkeit. Die Gemeinden müssten sich mit verschiedensten Themen auseinandersetzen und könnten sich nicht auf bestimmte Ziele beschränken. Unternehmen könnten strukturierter arbeiten und sich entweder im produktiven Bereich oder im Dienstleistungsbereich Ziele setzen. 320 Die Nachhaltigkeit sei aber nicht die Motivation, weshalb in der Gemeinde Projekte geplant, umgesetzt und verwirklicht werden. Nachhaltigkeit sei eine positive Begleiterscheinung, während der finanzielle Aspekt Priorität habe. Ressourcen würden geschont, wenn mit einem Projekt durch Effizienzmaßnahmen ein finanzieller Vorteil erwirtschaftet werden könne. 321 Trotzdem sei in den meisten Projekten der Stadtgemeinde ein nachhaltiger Aspekt zu finden. So seien in der Gemeinde zu finden: 322 Wasserversorgung Bioenergie Solare Strom- und Wärmeerzeugung Ressourcensparende öffentliche Beleuchtung Nachhaltiges Verkehrskonzept für Attnang-Puchheim Klimabündnisgemeinde Forum Attnang-Puchheim 323 Das Forum Attnang-Puchheim sei ein langfristiges Verkehrs- und Baukonzept und diene als Stütze, um die Idee eines neuen Kerngebietes für die nächsten Jahrzehnte auf den Weg zu bringen. Das Konzept sei nicht in allen Details ausgearbeitet, um auf die aktuelle Vorortsituation reagieren zu können Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 321 Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 322 Eine ausführliche Beschreibung befindet sich im Anhang. 323 Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 324 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 65

73 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Abfallwirtschaft und der Dienstleistungsgedanke mit vorgelagerten Stufen in der Wertschöpfungskette Die Abfallwirtschaft hat nach Meinung von Habel relativ wenige Möglichkeiten, dem Abfallaufkommen entgegenzutreten und zur Abfallvermeidung beizutragen, da sie die letzte Instanz in der Produktlebenszykluskette ist und die Abfallwirtschaft zurzeit noch wenig Einfluss auf die industrielle Produktion und das Konsumverhalten hat. Um dem Abfallaufkommen zu entgegnen, müsse bereits die Entstehung der Abfälle untersucht werden. Die angefallenen Abfälle könnten nicht mehr vermieden werden. Zu diesem Zeitpunkt könnten nur noch technologische Abfallschritte die angefallenen Abfallmengen reduzieren. 325 Im derzeitigen Abfallwirtschaftssystem werde vorwiegend auf die thermische Abfallbehandlung gesetzt, um die angefallenen Abfallmengen zu reduzieren. Trotz des technologischen Fortschrittes in der Abfallwirtschaft falle bei der Verbrennung des Abfalls noch circa ein Drittel der eingesetzten Menge als Verbrennungsrückstand an. Der Rückstand müsse behandelt und schlussendlich gelagert werden. 326 Entsprechend der Prioritätenfolge der fünfstufigen Abfallhierarchie 327 ist die energetische Verwertung und die Beseitigung des Abfalls am wenigsten erwünscht, da mit diesen Methoden der Kreislaufwirtschaft Wertstoffe entzogen werden, so die Erkenntnis dieser Arbeit. Die bisherigen Erfahrungen des Autors zeigen, dass die energetische Nutzung der im Abfall enthaltenen Energie zur Strom- und Wärmeerzeugung und die Nutzung der im Verbrennungsprozess anfallenden Abwärme ein positiver Nebeneffekt der Abfallverbrennung ist. Durch den verminderten Primärenergieeinsatz wird zum Teil auf Kosten hochwertiger Stoffe zur Steigerung der Ressourceneffizienz beigetragen. Wie bereits in Kapitel 3.3 zu den Ansätzen zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung und deren Beiträgen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz ausgeführt, muss die Abfallwirtschaft mit der nachhaltigen Bewirtschaftung der Abfälle ihren Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten. Die Abfallsammlung, Abfallsortierung und Abfallaufbereitung sind gemäß Habel Bausteine für eine konsequente Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft in Richtung einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft. Mit der Sammel- und 325 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 326 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 327 Ein Vergleich mit dem Kapitel Kreislaufwirtschaft kann gezogen werden. 66

74 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Behandlungsinfrastruktur werde ein Nutzungskreislauf aufgebaut, mit dem Ressourcenverluste annähernd vermieden werden können: Ersatzbrennstoffaufbereitung Kühlschrankaufbereitung Schlackenaufbereitung Papier- und Kartonsortierung Leichtverpackungssortierung etc. Mit der Sammlung, Sortierung und Aufbereitung würden aus Abfällen Sekundärrohstoffe gewonnen, die der stofflichen Verwertung 328 zugeführt werden. Für weiterführende Informationen zu den einzelnen Maßnahmen sind die Ausführungen von Habel im Anhang dieser Arbeit zu beachten. 329 Die Abfallströme hätten sich in den letzten Jahren in der Art der Zusammensetzung verändert 330, wodurch sich das Recycling immer komplexer gestaltet. 331 Eine sortenreine Trennung sei aber Voraussetzung für ein funktionierendes Recyclingsystem. Eine Kooperation mit den vorgelagerten Stufen entlang der Wertschöpfungskette sei erstrebenswert, um eine solche Trennung vor Ort zu erwirken. 332 Diese Absichten würden stückweise von der Industrie akzeptiert. Ihre Entwicklung befinde sich aber noch in den Kinderschuhen. Die Industrie habe nur dann einen Anreiz, den Abfall als Ressource zu bewirtschaften, wenn die Marktpreise entsprechend ihren Vorstellungen sind. 333 In der Bevölkerung müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit diese für gewisse Abfälle als Wertstoffe sensibilisiert wird. Nur dann könne der gegenwärtige Trend von der Abfallwirtschaft in Richtung Wertstoffwirtschaft realisiert werden Recycling wird in diesem Schrifttum als die stoffliche Verwertung von bereits genutzten Rohstoffen verstanden. Der Rohstoff muss zuvor als Abfall anfallen, sonst spricht man von der Wiederverwendung. 329 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 330 Die Probleme mit der Abfallzusammensetzung und Lösungsvorschläge werden beispielhaft im Anhang erörtert. 331 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 332 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 333 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 334 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 67

75 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Wie bereits in dieser Arbeit andiskutiert, sind die Positionen zum Recycling als eine ressourceneffiziente Maßnahme differenziert zu betrachten und es treffen diesbezüglich vollständig konträre Ansichten aufeinander: a. Steinmüller erläutert, dass jegliche Form von Abfall, die eine nachfolgende Behandlung oder ein Recycling erfordert, aus der Perspektive der Ressourceneffizienz auf Ineffizienzen hindeutet. b. Wie in der vorliegenden Arbeit beleuchtet, wird in der Literatur der Standpunkt vertreten, dass Recycling zur Ressourceneffizienz beiträgt. Durch die Rückführung von Produktions- und Konsumabfällen in den Wirtschaftskreislauf wird die Primärproduktion ersetzt und die nachgefragte Menge an Ressourcen wird verringert. Für die Massenabfalldeponie in Attnang-Puchheim kommen nachsorgende Umweltschutzmaßnahmen zum Tragen. Bei der Deponierung von Massenabfall falle in erster Linie Deponiegas und Sickerwasser an. Das anfallende Deponiegas werde über ein Blockheizkraftwerk verstromt und zur Abdeckung des Eigenbedarfs herangezogen. Ein etwaiger Überschuss werde in das lokale Stromnetz eingespeist. 335 Habel spricht die Verantwortung dafür, dem Ziel der fünfstufigen Abfallhierarchie zu entsprechen, den Unternehmen und privaten Haushalten zu. Seine Anmerkungen während des Gesprächsverlaufs deuten darauf hin, dass die Umsetzung der Maßnahmen zur nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung hauptsächlich von finanziellen Faktoren und der Bewusstseinsbildung bestimmt werden Der stofflich-energetische Diskurs um die Bioenergie Die meisten Erfolge in Attnang-Puchheim sind im Bereich der Wärme zu verbuchen. Dieser Sachverhalt zeigt sich im anschließenden Diskurs über die Art der Wärmebereitstellung. Das Biomassekraftwerk in Timelkam werde ganzjährig geführt und produziere hauptsächlich Strom. Im Winter werde die Wärme als Nebenprodukt des Produktionsprozesses in das bestehende Fernwärmenetz eingespeist. 337 Die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH sei für die Versorgung von Attnang-Puchheim mit Fernwärme verantwortlich und beschäftige sich mit der effizienten Verteilung der Wärme in 335 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 336 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 337 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 68

76 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Attnang-Puchheim. Die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH werde von der BioWärme Attnang-Puchheim GmbH versorgt. 338 Für eine effiziente Verteilung müssten Wärmeverluste während der Bereitstellung vermieden bzw. möglichst gering gehalten werden. Die Entwicklungsstrategien der Fernwärme Attnang- Puchheim GmbH umfassen im Sinne der effizienten Verteilung die Verdichtung des Fernwärmenetzes, für die noch einige Überzeugungsarbeit benötigt wird. Die Konsument_innen müssen über die Vorteile 339 der Fernwärmenutzung aufgeklärt werden. 340 Mit der thermischen Sanierung renovierungsbedürftiger Gebäude sinke der Wärmebedarf sukzessive, wodurch Ressourcen der Wärmeerzeugung geschont werden. Vor diesem Hintergrund müsse die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH Kund_innen akquirieren, um der gegenläufigen Entwicklung entgegenzuwirken und um einen wirtschaftlichen Betrieb zu garantieren. Die erneuerbaren Energieträger sollten effizient genutzt werden. 341 In Attnang-Puchheim seien alle öffentlichen bzw. kommunalen Gebäude, die sich im Eigentum der Stadtgemeinde befinden, an das Fernwärmenetz angeschlossen: Gemeindegebäude Kindergarten Altenheim Betreutes Wohnen Pflegeheim Schulen, Aus der Perspektive der Stadtgemeinde ist in der Person von Bürgermeister Groiß dieses System effizient, ressourcenschonend und an eine gewisse nachhaltige finanzielle Schonung für die Gemeinde geknüpft. 342 Ein weiteres Tätigkeitsfeld der BioWärme Attnang-Puchheim GmbH sei die Verstromung der Abwärme der S. Spitz GmbH. Die Abwärme könne im Produktionsprozess der S. Spitz GmbH nicht mehr anderweitig verwertet werden Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 339 Mit der Fernwärme hat sich die Luftqualität verbessert und der Hausbrand hat sich reduziert. 340 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 341 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 342 Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 69

77 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Der Leitgedanke der Bioenergieerzeugung entspricht den Forderungen der Europäischen Kommission, die Energieeffizienz zu steigern und alternative Energieträger zur Energieproduktion einzusetzen. 344 Nicht alle Gesprächspartner_innen sind von der Sinnhaftigkeit dieser Forderung überzeugt. Insbesondere Grill 345 sieht sich mit dem zentralen Gedanken, Biomasse unmittelbar als Energieträger in Biomassekraftwerken 346 einzusetzen, konfrontiert und übt Kritik an der österreichischen Förderpolitik, insbesondere am Ökostromgesetz und demnach an den Projekten der Energiemodellregionen, die mit Fördermitteln vermehrt auf Biomasse als Energieträger setzen, um ihr Ziel der regionalen Energieautarkie verwirklichen zu können. Mit der Subventionierung der Bioenergie werden gemäß Grill nachwachsende Rohstoffe direkt der energetischen Verwertung zugeführt. Die BioWärme Attnang-Puchheim GmbH sei als ein Beispiel für die unmittelbare Verwendung von fester Biomasse zu nennen. 347 Ein schriftliches Statement von Mittermaier 348 und das Gespräch mit Lehr untermauern, dass die BioWärme Attnang-Puchheim GmbH für die Fernwärmeproduktion ausschließlich Waldhackgut einsetzt. 349 Der Industrie werden stofflich verwertbare Rohstoffe entzogen (z. B.: die industrieverwertbaren Hölzer gehen primär in die Energieerzeugung ein). 350 Darüber hinaus hätten Subventionen einzelne Biomassekraftwerke erst ermöglicht und eine künstliche Konkurrenz für die stoffliche Verwertung von Biomasse geschaffen. Die einheimischen Kraftwerke werden unabhängig von ihrem Wirkungsgrad gefördert und inneffiziente Anlagen bzw. nicht eigenständig rentable Kraftwerke werden künstlich aufrechterhalten. 351 Aufgrund dieser Tatsache entstehe eine Nutzungskonkurrenz zwischen der stofflichen und der energetischen Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen. Die Konkurrenz unterbinde die Ausdehnung der Wertschöpfung durch die kaskadische Nutzung, anstatt diese zu fördern. Die nachwachsenden Rohstoffe müssten in wachsendem Ausmaß nach Österreich importiert 343 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 344 Vergleiche dazu die Ausführungen im Unterkapitel Energieeffizienz dieser Arbeit. 345 Grill ist der Leiter des Holzeinkaufes der Lenzing AG. 346 Grill spricht jene Biomassekraftwerke an, die ausschließlich für die kommerzielle Energieproduktion eingesetzt werden. 347 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 348 Mittermaier ist Leiterin des Marketings bei der S. Spitz GmbH. 349 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit bzw. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 350 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 351 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 70

78 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder werden, weil die Energieträger nicht in unendlicher Menge zur Verfügung stehen. Der Import von Rohstoffen entspreche ferner nicht der Vorstellung einer ressourceneffizienten Bereitstellung von nachwachsenden Rohstoffen. Die steigende Nachfrage nach Biomasse lasse den Holzpreis ansteigen. 352 Grill untermauert seine Behauptungen anhand von Grafiken 353 zu folgenden Inhalten: Entwicklung der Holznachfrage nach dem Nutzungsgegenstand Prognosen über den Verwendungszweck von Biomasse für die energetische Nutzung Entwicklung und Zusammenhang zwischen Holzangebot und Holzpreis Ausweitung des Einzugsgebiets von Holz Negative Holzbilanz das Verhältnis zwischen Holzangebot und Holznachfrage im Jahr 2020 Die Notwendigkeit von Holzimporten nach Österreich 354 Für Biomassekraftwerke sei die Zusammensetzung von Holz nicht weiter von Bedeutung. In den Kraftwerken könnten beispielsweise sowohl Hackschnitzel als auch Bäume verwertet werden. 355 Durch die steigenden Holzpreise werde Holzabfallprodukten ein angemessener Wert zugesprochen und für deren Weiterverwertung werden Abnehmer_Innen gesucht. Nicht ausschließlich aus Abfallprodukten könne ein Nutzen gezogen werden, sondern unter anderem gewinne parallel Kleinholz an Wert. 356 Mit dem Einsatz von Waldhackgut werden die Wälder wieder bewirtschaftet. Mit der Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen und Landwirten bleibe die Wertschöpfung in der Region und mit ihr werde die Wertschätzung in der Bevölkerung und bei regionalen Politiker_innen erhöht. 357 Holz ist für den Produktionsprozess der Lenzing AG der Grundrohstoff, was ihre Kritik an den steigenden Holzpreisen kontextualisiert. In Österreich hatte bisher die Zellstoff- und Papierindustrie eine Monopolstellung inne und diese haben somit auch die Preise diktiert. Die 352 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 353 Die Grafiken werden in der Anlage dieser Arbeit ausführlich dokumentiert. 354 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 355 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 356 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit bzw. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 357 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 71

79 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Bio- und Nahwärme entziehe der Zellstoff- und Papierindustrie Ressourcen, sodass die einstigen Rohstoffpreise nicht mehr gehalten werden können. 358 Die Förderungen müssen aus der Sicht der Lenzing AG für Biomasse ein wenig zurückgenommen werden, wodurch die rein energetische Nutzung von Biomasse nicht mehr leistbar ist. Die stoffliche Nutzung werde dadurch wieder interessanter. 359 Mit der Neuerung des Ökostromgesetzes werde ein Fortschritt in der ressourceneffizienten Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen erreicht. Der Autor dieser Arbeit beruft sich dabei auf die Aussagen von Grill, wonach für 2015 ein neuer Einspeisetarif für Ökostrom und die Anhebung des Gesamtwirkungsgrads von Biomassekraftwerken auf über 60 Prozent diskutiert wird. 360 Diese Zielsetzungen werden für das Biomassekraftwerk Timelkam schwierig zu erreichen sein, so Grill. Der Leiter des Holzeinkaufes der Lenzing AG schließt seine Annahme aus der Tatsache, dass das Kraftwerk Timelkam in den heizfreien Perioden keinen Wärmeabsatz 361 hat und aufgrund der sehr hohen Erhaltungskosten unrentabel wird. 362 Im Sommer seien Biomassekraftwerke mit einem Effizienzproblem konfrontiert, da die Wärme nicht ganzjährig nachgefragt werde. Im Sommer reduziere sich die Kundennachfrage nach Wärme auf die Spitzenzeiten zwischen 19 und 20 Uhr. Für die Abdeckung dieser Nachfrage seien Biomassekraftwerke nicht geeignet. Der Bedarf sei zu niedrig, um ein Biomassekraftwerk effizient zu betreiben. 363 Im Falle der BioWärme Attnang-Puchheim GmbH bestehe nach Lehr 365 Tage im Jahr Bedarf nach Wärme, weil der Produktionsprozess der S. Spitz GmbH äußerst wärmeintensiv sei und dieser ständig auf Wärme angewiesen ist. Die S. Spitz GmbH decke mit dem Biomassekraftwerk den eigenen Wärmebedarf ab und erzeugt Prozessdampf. Die anfallende industrielle Abwärme würde nicht verschwendet, sondern in das Fernwärmenetz eingespeist. Mit der industriellen Abwärmenutzung werde die Abwärme als produktive Wärme eingesetzt und die Wirtschaftlichkeit erhöht. Die Ressourcen würden demnach effizient eingesetzt Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 359 Vgl. Grill im Anhang 6 dieser Arbeit. 360 Vgl. Grill im Anhang 6 dieser Arbeit. 361 Die Wärme wird im Sommer nicht nachgefragt. 362 Vgl. Grill im Anhang 6 dieser Arbeit. 363 Vgl. Grill im Anhang 6 dieser Arbeit bzw. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 364 Vgl. Lehr im Anhang 2 dieser Arbeit. 72

80 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die Lenzing AG könnte 2015 die Versorgung des bestehenden Fernwärmenetzes anstelle des Biomassekraftwerks in Timelkam übernehmen. 365 Steinmüller schwächt den Kritikpunkt zur österreichischen Förderpolitik von Grill ab. Diese Darstellungen können laut Steinmüller in der globalen Aussage zutreffen. In der regionalen Aussage könnten diese aber völlig unzutreffend sein. 366 Beleuchtet man die bereits in Kapitel erörterte Stellungnahme des BMU 367 kaskadischen Nutzung, so sollen nachwachsende Rohstoffe mehrere Nutzungszyklen durchlaufen. Die kaskadische Nutzung ist der zentrale Baustein für eine nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen in einer Region. Mit der Umsetzung der kaskadischen Nutzung könnten Arbeitsplätze in der Region gehalten bzw. gesichert werden. Mit der kaskadischen Nutzung werden Rohstoffe ressourceneffizienter eingesetzt. 368 Mit der Lenzing AG könnte die kaskadische Nutzung in der Region in ihrer Idealform verwirklicht werden. 369 Die Zellstoffindustrie ist laut Steinmüller ein klassisches Beispiel für die kaskadische Nutzung. Die Zellstoffindustrie könne ungefähr 50 Prozent des eingesetzten Rohstoffes nicht stofflich verwerten. Dieser Anteil stehe für die energetische Nutzung zur Verfügung. Steinmüller schätzt, dass die Zellstoffindustrie an die 80 Prozent für die Aufrechterhaltung des eigenen Betriebes benötigt. Die restlichen 20 Prozent könnten als Wärme oder Strom für die öffentliche Versorgung zur Verfügung gestellt werden. Mit der Eingliederung bzw. Einspeisung dieser Wärme in ein Fernwärmenetz könnte eine deutlich höhere (Ressourcen-) Effizienz erzielt werden. 370 In der Region um die Lenzing AG seien mit der Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH und mit dem Biomassekraftwerk Timelkam genügend Anbieter_innen für Fernwärme zugegen und daher bestehe nach dem aktuellen Stand der Dinge kein Interesse an der Wärmenutzung der Lenzing AG. 371 Die kaskadische Nutzung könne auf ein Biomassekraftwerk ausgedehnt werden, wenn vor der thermischen Verwertung die eingesetzten Rohstoffe auf Wertstoffe untersucht werden. Bei zur 365 Vgl. Grill im Anhang 5dieser Arbeit. 366 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 367 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 368 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 369 Vgl. Grill im Anhang 6 dieser Arbeit. 370 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit bzw. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 371 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 73

81 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder verschiedenen Holzqualitäten müsse beispielsweise jene Nutzungsschiene gewählt werden, bei welcher die höchste Wertschöpfung erbracht werden kann. Alternativen mit einem größeren Mehrwert als der energetischen Nutzung müssen bevorzugt werden. 372 Das Biomassekraftwerk in Timelkam werde mit aufbereitetem Altholz 373 Österreich GmbH 374 beliefert. 375 von der AVE Zum anderen werden ungefähr 60 bis 65 Prozent des Biomassebedarfs des Biomassekraftwerkes in Timelkam mit stofflich nicht verwertbarer Rinde, Waldrestholz, Astholz, Schwemmholz aus den Kraftwerken an der Donau abgedeckt sowie mit nicht belastetem Recyclingholz also Altholz 376 von der Lenzing AG. Die Lenzing AG versorgt das Biomassekraftwerk in Timelkam mit Biomasse, die der stofflichen Verwertung absolut nicht fehlt und dieser Ansatz ist laut Grill der eigentliche Sinn einer effizienten Biomassenutzung Das Spannungsfeld zwischen Top-down- und Bottom-up-Initiativen Die Energieregion Vöckla-Ager ist ein Projekt der gleichnamigen Leader-Region. 378 Die Energieregion wird im Rahmen der lokalen Entwicklungsstrategie im Aktionsfeld energieeffiziente Region abgewickelt. 379 Die Leader-Region Vöckla-Ager ist dementsprechend gleichzeitig eine Klima- sowie eine Energiemodellregion. Die Energieregion ist gemäß Watzlik als Motor für die gesellschaftliche Entwicklung und Aufklärung zu verstehen, der den regionalen Wandel schneller vorantreibt. Die Energieregion konzentriere sich auf Maßnahmen, die der Gesellschaft vorgelebt werden müssen. Nach Meinung von Watzlik ist für Maßnahmen, die konkrete Kostenreduktionen bewirken und zu 372 Vgl. Steinmüller im Anhang 6 dieser Arbeit. 373 Hier liegt eine Kaskadennutzung vor, weil derselbe Rohstoff erst stofflich und anschließend energetisch genutzt wird. 374 Die AVE Österreich GmbH besteht seit ungefähr 20 Jahren. Im Jahr 1995 haben sich die Firma Kröpfel in Attnang-Puchheim und ein kleiner Entsorger in Linz und Traun mit dem Namen AVE Entsorgung GmbH zusammengeschlossen. Seit einigen Jahren wird nur mehr die Wortbildmarke AVE geführt. Die AVE Österreich GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Energie AG. 375 Vgl. Habel im Anhang 8 dieser Arbeit. 376 Hier liegt einerseits eine Optimierung des Holzeinsatzes vor, weil das Holz in ein energetisch und stofflich nutzbares Produkt getrennt wird. Auf der anderen Seite ist Altholz bzw. Recyclingholz bereits einem Verwendungszweck zugeführt worden. Es steht zur thermischen Verwertung oder als Sekundärrohstoff bereit eine Kaskadennutzung liegt vor. D. h. durch das Recycling ist der Rohstoff bereits ein Mal stofflich genutzt worden. Derselbe Rohstoff kann anschließend wieder stofflich oder energetisch genutzt werden. 377 Vgl. Grill im Anhang 5 dieser Arbeit. 378 Vgl Vgl. 74

82 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder denen jede/r Einzelne individuell beitragen kann, eine Bewusstseinsbildung erst gar nicht notwendig. Als Beispiel werden von ihr individuelle Einschränkungen beim Stromverbrauch genannt, mit denen unmittelbar Einsparungen verwirklicht werden könnten 380. Die Maßnahmen der Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager seien sehr vielfältig und sollten die gesellschaftliche Bewusstseinsbildung unterstützen. Details zu den einzelnen Projekten sind dem Anhang zu entnehmen: Kommunale Förderungen Förderprogramme für Unternehmen und die Landwirtschaft Veranstaltungsreihen zu energierelevanten Themen Schulprojekte (mit Multiplikatorwirkung für die Gesellschaft) Projekte zur Mobilität (e-car-sharing oder Mitfahrbörsen) Wärme Stromverbrauch Verkehr 381 Attnang-Puchheim ist mit dem Jahr 2014 nicht mehr Teil der Leader-Region Vöckla-Ager, so Watzlik. Die Leader-Region finanziere sich bzw. ihre Projekte über Abgaben, die an einen Bevölkerungsschlüssel gebunden sind. Die Stadtgemeinde habe verhältnismäßig mehr Abgaben als kleinere Gemeinden zu entrichten. Die Projektförderungen seien vorwiegend den kleinen Gemeinden zugutegekommen und für Attnang-Puchheim hätten sich in der Projektphase nicht die geeigneten Projekte ergeben. Die Bilanz zwischen Abgaben und Projektförderungen war für Attnang-Puchheim negativ. 382 Der Ausstieg sei nicht ausschließlich finanziell motiviert, sondern sei unter anderem auf ein Kommunikationsproblem zwischen der Leader-Region und der Stadtgemeinde zurückzuführen. Der Stadtgemeinde seien die Konsequenzen des Austrittes deutlich artikuliert worden. Der Austritt sei für die Energieregion bedauerlich, da Attnang-Puchheim mit einer Reihe von Veranstaltungen zu energierelevanten Themen ein aktives Mitglied war Im Verständnis des Autors ist hier der individuelle Bewusstseinsbildungsprozess bereits weit fortgeschritten. Das Bewusstsein den Stromverbrauch zu reduzieren, wird durch die steigenden Strompreise geschaffen. 381 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 382 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 383 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 75

83 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Mit dem Austritt von Attnang-Puchheim aus der Leader-Region Vöckla-Ager werde die Stadtgemeinde aus der Klima- und Energiemodellregion entlassen und könne aus deren Fördertopf keine Unterstützungen mehr für kommunale Projekte beantragen. 384 Die Klima- und Energiemodellregion unterstütze vorwiegend Photovoltaik-Anlagen mit dem Wissen, dass sich Photovoltaik-Anlagen ohne Förderungen ökonomisch nicht rechnen. 385 Die Förderungen seien Investitionsförderungen, damit Projekte nicht aufgrund der Förderung getätigt werden. 386 Lehr steht der solaren Wärme- oder Stromerzeugung kritisch gegenüber, weil sich solare Investitionen ohne Förderungen wirtschaftlich nicht rentieren. In der Region in und um Attnang-Puchheim gäbe es zu wenige Sonnenstunden, weshalb Solarzellen oder Photovoltaik- Paneele nur ergänzend eingesetzt werden sollten. Die Gesprächspartner aus der Privatwirtschaft üben Kritik an Projekten, die durch Subventionierungen ermöglicht werden und deren Wirtschaftlichkeit faktisch nicht gegeben ist. Die Stadtgemeinde tätigt nachhaltige Projekte mit dem Wissen, dass sie eine Förderung erhalten. Ohne Subvention werden diese nicht umgesetzt. Die Art der Förderung ist in diesem Falle nachrangig, so die Erkenntnis des Autors. Nach Auffassung von Watzlik als Modellregion-Managerin realisieren Unternehmen Effizienzmaßnahmen aus Kostengründen. Das Thema der Materialeffizienz als Notwendigkeit der Ressourceneffizienz aufzugreifen, sei von nachrangiger Bedeutung. Unternehmen seien kontinuierlich mit der Materialeffizienz konfrontiert und diese sei insofern im Bewusstsein der Unternehmen verankert. Mit der Optimierung der Materialeffizienz könne kostengünstiger produziert werden und gleichzeitig würde kontinuierlich die Qualität der Produktion verbessert, um wettbewerbsfähiger zu werden und kostenintensive Einsatzstoffe effizient einzusetzen. Die kostengünstigen Ressourcen würden trotz allem immer noch verschwenderisch eingesetzt. 387 Demgegenüber werde die Verbesserung der Energieeffizienz von (produzierenden) Unternehmen zu wenig in Angriff genommen, weil die Energiebereitstellung noch zu billig 384 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 385 Vgl. S Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 387 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 76

84 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder sei. Die Maßnahmen der Materialeffizienz ließen sich greifbarer in monetäre Werte wandeln als Verbesserungen der Energieeffizienz Die regionalen Infrastruktur-Bedürfnisse Das Themenfeld Verkehr könne die wenigsten Erfolgserlebnisse aufweisen. Die Anstrengungen in diesem Themenfeld und in der Region müssten intensiviert werden, denn mit dem Individualverkehr wird der Energieverbrauch gefördert. 389 Die regionale Struktur mit vielen Bewohner_innen und Arbeitsplätzen sei stark verstreut. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln könnten die individuellen Bedürfnisse nicht abgedeckt werden, weshalb die Bereitstellung der öffentlichen Verkehrsmittel und ihr Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität kritisch zu beleuchten ist. 390 Manche Linien des Citybusses in Attnang-Puchheim würden nicht optimal angenommen und auch nicht genutzt. Die Bereitstellung verschwende unnötig Ressourcen, dessen sich aber niemand bewusst ist. Solche Formen der Ressourcenverschwendung seien in globaler Perspektive gesehen Kleinigkeiten, die sich jedoch mit der Zeit aufsummieren. 391 Als Alternative zum Citybus werden vermehrt Citytaxifahrscheine ausgegeben, wodurch Mittel frei werden, die anderwärtig eingesetzt werden können. 392 Die von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellten Projekte und Ideen sind aus der Sicht von Gilhofer im Ansatz gut, nur sie müssen von der Bevölkerung angenommen und auf den jeweiligen Ort abgestimmt werden. In einem Ort werde das Taxi besser angenommen und im anderen Ort wird der Bus mehr genutzt. Man müsse sich bewusst darüber sein, dass mit dem öffentlichen Angebot nicht jede/r zufriedengestellt werden kann. 393 Das öffentliche Angebot müsse für eine effektive Nutzung reflektiert und in die richtigen Kanäle gelenkt werden. Die Probleme müssten gereiht oder gestuft werden und ein Konzept 388 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 389 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 390 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 391 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 392 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 393 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 77

85 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder müsste entwickelt werden, um zu zeigen, welches Infrastrukturangebot notwendig sei oder werden würde. 394 Für die Umsetzung eines Verkehrskonzepts seien die Bewohner_innen in den betroffenen Stadtgebieten in Diskussionsrunden eingebunden worden. In diesem aktiven Beteiligungsprozess haben in der Diskussion die Bewohner_innen ihre Meinung kundgegeben und Vorschläge eingebracht. Die Konfrontation habe nicht nur Beschwerden hervorgebracht, sondern die betroffenen Bewohner_innen haben auch gute Ideen entwickelt. Das Zugehen auf die Mitbürger_innen habe zu einer positiven Resonanz geführt und der Wille zur Beteiligung ist sichtbar geworden. 395 Die Nutzung bzw. die Steigerung der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sei eine Frage des Bewusstseins. Die Bürger_innen müssen wahrnehmen, dass sie durch die Nutzung der privaten PKWs in zunehmendem Maße für die Umweltverschmutzung mitverantwortlich sind. Man müsse den Menschen die Idee der Ressourcenschonung implantieren und ein Bewusstsein schaffen. 396 Die Menschen dürfen gemäß Gilhofer in ihrer eigenen Entschlusskraft nicht überfordert werden. Der Gutmensch, der gänzlich auf seinen PKW verzichte, sei ein Wunschdenken. Man müsse sich der Realität bewusst sein und feststellen, dass sich manche Menschen in ihren Entscheidungen nicht ändern würden. Man müsse mit Geboten und Verboten arbeiten. 397 Mobilität ist ein sehr dynamischer Prozess, welcher im weitesten Sinne dann ressourcenschonend sei, wenn ein PKW erst gar nicht gestartet werde, so Gilhofer. Die Mobilität nehme stetig zu und das auch im hohen Alter. Man müsse die Bürger_innen für die Nahversorgung im eigenen Ort interessieren. Mit dem Interesse am eigenen Ort würde der PKW nicht bedient, der Fahrradverkehr gefördert und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel gestärkt. 398 Die Mobilität im hohen Alter sollte gefördert werden, besonders die autofreie Mobilität. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer_innen im Kernbereich würden ein Gefahrenpotenzial für die restlichen Verkehrsteilnehmer_innen bergen. Die Fahrradfahrer_innen benutzten den Gehsteig, weil Angst vor den motorisierten Verkehrsteilnehmer_innen bestehe. Man dürfe 394 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 395 Vgl. Groiß im Anhang 1 dieser Arbeit. 396 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 397 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 398 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 78

86 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder durch seine Mobilität nicht ständig in eine Gefahrensituation hineinmanövriert werden, denn in diesem Fall wirke die autofreie Mobilität kontraproduktiv. Dazu müssten optische oder gefühlsmäßige Anreize geschaffen werden, welche den Gedanken an die Nutzung eines PKWs erst gar nicht aufkommen ließen. 399 Man brauche stattdessen einige Anstöße in visueller Form. Ein Fahrradweg könne einen solchen Anreiz bieten, um sich auf das Fahrrad zu setzen. Es würden sich deshalb nicht alle zu Gutmenschen entwickeln, aber die Voraussetzungen für eine bessere Akzeptanz seien gegeben und die Menschen seien eher bereit, die diskutierten Ideen anzunehmen. Die Bewusstseinsbildung dürfe nicht nur ein geschriebenes oder gesprochenes Wort bleiben, sondern sie müsse auch einmal zum Tragen kommen und es müsse etwas verändert werden (z. B.: baulicher Natur). Anderenfalls glaube irgendwann keiner mehr daran. Gilhofer merkt des Weiteren an, dass die Bürger_innen von Attnang-Puchheim desillusioniert sind und nicht mehr an die Umsetzung des Forum Attnang-Puchheim glauben. Zu vieles sei bisher diskutiert und letztendlich nicht realisiert worden Die kommunale und betriebliche Bewusstseinsbildung Das Technologiezentrum Attnang-Puchheim ist seit 2011 ein Klimabündnisbetrieb. Mit den Mitarbeiter_innen des Klimabündnisses Oberösterreich wurde ein Maßnahmenkonzept erarbeitet, um Einsparungen in der Region zu verwirklichen: Eine mittlere Photovoltaik-Anlage Eine E-Tankstelle Ein Elektroauto Ein Getränkeautomat mit biologischen Säften und geringem Energieverbrauch 401 Rainer und Ellinger sehen sich als Mitarbeiter des Klimabündnisses Oberösterreich für die Klimaschutzberatung von Betrieben zum Thema Energie verantwortlich. Das Klimabündnis versuche mit gezielten Maßnahmen, die Kohlendioxidemissionen bis 2030 zu halbieren. Der Klimawandel müsse als Risiko begriffen werden und der Klimaschutz sei als Chance anzusehen. Diese Chance müsse ergriffen und der Öffentlichkeit verdeutlicht werden Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 400 Vgl. Gilhofer im Anhang 4 dieser Arbeit. 401 Vgl. Watzlik im Anhang 3 dieser Arbeit. 402 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit bzw. Ellinger im Anhang 11 dieser Arbeit. 79

87 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Ein wichtiger Treiber für Veränderungen in der Gesellschaft sei die Wirtschaft. Es müsse gemeinsam an einer nachhaltigen Wirtschaft gearbeitet werden, welche der Bevölkerung auch vermittelt werden könne. Für eine erfolgreiche nachhaltige Wirtschaftsweise müssten die lokal gesetzten Maßnahmen des Klimabündnisses eine globale Vorbildwirkung hervorrufen. Die weltweiten Ressourcen seien beschränkt verfügbar und der Anstieg des weltweiten Lebensstandards ließe die verfügbaren Kapazitäten stetig schrumpfen. 403 Die Aufgabe des Klimabündnisses sei die Bewusstseinsbildung für Verbesserungspotenziale im Rahmen der Energieeffizienz und in Verbindung mit einer Vereinbarung unternehmensspezifischer Klimaschutzziele. Die Analyse eines Unternehmens beginne schrittweise mit: 1. Suffizienz: Die Notwendigkeit des Energieeinsatzes für Produkte oder Dienstleistungen wird geprüft und eine Verhaltensänderung wird angestoßen. Mit diesem ersten Schritt sind keine finanziellen Ausgaben verbunden. 2. Effizienz: Kleine Maßnahmen sollen helfen, die Energie wirkungsvoll einzusetzen. 3. Substitution: Mit der Substitution soll das Unternehmen auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Die Substitution sei sehr kostenintensiv. Sie solle mit Maßnahmen zur Suffizienz und überdies zur Effizienz erwirtschaftet werden. 404 Für Unternehmen muss sich der Klimaschutz rechnen, so Rainer. Die Ideen zum Klimaschutz müssten am Markt bestehen können und Marktvorteile müssten generiert werden können. Die finanziellen Vorteile seien die Grundlage dafür, Energie zu sparen und effizienter einzusetzen, sowie den steigenden Energiekosten entgegenzuwirken. 405 Die Bestrebungen der Unternehmen müssten in der Gemeinde geschätzt, honoriert und veröffentlicht werden. 406 Die Mitarbeiter_innen rufen gemäß Rainer einen Multiplikatoreffekt in der Gesellschaft hervor. Sie müssten deshalb motiviert dazu sein, die Maßnahmen zu tragen und von diesen überzeugt sein, damit die Maßnahmen im Unternehmen erfolgreich umgesetzt würden. Die 403 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 404 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 405 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 406 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 80

88 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder positiven Erfahrungen mit Veränderungen würden die Mitarbeiter_innen mit ihrem Umfeld teilen. 407 Umgekehrt würde der nachhaltig denkende Konsument ein Unternehmen mit der Nachhaltigkeit und dem Klimaschutz konfrontieren. 408 Die Klimaschutzpartnerschaft 409 sei mittlerweile eine starke Trademark, mit der für die regionale Öffentlichkeit das Klimaschutzengagement der beteiligten Unternehmen wahrnehmbar werde. Der Werbenutzen sei für Unternehmen von Interesse, die direkt mit Kunden arbeiten. Der Erfahrungsaustausch helfe dabei, Synergien zu nutzen. 410 Der Energieverbrauch sei von der Art des Unternehmens abhängig und betreffe vor allem: Raumwärme Warmwasser Elektrizität Interne und externe Mobilitätsverhalten der Mitarbeiter_innen Graue Energie. Der Energieverbrauch sollte mit wenigen kleinen Maßnahmen vermindert werden. Das Klimabündnis konzentriere sich bei der Unternehmensanalyse überwiegend auf klassische Einsparungspotenziale, die im Anhang dieser Arbeit dargelegt werden Die Verantwortung der Politik als Treiber für einen gesellschaftlichen Transformationsprozess Innovationen determinieren die Zukunft maßgeblich und spielen für die nachhaltige Entwicklung eine entscheidende Rolle. Innovationen sind Ideen, die einen Fortschritt im Sinne der Nachhaltigkeit bringen. 412 Die Begriffe Nachhaltigkeit und Innovation müssen in ein Verhältnis gegenseitiger Ergänzung gesetzt werden. Eine nachhaltige Entwicklung ohne Innovation ist nicht denkbar. 407 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 408 Vgl. Rainer im Anhang 10 dieser Arbeit. 409 Unternehmen oder Gemeinden gehen mit dem Klimabündnis eine Partnerschaft ein, wodurch sich die Unternehmen und Gemeinden verpflichten einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. 410 Vgl. Ellinger im Anhang 11 dieser Arbeit. 411 Vgl. Ellinger im Anhang 11 dieser Arbeit. 412 Vgl. Tuschl 2010, o. S. 81

89 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Innovationen, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sind, verbessern das Wertschöpfungspotenzial. 413 Nach Prammer und Rainer kann ein (gesellschaftlicher) Transformationsprozess mit der Frage gleichgesetzt werden, wie eine Innovation verwirklicht werden kann. Die alten bzw. gelernten Muster müssten verändert werden, um ein Umdenken zu erreichen. Neben technischen Innovationen seien unbedingt soziale Innovationen notwendig. Diese Innovationen seien fast wichtiger als die technischen Herausforderungen. Die Innovationen müssten auch Anwendung und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz finden. 414 Die Politik kann gemäß Prammer als Treiber für Innovationen betrachtet werden. Die Forschung zu Innovationen müsse mit Forschungsförderprogrammen vorangetrieben werden: In der angewandten Forschung In der Forschung und Entwicklung von Unternehmen zur Erprobung der Forschungsergebnisse aus der angewandten Forschung. Die Ergebnisse aus der angewandten Forschung würden weiter operationalisiert und konkretisiert. 415 Mit den Forschungsförderungen würde der Innovationsprozess vorangetrieben und folglich auch ein gesellschaftlicher Transformationsprozess in Richtung Ressourceneffizienz. Die Forschungsförderprogramme sind von monetären Ressourcen abhängig. 416 Mit dem Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa arbeitet die Europäische Kommission die Bedeutsamkeit von Innovationen heraus und beschreibt die Notwendigkeit von Forschung. Für den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft müssen die natürlichen Systeme besser erforscht werden. Diese Veränderungen des bestehenden Wirtschaftssystems erfordern Innovationen. Die notwendigen Herausforderungen müssen identifiziert und die geeigneten Maßnahmen müssen koordiniert gesteuert werden, was die Aufgabe der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung ist Vgl Vgl. Prammer 2014 im Anhang 7 dieser Arbeit bzw. Rainer 2014 im Anhang 10 dieser Arbeit. 415 Vgl. Prammer 2014 im Anhang 7 dieser Arbeit. 416 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 417 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 10 f. 82

90 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Die sozialwissenschaftliche Forschung muss sich mit dem Verständnis des Verhaltens befassen. 418 Für die Forschung und Innovation müssen Anreize geschaffen werden, die beispielsweise durch die Erschließung von Märkten eröffnet werden. 419 Die wissenschaftlichen Entwicklungen und die nachhaltigen Innovationen erfordern künftig höhere Investitionen. 420 Kuhn (2014) unterstreicht in seinem Referat die Bedeutsamkeit von Innovation und Forschung für die Europäische Union und die Notwendigkeit für die Sachgüterproduktion in Österreich bzw. Oberösterreich. 421 Horizon 2020 ist ein EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation von 2014 bis 2020, welches von der Europäischen Kommission ausgeschrieben wurde. Die Grundlagenforschung bis zur innovativen Produktentwicklung wird gefördert. Die zentralen Zielgruppen sind Einzelforscher_innen, Unternehmen und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. 422 Die drei Säulen der Horizon Struktur entsprechen der Strategie Europa 2020 : Wissenschaftsexzellenz Die führende Rolle der Industrie mit dem Ziel des Wachstums: In dieser Säule werden die Schlüsseltechnologien behandelt. Die Produktion ist ein Querschnittsthema. Gesellschaftliche Herausforderungen: Die Themen Rohstoffe, Ressourceneffizienz, Klimaschutz und Umwelt werden in der Säule gesellschaftliche Herausforderungen behandelt, mit dem Ziel, gesellschaftliche Probleme zu lösen. 423 In Österreich ist die volkswirtschaftliche Leistungsrate vom Tourismus und von der Sachgüterproduktion abhängig. Österreich besitzt eine kompakt aufgestellte Industrie. Das österreichische Wirtschaftswachstum ist von der Fähigkeit abhängig, international 418 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 10 f. 419 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S. 10 f. 420 Vgl. Europäische Kommission 2011a, S Vgl. Kuhn 2014, o. S Vgl. Kuhn 2014, o. S. 83

91 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder konkurrenzfähige Produkte herzustellen. Die Wettbewerbsfähigkeit kann durch die Weiterentwicklung der Technologien und der Unternehmensqualität erhöht werden. 424 In der Sachgüterproduktion sind Beschäftigte tätig und jährlich werden 48,3 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung erwirtschaftet. Mit 20 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt liegt Österreich bei der Sachgüterproduktion über dem europäischen Durchschnitt von circa 17 Prozent. Die Exportquote liegt bei 56 Prozent. 425 Jeder Arbeitsplatz in der Industrie bewirkt zwei weitere Arbeitsplätze in vor- bzw. nachgelagerten Bereichen. In der Europäischen Union sind rund 50 Prozent der Arbeitsplätze von der Sachgüterproduktion abhängig. 426 Als ein Beispiel kann plakativ die Voestalpine AG angeführt werden. Die Rohstoff- und Ressourcenkonzentration in der Voestalpine AG in Linz ist in Österreich am größten. Fast neun Prozent der österreichischen Premierenergie werden von diesem Betrieb verbraucht. 427 Die Rolle der Sachgüterproduktion spiegelt sich auch in der österreichischen Forschungsförderung wider. Die Treiber für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in der internationalen und nationalen Produktionswirtschaft sind: Reduktion der Produktionskosten über die Reduktion des Ressourcenbedarfs und über eine effiziente Rohstoffnutzung Reduktion der Entwicklungszyklen unterstützt durch Automatisierung, Flexibilität und Modularisierung Herstellung hochwertiger Produkte und Verbesserung der Produkteigenschaften durch neue und langlebige Materialien. Diese Treiber definieren die operativen Ziele der Forschungsaktivitäten im Programm Produktion der Zukunft. Jedes eingereichte Projekt musste eines dieser Ziele adressieren. 428 Österreich ist in der Umwelttechnik sehr breit aufgestellt und hat eine überdurchschnittliche Forschungsintensität. Der Anteil an innovativen Unternehmen mit circa 80 Prozent ist sehr hoch. Das Qualifikationsniveau in der Umwelttechnik kann durch umfangreiche Aus- und 424 Vgl. Kuhn 2014, o. S. 425 Vgl. Kuhn 2014, o. S. 426 Vgl. Kuhn 2014, o. S. 427 Vgl. Bürgler 2014, o. S. 428 Vgl. Kuhn 2014, o. S. 84

92 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder Weiterbildungsprogramme erhöht werden. Österreich wird die Spitzenreiterrolle in der Umwelttechnologie durch die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien aus Biomasse, Solarenergie, Wasserkraft und Windenergie fördern. Die Markteinführung und Anwendung innovativer Umwelttechnologien bzw. Ressourceneffizienztechnologien, ressourceneffizienter Produkte und Leistungen sollen verstärkt werden. 429 Die öffentliche Forschungs- und Innovationsförderung muss die Rolle Österreichs als attraktiven Produktionsstandort sicherstellen. Die fortgeschrittenen industriellen Produktionsprozesse für innovative (Energie-)Technologien können maßgeblich zur Lösung der Klima- und Ressourcenproblematik beisteuern. 430 Mit der Initiative Intelligente Produktion sollen leistungsfähige, ressourceneffiziente und robuste emissionsfreie Prozesse sowie innovative Systeme in der Produktion entwickelt werden. 431 Die Forschung und Entwicklung im Bereich der biobasierten Industrie wird einen Beitrag zu einer geringeren Abhängigkeit der Industrie von fossilen Rohstoffen leisten. 432 In der Forschung müssen Projekte öffentlich vorgestellt und präsentiert werden. Die Veröffentlichung der Ergebnisse eröffnet eine Diskussion über deren weiteres Potenzial. Die Projektergebnisse lassen erkennen, ob dieses Potenzial bereits erschöpft ist oder ob noch Möglichkeiten für ihren Ausbau bestehen. 433 Die Sozialwissenschaft hat die wichtige Funktion, die Interaktionen und komplexen Mechanismen zu analysieren, und nimmt eine aktive Rolle bei der Entwicklung und Durchsetzung von sozialen Innovationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ein. Für die praktische Wirksamkeit der sozialen und auch nachhaltigkeitsorientierten Innovationsprozesse wird der spezifische Charakter des sozialwissenschaftlichen Wissens zu einer wichtigen Voraussetzung. Die Wissensproduktion bezieht alle relevanten Akteur_innen von der Idee bis zur Umsetzung mit ein. Die soziale Innovation gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die eingefahrenen Denk- und Verhaltensweisen sind sektorenübergreifend zu reflektieren und die unterschiedlichen Sichtweisen sind auszutauschen. Mit der Durchsetzung 429 Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2012, S Vgl. Zillner 2014, o. S. 85

93 Diskussion des lokalen Ressourceneffizienz-Netzwerks im Spiegel der Strategie Europa 2020 zur Ermittlung lokaler Performance-Felder von innovativen sozialen Praktiken kann ein tiefgreifender und gerichteter Wandel der Verbrauchsgewohnheiten herbeigeführt werden. Die gesellschaftlichen Transformationsprozesse in Richtung Nachhaltigkeit müssen die sozialen Innovationen einbeziehen, bei denen die sektoralen Perspektiven, Kompetenzen und Potenziale zusammenfließen. 434 Für die Umsetzung von Innovationen müssen folgende Faktoren erfüllt werden: Die Akzeptanz einer neuen Idee wird vom Lebensstil und von sozialen Normen bestimmt (z. B.: Car-Sharing: das Statusdenken über den Besitz des Fahrzeugs hemmt die Annahme der Innovation). Für eine Lösung, die durch eine Innovation entwickelt wird, muss eine Nachfrage vorhanden sein. Ansonsten kann die Alternative nicht umgesetzt werden. Das Denken und Handeln der Konsument_innen hat Einfluss auf die Umsetzung nachhaltiger Innovationen. Innovationen müssen an bestehende Systeme oder Infrastrukturen anschließbar sein (z. B. Elektrofahrzeuge ohne Stromtankstellen werden nicht angenommen). 435 Die Transformation müsse ein permanenter Suchprozess bleiben Vgl. Howaldt/Schwarz 2013, S. 53 ff. 435 Vgl. Tuschl 2010, o. S. 436 Vgl. Prammer im Anhang 7 dieser Arbeit. 86

94 4 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Der Autor fasst die bisherigen Erkenntnisse in einer Tabelle zusammen. Diese tabellarische Gegenüberstellung bildet den Ausgangspunkt für die weitere Diskussion und schafft einen Überblick über die Maßnahmen, die in der Region um Attnang-Puchheim bereits realisiert und auf europäischer Ebene diskutiert werden. Die nicht realisierten Maßnahmen werden sichtbar (farblich rot hinterlegt). 87

95 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Abbildung 11: Übersicht der Europäischen Maßnahmen im Vergleich zu den Maßnahmen in Attnang-Puchheim Energieeffizienz solare Strom- und Wärmeerzeugung (z. B.: Photovoltaik) Stromverbrauchreduktion alternative Fortbewegungsmittel (E-Mobilität und Car-Sharing) thermische Abfallverwertung Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung alternativer Energieträger Förderprogramme für solare Strom- und Wärmeerzeugung effiziente Wasserversorgung Biomassekraftwerk effiziente öffentliche Beleuchtung (z. B.: LED) Bau- und Verkehrskonzept zur Förderung der Ressourceneffizienz Fernwärmenetz für Biowärme Verstromung von Deponiegas Kreislaufwirtschaft stoffliche Effizienz Abfallvermeidung Wiederverwendung Abfallsammlung Bereitstellung von Sekundärrohstoffen Abfallsortierung Abfallaufbereitung Kühlschrankaufbereitung recyclingfähige Produkte (Produktdesign) Urban Mining Kaskadennutzung Altholz bzw. Recyclingholz für die thermische Verwertung Bewusstseinsbildung Aus- und Weiterbildung Veranstaltungen zur Verbesserung der Energieeffizienz Unternehmensberatung zur Verbesserung der Energieeffizienz Veränderung der Verhaltensmuster betriebliche Mitarbeiter _innenmotivation für schonenden Umgang mit Ressourcen Bürgerbeteiligung (z.b.: in Schulen) Preisgestaltung Quelle: eigene Darstellung 88

96 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen 4.1 Der Mainstream an Maßnahmen in der Region Mit der Strukturierung entlang der Häufigkeit der Nennungen werden die für die Akteur_innen wichtigen Maßnahmen herausgearbeitet. Anhand der so aufgezeigten Relevanz der jeweiligen Maßnahme kann der Mainstream erkannt werden. Mit dieser Messung kann der Standard-Ratschlag verdeutlicht werden. Abbildung 12: Die Häufigkeit der Nennungen Quelle: eigene Darstellung Eine Tendenz in Richtung Energieeffizienz wird bemerkbar. Der Energieeffizienz wird in den lokalen Anstrengungen die größte Bedeutung beigemessen. Auch bei der Bewusstseinsbildung spielt die Energieeffizienz die übergeordnete Rolle. Der stofflichen Effizienz wird die geringste Bedeutung beigemessen. Die Gegenüberstellung verdeutlicht, dass die Bewusstseinsbildung bereits stattfindet und auch konkrete Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung in der Region definiert werden. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass sich die regionalen Akteur_innen des ganzheitlichen Charakters der Ressourceneffizienz nicht bewusst sind. Dem energetischen Aspekt der Ressourceneffizienz wird bei der Bewusstseinsbildung erheblich mehr Bedeutung beigemessen als dem stofflichen. Innovationen im Bereich der Ressourceneffizienz bzw. zur Verbesserung der Ressourceneffizienz können nur realisiert werden, wenn in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise geschaffen wird. Die 89

97 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen gesellschaftlichen Ansprüche nehmen kontinuierlich zu. Die Ressourceneffizienz muss sich demnach stetig verbessern und sich fortlaufend an die geänderten gesellschaftlichen Bedürfnisse anpassen. Die Gesellschaft muss sich ihrer Mitverantwortung an der Umweltverschmutzung klar werden. Für die Bewusstseinsbildung müssen Anreize geschaffen werden und es ist notwendig, Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Stadtgemeinde Attnang- Puchheim, die Energieregion und das Klimabündnis gehen mit öffentlichen Diskussionsrunden in den verschiedenen Stadtteilen bzw. mit den betroffenen Akteur_innen einen ersten Schritt, gemeinsam mit der Bevölkerung Inhalte auszutauschen und einen Innovationsprozess einzuleiten. 4.2 Der stofflich-energetische Diskurs in der Region Die Evaluierung der Gespräche verdeutlicht die Kontroverse um die Nutzungskonkurrenz zwischen der stofflichen und der energetischen Verwertung von natürlichen Ressourcen bzw. von Ressourcen im Wirtschaftskreislauf. Der Diskurs um die Wärme- und Stromproduktion aus Biomasse löst eine Vielzahl an Antworten und Diskussionen aus. Heftige Kritik wird an der Subventionierung energieeffizienter Maßnahmen geübt. Mit der Subventionierung werden wirtschaftlich nicht tragbare Projekte erst möglich und eine Kaskadennutzung verhindert. Biomasse wird mit der direkten Verfeuerung in Biomassekraftwerken der stofflichen Verwertung entzogen. Die Überlegungen zur kaskadischen Nutzung können zum einen die stoffliche Effizienz verbessern und zum anderen einen erheblichen Beitrag zur Energieeffizienz leisten. So trägt die Kaskadennutzung zum ganzheitlichen Verständnis der Ressourceneffizienz bei. Die Kaskadennutzung wird in der Region bereits ansatzweise gelebt. Die Tabelle Übersicht der Europäischen Maßnahmen im Vergleich zu den Maßnahmen in Attnang-Puchheim veranschaulicht diese These. Nur bleiben diese Bemühungen bisher an der Oberfläche und das gesamte Potential wird noch nicht ausgeschöpft. Bei detaillierter Beobachtung wird in der Abfallwirtschaft die Nutzungskonkurrenz ebenso bemerkbar wie bei der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse. Mit der thermischen Verwertung der Abfälle werden der Kreislaufwirtschaft Wertstoffe entzogen und auf der anderen Seite trägt der verminderte Primärenergieeinsatz zur Ressourceneffizienz bei. 90

98 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Wie eben angedeutet, sind die in dieser Arbeit diskutierten Maßnahmen mit einem gewissen Konfliktpotenzial behaftet. Die Meinungsverschiedenheiten werden mit dieser Arbeit herausgearbeitet. Die Beschreibung der konkurrierenden Stellungnahmen verdeutlicht die Uneinigkeit bezüglich des Wegs in eine nachhaltige Gesellschaft, zeigt aber auch die Verbundenheit zwischen den Akteur_innen. Das Netzwerk von Beziehungen wurde durch die Statements, die in eine Diskussion münden, herausgearbeitet. Es zeigte sich dabei, dass die Umsetzung ökologischer Maßnahmen durch den Missing Link zwischen den Akteur_innen im Wertschöpfungsprozess bzw. durch mangelnde Bereitschaft der Zusammenarbeit 437 entlang der Wertschöpfungskette gehemmt wird. 4.3 Die Wertigkeit der Ressourceneffizienz im Rahmen der Strategie Europa 2020 Bei den Kernzielen der Strategie Europa 2020 ist das Thema Klimawandel und Energie an dritter Stelle gereiht. Mit der Aufzählung spiegeln sich implizit die Wichtigkeit und die europäische Haltung zur Nachhaltigkeit und in weiterer Konsequenz zur Ressourceneffizienz wider. Dem Arbeitsmarkt und der Wettbewerbsfähigkeit wird eine größere Bedeutung beigemessen, sodass dort auftretende Problemsituationen vorrangig gegenüber der Nachhaltigkeit behandelt werden. Die Umweltsystemleistung muss erhalten werden, denn ein funktionierendes Umweltsystem ist Voraussetzung für ein funktionierendes Wirtschaftssystem. Künftige Ereignisse können die Reihenfolge der Positionierung verschieben, aber zurzeit unterminieren die kurz- und mittelfristigen Notwendigkeiten den langfristigen Innovations- und Transformationsprozess in Richtung Nachhaltigkeit. 4.4 Die Verantwortung der Politik Bei politischen Entscheidungen auf lokaler politischer Ebene wird die Nachhaltigkeit ebenfalls nicht als ein zentrales Anliegen behandelt. Die Ressourceneffizienz spielt also eine nachrangige Rolle, während der finanzielle Aspekt die gemeindepolitischen Entscheidungen diktiert. Im Allgemeinen wird eine starke Wechselbeziehung zwischen Ökologie und Ökonomie erkennbar. Effizienzsteigerungen müssen finanzielle Vorteile und/oder Marktvorteile für Industrieunternehmen mit sich bringen. 437 Die mangelnde Bereitschaft der Zusammenarbeit entsteht gemäß Habel durch das fehlende gegenseitige Vertrauen der Unternehmen. 91

99 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Der gesellschaftliche Transformationsprozess in Richtung Ressourceneffizienz braucht Innovationen. Die Politik kann als Treiber von Innovationen wirken, indem die Forschung vorangetrieben wird und Forschungsförderungsprogramme ausgeschrieben werden. Eine Voraussetzung für die Umsetzung von Innovationen ist die Publikation und Diskussion der Forschungsergebnisse. 4.5 Die notwendigee Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft Im Sinne der fünfstufigen Abfallhierarchie muss sich die Abfallwirtschaft in Richtung geschlossener Kreislaufwirtschaft weiterentwickeln. Zu diesem Zweck ist ein funktionierendes Recyclingsystem Voraussetzung, das durch die Kooperation mit vorgelagerten Stufen entlang der Wertschöpfungskette erreicht werden kann. Der Dienstleistungsgedanke von Steinmüller kann bei diesen Überlegungen in Betracht gezogen werden. Unter anderem muss aber auch mehr Bewusstsein für die Kreislaufwirtschaft geschaffen werden. Die Industrie muss sich ihrer Aufgabe bewusst werden, Abfall als Ressource zu bewirtschaften. Anreize für eine effizientere Ressourcenbewirtschaftung können über Marktpreise geschaffen werden bzw. für bestimmte kritische Rohstoffe kann/muss ein neu ausgerichteter staatlicher Eingriff erforderlich werden. In der Bevölkerung muss Abfall als Wertstoff gesehen werden. Mit Aufklärungsarbeit muss gezeigt werden, dass einmal entsorgte Abfälle der Kreislaufwirtschaft verloren gehen. Abbildung 13: Entwicklungsstufen der Abfallwirtschaft im Sinne der fünfstufigen Abfallhierarchie 1. Vermeidung 2. Wiederverwendung 3. stoffliche Verwertung (z. B.: Recycling) 4. energetische Verwertung 5. Beseitigung Quelle: eigene Darstellung Die Abfallvermeidung musss das oberste Ziel der Abfallwirtschaft darstellen. Um die Abfallvermeidung verwirklichen zu können, muss die Abfallwirtschaft bereits bei der Abfallentstehung eingreifen. Die Erkenntnisse dieser Arbeit zeigen aber, dass das bisherige 92

100 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Abfallwirtschaftssystem kaum Einfluss auf die Abfallvermeidung hat. Diese Tatsache kann durch zwei Faktoren begründet werden: Die Abfallwirtschaft ist die letzte Instanz in der Produktlebenszykluskette Die Abfallwirtschaft hat kaum Einfluss auf das Konsumverhalten und die industrielle Produktion 4.6 Die fehlenden Erfolgserlebnisse bei regionalen Verkehrsprojekten In Attnang-Puchheim und auch in der Region sind bei Verkehrsprojekten die geringsten Erfolgserlebnisse vorzuweisen. Durch die stark verstreute regionale Struktur können öffentliche Verkehrsmittel die individuellen Bedürfnisse der Bevölkerung nicht abdecken und es kann keine optimale Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel erreicht werden. Um eine unnötige Ressourcenverschwendung zu vermeiden, müssen für eine effektive Nutzung regionale Verkehrsprojekte mit den Bedürfnissen der Bevölkerung abgestimmt werden. Die Meinungsfindung kann in öffentlichen Diskussionsrunden stattfinden, wodurch gleichzeitig ein Bewusstsein für die Nutzung bzw. für die Steigerung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie der autofreien Mobilität geschaffen werden kann. Zudem kann die Steigerung der Nahversorgung im Ort den mobilisierten Verkehr unterbinden. 93

101 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Die diskutierten Themen werden nach den vom Autor gewählten Kategorien strukturiert. Die genannten Elemente der Region werden zusammengefasst. Das mobilisierte Netzwerk wird auf die Erwähnung reduziert. Abbildung 14: Die Zusammenfassung der genannten Elemente nach Kategorien Bewusstseinsbildung Energieeffizienz Stoffliche Effizienz Veranstaltungen Recycling Unternehmensberatung effiziente Wasserbereitstellung betriebliche Mitarbeiter _innenmotivation Urban Mining Bürgerbeteiligung (z.b.: in Schulen) Visualisierung Förderungen Forschung industrielle Abwärmenutzung solare Strom- und Wärmeerzeugung Stromverbrauchreduktion (z. B.: LED) alternative Fortbewegungsmittel (E-Mobilität und Car-Sharing) thermische Abfallverwertung Produktlebenszyklusanalysen kaskadische Rohstoffnutzung Produktionsoptimierung (KVP) Quelle: eigene Darstellung Eine zusammenfassende Analyse des Autors skizziert folgende gegenwärtige Lage bezüglich der Ressourceneffizienz: Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Verständnis über die Ressourceneffizienz und die Strategie Europa 2020 noch nicht selbstredend ist. Die Ressourceneffizienz wird auf europäischer und nationaler Ebene diskutiert. Sie spielt in der lokalen Politik jedoch noch eine nachrangige Rolle. Der finanzielle Faktor diktiert die gemeindepolitischen Entscheidungen. Projekte zur Ressourceneffizienz werden bereits realisiert, aber die Akteur_innen sind sich darüber teilweise nicht bewusst. Bei genauerer Betrachtung wird der starke Energiefokus sichtbar. Die Schnittstellen zwischen der öffentlichen wissenschaftlichen Akteur_innensphäre und der Privatwirtschaft sind bislang noch zu wenig ausgeprägt. Die zivilgesellschaftliche Sphäre der Beteiligung wird von den Akteur_innen nicht wahrgenommen. 94

102 Erkenntnisse aus der Gegenüberstellung der europäischen mit den lokal ermittelten Positionen Unter anderem ist den persönlichen Befindlichkeiten zwischen den Akteur_innen eine gewisse Rolle beizumessen. Der Autor konnte diesen Unstimmigkeiten während Erstellung dieser Arbeit nicht nachkommen. Die emotionalen Befindlichkeiten sind bei einem gemeinsamen Findungsprozess jedoch nicht zu vermeiden. Die Wechselbeziehung zwischen Ökologie und Ökonomie wird in dieser Arbeit deutlich. Die Steigerung der Wirtschaftsleistung findet bei genauerer Betrachtung immer ihre Berücksichtigung. Der ökologischen Effizienz wird die größte Bedeutung zur Erreichung einer nachhaltigen Wirtschaft beigemessen, weil diese eben am Wirtschaftlichkeitsprinzip der Ökonomie ansetzt. Die Ressourceneffizienz wird als kurz- und mittelfristig entlastungseffektiv gesehen, bis eine nachhaltig motivierte Wirtschaft erreicht wird. Manche Maßnahmen tragen zu der Idee der Ressourceneffizienz bei, sind jedoch aufgrund der mangelnden Resonanz in der Gesellschaft weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Weitgehende Einigkeit zeigen die befragten Akteur_innen hinsichtlich der Barrieren für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Es wird deutlich, dass in der Region über die Preisgestaltung, Urban Mining und über recyclingfähige Produkte vielleicht ansatzweise nachgedacht wird, aber keine konkreten Maßnahmen gesetzt werden. In der bisherigen Arbeit wurde bereits angedeutet, dass die diskutierten Nachhaltigkeits-Strategien für eine nachhaltige Entwicklung eng miteinander verflochten sind. Die Ressourceneffizienz greift in der Anwendung bzw. Umsetzung mit der Suffizienz- und Kompatibilitätsstrategie gewollt oder ungewollt ineinander. Die Aussagen der befragten Akteur_innen bestätigen diese These. 95

103 5 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang- Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 Diese Arbeit schafft ein Diskussionsforum für die beteiligten Akteur_innen und dies kann eine breitere Wirkung entfalten. Durch die Zusammenarbeit bzw. durch eine weitere Diskussion über diese Arbeit hinaus könnte der Innovationsprozess vorangetrieben werden. Der Baustein dafür ist mit dieser Arbeit gelegt, indem die Problemlagen und die kontrovers diskutierten Maßnahmen aufgezeigt werden. Eine Kooperation zwischen den Akteur_innen ermöglicht einen gemeinsamen Lern- und Suchprozess, um die Kontroversen auszuräumen und gemeinsam einen alternativen Lösungsprozess einzuleiten. Die Initiative muss ergriffen werden, so dass sich noch ungenützte Potenziale erarbeiten lassen. So hat der Autor im nächsten Kapitel die Ergebnisse in einem Handlungsprogramm herausgearbeitet. 5.1 Ausgewählte Handlungsprogramme und Maßnahmenformulierung für die Region Mit der Fokussierung auf ein ausgewähltes Thema im Netzwerk der Ressourceneffizienz wird ein bestimmter Blickwinkel im Netzwerk angelegt. Das gesammelte Material wird nach dessen Kontext sortiert bzw. strukturiert. Mit diesem konzentrierten Blickwinkel werden andere Inhalte unsichtbar. Mit der Gegenüberstellung werden Probleme sowie die Ursache für diese Probleme sichtbar, die in der jetzigen Konstellation noch nicht ausverhandelt werden. Dasselbe Phänomen eröffnet so unterschiedliche Problemlagen, mit denen sich auch dementsprechend der Lösungsansatz verändert Öffentliche Neuausrichtung bei Fragestellungen zur Ressourceneffizienz Abbildung 15: Der Blickwinkel auf die energetische Nutzung von Biomasse Quelle: eigene Darstellung 96

104 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 Das Element der energetischen Nutzung von Biomasse liefert die Bühne für die Positionierung der Akteur_innen. Die Rohstoff- und Energieautarkie ist eine konkrete Forderung der Wissenschaft. Für die Umsetzung dieser Vision bzw. Zielvorstellung kann die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffes erforderlich werden, so Prammer. Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass der stofflich effiziente Einsatz natürlicher Rohstoffe neben Prammer auch für Grill 438 ein Anliegen darstellt. Die Lenzing AG kann aber nicht (ressourcen-)effizient wirtschaften, weil einerseits ihre industrielle Abwärme nicht genutzt wird und auf der anderen Seite biogene Rohstoffe direkt der energetischen Verwertung zugeführt werden. Die Wirtschaft stellt mit der Anpassung der derzeitigen Förderpolitik im Bereich der Bioenergie eine konkrete Forderung an die Politik bzw. Öffentlichkeit, die stoffliche Nutzung von Biomasse in ihren Zielen zu berücksichtigen und sich diesem Thema anzunehmen. Mit der Förderung alternativer Energieträger werden immer mehr Nutzungsanforderungen auf denselben Rohstoff projiziert. Der Konflikt wird verschärft. Die Problematik ist selbst in einer kleinen Region offensichtlich. Die Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager ist eine öffentliche Maßnahme, die dem höheren Ziel der Nachhaltigkeit verpflichtet ist. Die Politikübersetzungsagentur verfolgt nationalstaatliche Interessen und ist Umsetzungspartner für Wissenschaft und Politik. Das bedeutet, sie muss sich nicht nur der Energieautarkie, sondern auch der Rohstoffautarkie annehmen. Die Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager nimmt aber die Rolle, für die Rohstoffeffizienz zuständig zu sein, nicht wahr. Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf der Energieeffizienz und die Rohstoffeffizienz verbleibt in der Eigenverantwortung der Unternehmen. Vöckla-Ager unternimmt keine Zielanpassung, um nicht nur einem Teilaspekt der Ressourceneffizienz zu entsprechen. Die Ressourceneffizienz ist ein sektorenübergreifender Ansatz, der eine sektorenübergreifende Lösungssuche erzwingt. Die Verantwortung wird zwischen den Sektoren hin- und her geschoben. Eine Lösung kann nur miteinander gefunden werden. Es gibt keine Verortung für die Verantwortung bzw. die Öffentlichkeit nimmt die Verantwortung nicht wahr. Das Problem wird nicht erkannt. Man braucht eine langfristige öffentliche 438 Grill ist Leiter des Holzeinkaufs der Lenzing AG. 97

105 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 Neuausrichtung einen neu ausgerichteten staatlichen Eingriff bei der Fragestellung zur Ressourceneffizienz. Die Gegenüberstellung der Akteur_innen Prammer, Watzlik und Grill liefert ein Argument für einen sinnvollen Maßnahmenvorschlag Vernetzung zwischen öffentlichem und privatem Sektor Abbildung 16: Die Strukturierung nach den Zielvorstellungen der öffentlichen und privaten Akteur_innen Quelle: eigene Darstellung Mit der Strukturierung nach den öffentlichen und privaten Akteur_innen wird eine alternative Darstellungsweise gewählt. Die Geschehnisse im Forschungsfeld der Ressourceneffizienz werden gemäß der Ziele reflektiert, die aus dem Blickwinkel der Akteur_innen vorgenommen werden sollen: Ziele im öffentlichen bzw. öffentlich finanzierten Sektor volkswirtschaftliche Themen Fokus auf den Rohstoff- und Energieautarkiegedanken Haushaltsfragen Privatwirtschaftliche Zielsetzungen: Kombination aus Kostengedanken und Effizienzüberlegungen Mit diesem Blickwinkel auf die Forschungsergebnisse wird verdeutlicht, dass mit der Forcierung der erneuerbaren Energieträger im öffentlichen Sektor der Zielkonflikt mit der Privatwirtschaft im Besonderen mit der Lenzing AG bereits auf der Zielebene vorprogrammiert ist. Unter anderem wird bereits auf der Zielebene das Rollenverständnis der einzelnen Akteur_innen verdeutlicht: Steinmüller ist an einem privat finanzierten Institut tätig und bringt den Dienstleistungsgedanken zur Sprache, während Prammer am öffentlich finanzierten Lehrstuhl die Energie- und Rohstoffautarkie als Vision präsentiert. Die 98

106 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 Akteur_innen sprechen über Themen und nicht ausschließlich für sich. Sie nehmen jeweils Rollen ein, die sie übernommen haben (Unternehmen, Wissenschaft, ). Im Rollenverständnis steckt implizit ihre Existenzberechtigung. Mit der Gegenüberstellung des öffentlichen und des privaten Sektors kann eine erste Erkenntnis gewonnen werden: Die Privatwirtschaft und der öffentliche Sektor sind kaum vernetzt. Das gegenseitige Verständnis fehlt zum jetzigen Zeitpunkt noch. Bis jetzt noch nicht realisierte Schnittstellen müssen aufgebaut und Synergien müssen genutzt werden Unternehmenskooperation entlang der regionalen Wertschöpfungskette Abbildung 17: Die Positionierung der Akteur_innen zur Kaskadennutzung Quelle: eigene Darstellung Die Wissenschaft und die europäische Politik fordern die Kaskadennutzung für die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen ein und sehen mit der Zellstoffindustrie eine geeignete Partnerin, um diese Idee zu verwirklichen. Die Zellstoffindustrie in Form der Lenzing AG zeigt auch die Bereitschaft, sich diesem Thema anzunehmen: mit der Bereitstellung von Abprodukten 439. Sie zeigt aber auch auf, dass zu diesem Zweck die Förderpolitik in Österreich geändert werden muss. Die Lenzing AG kann als Abprodukt Abwärme bereitstellen, um eine Kaskadennutzung im Fernwärmenetzbetrieb voranzubringen. Mit der Bereitstellung der Fernwärme durch das Biomassekraftwerk in Timelkam wird aber die industrielle Abwärme der Lenzing AG für einen Fernwärmenetzbetrieb nicht nachgefragt. Andererseits könnte die Kooperation der Lenzing AG mit anderen Industrieunternehmen wie beispielsweise mit der Biowärme Attnang-Puchheim GmbH eine Kaskadennutzung vorantreiben. Das Altholz bzw. Recyclingholz der Lenzing AG, das bereits einem Verwendungszweck zugeführt worden ist, kann von der Biowärme Attnang-Puchheim GmbH energetisch genutzt werden. Die Biowärme Attnang-Puchheim GmbH nimmt jedoch zurzeit 439 Abprodukte sind Abfälle, Abwässer oder Abfälle etc. deren Anfall bzw. deren weitere Behandlung mit realen Aufwänden verbunden sind. 99

107 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 das Problem nicht wahr, dass sie mit dem Einsatz von Waldhackgut der Zellstoffindustrie Ressourcen entzieht. Zumindest könnte der Holzeinsatz optimiert werden, wenn die Unternehmen eine Zusammenarbeit anstreben und so das Holz in ein energetisch und stofflich nutzbares Produkt getrennt wird. Die Wissenschaft sieht das Problem im missing link zwischen den Akteur_innenn entlang der Wertschöpfungskette. Auf regionaler Ebene kann der_die notwendige Akteur_in fehlen, damit der Effizienzablauf über die gesamte Kette gegeben ist. Teilweise wird aber nicht bemerkt, dass diese_r Akteur_in fehlt. Man muss diese Kette genauer betrachten und analysieren, auf welche Weise diese am ressourceneffizientesten ablaufen kann. 5.2 Lösungsvorschläge für ressourceneffiziente Entscheidungen in der Region Die vorliegende Arbeit hat die erzielten Fortschritte und Bewegungen, die bereits im Gange sind, explorativ ermittelt. Die Ergebnisse werden in für den Autor sinnvolle Maßnahmenpakete strukturiert, damit diese weiterverfolgt, weitergeführt und weitergedacht werden können. Sie basieren auf dem Erkenntnisstand des Autors und der angewandten wissenschaftlichen Methode. Der Autor sieht sich als Impulsgeber mit einer gewissen Wirkmächtigkeit. In welchem Maße diese Maßnahmen tatsächlich umsetzbar sind, können Expert_innen beantworten. Der Autor kann lediglich Vorschläge für Lösungsansätze liefern und ist in diesem Sinne nicht mehr nur der Beschreibende, sondern wird zu einem wissenschaftsgeleiteten Akteur. Aus den Gesprächen gehen relevante (Themen-)Felder hervor, die einer Lösung bedürfen: 1. Keine ganzheitliche Bewusstseinsbildung 2. Stoffliche und energetische Konkurrenzsituation, die zu einer schlechteren Lösung führt als gewollt 3. Keine kaskadische Nutzung in der Region Weiterentwicklung der Klima- und Energiemodellregion zur Ressourceneffizienz-Modellregion Es herrscht kaum Bewusstsein über die Bedeutung der Ressourceneffizienz. Die Fragen zur Ressourceneffizienz werden zumeist mit Energieeffizienz beantwortet. Es sollte jedoch stärker auf die Ressourcenthematik eingegangen werden, bei welcher die Energieeffizienz als ein Teil verstanden werden muss. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise ist notwendig, bei 100

108 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 welcher Energie und Ressourcen ganzheitlich gedacht werden müssen. Das ganzheitliche Verständnis zur Ressourceneffizienz ist in der Region noch nicht vollständig angekommen. Dieser Umstand kann als eines der Probleme identifiziert werden, weshalb das Konzept der Kaskadennutzung nicht richtig verstanden bzw. gelebt wird. Es braucht demnach eine öffentliche Bewusstseinsbildung, um das Verständnis einer effizienten Ressourcennutzung zu verdeutlichen. Eine Art der öffentlichen Vorstellung sind Podiumsdiskussionen oder die Medialisierung der Inhalte. Das Konzept der Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager zur Energieeffizienz könnte beispielsweise um die effiziente Ressourcennutzung erweitert werden. Mit dem Blickwinkel des ganzheitlichen Ressourceneffizienz-Gedanken wirkt die Reduzierung auf die Energieeffizienz problematisch. Die Energieeffizienz kann als altes Konzept gesehen werden, das stark politisch gefördert worden ist. Nun ist eine Erweiterung des vorherrschenden Konzeptes notwendig, um dem ganzheitlichen Verständnis der Ressourceneffizienz im Sinne der Strategie Europa 2020 zu entsprechen. Der Energiefokus ist eine notwendige Haltung, der von der politischen Ausrichtung bestimmt wird. Durch den Energiefokus kommt es aber zu einer ineffizienten Lösung in der Region. Der Ressourceneffizienz-Gedanke erfordert eine Weiterentwicklung institutioneller Einrichtungen. Die Entwicklung ist ein langsames Verfahren mit einem gemeinsamen Lernprozess. Die Einsicht ist die Voraussetzung für einen Veränderungsprozess. Die Klima- und Energiemodellregion kann eine Weiterentwicklung zur Ressourceneffizienz- Modellregion vollziehen, damit man den Konflikten in der Region gerecht werden kann. Notwendige Schritte können eingeleitet werden, damit adäquaten Lösungen Platz geboten werden kann Vernetzung regionaler Akteur_innen mit der Klima- und Energiemodellregion als Projektkoordinatorin Der stoffliche und energetische Nutzungskonflikt ist eine wesentliche Erkenntnis dieser Arbeit. Die Akteur_innen und gegenwärtigen Konflikte sind bekannt. Der Konflikt ist aus den Gesprächen mit den Akteur_innen hervorgegangen bzw. ist sichtbar geworden und wird vom Autor beschrieben. Im Allgemeinen eröffnen Konflikte und Problematisierungen einen Ausverhandlungsprozess. Der Autor sieht sich mit den Fragen konfrontiert, wie dieser 101

109 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 Ausverhandlungsprozess eingeleitet werden kann und wie mit diesem Prozess die gewünschte nachhaltige Lösung in der Region um Attnang-Puchheim verwirklicht werden kann: Welche Maßnahmen kann man für die Region formulieren, damit der Nutzungskonflikt zu einer gewünschten Ausverhandlung kommt? Wie kann der Ausverhandlungsprozess vonstatten gehen, damit eine nachhaltige Lösung erreicht wird? a. Wie kann ein Ausverhandlungsprozess gestartet werden? b. Wie kann man in diesen Ausverhandlungsprozess steuernd eingreifen? c. Wie wird das Thema der Energie- und Rohstoffeffizienz in Wert gesetzt? Mit dem Bewusstsein über den stofflich und energetischen Nutzungskonflikt in der Region hat der Autor die Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager als relevante Akteurin in diesem Feld identifiziert, welche sich um diesen Ausverhandlungsprozess kümmern kann, wodurch auf regionaler Ebene eine Zukunftslösung erarbeitet werden kann. Dabei stellt sich folgende Frage: Kann im Rahmen eines Projektes der Klima- und Energiemodellregion Vöckla-Ager dieser Ausverhandlungsprozess gesteuert werden bzw. liegt der Ausverhandlungsprozess in ihrem Möglichkeitsraum? Mit dem Dienstleistungsgedanken des Energieinstituts an der JKU zur Unternehmenskooperation Die Netzinfrastruktur zeigt Ineffizienzen und Konkurrenzsituationen. Der bisherige Erkenntnisstand zeigt, dass das Thema der Ressourceneffizienz nicht nur in Attnang- Puchheim, sondern in der gesamten Region gelöst werden kann: Wie kann eine langfristig nachhaltige Netzinfrastruktur aufgebaut werden? Wie kann ein alternatives Gesamtsystem gestaltet sein? Wie kann man langfristige Lösungen im Sinne der EU Strategie auf den Weg bringen? a. Welche langfristigen Perspektiven sind notwendig, damit sinnvolle Kooperationen und Investitionsentscheidungen getroffen werden können? b. Welche langfristigen Perspektiven sind notwendig, damit die Sinnhaftigkeit einer Kaskadennutzung gewährleistet ist? Wie kann sich eine neue Lösung für eine Kaskadennutzung in der Region etablieren? a. Wie kann die kaskadische Nutzung in Gang bzw. in Wert gesetzt werden? 102

110 Maßnahmenpakete und Lösungsvorschläge für Attnang-Puchheim und die Region im Sinne der Strategie Europa 2020 b. Wie kann man die relevanten Akteur_innen für eine alternative Nutzung gewinnen? c. Wie kann der Konflikt um den Betrieb des Fernwärmenetzes im Sinne der kaskadischen Nutzung gelöst werden bzw. wie kann man auf diesen Konflikt einwirken? Von wem kann das Fernwärmenetz gespeist werden? Welche Kooperationen in der Region ergeben langfristig einen Sinn? Kann die Kaskadennutzung durch die Zusammenarbeit zwischen der S. Spitz GmbH und der Lenzing AG weiter ausgebaut werden? Eine etwaige Kooperation zwischen den genannten Unternehmen erfordert, dass das Machtgefälle zwischen den Unternehmen verhandelt werden muss. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingen müssen für regional sinnvolle Ergebnisse verhandelt werden: Wie kann sich beispielsweise die Lenzing AG bei der Verhandlung von Novellen einbringen? Die Umsetzung könnte ein Projekt des Energieinstituts an der Johannes Kepler Universität sein. Der Dienstleistungsgedanke nach Steinmüller kann als Lösungsansatz für die Netzversorgung angedacht werden. 103

111 6 Ein zusammenfassender Überblick über die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit Mit dieser Arbeit werden drei immer wiederkehrende Konfliktlinien sichtbar, die einer Lösung und Ausverhandlung im Sinne der Strategie Europa 2020 bedürfen. Der stofflichenergetische Nutzungskonflikt, die regionale Kaskadennutzung und die Bewusstseinsbildung greifen ineinander und sind voneinander abhängig. Mit der ganzheitlichen Bewusstseinsbildung zur Ressourceneffizienz wird die Voraussetzung zur Lösung der beiden anderen Konfliktlinien geschaffen. Mit diesem Schritt kann wiederum die Lösung des stofflich-energetischen Nutzungskonflikts zu einer effizienteren regionalenn Kaskadennutzung beitragen. Abbildung 18: Konfliktlinien zur Entwicklung ressourceneffizienter Lösungen in der Region stofflich-energetischer Nutzungskonflikt Bewusstseinsbildung regionale Kaskadennutzung Quelle: eigene Darstellung Diese Arbeit untermauert die Relevanz der Themen der Strategie Europa 2020, da die in diesem Positionspapier diskutierten Konflikte real sind. Die Selbstreflektion der Arbeit zeigt, dass es vernünftig ist die Zielee der Strategie Europa 2020 weiter zu verfolgen. Die Strategie Europa 2020 wird unterschätzt. In der Region sind die Angelegenheitenn präsent. Das geht aus dieser Arbeit hervor. Der Energieeffizienz wird die größte Bedeutung bei den lokalen Anstrengungen beigemessen und sie spiegelt sich auch in konkreten Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung wider. In der Region besteht kaum Bewusstsein zur Ressourceneffizienz und über den ganzheitlichen Charakter der Ressourceneffizienz. Mit dem Blickwinkel des ganzheitlichen 104

112 Ein zusammenfassender Überblick über die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit Ressourceneffizienz-Gedanken der Strategie Europa 2020 wirkt die Reduzierung auf die Energieeffizienz problematisch und widerspricht der gleichwertigen Bedeutsamkeit zwischen stofflicher und energetischer Effizienz. Die Zielanpassung an die Strategie Europa 2020 mit dem ganzheitlichen Ansatz zur Ressourceneffizienz erfordert eine öffentliche Neuausrichtung beim Verständnis zur Ressourceneffizienz. Die öffentlichen Akteur_innen müssen mit der Problemerkennung Verantwortung übernehmen und die stoffliche Effizienz als Teil der Ressourceneffizienz berücksichtigen. Damit bleibt die stoffliche Effizienz nicht ausschließlich in der Eigenverantwortung der Unternehmen. Denn die Forderung der Wirtschaft zeigt, dass sie das Thema Ressourceneffizienz nicht eigenständig auf innerbetrieblicher Ebene lösen können. Es braucht eine Lösung bzw. eine Weiterentwicklung auf institutioneller Ebene. Eine Neuausrichtung der öffentlichen Bewusstseinsbildung kann durch Podiumsdiskussionen oder eine Medialisierung erreicht werden. Am sinnvollsten erscheint jedoch die Weiterentwicklung der Klima- und Energiemodellregion zur Ressourceneffizienz- Modellregion. Die Klima- und Energiemodellregion mit der Fokussierung auf die Energieeffizienz kann als altes Konzept gesehen werden, das stark politisch gefördert worden ist. Nun ist eine Erweiterung des vorherrschenden Konzeptes notwendig, um dem ganzheitlichen Verständnis der Ressourceneffizienz im Sinne der Strategie Europa 2020 zu entsprechen. Mit einer Ressourceneffizienz-Modellregion kann man den Konflikten in der Region gerecht werden. Mit dem ganzheitlichen Verständnis zur Ressourceneffizienz kann in der Region dem stofflich-energetischen Nutzungskonflikt begegnet werden, indem die Zielvorstellungen zur Ressourceneffizienz zwischen dem öffentlichen, wissenschaftlichen und privaten Sektor neu ausverhandelt und angepasst werden. Mit der Vernetzung zwischen den Sektoren können bis jetzt noch nicht realisierte Schnittstellen aufgebaut und Synergien genutzt werden. Die (neu formierte) Modellregion kann in der Region die Verantwortung übernehmen und einen Ausverhandlungsprozess steuern. Mit der Ausverhandlung des stofflich-energetischen Nutzungskonflikts wird die Voraussetzung für die Ausweitung der der Kaskadennutzung im Sinne der Strategie Europa 2020 geschaffen. Die Zellstoffindustrie mit der Lenzing AG als Akteurin erweist sich als ein geeigneter Partner zur Umsetzung der Kaskadennutzung in der Region. Für einen ressourceneffizienten Ablauf entlang der Wertschöpfungskette muss der Missing link 105

113 Ein zusammenfassender Überblick über die zentralen Erkenntnisse dieser Arbeit zwischen den regionalen Akteur_innen ermittelt und Unternehmenskooperationen müssen aufgebaut werden. Ein Ansatz für eine Kooperation ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Industrieunternehmen der S. Spitz GmbH und der Lenzing AG. Für die Umsetzung der Kaskadennutzung müssen langfristige Perspektiven für Kooperationen und Investitionsentscheidungen entwickelt werden, die die Beteiligung der relevanten Akteur_innen für alternative Nutzungsmöglichkeiten erfordert. Die Projektkoordination zur Erschließung der fehlenden Akteur_innen kann das Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz übernehmen. Unteranderem kann eine Beteiligung der Lenzing AG zur Verhandlung regional sinnvoller Rahmenbedingungen für eine neu ausgerichtete Förderpolitik eine Notwendigkeit darstellen, die den stofflich-energetischen Nutzungskonflikt unterbinden und nicht verstärken und die regionale Kaskadennutzung unterstützt. 106

114 7 Conclusio Die Wissensproduktion vermittelt, dass neue Lösungen im Sinne der Strategie Europa 2020 gebraucht werden. Für neue Lösungen müssen die relevanten Themen und Probleme diskutiert werden, um im Sinne eines gesellschaftlichen Veränderungsprozesses die relevanten Schritte zu erkennen. Veränderungspotential kann nur aus der kontroversen Diskussion der Probleme entstehen. Mit der Anerkennung von Problemen wird Verantwortung übernommen und die Probleme werden nicht mehr nur verlagert (z. B.: zeitliche Verlagerung). Somit kann in der Region eine Führerschaft entwickelt werden, wofür es noch keine Vorbilder gibt. Die Region kann sich als Pilotregion etablieren. Der gesellschaftliche Diskurs wird von der Haltung der Akteur_innen beeinflusst. Mit der Diskussion über die relevanten Themen werden die Positionen der Akteur_innen abgeholt. Die gesammelten Wissensbestände werden nach bestimmten Gesichtspunkten strukturiert, die eine Einordnung oder einen Vergleich der Positionen zulassen. Der Autor fügt die Erkenntnisse zusammen und lässt dabei die Argumente für sich sprechen. Dabei werden die Konfliktlinien und unterschiedlichen Positionen der Akteur_innen sichtbar. Die unterschiedlichen Positionierungen müssen ausverhandelt werden. Der Beitrag der Akteur_innen, den sie zu neuen Lösungen leisten können, muss ermittelt werden. Allianzen und Kooperationen müssen überlegt und hergestellt werden: a. Akteur-Ketten müssen aufgebaut werden, wobei das Anliegen den Weg bestimmt. b. Die sachliche Loyalität muss über die persönliche Loyalität gestellt werden. Die Akteur_innen befinden sich in ständig wiederholenden Ausverhandlungsschleifen, wobei die Verantwortung liegt bei den Akteur_innen sich diesem Ausverhandlungsprozess zu stellen. Der Ausverhandlungsprozess ist ein demokratischer Ansatz, weil sich die Akteur_innen direkt am Ausverhandlungsprozess beteiligen können. Den neuen Lösungen muss Platz gegeben werden und sie müssen diskutiert werden, wobei aber nicht gewiss ist, wie die richtige Lösung ausschaut. Für konkrete Lösungen müssen nicht alle Akteur_innen beteiligt sein. 107

115 8 Selbstreflektion Der Autor nimmt in dieser Arbeit zwei Rollen ein: zum einen als Analytiker und zum anderen als Policy-Maker. Zu Beginn der Arbeit werden die nationalen und europäischen Dokumente und Strategien untersucht und die Inhalte zur Ressourceneffizienz extrahiert. Zudem führt der Autor Interviews mit nationalen und regionalen Stakeholdern und dokumentiert ihre Expertisen. Der Autor unternimmt den Versuch eine objektive Haltung einzunehmen. Der_die Leser_in muss sich aber bewusst sein, dass die Analyse und die Interviews nicht ausschließlich einen objektiven Prozess darstellen können. Mit der Auswahl und mit der Bereitschaft der Expert_innen sich einem Interview zu stellen hat der Autor Entscheidungen getroffen, die der Entwicklung der Arbeit eine gewisse Richtung vorgibt. Die Interviews orientieren sich an einem Leitfaden, der für alle Gesprächspartner_innen gleichermaßen gestaltet ist. Das Know-how des Autors entwickelt sich mit den Interviews kontinuierlich weiter. Das neu gewonnene Wissen hat Einfluss auf den Gesprächsverlauf der Interviews, die zu einem späteren Zeitpunkt geführt werden. Die Interaktion zwischen den Expert_innen und dem Autor ist ein dynamischer Prozess, der von der Weiterentwicklung des Autors bestimmt wird. Desweiteren passiert mit der Fokussierung auf bestimmte Elemente der Strategie Europa 2020 und auf bestimmte Elemente im Netzwerk der Strategie Europa 2020 eine Entscheidung, die den Rahmen dieser Arbeit auf ein überschaubares Maß reduziert. Mit der Diskussion der Erkenntnisse entsteht beim Autor dieser Arbeit neues Know-how und er wird Teil des Veränderungsprozesses. Dies begründet zugleich den Abschluss der Analysetätigkeit und lässt den Autor zum Policy-Maker werden. Mit den Maßnahmenempfehlungen werden Performance- bzw. Aktionsfelder aufgezeigt, die eine Annäherung der Region an die Nachhaltigkeitsziele im Sinne der Strategie Europa 2020 eröffnen sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Arbeit hoch konfliktär ist, weil unterschiedliche Positionen der Akteur_innen und Dokumente zu berücksichtigen sind, die nicht immer übereinstimmen. Diese Empfehlungen sind somit mit einer Ungewissheit über die konkrete Herangehensweise und die relevanten Akteur_innen behaftet. Jede_r Akteur_in strebt eine Lösung zu ihrem_seinem Vorteil an. Die Empfehlungen bzw. Lösungsansätze sollen im Endeffekt einen Ausverhandlungsprozess in Gange bringen. 108

116 Selbstreflektion Die Diskussion der Erkenntnisse dieser Arbeit mit den Schlüsselakteur_innen kann zu neuem Know-how in der Region beitragen. Die Akteur_innen sind Wissensträger_innen, die Lösungen mit entwickeln und diese auch mittragen müssen. 109

117 Literaturverzeichnis Achilles, O. (2011): Solarstaat. Alle Fakten zum Solarstrom. Wie wir die Gesellschaft mit Solarstrom entwickeln. Berlin. Arbeitskreis Gemeinschafts- und Nachhaltigkeitsforschung (Hrsg.) (o. J.): Forschungsperspektive. Zugriff am Belliger, A./Krieger, D. J. (2006): ANThology: Ein einführendes Handbuch zur Akteur- Netzwerk-Theorie. Bielefeld. Bürgler, T. (2014): Resource efficiency in the metallurgical competence center. Stakeholder- Dialog: Produktion der Zukunft kritische Rohstoffe am t_kritische_rohstoffe_stakeholderdialog_06_buergler_met.pdf, Zugriff am Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Hrsg.) (2012): Ressourceneffizienz Aktionsplan: Wegweiser zur Schonung natürlicher Ressourcen. Wien. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2012): Deutsches Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess): Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen. Berlin. Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (Hrsg.) (o. J.): Rohstoffsicherheit Rohstoffe für eine ressourceneffiziente Industrie. Zugriff am Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (Hrsg.) (2006): Transition zu nachhaltigen Produktionssystemen. Wien. Clusterland Oberösterreich GmbH Umwelttechnik-Cluster (Hrsg.) (2013): Aufgespürt: Ressourceneffizienz in Niederbayern und Oberösterreich; Status quo und Lösungsansätze für produzierende Unternehmen. Linz. 110

118 Literaturverzeichnis Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (Hrsg.) (o. J.): Horizon 2020: Das EU- Programm für Forschung und Innovation. Zugriff am Drexel, D. (2012): Wie kann die österreichische Industriepolitik ressourceneffizientes Wirtschaften aktiv mitgestalten? Vortrag an der Johannes Kepler Universität Linz am Zugriff am Dubielzig, F./Schaltegger, S. (2004): Methoden transdisziplinärer Forschung und Lehre: Ein zusammenfassender Überblick. Lüneburg. Europäische Kommission (2010): Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum. Brüssel. Europäische Kommission (2011): Ressourcenschonendes Europa: Eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa Brüssel. Europäische Kommission (2011a): Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa. Brüssel. Europäische Kommission (2011b): Europa-2020-Ziele: Die fünf EU-Kernziele für das Jahr Zugriff am Europäische Kommission (2012): Nachhaltiges Wachstum Förderung einer ressourceneffizienteren, umweltfreundlicheren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft. Zugriff am Fichter, K. et al. (Hrsg.) (2006): Nachhaltigkeitskonzepte für Innovationsprozesse. Stuttgart. Forschungszentrum für Umweltpolitik (Hrsg.) (2014): Gesellschaftliche Transformationsprozesse. dex.html, Zugriff am Förstner, U. (2008): Umweltschutztechnik. 7. Aufl. Berlin, Wiesbaden. 111

119 Literaturverzeichnis Frahm, T. (2012): Kaskadennutzung von Biomasse ein Ausweg aus der Rohstofffalle? Zugriff am Gege, M./Oldeland, M. (2013): Dringend Alternativen gesucht. In: Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH, Nr. 2, S. 11. Hermann, S. (2013): Ressourceneffizienz: Vom Nischenthema zum Wettbewerbsvorteil für alle. In: Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH, Nr. 2, S. 2. Jörissen, J. et al. (1999): Ein integratives Konzept nachhaltiger Entwicklung. Karlsruhe. Kanatschnig, D./Pelikan, I. (2009): Transition to Sustainable Development: Ist Transition Management als neues Politikinstrument mit der erneuerten EU-Strategie für Nachhaltige Entwicklung vereinbar? Wien. Kanatschnig, D./Pelikan, I. (2010): Transitionmanagement in Theorie und Praxis. In: Steurer, R./Trattnigg, R. (Hrsg.): Nachhaltigkeit regieren: Eine Bilanz zu Governance-Prinzipien und -Praktiken. München. S Kern, F. (2006): Transition Management in der holländischen Energiepolitik Ein Erfolgsmodell für Deutschland? Zugriff am Krüger, S. (2013): Second Hand wird erste Wahl. In: Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH, Nr. 2, S. 13. Kuhn, A. (2014): FTI-Initiative Produktion der Zukunft, Fakten zu Einreichung Stakeholder-Dialog: Produktion der Zukunft kritische Rohstoffe am t_kritische_rohstoffe_stakeholderdialog_01_kuhn_ffg.pdf, Zugriff am Kurth, P. (2013): Nachhaltige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. In: Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH, Nr. 2, S. 11. Lexikon der Nachhaltigkeit (Hrsg.) (2014): Produktpalette und Produktdesign. Zugriff am Littig, B./Grießler, E. (2004): Soziale Nachhaltigkeit. Wien. 112

120 Literaturverzeichnis Loorbach, D. (2007): Transition Management: New mode of governance for sustainable development. Rotterdam. Milota, E. (2012): Ressourcenverbrauch in Österreich: Studie zum Ressourceneffizienz Aktionsplan. Vortrag an der Johannes Kepler Universität Linz am Zugriff am NachDenkstatt (Hrsg.) (2013): Transdisziplinarität. Zugriff am Olsen, P. et al. (2006): Shooting the Rapids: Navigating Transitions to Adaptive Governance of Social-Ecological Systems. Zugriff am Prammer, H., K. (2009): Integriertes Umweltkostenmanagement: Bezugsrahmen und Konzeption für eine ökologisch nachhaltige Unternehmensführung. Wiesbaden. Prammer, H., K. (2012): Der Stellenwert von Effizienzstrategien auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Vortrag an der Johannes Kepler Universität Linz am Zugriff am Priewasser, R. (2007): Wege in Richtung Nachhaltigkeit Konzeptioneller Anspruch und Grenzen der Realisierung. In: Stelzer-Orthofer, C./Weidenholzer, J. (Hrsg.): Partizipation und Gerechtigkeit. Linz. S Priewasser, R. (2010): Nachhaltiges Wirtschaften als Herausforderung für Konsumenten und Unternehmen. In: Feldbauer-Durstmüller, B./Koller, E. (Hrsg.): Wirtschaft und Ethik. Wien. S Priewasser, R. (2011): Grundfragen des Umwelt-, Ressourcen- und Qualitätsmanagement: Rahmenbedingungen und Gestaltungsansätze im Umwelt- und Ressourcenmanagement. Einstiegskurs an der Johannes Kepler Universität Linz. Linz. Röh, C. (2013): Aufgespürt. In: UC-Journal, Heft 3, S. 9. Rotmans, J. (2002): Transitions & Transition Management for sustainable development. Zugriff am

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122 Literaturverzeichnis Umweltbundesamt (Hrsg.) (2013): Der Zukunft vorgreifen: Klimawandelanpassung und Unsicherheiten. mawandel/kwa_schwerpunkt/kwa_unsicher/, Zugriff am Venturini, T. (2009): Diving in magma: how to explore controversies with actor-network theory. Zugriff am Weyer, J. (2012): Soziale Netzwerke: Konzepte und Methoden der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung. 2. Aufl. München. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (Hrsg.) (2014): Transdisziplinäre Forschung. Zugriff am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (Hrsg.) (o. J.): Branchen im Wandel. Zugriff am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (Hrsg.) (o. J.): Forschung für den Wandel/ Transition-Forschung. Zugriff am Zillner, T. (2014): Einführung - Einfluss kritischer Rohstoffe auf die Technologieentwicklung in Österreich. Stakeholder-Dialog: Produktion der Zukunft kritische Rohstoffe am Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier (Hrsg.) (2012): Rechtliche Grundlagen. Zugriff am

123 Anhang Anhang 1: Gespräch mit Bürgermeister Peter Groiß am Im sozialen Bereich gibt es Projekte, die für gewisse Bevölkerungsschichten unterstützend eingreifen und nachhaltig in der Zukunft helfen. Unternehmen können strukturierter arbeiten, weil sie entweder im produktiven Bereich oder im Dienstleistungsbereich ein Ziel haben. Die Gemeinden müssen sich mit den verschiedensten Themen auseinandersetzen und können sich nicht auf bestimmte Ziele fokussieren. Die Nachhaltigkeit ist immer wieder ein Thema, mit dem man sich in Wahrheit unmittelbar fast zu wenig beschäftigt. Ein Projekt in Bezug auf Nachhaltigkeit ist die Umstellung, Erneuerung und Modernisierung im Bereich der Wasserversorgung, die seit 2008 betrieben wird. Die Erneuerung der Wasserleitung ist ein Großprojekt, das die Stadtgemeinde noch über Jahre beschäftigen wird. Ziel ist ein geschlossenes System ohne Wasserverlust, d.h. alle Wasserleitungsrohre werden in Polyethylen ausgeführt, geschweißt und haben keine Steckverbindungen mehr. Nachhaltig gesehen hat dieses Rohrmaterial eine lange Lebensdauer und es treten geringste Verluste beim Wasser auf, d.h. bei einem geschlossenen System liegen die Verluste beinahe bei null. Das geschlossene Wassersystem wirkt sich folglich auch in vielen anderen Bereichen der Gemeinde aus: die wichtige Ressource Wasser ist nachhaltig gesichert Wasser versickert nicht im Boden, mit dem Material Wasser wird durch die effizientere Nutzung ein materieller Gewinn erzielt unter finanziellem Aspekt betrachtet fallen keine Kosten durch Wasserverluste an. Im Grunde genommen steht die Wasserversorgung von Attnang-Puchheim auf eigenen Beinen. Die Unabhängigkeit in der Versorgung in Attnang-Puchheim ermöglicht Handlungsspielräume in der Zukunft 2013 wurden zwei neue Brunnen geschlagen. Alle öffentlichen bzw. kommunalen Gebäude, die sich im Eigentum der Stadtgemeinde befinden, sind an das Fernwärmenetz angeschlossen: Gemeindegebäude Kindergarten Altenheim Betreubares Wohnen 116

124 Anhang Pflegeheim Schulen, Das Fernwärmenetz ist an den Hauptadern über das Leitungsnetz von Attnang-Puchheim gelegt worden. Zurzeit ist Attnang-Puchheim zu einem Viertel noch nicht erschlossen. Für das Heizungssystem fallen keine Wartungskosten mehr an. Es gibt eine Übergabestation, die einem Wärmetauscher entspricht und mit der über die Abnahme der Wärmeenergie entschieden wird. Die Öl- oder Gaskessel fallen für jedes Gebäude weg. Dieses System ist effizient, ressourcenschonend und an eine gewisse nachhaltige finanzielle Schonung für die Gemeinde geknüpft. Das Projekt Bioenergie ist für die Gemeinde abgeschlossen. Photovoltaik ist seit 2012 in Attnang-Puchheim ein Thema, mit der Umsetzung und Fertigstellung im Jahr Im Freibad befindet sich auf dem Attika-Dach eine Solaranlage, mit der das Wasser aufbereitet und gewärmt wird. Parallel dazu ist eine riesige Photovoltaik- Anlage fast über das gesamte Gebäude installiert worden. Im Sommer werden ungefähr 80 Prozent des tatsächlichen Strombedarfs abgedeckt. Im Winter ist die Stromausbeute gering. Da im Winter im Freibad kein Bedarf besteht, wird der Strom zu einem minimalen Tarif ins Netz eingespeist. Die zweite Photovoltaik-Anlage befindet sich am Gebäude des Kindergartens in der Andreas- Hofer-Gasse. Der Kindergarten wird mit einer Kleinanlage versorgt, sodass der Großteil des Stroms, der tagsüber verbraucht wird, abgedeckt werden kann. Die Beleuchtungen im Kindergarten sind mit LED-Leuchten ausgerüstet. Alle Projektierungen wie die Straßenbeleuchtung, der Bahnhofsbereich und der Busbahnhof werden auf LED umgestellt. Ein neues Verkehrskonzept für Attnang-Puchheim wird gerade fertig gestellt und zur Abstimmung in den Gemeinderat weitergereicht. Das Verkehrskonzept wird in der Bevölkerung nicht immer auf Verständnis stoßen. Dieses ist aber der einzig richtige Weg, um zumindest im Ortskern den Durchzugsverkehr (z.b.: Römerstraße und auch Puchheimerstraße) einzudämmen. Damit wird dort das Leben wieder lebenswert und den Bürger_innen wird die Möglichkeit geboten alternative Fortbewegungsmittel, wie das Fahrrad wieder gefahrenfrei auf der Straße zu bewegen. 117

125 Anhang Eine Arbeitsgruppe aus Vertreter_innen der im Gemeinderat vertretenen Fraktionen (vor allem der Straßenausschuss) hat sich zusammengesetzt. Zwischen sechs bis acht Akteur_innen haben gemeinsam mit dem Verkehrsplaner Koch das gesamte Stadtgebiet analysiert und diverse Möglichkeiten geprüft, um ein vernünftiges Konzept präsentieren zu können. In den betroffenen Gebieten sind die Bewohner_innen in Diskussionsrunden eingebunden worden. Die Bewohner_innen haben in der Diskussion ihre Meinungen kundgegeben und haben Vorschläge eingebracht. Die Konfrontation hat nicht nur Beschwerden hervorgebracht, sondern die betroffenen Bewohner_innen haben auch gute Ideen eingebracht. Das Zugehen auf die Mitbürger_innen hat zu einer positiven Resonanz geführt und der Wille zur Beteiligung ist sichtbar geworden. Für 2014 sind finanziell noch keine Projekte geplant. Im Sektor der Photovoltaik besteht die Möglichkeit, dass sich neue Projekte ergeben. Dies ist aber von der Förderung des Landes Oberösterreich abhängig. Der Einsatz nachhaltiger Energien auf Schulgebäuden wird mit 75 Prozent der Investitionssumme gefördert. Für Nachhaltigkeit gibt es keine eigenständige Arbeitsgruppe und auch keine politischen Akteur_innen. Es gibt zwei Arbeitsgruppen, die eine Gruppe befasst sich parteiübergreifend mit dem Thema Verkehr und die andere beschäftigt sich mit Projekten zu Photovoltaik- Anlagen. Aus dem Umweltausschuss SPÖ/FPÖ sind Gerda Busch und Lasinger Alois die zentralen Akteur_innen. Die Wasserangelegenheiten wurden von Bürgermeister Groiß ins Rollen gebracht, er hat die Aufklärungsarbeit geleistet. Bei den Themen zur Photovoltaik war die Umweltabteilung mit Lasinger Alois in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und der Obfrau für Umwelt die zentralen Akteur_innen. Auslöser für die Errichtung der Photovoltaik- Anlage am Kindergarten war der Bürgermeister. Die Ausfertigung und das Ansuchen hat die Umweltabteilung abgewickelt. Aus den meisten umgesetzten Themen und Projekten entwickelt sich Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit wird nicht als direktes Thema angegangen. Nachhaltigkeit ist bei getätigten Investitionen ein zentrales Thema, denn Nachhaltigkeit bringt auch Kostenvorteile und Ersparnisse mit sich. 118

126 Anhang Ein nachhaltiges Thema ist das Forum Attnang-Puchheim, welches 2008/2009 auf den Plan gerufen wurde. Das Forum Attnang-Puchheim ist fast erloschen, weil Attnang-Puchheim zur Abgangsgemeinde wurde und das Geld nicht mehr bereitgestellt werden konnte. Parallel zum Forum Attnang-Puchheim ist ein Verkehrskonzept mit Koch entwickelt worden. Der erste Schritt zum Forum Attnang-Puchheim ist der Busbahnhof. Attnang-Puchheim ist eine Klimabündnisgemeinde, für die Lasinger Alois zuständig ist. Das Thema Nachhaltigkeit ist nie als Hauptthema zur Debatte gestanden. Nachhaltigkeit ist in fast jedem Projekt, das geplant, umgesetzt und verwirklicht wurde, einbezogen. Das Thema Nachhaltigkeit hat verstärkt seinen Platz gefunden. Ziele der Nachhaltigkeit sind die Wasserversorgung für die Gemeinde positiv abzuschließen und die öffentliche Beleuchtung in Attnang-Puchheim sukzessive auf LED umzustellen. Personaleffizientes Arbeiten ist gerade im Bildungsbereich bedeutend. 87 Prozent der Gesamtkosten eines Kindergartens sind Personalkosten und die restlichen 13 Prozent beinhalten die Kosten für die Aufrechterhaltung. Die Qualität der Energiebereitstellung darf nicht über alles gestellt werden. Gerade im Kindergartenbereich ist ein personeller Spielraum wichtig. Kinder müssen gefördert werden, um Defiziten vorbeugen zu können und diese Förderung bedarf Zeit. Bildung ist ein nachhaltiges Thema und unwahrscheinlich wichtig. Attnang-Puchheim ist mit der Sprachförderung im Kindergarten in weiten Teilen Oberösterreichs führend. 119

127 Anhang Anhang 2: Gespräch mit Herbert Lehr am Die BioWärme Attnang-Puchheim GmbH ist im Eigentum der S. Spitz GmbH. Sie betreibt das Heizwerk und die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH ist als Netzbetreiber für die Verteilung der Wärme für Attnang-Puchheim verantwortlich. Die Übernahmestelle ist die Grundgrenze der Firma S. Spitz GmbH. Als Hauptaufgabe der BioWärme Attnang-Puchheim GmbH ist die Verstromung von Biomasse vorgesehen. Die Abwärme der S. Spitz GmbH hat für die Industrie eine zu hohe Temperatur, sodass sie nicht verwertet werden kann. Die Firma S. Spitz GmbH braucht Temperaturen von 100 Grad Celsius, für die ein Dampfnetz betrieben wird. Die Aufgabe der Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH ist die effiziente Verteilung der Wärme in Attnang-Puchheim. Zum Kundenstock gehören derzeit Großkunden wie z.b.: die ÖBB, der Wohnbau Hausruckviertel und kleine Abnehmer_innen wie Einfamilienhäuser. Ein Ausbau der Trasse kann nur erfolgen, wenn sich mehrere Haushalte zusammenschließen. Die Abnehmer_innen müssen entlang der bestehenden Trasse liegen, um eine effiziente Verteilung gewährleisten zu können. Die Abweichung von der Trasse darf maximal 20 Meter betragen, sonst sind die Wärmeverluste zu groß und die Bereitstellung ist nicht mehr wirtschaftlich. Überwacht wird die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH von der Zentrale in Wien, die die Qualität der Wärme überprüft. Dort wird entschieden, ob die Wärme förderbar ist oder nicht. Das System muss so ausgelegt werden, damit möglichst wenige Verluste entstehen, d.h. kurze Leitungslängen und möglichst große Abnehmer_innen. Die Versorgungssicherheit mit Biowärme hauptsächlich wird Waldhackgut einsetzt wird durch Verträge mit der Österreichischen Bundesforste AG und den umliegenden Holzlieferant_innen garantiert. Mögliche Lieferengpässe werden durch ein Biomasse-Lager und einen Gaskessel zur Dampferzeugung bewerkstelligt. Die Wirtschaftlichkeit von einem Heizwerk kann nur gewährleistet werden, wenn dieses nicht auf Spitzenlasten ausgelegt wird. Ein Biomasse-Ofen kann nicht wie ein Gasofen geregelt werden. Das eingesetzte Holz muss als Wärme verbraucht werden. Es dauert bis zu einer Stunde bis die geforderte Leistung erbracht werden kann. Die Heizwerke werden mit einer Spitzenlast von Zweidrittel der möglichen Leistungsfähigkeit ausgelegt. Das restliche Drittel wird mit einem gewöhnlichen Ölbrenner betrieben, um die Spitzen abzudecken. 120

128 Anhang Die Nachfrage privater Abnehmer_innen ist gegeben, wenn der/die Kund_in 365 Tage mit Wärme versorgt wird. Im Sommer sind Biomassekessel zur Abdeckung von Spitzen privater Haushalte zwischen 19 und 20 Uhr nicht geeignet. Aus diesem Grund werden zusätzlich zur Biomasse Öl-Kessel oder Gaskessel ergänzt, die den Niedrigstbedarf abdecken. Bei der S. Spitz GmbH ist dies nicht der Fall, weil für die Dampferzeugung immer Wärme gebraucht wird. In Attnang-Puchheim sind auch viele Warmwassererzeuger angeschlossen, z.b.: das Freizeitzentrum oder die ÖBB. Ein Biomassekraftwerk ist rentabel, wenn ständig ein Wärmebedarf gegeben ist. Bei der S. Spitz GmbH wird ein ORC-Modul mit einem Thermoölkessel aber auch mit Hackschnitzel betrieben. Das ORC-Modul ist eine Dampfturbine, die mit Silikonöldampf und nicht mit einem herkömmlichen Wasserdampf betrieben wird. Der Kondensator wird mit dem Fernwärmenetz betrieben. Die Wärme wird abgeführt und das kalte Wasser wird zurückgeschickt. Mit dem kalten Wasser wird das Silikonöl kondensiert. Das verdampfte Silikonöl wird durch den Temperaturunterschied über die Turbine gezogen. Es ist sehr leicht regelbar, es werden keine hohen Drehzahlen gefahren und der Verschleiß ist sehr gering. Der Wirkungsgrad ist nicht sehr groß, beim ORC-Modul liegt er bei 18 bis 20 Prozent. Mit 20 Prozent wird Strom erzeugt und 18 Prozent müssen weggekühlt werden, Die Kühlung erfolgt über das Fernwärmenetz. Die Fernwärme ist eine industrielle Abwärmenutzung. Der Produktionsprozess bei der S. Spitz GmbH ist wärmeintensiv, wodurch nicht nur der eigene Wärmebedarf gedeckt werden kann, sondern der Rest kann noch ins Fernwärmenetz gespeist werden. Die Wirtschaftlichkeit wird erhöht, und die Abwärme wird nicht einfach über einen Kühlturm verschwendet. Die Abwärme wird wieder zu einer produktiven Wärme, sodass dies einer effektiven Ressourcennutzung entspricht. Für die Fern- bzw. Biowärme sind das Einvernehmen mit der Gemeinde, der Konsens mit der Bevölkerung wichtig und auch die Zusammenarbeit mit einheimischen Firmen wichtig (isoplus Fernwärmetechnik Ges.m.b.H. oder Zauner Metallteile und Maschinen). Mit der Zusammenarbeit mit oberösterreichischen Unternehmen bleibt die Wertschöpfung im Bezirk bzw. in der Region. Diese Tatsache erhöht die Wertschätzung in der Bevölkerung und bei den regionalen Politiker_innen. 121

129 Anhang Mit dem Einsatz von Hackgut werden die Bauern und Bäuerinnen unterstützt. Der Wald wird wieder bewirtschaftet, weil auch das Kleinholz wieder an Wert gewinnt. Für die Nahwärme ist die Zusammensetzung des Holzes nicht von Bedeutung, von kleinen Hackschnitzeln bis zum großen Baum kann alles verwertet werden. Im einen Pressebericht beklagt sich die Lenzing AG, dass durch die Bio- bzw. Nahwärme das Holz immer teurer wird. Die Lenzing AG braucht Holz als Grundrohstoff. Die größten Holzverbraucher sind die Paletten- oder Papierfabriken wie die Lenzing AG. Diese haben eine Monopolstellung in Österreich und haben die Preise diktiert. Die Bio- bzw. Nahwärme entzieht Ressourcen, sodass die Preise nicht mehr gehalten werden können. Die großen Abnehmer_innen müssen/mussten überzeugt werden Fernwärme anstatt von Erdöl einzusetzen. Eine Fernwärmestation ist relativ einfach handzuhaben. Sie ist programmgesteuert, hat keine komplizierte Regelung, hat keine Verschleißteile. Die Station arbeitet mit einem Regelventil, das die Temperaturen vorgibt. Die Heizkreise können auf verschiedenste Weise geregelt werden. Es fallen keine Kosten für eine/n Kaminkehrer_in an, es muss kein Brenner eingestellt werden und es gibt keine offene Flamme. Der frei werdende Platz kann wie beispielsweise beim TZ Attnang-Puchheim als Lagerraum genutzt werden. Ein weiterer Vorteil ist die Fernwartung über einen PC. Grundsätzlich gibt es keine Interessenkonflikte mit der OÖ. Ferngas AG und der Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH. Die OÖ. Ferngas AG hat bestehende Verträge mit größeren Abnehmer_innen. Ein Tochterunternehmen der OÖ. Ferngas AG kauft von der Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH Wärme ab. Sie haben sich angeschlossen, um sich die Kosten für ein eigenes Leitungsnetz zu sparen. Die S. Spitz GmbH betreibt viele Backöfen, die von der OÖ. Ferngas AG versorgt werden. Die Interessenkonflikte zwischen der S. Spitz GmbH und der OÖ. Ferngas AG bleiben aus, weil die S. Spitz GmbH das Ferngas ansonsten von einem/r anderen Abnehmer_in bezieht. Die S. Spitz GmbH ist die wesentliche Gasabnehmerin in Attnang-Puchheim. Das Fernwärmenetz besteht aus Stahlleitungen und die Gasleitungen sind aus Plastik. Das sind zwei ganz unterschiedliche Netze in unterschiedlichem Eigentum, die in der Ausführung komplett anders sind. 122

130 Anhang Die Biowärme Attnang-Puchheim GmbH ist ein komplett eigenständiges Unternehmen der S. Spitz GmbH mit Mag. Reichetseder als Geschäftsführer. Bei der S. Spitz GmbH ist Herr Schobesberger Johannes Leiter vom Heizwerk. Die Entwicklungsstrategien umfassen die Verdichtung des Netzes in Attnang-Puchheim. Es gibt einige größere renovierungsbedürftige Gebäude (z.b.: der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH), die im Rahmen einer thermischen Sanierung an das Netz angeschlossen werden könnten. Diese Immobilien sind Mieterschutzwohnungen aus dem Jahr Diese werden noch mit Briketts beheizt und es gibt noch keine Etagenheizung. Diese Gebäude werden nicht mehr nachvermietet, weshalb viele Wohnungen leer stehen. Mit der Generalsanierung muss gewartet werden, bis alle Miter_innen ausgezogen sind. Mit der thermischen Sanierung sinkt der Wärmebedarf. Durch diese gegenläufige Entwicklung muss das Netz verdichtet werden, da dieses sonst nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Es müssen weitere Kund_innen akquiriert werden, um eine Mindestabnahme zu garantieren. Eine solare Ergänzung ist in unserer Gegend nicht sinnvoll, denn ohne Förderungen rechnen sich solare Anlagen nicht (Planung einer 360 kwp-anlage im Innviertel). Wenn eine Investition ohne Förderung nicht rentabel ist, sollte man diese vermeiden. In unserer Region sind einfach zu wenig Sonnenstunden. Bei Sanierungen von Gebäuden werden entweder Photovoltaik-Module oder Solarzellen ergänzt. Laut Lehr wäre es aber sinnvoller, wenn zum Beispiel die Energie AG ein weiteres Wasserkraftwerk baut. Die solare Nutzung für die Wärmeerzeugung im Sommer ist generell absolut sinnvoll. Im Winter ist die Effektivität eher gering, wenn die Temperatur bei Nebel nicht über vier bis fünf Grad Celsius ansteigt. Die Förderungen sind im Allgemeinen sehr energielastig. Die Paneele können schon günstig sein, aber nach zehn Jahren sind diese erschöpft und die Förderung ist ausgelaufen. Neue Paneele müssen angeschafft werden. Der Solarmarkt ist vollständig eingebrochen als die Förderungen weggefallen sind. Es hat sich gezeigt, dass solare Investitionen nicht wirtschaftlich sind. Sinnvoll sind kombinierbare Puffer, die mit Fernwärme geheizt werden können. Eine Zweitheizung, die solar betrieben werden kann. Lehr ist ein Gegner der solaren Stromerzeugung. 123

131 Anhang Die Fernwärme bringt eine wesentliche Verbesserung der Luftqualität. In Attnang-Puchheim hat sich der Hausbrand reduziert. Die Rauchentwicklung hat zu einer Nebelbildung geführt, wenn der Rauch nicht abziehen konnte. Das ist in den letzen Jahren wesentlich weniger geworden. Es entsteht nur Wasserdampf, der kondensiert. Die effektive Nutzung von Brennstoff ist ein zentrales Thema. Die Umweltauflagen sind enorm und werden auch regelmäßig kontrolliert, z.b.: wird die Asche auf CO 2 untersucht. Schadstoffe, die ein Baum in seinen 50 bis 100 Jahren ansammelt, sind in der Asche enthalten. Die Asche wird in speziellen Containern gesammelt und am Erzberg deponiert. Diese speziellen Deponien analysieren die Asche und entscheiden, ob diese als Sondermüll behandelt wird oder nicht. 124

132 Anhang Anhang 3: Gespräch mit Mag. Sabine Watzlik am Die REVA wurde 1994 als eine GmbH gegründet. Sie war ein Pilotprojekt, bei dem sich fünf Gemeinden zusammengeschlossen haben. Ursprünglich wurde die REVA gegründet, um gemeinsam Betriebsansiedlungen voranzutreiben. Der erwünschte Erfolg ist leider ausgeblieben. Aktuell verwaltet die REVA zwei Salzsilos und betreibt eine Eishalle. Seit 2008 besteht in Österreich nicht nur für speziell ausgewiesene Entwicklungsregionen (z.b.: Burgenland oder Mühlviertel) die Möglichkeit sich als Leader-Region zu bewerben und Förderungen zu beantragen. Seit diesem Zeitpunkt realisiert die REVA GmbH keine regionalen Projekte mehr, weil für diese keine EU-, Bundes- oder Landesförderungen angesucht werden können. Für die Leader-Region haben sich 17 Gemeinden zusammengeschlossen und einen Verein gegründet. Der Antrag wurde genehmigt. Mit Dezember 2013 geht die Projektphase zu Ende. Für 2014 läuft gerade die nächste Antragsphase. Es wird gerade an dem Konzept für einen neuen Antrag gearbeitet. Aus 17 Gemeinden sind vier Gemeinden, unter anderem auch Attnang-Puchheim, ausgetreten. Aktuell sind acht neue Gemeinden dazugekommen, wobei zwei bis drei noch in der Schwebe sind. Der Bezirk Vöcklabruck teilt sich derzeit in vier Leader-Regionen. Die Leader-Region Hausruckwald-Vöcklatal wird sich mit Ende 2013 auflösen. Unter Umständen schließen sich von der Leader-Region Hausruckwald-Vöcklatal zehn oder elf Gemeinden der Leader-Region Vöckla-Ager an. Die Leader-Region wird mit Abgaben finanziert, die an einem Bevölkerungsschlüssel gebunden sind. Pro Einwohner sind 83 Cent zu entrichten. Attnang-Puchheim hat ca Einwohner und daher hat die Stadtgemeinde verhältnismäßig mehr als andere Gemeinden gezahlt. Die Projektförderungen sind eher an kleinere Gemeinden gegangen. Die Partizipation war nicht wirklich gegeben, weil sich für Attnang-Puchheim nicht die richtigen Projekte ergeben haben. Die Bilanz war für Attnang-Puchheim negativ und daher werden sie ab 2014 nicht mehr teilnehmen. Leader-Region und Energieregion ist bis jetzt ident, d.h. die 17 Gemeinden und die gleiche Region. Die Gemeinden, die aus der Leader-Region ausgetreten sind, werden somit aus der Energieregion entlassen. Die neuen Gemeinden werden einladen in der Energieregion teilzunehmen. 125

133 Anhang Attnang-Puchheim war ein aktives Mitglied in der Energieregion. Laut Watzlik ist der Austritt der Stadtgemeinde mit einem Kommunikationsproblem verbunden, Seitens der Energieregion wurde im Gemeinderat klar und deutlich artikuliert, welche Konsequenzen mit dem Ausscheiden verbunden sind. Die Stadtgemeinde Attnang-Puchheim hat in Kooperation mit dem Technologiezentrum zweibis dreimal im Jahr Veranstaltungen zu aktuellen Energiethemen in Attnang-Puchheim abgehalten: E-Mobilität Klimabündnisbetriebe Aufklärungsveranstaltungen in der Phönixschule Neue Mittelschule Attnang- Puchheim Für die Klimaenergiemodellregionen gibt es spezielle Förderungen für kommunale Gebäude, wenn man aktives Mitglied in der Energieregion ist. Im Jahr 2013 hat Attnang-Puchheim mit den Förderungen eine 50 Kilowatt Peak Photovoltaikanlage im Freibad Apumare errichtet und mit den Förderungen aus dem Jahr 2013 wird am Dach der Freiwilligen Feuerwehr Attnang eine 20 Kilowatt Peak Photovoltaikanlage verbaut. Die Klimaenergiemodellregion Vöckla-Ager betreut kommunale Projekte. Ein Schwerpunkt sind Photovoltaikanlagen. Um die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen zu berechnen, wird eine Grundanalyse zum Energieverbrauch durchgeführt. Auf Basis dieser Analyse wird die angemessene Größe einer Photovoltaikanlage ausgeschrieben. Die Förderungen sind Investförderungen, d.h. es werden 30 Prozent der Investition gefördert. Investitionen in Photovoltaikanlagen sollen nicht auf Grund der Förderung getätigt werden. Die Einspeise- Tarife von ca. sieben Cent sind zu niedrig, damit sich eine überdimensionierte Anlage rentiert. Zum anderen werden im Rahmen der Klimaenergiemodellregionen Veranstaltungsreihen zum Thema Energie, Energiesparen oder Klimaschutz abgehalten, bei denen Frau Mag. Watzlik als Referentin agiert und zum anderen werden auch Referenten zu den verschiedenen Themen organisiert. Ein interessantes Projekt wurde gemeinsam mit Schulen erarbeitet. Mit Schülern und Lehrern wurden Filme über Energie- und Klimaschutzthemen gedreht. Die Schüler_innen haben mit 126

134 Anhang Passant_innen Interviews geführt, mit den Lehrern Veranstaltungen besucht und Kurzfilme darüber gedreht. Die Ergebnisse wurden auf eine Homepage gestellt. Ein für 2014 geplantes Projekt betrifft die Verkehrsplanung bei den Schulzentren in Vöcklabruck, bei dem die Lehrer_innen und Schüler_innen in den Verkehrsplanungsprozess eingebunden werden. Bei einem für April 2014 geplanten Projekt sollen Schüler_innen den Energieverbrauch (Mobilität, Gebäude und Verkehr) ihrer Schule erheben und daraus Potentiale für Verbesserungsmaßnahmen berechnen. Das Projekt befindet sich in der Vorbereitungsphase. Frau Watzlik nimmt gerade mit Schulen Kontakt auf. Das Projekt wird also von der Klimaenergiemodellregion begleitet, die mit einem eigenen Förderprogramm unterstützt wird. Frau Watzlik ist der Meinung, dass die Diskussion solcher Themen mit Jugendlichen und Kindern eine enorme Multiplikatorwirkung hat. Mit den Jugendlichen und Kindern werden auch die Familie, Freunde usw. erreicht. Betriebe und die Landwirtschaft werden mit Förderprogrammen unterstützt. Man versucht neue Ideen aufzugreifen und diese weiterzuentwickeln. Es wird laufend nach neuen Partner_innen gesucht. Die Kontaktaufnahme mit Betrieben erfolgt vermehrt zufällig. Betriebe reichen Ideen ein (z.b.: ein Speicherkonzept oder Kühlraumsystem für einen EDV-Raum), die von der Klimaenergiemodellregion aufgegriffen werden. Anschließend werden Projektpartner_innen gesucht (z.b.: die FH Wels) und gemeinsam mit den Projektpartner_innen werden Forschungsförderungsprogramme bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft zur Realisierung der Ideen beantragt. Ein großer Themenbereich ist die Mobilität. Bisher wurden nur Veranstaltungen abgehalten. Ein Pilotprojekt ist das TZA e-car-sharing. Für diesen Zweck ist bereits eine E-Tankstelle in Betrieb genommen worden und ein Elektroauto wurde angeschafft. Das eben genannte Fahrzeug soll tagsüber von den Mieter_innen des TZ Attnang genutzt werden können. Zudem wird eine Kooperation mit emorail angestrebt, die dieses Elektroauto in der Früh, am Abend oder am Wochenende den Bahnbenutzer_innen anbieten können. emorail ist ein Projekt der ÖBB. An Bahnhöfen werden Elektroautos für Pendler_innen zum Verleih zur Verfügung gestellt, um eine Anbindung in die Region zu ermöglichen. 127

135 Anhang Diese Nutzungsalternativen werden durch die attraktive Lage des TZ Attnang in Bahnhofsnähe ermöglicht. Auch die Gemeinden der Energieregion Vöckla-Ager sollen für e-car-sharing motiviert werden. Jede Gemeinde soll ein Elektroauto anschaffen und dieses den Bewohner_innen zur Verfügung stellen. Die Mitfahrbörsen in den Gemeinden sollen weiter forciert werden bzw. es soll ein Anreiz geschaffen werden, die Mitfahrbörsen besser zu nutzen. Zum Thema Energie werden Arbeitsgruppen organisiert, die sich aus Vertreter_innen aus Politik (zumeist Umweltausschuss) und der Gemeinde (Verwaltungsorgan) zusammensetzen. Alle zwei Monate wird eine Sitzung abgehalten und die Themen bearbeitet. Der Auseinandersetzung mit den diversen Themen ist vom Engagement der beteiligten Akteur_innen abhängig. Besonders engagierte bzw. aktive Akteur_innen treiben Themen voran. Die Intensivität ist von der Aktivität der Akteur_innen vor Ort abhängig. Gute Beispiele sind die Gemeinden Niederthalheim, Schwanenstadt oder Vöcklabruck. Schwanenstadt und Vöcklabruck beteiligen sich am E-GEM-Programm, ein vom Land gefördertes Konzept zur Energieeinsparung. Die Gemeinde untersucht gemeinsam mit einer/m Berater_in, welche Gebäude saniert werden können/müssen, wo kann man Energie einsparen, wo kann man erneuerbare Energien einsetzen. Veranstaltungen und Bewusstseinsbildung sind zentrale Themen. Das Thema mit der stärksten nachhaltigen Bedeutung für die Region ist der Verkehr. Der Verkehr ist nämlich mit der größten Problematik, mit den wenigsten Projekten bzw. Erfolgserlebnissen behaftet. Die Energieregion Vöckla-Ager ist eine Region mit vielen Bewohner_innen, mit vielen Arbeitsplätzen und vielen Institutionen. Die regionale Struktur ist sehr verstreut und der Individualverkehr ist enorm. Der öffentliche Verkehr schafft es nicht die verstreuten Siedlungen so anzubinden, dass die individuellen Bedürfnisse befriedigt werden können. So wird der private PKW genutzt. Ein Drittel des Energieverbrauches geht auf den Verkehr zurück, bei dem sich am allerwenigsten bewegt. Im Bereich Wärme werden die meisten Erfolge verbucht. Es werden sukzessive Häuser saniert oder neue Häuser gebaut. 128

136 Anhang Der Stromverbrauch ist sicher auch Thema. Aber dieses Thema ist jeder/m Einzelnen mehr bewusst, da jede/r individuell einsparen kann. In der Energieregion hängen die Visionen bezüglich Ressourceneffizienz sehr an den langfristigen Zielen von Bund, Ländern und der EU. Sie sind abhängig von der EU 2020 und von der Energiezukunft 2030 vom Land Oberösterreich. Die Initiativen der Energieregion zur Energiewende sind analog zur Energiezukunft 2030 in Oberösterreich: Forcieren von erneuerbaren Energieträgern Klimaschonende Umwelt Regionale Eigenversorgung und damit Unabhängigkeit in der Wertschöpfung Eines der größten Probleme bei der Umsetzung von nachhaltigen Themen in der Leader- und Energieregion ist die zur Verfügung stehende Kapazität an Mitarbeiter_innen. Derzeit ist in der Energieregion nur eine Mitarbeiterin für eine bestimmte Stundenanzahl (Teilzeit) beschäftigt. Die mangelnde Kapazität bewirkt, dass man sich den Themen nicht in der gewünschten Intensität und Schnelligkeit widmen kann. Eines der gravierendsten Probleme ist das Unverständnis von den handelnden Personen, dass der Klimawandel nicht von den Menschen verursacht wird. Der vom Menschen verursachte Klimawandel wird von verschiedensten Wissenschaftler_innen und Forscher_innen in ihren Modellen zu 99 Prozent belegt. Ein Prozent der Forschungsergebnisse ist noch mit ein paar Unsicherheiten belegt. Diese verbleibende Unsicherheit ruft Kritiker_innen hervor, die sich nur mit einschlägigen Informationen beschäftigen und mit ihrer Meinungsmache die Unsicherheit in der Bevölkerung schüren, z.b.: die E-Mobilität wird sich nicht durchsetzen der Klimawandel bzw. Temperaturerhöhung trifft nicht zu, weil Fakten und Zahlen auf eine Eiszeit hindeuten. Die Energieregionen in Österreich sind der Motor in der Entwicklung und sind ständig dahinter die Aufklärung voranzutreiben, dass in den Regionen der Wandel schneller vor sich geht. 129

137 Anhang Die Entwicklungen gehen in die richtige Richtung. Technologische Fortschritte in der E- Mobilität passieren in jedem Land in unterschiedlicher Geschwindigkeit, abhängig davon welchen Beitrag ein Land leistet. Von Zukunftsforscher_innen wird prognostiziert, dass sich die E-Mobilität in den nächsten zwei bis drei Jahren enorm entwickeln wird. Das wird auch vorausgesagt von Zukunftsforschern. Die E-Mobilität wird beispielsweise von Lars Thomsen als die Antwort am Automarkt gesehen. Ein Hemmschuh für den Durchbruch der E-Mobilität sind die kurze Reichweite und die hohen Anschaffungskosten. In einem Unternehmen ist die Materialeffizienz eine der wichtigsten Angelegenheiten, um erfolgreich zu sein. Die Materialeffizienz ist ständig ein Thema, weil ständig versucht wird kostengünstiger zu produzieren und gleichzeitig die Qualität zu verbessern, um wettbewerbsfähiger zu werden. Eine günstigere Produktion als die Mitbewerber_innen hilft, dass ein Unternehmen langfristig bestehen bleibt. Die Energieeffizienz wird von Unternehmen nicht in Angriff genommen, weil die Energie immer noch zu billig ist. Ein Projekt der Energieregion beschäftigte sich mit der Verbesserung der Energieeffizienz in einem produzierenden Unternehmen. Der Energieverbrauch sollte mit einem Tool festgestellt werden. Dem Unternehmen war es zu aufwändig eine/n Mitarbeiter_in abzustellen, der/die sich zwei Tage lang mit dem Tool im Rahmen eines Trainings beschäftigt. Das Tool war kostenlos und das Training für die/den Mitarbeiter_in hätte das Unternehmen Euro gekostet. Mit der Verbesserung der Energieeffizienz hätte das Unternehmen die Ausgaben schnell wieder erspart. Das Unternehmen hat der effizienten Produktion, der Qualitätsführerschaft und der Innovation mehr Bedeutung beigemessen, weil mit diesen Faktoren die Einnahmen des Unternehmens garantiert werden und nicht mit einer verbesserten Energieeffizienz. Die Unternehmen gehen aus Kostengründen sehr ressourcenschonend um, weil die Einsatzstoffe kostenintensiv sind. Bei der STIWA Group werden laut Watzlik alle Stoffe wieder verwertet und einem Recycling zugeführt. Die Lenzing AG verbraucht viele Einsatzstoffe, die im eigenen Unternehmen verwertet werden (z.b.: Abfallunternehmen im Betriebsgelände). Die Lenzing AG ist energietechnisch am letzten Stand. Ein Drittel der produzierten Energie verbraucht das Unternehmen selbst wieder. Kostengünstige Einsatzstoffe werden verschwendet. 130

138 Anhang Holzabfallprodukte haben einen dementsprechenden Preis und werden dementsprechend in der Region wieder weiterverwertet, weil die regionalen Fernwärmenetze diese Einsatzstoffe benötigen. In der medialen und politischen Betrachtung und wenn von Förderinstrumenten die Rede ist, da werden vorwiegend Energiethemen behandelt. 131

139 Anhang Anhang 4: Gespräch mit DI Peter Gilhofer am Einer der Auslöser für das Forum Attnang-Puchheim war die Diskussion über einen Stadtplatz. Der Rathausplatz kann sich nicht mehr erweitern. Zudem hat man am Rathausplatz in Attnang-Pucheim Probleme mit der Frequenz und freien PKW-Stellplätzen. Der Rathausplatz kann nicht mehr vergrößert bzw. erweitert werden, weil schon seit Jahrzehnten der Gebäudevorsprung in der Marktstraße mit den mehr oder weniger schönen Gebäuden (mit der Volksbank Vöcklabruck-Gmunden, dem Phönixsaal und der Spar Österreichische Warenhandels-Aktiengesellschaft) einen Keil zwischen den Rathausplatz und den Marktplatz treibt. Die architektonischen Gegebenheiten, die mangelnde Frequenz und die fehlenden Stellflächen sind ein Hemmnis, weshalb Gewerbetreibende und Händler_innen im Kerngebiet nicht ansässig werden. Es stellt sich also die Frage nach der Attraktivität des Standortes Attnang- Puchheim. Forum ist ein lateinischer Begriff und heißt übersetzt Ansammlung von Plätzen. Nachdem es nun in Attnang-Puchheim keinen ganz großen Platz gibt, muss eine Alternative erarbeitet werden. Der Rennerplatz, der Rathausplatz und der Marktplatz liegen geographisch fast auf einer Achse. Daher liegt es auf der Hand optisch mit diversen größeren oder kleineren Eingriffen eine Platzabfolge zu bewerkstelligen, die auch als solche zu erkennen ist. Dann ist der Rathausplatz als solcher per Definition nicht mehr nur der Rathausplatz für sich, sondern das Zentrum wird auf dieses sogenannte Forum erweitert. Das Forum Attnang-Puchheim ist kein Kunstbegriff, sondern der Begriff hat sich aus der tatsächlichen Vorortsituation ergeben. Die optische Verschönerung alleine reicht nicht aus, sondern das Forum muss auch gelebt werden. Das Forum Attnang-Puchheim ist eine Studie, die verschiedenste Konzepte beinhaltet: ein Verkehrskonzept und ein bauliches Konzept Für das bauliche Konzept müssen folgende Fragen gestellt werden: Wo kann man Baulücken schließen, um eine Verdichtung zu erzeugen? Wo kann man Grünflächen bewerkstelligen? Um diese Fragestellungen zu beantworten, ist das gesamte Gebiet um den Rennerplatz, den Rathausplatz und den Marktplatz untersucht worden. 132

140 Anhang Das Verkehrskonzept zeigt Missstände und alternative Konzepte auf. Ein/e Verkehrsplaner_in setzt dieses Verkehrskonzept um, weil Gilhofer kein ausgebildeter Verkehrsplaner ist. Jede Gemeinde umgibt sich mit einem Verkehrskonzept mit diversen Etappen. Mit dem Bau des Bahn- und Busbahnhofs gibt es tiefe bauliche Eingriffe in das Verkehrskonzept. Die Gemeinde hat in der Übergangsphase vom Bürgermeister Ludwig Glaser zum Bürgermeister Peter Groiß (2009) beschlossen das Konzept des Forum Attnang-Puchheim als Konzept für die Entwicklung des Kernbereichs Attnang-Puchheim heranzuziehen. Das Forum Attnang-Puchheim ist ein langfristiges Konzept und dient als Stütze, um die Idee des neuen Kerngebietes für die nächsten paar Jahrzehnte auf den Weg zu bringen. Das Konzept ist nicht in allen Details ausgearbeitet, um auf die aktuelle Vorortsituation reagieren zu können. Das Forum Attnang-Puchheim soll generell die Schwachpunkte und die ungenügenden Lösungen darstellen. Es ist ein Gedankenanstoß um den Missstand, vielleicht auch durch andere Umstände, zu beheben. Die Visualisierung der Problemsituationen ist für Gilhofer ein Medium, um eine Diskussion anzustoßen und den Ball den zuständigen Stellen zuzuwerfen. Das Forum Attnang- Puchheim ist mit diversen Beispielen untermauert, um einen Vergleich mit anderen Städten ziehen zu können und die Vorstellung der Entscheidungsträger_innen zu unterstützen. Die geplanten Maßnahmen sind eine finanzielle Frage. Die Gemeinde legt im Idealfall ein Budget zur Seite, um kontinuierlich kleine Maßnahmen zu realisieren. Das ist im Prinzip der Grundgedanke des Forum Attnang-Puchheim. Die Ideen des Forum Attnang-Puchheim werden in diversen Gremien besprochen und natürlich wird entsprechend dafür oder dagegen entschieden. Die Studie ist beispielsweise für die Wettbewerbsausschreibung Busbahnhof angefordert worden. Das Konzept soll immer als Ausgangslage dienen und Denkanstöße bieten. Gilhofer hat sich mit vergleichbaren Orten auseinandergesetzt und recherchiert. Grenchen in der Schweiz ist ein Industrieort und von der Struktur mit Attnang-Puchheim gut vergleichbar. Der Ort beherbergt nicht unbedingt große städtische Juwelen und ist dennoch ein Verkehrsknotenpunkt wie Attnang-Puchheim. Der Ort Grenchen war mit ähnlichen Problemen konfrontiert und hat für die Erarbeitung des Forum Attnang-Puchheim als Basis gedient. 133

141 Anhang Im Zuge der laufenden Busbahnhof- und Bahnhofsarbeiten wird es einen Eingriff geben, sodass die oben erwähnte Verbindung zwischen dem Rennerplatz und dem Rathausplatz spürbar erkennbar wird. Die Kochstraße trennt den Rennerplatz und die Straße des 21. April. Zwischen der Kochstraße und der Straße des 21. April ist eine Aufkantung geplant, um die Straße des 21. April als eine Ebene in den Rathausplatz hineinführen zu lassen. Die Maßnahme hat eine verkehrsberuhigende Wirkung auf die Kochstraße und es ist ein erster Schritt in Richtung Forum Attnang-Puchheim. Es wird keinen Gehsteig geben, sondern sogenannte Begegnungszonen auf einem (Fahrbahn-) Niveau. Mit der Re-Urbanisierung der Straßenzüge werden die Autofahrer_innen, die Radfahrer_innen und die Fußgänger_innen mit allen Rechten und Pflichten gleichbehandelt. Dieses Thema wird bereits in der Schweiz und in Süddeutschland seit längerem diskutiert. Österreich hinkt hier immer ein wenig hinterher. Radwege werden in Österreich immer mehr, doch die Maßnahmen dürfen sich nicht ausschließlich auf Radwege reduzieren. Die Idee ist in den Gemeinden angekommen und nun müssen sich die Gemeinden diesem Anforderungsprofil stellen. Der Vergleich mit anderen Orten ist zweckdienlich, um auf ihre Erfahrungen zurückzugreifen. Mit der Begegnungszone soll der Straßenraum bewohnt werden. Mit Bodenmarkierungen sollen die klaren Grenzen zwischen Gehsteig und Straße abgelöst werden. Sie ermöglichen den gleichen Ordnungseffekt wie die ursprüngliche Lösung auf einem einheitlichen Niveau, der den Verkehrsteilnehmer_innen (Parkender, Fußgänger und fließender Verkehr) verständlich ist. Der zur Verfügung stehende Straßenraum wird als multifunktionale Ebene wahrgenommen und bietet Möglichkeiten für Veranstaltungen (z.b.: Wochenmarkt am 134

142 Anhang Freitag). Ein Gehsteig oder eine Grünfläche kann für diverse Veranstaltungen ab und zu ein Hindernis darstellen. Der neu geschaffene Straßenraum könnte als offene und gleichzeitig überdachte Markthalle für Open Air Veranstaltungen wie Eislaufen oder Tennisspielen oder als Beschattungsmöglichkeit genutzt werden. Für die Beschattung ist es nicht ausreichend einen Baum oder Strauch zu pflanzen, sondern die Bedürfnisse sind zu berücksichtigen. Man kann sich relativ schnell an die Gegebenheiten anpassen. Der Grünraum soll nicht verdrängt werden, aber Attnang-Puchheim ist mit ausreichend Natur umgeben. Die Verhältnisse sind anders wie in Großstädten. Ein Grünraum ist von der Wertigkeit anders wahrzunehmen als in einer Großstadt wie Wien. Teil der Begegnungszone wäre eine Verkaufszeile, eine Allee mit Parkbänken oder eine Kaffee- bzw. Gasthaus Zone, um die Frequenz im Zentrum zu erhöhen. Die Begegnungszone geht Hand in Hand mit einem Verkehrskonzept für Autofahrer_innen, Radfahrer_innen und Fußgänger. Baulücken werden aufgezeigt. Alternativen für die Geschwindigkeitsregulierung werden dargestellt (z.b.: Straßenmöblierung). 135

143 Anhang Durch die Begegnungszone entstehen neue bzw. freie Geschäftsflächen. Gegenüber vom Markplatz stehen Gründe frei, auf denen ein Geschäftszentrum errichtet werden könnte. Die gesamte Fläche ist von Gilhofer m²-mäßig bewertet und untersucht worden. Eine Idee des Forum Attnang-Puchheim ist eine Tempo 30-Zone vom Europaplatz bis zum Rennerplatz. Einen Kreisverkehr am Europaplatz in Attnang-Puchheim wird es aus der Perspektive des Landes Oberösterreich niemals geben, weil die Bundesstraße eine Schwerlaststrecke ist. Sondertransporte müssten dann im schlechtesten Fall über diesen Kreisverkehr laufen. Die Verhinderungspolitik kann laut Gilhofer möglicherweise auf die finanzielle Lage des Landes Oberösterreich zurückgeführt werden. Die Situation am Europaplatz ist für Gilhofer ungenügend, aber es gibt in Attnang-Puchheim mehrere Flächen, die verkehrstechnisch problematisch sind. Für den Kreisverkehr am Europaplatz gibt es auch alternative Lösungen, die die Abwicklung des Verkehrs zwischen der Bahnhofstraße und der Römerstraße besser gestalten. Die derzeitige Vorrangstraßenregelung ist für die meisten Verkehrsteilnehmer_innen nicht eindeutig verständlich und erkennbar. Die derzeitige Situation verursacht bei einem erhöhten Verkehrsaufkommen eine Staubildung in der Römerstraße bis zur Schubertstraße. Vielleicht ist eine Änderung der Bodenmarkierungen ausreichend, um die Vorrangsituation eindeutiger zu gestalten. Attnang-Puchheim ist durch die Bundesstraße ein geteilter Ort. Man hat es in den 1950ern verabsäumt die Straße unterirdisch zu legen und somit eine Verbindung zwischen Attnang und Alt-Attnang zu ermöglichen. Natürlich stellt sich hier auch die Frage nach: den Ideen der Politiker_innen der Verantwortlichkeit der Politiker_innen der Umsetzbarkeit der Politiker_innen dieser Zeit. Die besten und vielleicht auch einfachsten Lösungen sind nun nicht mehr möglich und daher muss man alternative Wege erproben. Die Geschäftsleute im Stadtzentrum stehen in ständiger Konkurrenz mit den Einkaufszentren wie der VARENA Betriebsgesellschaft m.b.h oder der max.center Wels Betriebsgesellschaft m.b.h. Für die Geschäftsleute wird es immer schwieriger, weil durch die Ansammlung von 136

144 Anhang Geschäften und Kaffees in den Einkaufszentren die Konsument_innen ein vielfältiges Angebot, ausreichend Parkplätze oder eine Kinderbetreuung vorfinden. Mit den Einkaufszentren findet eine Entvölkerung der Ortskerne statt, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben. Die Idee der Einkaufszentren stammt aus den USA. Dort ist das Konzept der Einkaufszentren entwickelt worden, weil die amerikanischen Städte kein gewachsenes Zentrum haben. Die Städte werden auf einem Rasterbrett angelegt. Die Straßen ziehen sich in ökonomischer Form durch die Stadt. In Österreich haben wir diese Art des Einkaufens übernommen, weil dieses Einkaufen eine praktische Form darstellt. Diese praktische Form entwickelt sich zunehmend zu einem Moloch. In Deutschland darf ein Einkaufszentrum in einem Zentrum wie Vöcklabruck nicht gebaut werden. Die Dichte an Fachmarktzentren ist in Österreich bei weitem höher als in Deutschland. Gilhofer merkt an, dass den Einkaufszentren nicht die Schuld zu 100 Prozent alleine zugewiesen werden kann. Im Forum Attnang-Puchheim wird auch das Stellplatzthema angeschnitten. In der Kochstraße wären zusätzliche Parkplätze für die Schule notwendig. Es ist sinnlos den Autoverkehr zu negieren. Der Verkehr muss zugelassen und kanalisiert werden. Am Rathausplatz könnten um die Begegnungszonen Stellplatze entstehen und markierend Pflanzen angesetzt werden. Der Straßenraum wird vollkommen verändert. Sehr oft wird der Vergleich mit der Schweiz strapaziert, weil sie in diesem Bereich weiter entwickelt ist als Österreich. Dies ist laut Gilhofer durch ihr politisches System bedingt. Die Büger_innen sind relativ nahe am Entscheidungsprozess. Entscheidungen werden in der Schweiz umgesetzt, während in Österreich diverse Ideen im Sande vergehen. Das ist nach der Meinung von Gilhofer eine Frage des Naturells. In Österreich muss die Sachlage pressieren, damit Entscheidungen umgesetzt werden. Im Endeffekt hat sich Gilhofer zum Thema Gedanken gemacht, um die Attraktivität des urbanen Raumes visualisierend zu kennzeichnen. Das Forum Attnang-Puchheim ist ein Leitgedankenkonstrukt, damit die Leute auf der einen Seite einkaufen gehen können und auf der anderen Seite die Straße als Lebensraum nutzen können. Ohne das Gefühl zu haben, dass sie deplatziert sind. Das Forum Attnang-Puchheim bedeutet sehr viel Überzeugungsarbeit. Eine Veränderung des Ortbildes kann nicht von heute auf morgen geschehen. 137

145 Anhang Die Attnanger Wirtschaft (AWA) ist durchaus aktiv und agil im Vergleich zu anderen Orten: Schmankerlmeile Attnanger Meile An diesem urbanen Aktionismus sollen so viele wie nur möglich teilnehmen können, dies ist aber schwierig, wenn die örtliche Umgebung dafür nur bedingt einsetzbar ist. Ein großes Ziel ist die Autofahrer_innen aus dem Kernbereich hinauszubringen. Jede/r setzt sich für eine 30 Meter Fahrt ins Auto. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer_innen im Kernbereich bergen ein Gefahrenpotenzial für die restlichen Verkehrsteilnehmer_innen. Die Fahrradfahrer_innen benutzen den Gehsteig, weil Angst vor den motorisierten Verkehrsteilnehmer_innen besteht. Das trifft besonders auf ältere Verkehrsteilnehmer_innen zu. Man ist ressourcenschonend unterwegs, wenn ein PKW erst gar nicht gestartet wird. Dazu müssen optische oder gefühlsmäßige Anreize geschaffen werden, die den Gedanken an die Nutzung eines PKWs erst gar nicht aufkommen lassen. Die Leute sind mobiler denn je und das auch zunehmend im hohen Alter. Die Mobilität im hohen Alter soll gefördert werden, besonders die autofreie Mobilität. Man darf durch seine Mobilität nicht ständig in eine Gefahrensituation hineinmanövriert werden, denn in diesem Fall wirkt die autofreie Mobilität kontraproduktiv. Mobilität ist ein sehr dynamischer Prozess. Man muss die Bürger_innen für den eigenen Ort interessieren. Mit dem Interesse am eigenen Ort ist man im weitesten Sinne wieder ressourcenschonend, weil die Bürger_innen nicht den PKW bedienen und in das nächste Einkaufszentrum fahren. Eine Stadt wie Attnang-Puchheim ist im Prinzip ein lebendes Wesen, daher kann man den Grad der Umsetzung des Forum Attnang-Puchheim nicht festsetzen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Studie in den nächsten zehn Jahren nicht mehr den aktuellen Nerv der Zeit trifft. Andere Aktionen, die gesetzt oder angedacht werden, können bewirken, dass Teile des Forum Attnang-Puchheim nicht mehr umgesetzt werden können. Das Forum Attnang- Puchheim ist zu hinterfragen, wenn Aktionen gesetzt werden. Es ist ein dynamischer Prozess, der ein regelmäßiges Überdenken erfordert. 138

146 Anhang Ein Beispiel ist die Zeittaktung im Busverkehr beim neuen Busbahnhof. Damit der Busverkehr die Intervalle einhalten kann, wird es eine Veränderung auf der Bundesstraße geben. Das heißt, die Bundesstraße wird breiter oder es wird eine Lichtsignalanlage geben. Somit kann an einer anderen Stelle kein Kreisverkehr angedacht werden. Der Verkehr in einem Kreisverkehr soll sich ständig bewegen und folglich kann nicht innerhalb eines kurzen Abstandes eine Lichtsignalanlage errichtet werden. Das Ergebnis wäre ein Verkehrskollaps. In einer Stadt gibt es, unabhängig von der Größe, Schwerpunkte baulicher und funktioneller Natur, die ausstrahlen. Im Fall von Attnang-Puchheim sind es offensichtlich der Bahnhof und der Busbahnhof wie auch der Stadtplatz. Diese Knotenpunkte strahlen in andere Straßenzüge aus. Die Eingriffe in die Straße des 21. April strahlen in die Kochstraße, Kirchenstraße oder Brucknerstraße aus, weil sich die Verkehrslage verändert. Die Brucknerstraße wird bisher noch nicht im Forum Attnang-Puchheim berücksichtigt. Die Studie endet mit der Kirchenstraße und dem Busbahnhof. Aber mit dem Wissen der Studie im Hintergrund kann bei den anstehenden (Kanal-)Bauarbeiten in der Brucknerstraße diese in die Studie integriert werden. Diese Überlegungen wären ohne das Forum Attnang-Puchheim nicht denkbar. Die Wallfahrtsbasilika Maria Puchheim mit dem Kloster ist eine der schönen Seiten von Attnang-Puchheim. Die Integration dieser schönen Seite in das Zentrumskonzept zeigt nach außen, dass sich Attnang-Puchheim nicht nur von einer optimalen Infrastruktur zeigt, sondern dass der Ort durchaus Qualitäten hat. Attnang-Puchheim ist bekanntlich nicht eine der schönsten Städte im Vergleich zu anderen Orten im Salzkammergut. Nach Gilhofer neigen die Bürger_innen von Attnang-Puchheim dazu den Ort zu verlassen. Da Attnang-Puchheim ein Verkehrsknotenpunkt ist, wird dieser Umstand erleichtert. Man bleibt nicht im Ort und daher wird es für die Gewerbetreibenden immer schwieriger. Zum Einkaufen fährt man beispielsweise nach Vöcklabruck in das Einkaufszentrum. Das Zentrum in Vöcklabruck ist ein gewachsenes Zentrum, das durch die Stadttürme Vöcklabruck umrahmt wird und als solches auch erkennbar ist. In Vöcklabruck ist aber der Stadtplatz selbst ebenfalls so wenig belebt wie der von Attnang-Puchheim. Attnang-Puchheim braucht/kann sich mit den gewachsenen Stadtplätzen wie Vöcklabruck oder auch Schwanenstadt nicht messen. Man muss sich seiner Qualitäten bewusst sein. Die Vorzüge müssen hervorgehoben werden und müssen den Bürger_innen verkauft werden (z.b.: Schloss Puchheim, Kloster Maria-Puchheim oder der Bahnhof). 139

147 Anhang Der Shared Space beschreibt, dass sich Fußgänger und Autofahrer_innen auf einer Ebene bewegen. Beispiele sind Timelkam mit abgesenkten Gehsteigen und St. Georgen im Attergau mit Veränderungen am Straßenbelag. Eine Änderung des Straßenbelags klingt trivial, kann aber große Wirkung erzeugen. Die Bürger_innen setzen sich oft zu wenig mit einem Ort auseinander. Jede/r hat seine/ihre Gedanken. Man spricht aber hauptsächlich über die Missstände, aber nicht über die guten Seiten. Die Probleme sind eindeutig finanzielle Probleme. Ideen, Erfahrungswerte und Möglichkeiten zur Umsetzung der Studie sind ausreichend vorhanden. Es scheitert schlicht und ergreifend an der Finanzierbarkeit. Andere als wichtiger erachtete Anliegen (wie die Sicherstellung von Arbeitsplätzen oder Pensionen) werden auch berechtigterweise vorrangig behandelt und das Konzept Forum Attnang-Puchheim wird zurückgestellt. Die Weltwirtschaft hat mittlerweile auch kleine Orte erfasst. Oberösterreich ist ein Exportland und daher ist auch Attnang-Puchheim mitten im Geschehen. Die Orte müssen sich auf die Veränderungen der Märkte einstellen (z.b.: Freistellung von Mitarbeiter_innen in der Lenzing AG oder Doubrava). Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man zum Fahrrad oder zum PKW greift. Oberösterreich hat in den 1950ern und 1960ern viele Infrastruktur- bzw. Institutionsgebäude auf Grund des großen Nachholbedarfs errichtet (z.b.: Bahnhofsgebäude, Kindergärten, Schulen und dergleichen mehr). Diese Gebäude sind jetzt am Ende ihrer Lebensdauer angekommen und man kann diese Flut an plötzlichen Mängeln, die sich mehr oder minder über Nacht gleichzeitig eingestellt haben, nicht auf einen Schlag bezahlen. Das Land Oberösterreich ist bemüht die Bauten aus den 1960ern und 1970ern zu renovieren. In jeder Ortschaft sind die Schulen an der Reihe. Der Kindergarten in Attnang war ein Bau aus den 1960ern und 1970ern und die Renovierung war längst fällig. Die mangelnde räumliche Situation an den Schulen wird durch die neuen Erziehungswege und Erkenntnisse in der Bildung (z.b.: Krabbelstuben) verschärft. Die Anforderungen ändern sich ständig, sodass sich manche Probleme vergrößern und andere Probleme von selbst in Wohlgefallen auflösen. Ein weiteres Problem ist die Vielzahl der Meinungen. Arbeitskreise müssen eingeleitet werden und mehrere Fachleute oder Planer_innen müssen über dieses Thema nachdenken, weil die Probleme mehrere (Fach-)Gebiete umfassen. Viele Meinungen sind sehr gut, können aber auch hinderlich sein. Das liegt in der Natur der Sache. Die Meinungen sind unter einen 140

148 Anhang Hut zu bringen. Das Problem ist mehr eine Frage der Organisation. Gilhofer erhebt mit dem Forum Attnang-Puchheim keinen Anspruch auf allgemeine und uneingeschränkte Gültigkeit. Es ist ein Anstoß und darin ist auch der Wert der Studie zu sehen. Die Probleme wurden bereits erkannt, sonst hätte man das Forum Attnang-Puchheim nicht ins Leben gerufen. Die Studie veranschaulicht die Vielseitigkeit der Probleme und fasst die Grundproblematik zusammen (Europaplatz, Parkplätze bei der Schule, Bahnhof, ). Die von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellten Projekte (z.b.: Mobilitätsmanagement des Landes Oberösterreich) müssen auch angenommen und auf den Ort abgestimmt werden. Das Angebot (z.b.: Citybus und Citytaxi) muss für die effektive Nutzung in die richtigen Kanäle gelenkt werden. Die Ideen sind im Ansatz gut. Nur müssen sie reflektiert werden, weil nicht in jedem Ort das Angebot gleichermaßen angenommen wird. In einem Ort wird das Taxi besser angenommen und im anderen Ort wird der Bus mehr genutzt. Manche Linien des Citybus in Attnang-Puchheim werden nicht optimal angenommen und nicht genutzt. Die Bereitstellung kostet aber wahnsinnig viel Geld und dessen ist sich niemand bewusst. Ein nicht vorhandenes Angebot sorgt für Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Man kann nicht jede/n zufriedenstellen. Als Alternative zum Citybus werden vermehrt Citytaxifahrscheine ausgegeben und so werden Mittel frei, die anderwärtig eingesetzt werden können. Die Probleme müssen gereiht oder gestuft werden und ein Konzept muss entwickelt werden, um zu zeigen, welche Maßnahmen (z.b.: Infrastrukturangebot) notwendig sind oder werden. Die Bereitstellung von unbenutzten Citybus-Linien verschwendet unnötig Ressourcen. Die Ressourcen versickern und verpuffen. Das sind in globaler Perspektive gesehen Kleinigkeiten, die sich mit der Zeit aufsummieren. Gilhofer ist der Meinung, dass das Gießkannenprinzip des Verteilens immer mehr kritisiert wird. Die Geldströme müssen analysiert werden, um festzustellen, wo das Geld verwendet wird. Bisher ist es offensichtlich nicht notwendig gewesen sich damit auseinanderzusetzen bzw. es war bisher egal, weil noch relativ viele Reserven zur Verfügung stehen. Diese neigen sich dem Ende und man steht vor einem generellen Problem. Mit dem Forum Attnang-Puchheim beschäftigen sich eine Reihe von Akteur_innen: Gemeindeleitung Bauausschuss 141

149 Anhang Straßenausschuss Verschönerungsverein Regionalpolitiker_innen Bezirkspolitiker_innen Verkehrskonzept durch die komobile Gmunden GmbH Beispielsweise bei der Errichtung der Straßenbeleuchtung am Stadtplatz. Die Beleuchtung ist in die Jahre gekommen und soll neu elektrisiert werden. Auf die Entscheidungen hat eine Reihe von Akteur_innen Einfluss. Die Förderung des Fahrradverkehrs und die Steigerung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind Handlungsfelder, Strategien und Maßnahmen, um die Nahversorgung zu stärken. Die Förderung des Fahrradverkehrs wird mit dem Konzept Forum Attnang- Puchheim erreicht, indem die drei Plätze (Rennerplatz, Rathausplatz und Marktplatz) als Shared Space genutzt werden können. Die Politik kann zur Förderung des Fahrradverkehrs durch das Angebot zusätzlicher Radwege und durch entsprechend hohe Tankkosten lenkend eingreifen. Die Nutzung bzw. die Steigerung der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist eine Frage des Bewusstseins. Die Bürger_innen müssen wahrnehmen, dass sie durch die Nutzung der privaten PKWs im zunehmenden Maße für die Umweltverschmutzung mitverantwortlich sind. Die Menschen dürfen in ihrer eigenen Entschlusskraft nicht überfordert werden. Der Gutmensch, der gänzlich auf seinen PKW verzichtet, ist ein Wunschdenken. Man muss sich der Realität bewusst sein und feststellen, dass sich manche Menschen in ihren Entscheidungen nicht ändern werden. Man muss mit Geboten und Verboten arbeiten. Man muss den Menschen die Idee der Ressourcenschonung implantieren und ein Bewusstsein schaffen. Man braucht ein paar Anstöße in visueller Form. Ein Fahrradweg kann einen Anreiz bieten, um sich auf das Fahrrad zu setzen. Es werden sich deshalb nicht alle zum Gutmenschen entwickeln, aber die Voraussetzungen für eine bessere Akzeptanz sind gegeben und die Menschen sind eher bereit die diskutierten Ideen anzunehmen. Man redet im Prinzip immer von denselben Menschen, nämlich immer nur von uns selbst. Die Bewusstseinsbildung darf nicht nur ein geschriebenes oder gesprochenes Wort bleiben, sondern sie muss auch einmal zum Tragen kommen und es muss etwas verändert werden (z.b.: baulicher Natur). 142

150 Anhang Anderenfalls glaubt irgendwann keiner mehr daran. Gilhofer merkt an, dass die Bürger_innen von Attnang-Puchheim desillusioniert sind und nicht mehr an die Umsetzung des Forum Attnang-Puchheim glauben. Zu Vieles ist bisher diskutiert und letztendlich nicht realisiert worden. Die Öffentlichkeitsvertreter_innen haben die Aufgabe die Probleme aufzugreifen und auch umzusetzen. Das ist laut Gilhofer nicht als Vorwurf zu werten. Den Gemeinden sind die Hände gebunden. Die Gemeinden sind in ihrer Kapazität überfordert. Eine Umfahrung, ein Kreisverkehr oder Aufgaben in ähnlicher Größenordnung können von den Gemeinden nicht mehr gestemmt werden. Die Gemeinden sind in ihrer finanziellen Mobilität eingeschränkt, denn die finanziellen Mittel müssen in andere Bereiche investiert werden (vor allem in die Sozialausgaben). Für die Menschen ist es nicht akzeptabel mehr als 30 Meter zu gehen. In einem Einkaufszentrum wird das Gefühl vermittelt, dass alle Geschäfte mehr oder weniger in greifbarer Nähe sind. Insgesamt betrachtet, werden in einem Einkaufszentrum mit Sicherheit die gleichen Wege zurückgelegt wie beim Einkaufen in einem Ortszentrum. Ein Einkaufszentrum arbeitet mit den Reizen der Menschen und vermittelt das Gefühl interessant zu sein. Die Reize verändern sich derartig schnelllebig. Das ist laut Gilhofer eine Zeiterscheinung und wird in die Phase der Entschleunigung übergehen. Die Informationen der Fachmarktzentren werden viel kritikloser angenommen als die Werbemaßnahmen der AWA, obwohl das Angebot mehr oder minder ähnlich ist. In Attnang-Puchheim hat man nie den Eindruck, dass es ein Problem gibt einen Stellplatz zu finden. Man hat Angst sich den Veränderungen auszusetzen. Eine Veränderung der Einbahnregelung beim Busbahnhof verursacht einen Aufschrei der Gewerbetreibenden. Im Endeffekt wird sich aber nichts ändern und die Diskussionen haben sich innerhalb von 14 Tagen erledigt. Das Moderne wird aber widerspruchslos angenommen. Einerseits verlangt man Verbesserungen oder Veränderungen und andererseits will man beim Alten bleiben und man ist damit zufrieden. Das ist ein innerer Widerspruch, ein Paradoxon. Gilhofer stellt sich die Frage, ob es in naher Zukunft eine politische Entscheidung zu den Fachmarktzentren geben wird und man diese untersagt. Der Spar in Puchheim ist von der Puchheimer Straße in die Salzburger Straße verlegt worden. Aus verkehrstechnischer Perspektive wird mit der Verlegung Verkehr induziert. Der Einkaufsmarkt ist derart angelegt, dass man geneigt ist mit dem PKW hinzufahren anstatt zu 143

151 Anhang Fuß zu gehen. Im Prinzip wird der Kern entvölkert. Hier stellt sich die Frage, ob mit einem planerischen Konzept im Hintergrund diese Entscheidung auch derart getroffen worden wäre. Es wird zuerst gebaut und im Nachhinein stellt man Gedanken an, ob die infrastrukturelle Anbindung gut durchdacht ist. Für eine Gemeinde ist es schwierig richtig zu reagieren, weil die Fachmärkte eine unerhörte Macht besitzen. Die Standortentscheidung der Fachmärkte ist eine Verdrängungspolitik. Man nimmt mit der Standortentscheidung dem Konkurrenten die Möglichkeit ein Geschäft an einem Standort zu errichten. Die Tendenz zeigt, dass sich die Fachmärkte ständig vergrößern und die Märkte mit kleineren Flächen nicht das Auslangen finden. Das Angebot in der Versorgung wird immer vielfältiger und damit auch unübersichtlicher. Die Entwicklung ist zu hinterfragen, ob nicht die Versorgung mit kleineren Anbietern auch ausreichend ist. Die Fachmärkte verlagern sich an den Stadtrand und an die Bundesstraße und das verlangt einen PKW, um an das Ziel zu kommen. Eine Busverbindung zu den Einkaufsgeschäften ist nicht gegeben. Verkehr wird induziert und mehr Ressourcen werden beansprucht. Eine Busverbindung zieht eine Reihe von Problemen nach sich: Es wird ein Zebrastreifen benötigt, um die Straße sicher überqueren zu können. Der Zebrastreifen hat Einfluss auf die Frequenz. Die Geschwindigkeit wird reduziert. Mit der Zunahme an verkehrsbrechenden Elementen ist die Leistungsfähigkeit der Straße nicht mehr gegeben. Die Geschwindigkeitsvorgaben einer Straße greifen mit den Sicherheitsvorkehrungen ineinander. Mit der Reduktion der Geschwindigkeit vermindert man die Gefahr und man kann den Straßenraum kleiner gestalten. Man kann genau bewerten, welcher Straßenzug mit welcher Geschwindigkeit und Breite ausgelegt sein muss, damit ein Verkehrsfluss in dieser oder jener Form ermöglicht wird. 144

152 Anhang Anhang 5: Gespräch mit DI Herbert Grill am Für die Lenzing AG ist Holz der einzige Rohstoff, der für die Faserproduktion notwendig ist. Die anderen eingesetzten Stoffe sind Hilfs- und Betriebsstoffe. Die Lenzing AG verfolgt ein Ressourceneffizienz-Projekt der Regierung, bei dem Herr Grill Vorträge über das Konzept der Holzraffinerie gehalten hat. Aus dem Rohstoff Holz soll möglichst viel stofflich verwertet werden. Derzeit liegt die stoffliche Verwertung der Lenzing AG bei circa 50 Prozent. Die Forschung versucht die stoffliche Verwertung in Richtung über 50 Prozent weiterzuentwickeln. Laubholz ist der zentrale Inputfaktor, bei dem die Hürde bei 50 Prozent der stofflichen Nutzung liegt. Aus dem Laubholz werden 380 Kilogramm Zellstoff gewonnen. Als Nebenprodukt fallen vermarktbare 120 Kilogramm Nebenprodukte wie Essigsäure, Furfural und Xylose an. 50 Prozent müssen der thermischen Verwertung zugeführt werden. Derzeit verfolgt die Lenzing AG Ressourceneffizienzideen in einer Ideenbörse, an der sich jede/r Mitarbeiter_in beteiligen und einbringen kann. Mit diesem firmeninternen Exzellenzprogramm 2.0 werden Ideen zu Kosteneinsparungen gesammelt und Verbesserungsvorschläge erarbeitet, vor allem zu den Themen Personal-, Material-, Strom-, Gas- oder Wassereinsparungen. Dieses Projekt wird von der Boston Consulting Group begleitet. Das ist ein sehr intensiver Prozess mit dem Ziel der Kosteneinsparungen. Zum Thema Ressourceneffizienz werden alle Einsatzfaktoren wie Rohstoffe, Energie oder Wasser bearbeitet. Die Verbesserungsmaßnahmen zur Produktionsoptimierung laufen parallel. Wegen der schlechten Phase in der Wirtschaft müssen relativ schnell Kosten gesenkt werden, weshalb ein Personalprojekt umgesetzt wird, bei dem ziemlich viel Personal eingespart wird. Dieses Thema ist ausführlich in den Medien diskutiert worden. Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wird laufend über das betriebliche Vorschlagswesen (BVW), bei dem die Ideen prämiert werden, realisiert. Beim Exzellenzprogramm 2.0 werden die Vorschläge nicht prämiert. Jede Abteilung ist gefordert Ideen einzubringen. Das Exzellenzprogramm 2.0 und das betriebliche Vorschlagswesen sind zwei ganz unterschiedliche Prozesse. Das Exzellenzprogramm 2.0 ist ein aggressives Projekt um möglichst schnell Kosteneinsparungen zu verwirklichen, d.h. im Holzverbrauch, im Wasserverbrauch, im Stromverbrauch oder im Personaleinsatz. 145

153 Anhang Durch eine ressourceneffiziente Produktion und wenig Materialverluste können wiederum Energie, Wasser, etc. gespart werden. Operational Excellence ist ein Optimierungsprozess hauptsächlich für die Produktion. Inhalt ist Benchmarking innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Auf dieser Abbildung sind die Entwicklungen des Holzbedarfes in Österreich nach Säge, Rundholz, Sägenebenprodukte und die energetische Nutzung von Holz gegliedert lag die Nachfrage nach Brennholz bei 10 Millionen Festmeter. Im Jahr 2010 ist die Nachfrage auf ungefähr 19 Millionen Festmeter gestiegen und für 2020 werden circa 22 Millionen Festmeter prognostiziert. 146

154 Anhang Dieser Chart zeigt eine Prognose für Biomasse, die für die energetische Nutzung eingesetzt wird. Die Gesamtnachfrage entspricht der vorangegangenen Abbildung. Die Biomasse wird in die verschiedenen Kategorien Power Plants, Commercial Heating (Heizwerke), Pellets, Briketts und Firewood gesplittet. Das Firewood wird aller Voraussicht ein wenig zurückgehen. Durch die steigende Nachfrage nach Biomasse haben sich die Holzkosten und das Holzangebot auseinanderentwickelt. 147

155 Anhang Der Chart zeigt den Zuwuchs und Ernte nach den einzelnen Gruppen von Waldeigentümern. Die blaue Farbgebung im Chart veranschaulicht die natürlichen Verluste, also jenes Holz, das im Wald liegen bleibt und nicht aufgeforstet wird (Totholz). Totholz wird im Wald zur Förderung der Biodiversität liegengelassen. Das ist kein Nachteil, solange es nicht gerade Fichten sind, in denen Käfer herangezüchtet werden. Auch totes Holz beherbergt einige Tiere. Dieses Totholz wird vermehrt aufgearbeitet, weil es gut subventioniert und gefördert wird. Österreich ist nach China der zweitgrößte Rundholzimporteur der Welt. In Österreich ist viel Holz, das nicht geschlagen wird. 148

156 Anhang Die Abbildung zeigt das habitat of beech und den Holzvorrat, der für die Lenzing AG von Bedeutung ist. Die grüne Schattierung veranschaulicht das Vorkommen der Rotbuche. Die Radien zeigen das gegenwärtige und das zu erwartende Einzugsgebiet, wenn die Lenzing AG weiter wächst. Die Projekte der Energiemodellregionen, die aktuell diskutiert und auch umgesetzt werden, die sind hauptsächlich darauf ausgelegt, dass die Biomasse verstärkt eingesetzt wird. Die Agrarlobby, eine starke Lobby, und die Industrie vermitteln den Politiker_innen ihre Standpunkte. Bioenergie ist zurzeit populär und deshalb agieren Politiker_innen vorsichtig, um die Schwächen der Bioenergie aufzuzeigen. Das ist eigentlich der Hintergrund, weshalb die Lenzing AG massive Kampagnen gestartet hat, um diese Entwicklung bei der Biomasse aufzuzeigen. 149

157 Anhang Eine Studie der Pöyry Consulting zeigt, welche Lücke zwischen Angebot und Nachfrage entsteht. Im Jahr 2020 wird ein Mehrbedarf an Holz erwartet. Diese Thematik wird in regelmäßigen Abständen auf der Kooperationsplattform FHP (Kooperationsabkommen zwischen Forst, Holz und Papier) diskutiert. Verbraucher, Forst, Handel, Industrie, Säge, Papier, Zellstoff, Platten, Holzhandel und die Sägeindustrie haben Projekte zur Holzbilanz initiiert. Mit der Holzbilanz wird der Holzverbrauch in Österreich dargelegt und versucht ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Der Forst hat in Wahrheit wenig Anreiz Verständnis für die Industrie zu zeigen und handelt völlig rational, weil ohne die Bioenergie als Ausweichmöglichkeit die Industrie den Holzmarkt diktiert hat. Früher gab es andere Holzpreise. Aus den bisherigen Entwicklungen Holzpreisentwicklung kann entnommen werden, dass seit 2002, seit das Ökostromgesetz in Kraft getreten ist, die Lenzing AG von einer sich jährlich verschlimmernden Situation in der Holzversorgung betroffen ist. Aus dem Chart kann abgeleitet werden, dass Österreich einen riesigen Anteil an Importen hat. Von den sawblogs, die Bleche für die Sägewerke, werden 4,63 Millionen Festmeter, vom pulpwood werden 2,14 Millionen Festmeter, das Rundholz für die Zellstoff- und Papierindustrie und von den chips and sawdust als Sägenebenprodukte werden 1,24 Millionen Festmeter importiert. In Summe hat Österreich einen Totalimport, ungefähr 8½ Millionen Festmeter bei einem Gesamtbedarf von insgesamt circa 26 Millionen Festmeter, d.h. 30 bis 35 Prozent müssen bereits importiert werden. Dabei stellt sich die Frage, wie nachhaltig diese Vorgehensweise ist. 150

158 Anhang Im Großwald könnte ein Zuwachs von circa 15 Prozent erzielt werden, wenn das nicht genutzte Holz verarbeitet wird. Bei einem Bedarf von 18 Millionen Festmeter sind 15 Prozent 1,2 Millionen Festmeter. Diese Menge kann entnommen werden, ohne dass die Umwelt gefährdet wird. Der gesamte Bedarf kann aber nicht abgedeckt werden. Die Industrie muss immer noch sechs Millionen Festmeter einführen, weil die Nachfrage weit über dem österreichischen Holzzuwachs liegt. Gleichzeitig wird auf der anderen Seite Biomasse als unendlich zur Verfügung stehende Ressource verkauft. Der ungenutzte Waldbestand kann nicht aufgeforstet werden, weil dieser im Besitz vieler kleiner Eigentümer_innen ist. Für diese Eigentümer_innen ist der Waldbesitz keine Einkommensquelle, sondern ein Investment oder Absicherung. Sie sind nicht auf den Verkauf von Holzprodukten angewiesen, auch wenn der Holzpreis zurzeit hoch ist. 151

159 Anhang Die Entwicklung der Brennstoffe zeigt, dass das Scheitholz erwartungsgemäß ein wenig zurückgehen wird. Die Power Plants sind (kleine) Biomasseheizkraftwerke, die durch die Verbrennung fester Biomasse elektrische Energie und Wärme erzeugen, die als Fern- oder Nahwärme genutzt werden kann. Diese sind am konkurrenzfähigsten. Das Commercial Heating sind die Heizwerke, die heutzutage beinahe in jedem Dorf anzutreffen sind. In Attnang-Puchheim gibt es die BioWärme Attnang-Puchheim GmbH, an die die Fernwärme Attnang-Puchheim GmbH angeschlossen ist. Die BioWärme Attnang- Puchheim GmbH wird von den Bundesforsten mit Biomasse versorgt. Das derzeitige Hauptproblem ist ein stetig steigender Holzpreis, der mit der Subventionierung bzw. Förderung der Biomasse verbunden ist. Nachwachsende Rohstoffe können durch die stoffliche Nutzung ressourceneffizient eingesetzt werden. In letzter Zeit werden laut Grill die natürlichen Ressourcen nicht mehr effizient eingesetzt, denn einerseits müssen immer mehr Rohstoffe importiert werden und andererseits werden gleichzeitig die einheimischen Holzverbrenner_innen gefördert. Die Lenzing AG produziert aus den 50 Prozent, die nicht stofflich verwertet werden können, mit einer Effizienz von ungefähr 90 Prozent Wärme, Strom, usw. Die Lenzing AG wird in der Produktion als österreichisches Ökostromunternehmen gezählt, das Unternehmen bekommt dafür aber die Fördertarife nicht. Die Lenzing AG bekommt keine Ökostromprämie, weil der/die Gesetzgeber_in die Meinung vertritt, dass das Unternehmen keine andere Möglichkeit 152

160 Anhang hat als die restlichen 50 Prozent thermisch zu verwerten. Es gibt keine Entsorgungsalternative. Für das Werk der Lenzing AG in Tschechien erhält das Unternehmen einen Ökostrom- Einspeise-Tarif. In den USA leben ganze Zellstoffwerke von den Ökostrom-Tarifen und dem Green Energy Bonus. In Österreich ist das nicht der Fall, weil die Gesetzgebung nicht entsprechend ist. Die nachwachsenden Rohstoffe werden nicht effizient eingesetzt, weil teilweise industrieverwertbare oder stofflich verwertbare Hölzer primär in die Energie eingehen. Die 90 Prozent des Energiebedarfs der Lenzing AG werden aus eigenen Abfällen und Abfällen aus der Sägeindustrie, die zugekauft werden, abgedeckt. Für die unternehmensinterne Biomasseverbrennung werden auch Abfälle eingesetzt, die stofflich nicht tauglich sind. Ungefähr 60 bis 65 Prozent des Biomassebedarfs des Biomassekraftwerkes in Timelkam, wird von der Lenzing AG gedeckt, z.b.: stofflich nicht verwertbare Rinde, Waldrestholz, Astholz, Schwemmholz aus den Kraftwerken an der Donau, nicht belastetes Recyclingholz also Altholz. Die Lenzing AG versorgt das Biomassekraftwerk Timelkam mit Biomasse, das der stofflichen Verwertung absolut nicht fehlt und dieser Ansatz wäre laut Grill der eigentliche Sinn einer effizienten Biomassenutzung. Das Biomassekraftwerk Timelkam versorgt wiederum einen Teil von Timelkam. Das Biomassekraftwerk produziert hauptsächlich Strom, weil das Kraftwerk ganzjährig geführt wird, und im Winter Fernwärme als Nebenprodukt. Im Sommer hat das Kraftwerk ein Effizienzproblem, da Wärme nicht gefragt ist. Die Lenzing AG hat Probleme mit der Wärme. Die überschüssige Wärme muss gekühlt werden, weil das Unternehmen keine/n Abnehmer_in für die überschüssige Wärme hat bzw. weil die Wärme in kein Fernwärmenetz eingespeist werden kann. Nachdem das Netz in Vöcklabruck zumeist über Timelkam versorgt ist, hat das Unternehmen keine Chance die Wärme einzuspeisen. Die Lenzing AG würde einen Absatz für ihre Wärme bevorzugen und Abnehmer_innen mit Wärme versorgen als Kühltürme zu bauen. Es gibt in dieser Gegend mit den Fernwärmenetzen genügend Wärme, die schon vorhanden ist und von 153

161 Anhang anderen betrieben werden. Es gibt in Lenzing kein Interesse an der Wärme der Lenzing AG, weil schon das Netz vorhanden ist bzw. das Biomassekraftwerk Timelkam die Wärme einspeist. Das Biomassekraftwerk Timelkam hat riesige Gasturbinen und andere Wärmequellen. Das Kraftwerk produziert mehr Wärme als es verbrauchen kann und daher ist auch kein zweites Netz notwendig. Die Lenzing AG könnte die Versorgung des bestehenden Fernwärmenetzes an Stelle des Biomassekraftwerks Timelkam übernehmen, weil Ende 2015 läuft der Konsens ab und es wird einen anderen Einspeisetarif für Strom geben und dann kann es durchaus sein, dass das Biomassekraftwerk mit den irrsinnigen Preisen unrentabel wird. Es gibt Vereinbarungen, wonach die kaskadische Nutzung bei ähnlichen Preisen zu bevorzugen ist. Die Lenzing AG bekommt keine Förderungen, weil die Förderung in eine falsche Richtung geht. Die Förderung für die Biomasse muss aus der Sicht der Lenzing AG ein bisschen zurückgenommen werden, denn dann ist es nicht mehr leistbar die Biomasse rein der energetischen Nutzung zuzuführen. Die stoffliche Nutzung wird wieder interessanter. Ausschließlich die wirklichen Abfälle gehen in die primäre Verbrennung. Die Lenzing AG fordert, dass für die Biomasseanlagen eine viel höhere Effizienz gefordert wird. Ab 2015 muss die Effizienz der Kraftwärmekoppelung bei mindestens 60 Prozent liegen, wobei im Vergleich dazu die Effizienz der Biomasse in der Lenzing AG bei circa 87 Prozent liegt. Ein Effizienzgrad von 60 Prozent ist laut Grill immer noch eine Verschwendung, aber zu mindestens ein Ansatz in die richtige Richtung. Bis jetzt gibt es noch gar keine Richtlinien, es sind alle Biomasseanlagen gefördert worden, auch wenn diese nur einen Effizienzgrad von 30 Prozent haben. In der Verordnung zum Ökostromgesetz wird der Effizienzgrad von 60 Prozent gefordert. Das Biomassekraftwerk Timelkam muss daher ab 2015 die Effizienz auf 60 Prozent steigen. Das Ziel wird schwierig zu erreichen, da das Kraftwerk im Sommer keinen Wärmeabsatz hat. Biomasseanlagen dürfen nicht künstlich aufrechterhalten werden, wenn diese ineffizient sind. Die Grafik zeigt die Entwicklung der Holzpreise und der Importmengen, d.h. die Entwicklung des allgemeinen österreichischen Industrieholzpreises und den Anstieg der Importquoten der letzten Jahre. 154

162 Anhang Von der Zellstoff- und Papierindustrie (ZPI) gibt es eine Studie, um wie viel wertvoller der stoffliche gegenüber dem energetischen Einsatz ist. Mit beispielsweise dem Energy Globe Award wird für die Energie aus Biomasse eine hohe Glaubwürdigkeit und Popularität geschaffen. In Ungarn wird kein Holz mit einem Durchmesser über zehn Zentimeter in die Biomassekraftwerke gefördert, d.h. das wirklich stofflich uninteressante Holz soll thermisch verwertet werden und der Rest soll in die kaskadische Nutzung. In Ungarn ist dies in einer Gesetzesänderung verankert. In Österreich will die/der Gesetzgeber_in will nicht eingreifen, weil die Agrarlobby zu stark ist. In den Medien wird der Eindruck vermittelt, dass Bioenergie und erneuerbare Energien gut sind und diese in unendlicher Menge zur Verfügung stehen würden. Es würden noch große Mengen zur Verfügung stehen. Es ist aber Eigentümerentscheid, wann und ob der Wald geschlagen oder geerntet wird. In Österreich gibt es ungefähr Waldeigentümer_innen, die keine regelmäßige Ernte durchführen und daher kann maximal 75 Prozent des Zuwachses entnommen werden. In der Europäischen Union wird in Summe nur circa 60 Prozent des Zuwachses entnommen, d.h. 40 Prozent wird aus Eigentümerwillen nicht entnommen. Bei öffentlichen Projekten werden immer unendlich große Zahlen genannt, dass es in Österreich viele Reserven an Biomasse gibt. Diese Reserven werden auf Grund von Eigentümerentscheiden oder auf Grund von der Unzugänglichkeit in Gebirgslagen nicht genutzt. Die Entwicklung in den letzten zehn Jahren betrifft nicht nur die Lenzing AG, sondern auch die Projektbetreiber_innen der Kraftwerke, weil die gebauten power plants mit ganz anderen Rohstoffkosten kalkuliert worden sind. Durch die Förderungen sind die Biomasseanlagen erst ermöglicht worden, denn ohne diese Förderungen hätten sich die ganzen Kraftwerke nicht durchgesetzt. Der Chart zeigt die Entwicklung des Holzbezugs und der Holzkosten. Durch die kaskadische Nutzung von Holz werden die Wertschöpfung (BIP) und die Beschäftigung gesteigert. Durch die stoffliche Nutzung werden sechs bis 13mal mehr Arbeitsplätze gesichert. Die Importquoten bis

163 Anhang Der Preis, die Menge und die Bezugsentwicklung Die Großanlagen Die rückläufige Holzverfügbarkeit im frachtnahen Ausland zwingt zu Fernimporten, weil von der europäischen Nachbarschaft nicht mehr importiert werden kann. Die Importquote liegt bei 40 % Diese Umstände bringen die Lenzing AG und die Betreiber_innen von großen Anlagen in große Schwierigkeiten. Das hat dazu geführt, dass die Energie Burgenland AG und vor einem Jahr die Strom und die Wärme aus Holz, Heizwerke Errichtungs-Betriebs GmbH (SWH) in Konkurs gegangen sind. Es wurde mit ganz anderen Eingangsrohstoffkosten gerechnet und die Eingangsrohstoffkosten sind mit den Preisen gewaltig nach oben gestiegen. In den letzten zehn Jahren sind die Spannplatten-, Zellstoff- und Papiererzeuger_innen von Holzpreiseinstandssteigerung in der Höhe von 60 Prozent betroffen. Die MDF-Hallein GmbH & Co KG schließt Ende März 2014 das Werk in Hallein. Es gehen 111 Arbeitsplätze verloren, weil die Rohstoffkosten für das Unternehmen in den letzten Jahren extrem hoch geworden sind. Das ist laut Grill auch der Anfang von anderen Unternehmen. Mit den Biomasse-Anlagen ist ein/e künstliche/r Konkurrent_in für die stoffliche Nutzung von Ressourcen aufgebaut worden. Die stoffliche Nutzung muss mehr oder weniger ohne Förderungen auskommen, während die thermische Nutzung stark gefördert wird. Volkswirtschaftlich ist es vernünftiger Arbeitsplätze zu sichern und die chain of value könnte durch die kaskadische Nutzung verbessert werden anstatt Biomasse sofort thermisch zu nutzen. Mit dem CO 2 -Ziel der EU2020 sollen die Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 20 Prozent gesenkt werden. In der Zeit von 1990 bis heute ist die Produktion erhöht worden, sodass diese Ziele eine Illusion sind. In Österreich hat man sich selbst besonders hohe Ziele gesteckt. Die Lenzing AG hat die Unit-Ausstöße pro Tonne Zellstoff bzw. pro Tonne Fasern gesenkt, aber die Produktion hat sich seit 1990 verdoppelt. Die Veränderungen sind absolut angedacht und das ist aus der Sicht von Grill eine Illusion. Der eigenen Industrie wird im Gegensatz zu anderen Staaten wie den USA das Leben erschwert. Die USA hat ebenfalls Fortschritte erzielt, sind aber nicht durch sich selbst getrieben. Die Industrie in Europa muss aufpassen, dass sie dem harten internationalen Wettbewerb nicht mehr folgen kann. Ohne Industrie ist nichts möglich. Die VOEST hat in den USA investiert, weil dort Rahmenbedingungen für 156

164 Anhang Unternehmen besser sind. Die Lenzing AG hat mit circa 99 Prozent durch Rückgewinnungen die Kreisläufe geschlossen. Die Wasserqualität ist im Vergleich zu anderen Viskosewerken bei weitem besser und trotzdem müssen zudem in Europa Auflagen erfüllt werden, die die Wettbewerbsfähigkeit verschärfen. Mit zehn Prozent der Investitionen könnten in China Welten bewegt werden. Mit den Investitionen können in China Verbesserungen 30 auf 50 Prozent erreicht werden, während die Lenzing AG Verbesserungen von beispielsweise 99,3 % auf 99,5 % erzielt. Europa degeneriert in diesen Angelegenheiten und schaut zu wenig über den Tellerrand. Verbesserungen der Umwelt, des Wassers, der Abluft, der Abgasreinigung, dürfen nicht erzwungen und mit Gesetzen verschärft werden. Die österreichische Industrie ist in dieser Hinsicht top. Die Hürden für die Industrie werden zu hoch und Strafen müssen bezahlt werden, weil die eigens gesetzten Ziele nicht erreicht werden. Initiativen sollten abgewogen werden. Es haben sich sicherlich auch Vorteile ergeben, dass man weniger Alt- Energien (Erdöl oder Erdgas) importieren muss. Es muss der goldene Mittelweg gefunden werden. Ineffiziente Biomassekraftwerke dürfen nicht ohne Ende gefördert werden. Die Großverbraucher_innen wie zum Beispiel Simmering sind die Konkurrent_innen. In Timelkam werden die wenigsten stofflich verwertbaren Produkte eingesetzt. Die Linz AG hat eine 28 Megawatt-Anlage. Die thermische Anlage in Timelkam hat 49 Megawatt. Die Linz AG hat die Förderrichtlinie vom Land OÖ, Sie wird noch mit dem Landesgesetz gefördert. Sie bekommt eine Förderung von 350 Prozent vom Strommarktpreis. Wenn etwas mit 350 Prozent gefördert werden muss, dann ist eine Anlage nicht lebensfähig. Das Credo: Bioenergie und feste Biomasse keine Frage, aber zuerst stofflich und dann thermisch verwerten, das ergibt volkswirtschaftlich absolut den meisten Sinn. 157

165 Anhang Anhang 6: Gespräch mit DI Dr. Horst Steinmüller am Steinmüller ist meiner Meinung, dass es zurzeit zwei Zugänge zur Ressourceneffizienz gibt. Ein Zugang ist mit Sicherheit das Thema Energie, in dem Ressourceneffizienz der Energieeffizienz entspricht. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es vielen Akteur_innen nicht um Ressourceneffizienz geht, sondern um die Ableitung, die ich davon machen kann. Die klassische Ressourceneffizienz ist der zweite Zugang und ist laut Steinmüller wiederum zweigeteilt. Einerseits soll der Einsatz bestehender Rohstoffe optimiert werden. Mit Geldüberlegungen im Hintergrund geht das Konzept der Cleaner-Production bis in die 90er Jahre zurück. Der Hauptantrieb war/ist die energetische oder monetäre Verwertung von Nebenprodukten. Die Verwertung ist immer billiger als der Zukauf. D.h. ein Verlust an monetären Ressourcen bleibt bei diesem Ansatz immer bestehen. Ressourceneffizienz bedeutet auch kritische Rohstoffe durch andere zu ersetzen. Man muss darüber nachdenken, ob die heute im Bereich der modernen Elektronik eingesetzten Rohstoffe durch etwas anderes ersetzt werden können und ob es im nächsten Schritt ein vernünftiges Recyclingverfahren dazu gibt. Recycling ist aus der Sicht von Steinmüller ein Grenzgang. Es stellt sich nämlich die Frage, ob Recycling ressourceneffizient ist, weil beim Recycling zuerst Abfall anfällt. Recycling wird innerhalb der cradle to crave -Überlegung auch als ressourceneffizient dargestellt. Puristisch gesehen, stellt sich bei Ressourceneffizienz wirklich nur die Frage, mit wie viel weniger an Rohstoffen kommt man aus, um nicht das entsprechende Produkt, sondern um die entsprechende Dienstleistung zu erbringen. Das ist gerade im Energiebereich ganz wichtig, dass man nicht darüber nachdenkt, wie viele Kilowattstunden müssen eingesetzt werden, dass man ein bestimmtes Ziel erreicht, sondern wie viele Kilowattstunden braucht man, um eine bestimmte Dienstleistung zu erfüllen, z.b.: um eine Raumtemperatur von 22 C zu erreichen. Das Energieinstitut an der JKU beschäftigt sich ausschließlich mit Energieeffizienz-Projekten. Gemeinsam mit Energieversorger_innen wird unter Zuhilfenahme von Smart Metern überlegt, welche Energieeffizienzsteigerungen bei Haushalten möglich sind. Steinmüller hat privat einen Stirling montiert, um zu überprüfen, inwieweit durch den Einsatz und die Verstromung von Erdgas, in Summe im Gesamtsystem es zu einer Effizienz kommt, weil damit intern keine Verluste entstehen. 158

166 Anhang Das Energieinstitut erstellt aktuell eine Roadmap für die energieintensive Industrie. Die Forschungs- und Entwicklungs-Roadmap soll den Bedarf an Energie bei einer stetigen Entwicklung untersuchen. Man muss davon ausgehen, dass ein energieintensives Unternehmen ein bis zwei Prozent per anno Effizienzsteigerung vorweisen kann. Nicht von Einsparungen ist die Rede, sondern von Effizienzsteigerung pro produziertem Produkt. Angetrieben durch den europäischen CO 2 -Zertifikatehandel wird eine Einsparungsnotwendigkeit von zwei Prozent per anno notwendig. Hier stellt sich die Frage, ob die angepeilte Einsparung mit einer kontinuierlichen Verbesserung geschafft werden kann oder ob wirklich Sprungfunktionen in der Entwicklung zwingend sind, z.b.: die substitutive Entwicklung. Steinmüller rückt die Idee der zu erbringenden Dienstleistung in das Zentrum seiner Visionen: Bei der Entwicklung eines Kraftfahrzeugs muss bedacht werden, dass sich die Käufer_innen mit einem bestimmten Komfort von A nach B bewegen wollen, wobei unterschiedliche Komforthierarchien definiert werden können. Jede Komforthierarchie erfüllt unterschiedliche Ansprüche. Muss für die Strecke von A nach B ein eigener PKW beansprucht werden oder kann eine gleichwertige Dienstleistung die Bedürfnisse erfüllen? Muss die Strecke von A nach B überhaupt zurückgelegt werden oder genügen vernünftige Alternativen, um den gewünschte Effekt zu erreichen, z.b.: Skype? Der Dienstleistungsgedanke und generell bei Energiedienstleistungen ist einer der bedeutendsten Ansätze, um Ressourcen zu sparen die Idee der Ressourceneffizienz wird von hinten nach vorne durchdacht. Über digitale Medien können ohne Probleme geschäftliche Besprechungen abgehalten und Ressourcen gespart werden. Bei Dienstreisen kann: die persönliche Zeit eingespart werden und beispielsweise eine Zugfahrt muss nicht zurückgelegt werden obwohl bei dieser Betrachtung muss berücksichtigt werden, dass der Zug auch fährt und nicht mehr braucht, ob dieser in Anspruch genommen wird oder nicht. Diese Fragestellung muss man sich selbst stellen: Was will man letztendlich erreichen? 159

167 Anhang Aus welcher Motivation wird beispielsweise eine Dienstreise angetreten? Die Idee von der Dienstreise kann bis hin zur Stahlproduktion getragen werden. Ein Unternehmen will keine Tonne Stahl produzieren, sondern es möchte als Endprodukt beispielsweise eine Autokarosserie erzeugen. Dazu ist es notwendig darüber nachzudenken, wie viel Tonnen Stahl müssen eingesetzt werden, um diese Karosserie produzieren zu können. Diese Dienstleistungsüberlegung ist für Steinmüller der Schlüssel für ein völlig neues Denken. Man muss abwägen, ist das Produkt oder die Dienstleistung von Interesse. Nach der Dienstleistungsüberlegung muss auf der Produktebene überlegt werden, wie die Ansprüche der Dienstleistung mit welchen Produkten erfüllt werden können und wie diese Produkte am effizientesten gestaltet werden können. Die größten Probleme sind die mangelnde Bereitschaft umzudenken und aus gesellschaftspolitischer Sicht liegt das Problem in der Form, wie diese Thematik politisch angegangen wird. Laut Steinmüller braucht es eine völlig neue Form von Governance. Es bedarf neuer Bewertungsnotwendigkeiten und da wird die Erweiterung der Darstellung des Bruttoinlandsprodukts das Wohlfahrtsprodukt andiskutiert. Die zweite Problematik betrifft die Rohstoffe, die eindeutig zu billig sind. Solange es vernünftiger ist frische Rohstoffe zu kaufen anstatt ein vernünftiges Sparsystem aufzubauen, ist es nicht zielführend ein Umdenken in Erwägung zu ziehen. Im Energiebereich ist die Darstellung etwas leichter darzustellen als im Bereich der klassischen Ressourcen. Im Energiebereich gibt es eine/n Anbieter_in und eine/n Abnehmer_in. Wenn Energieeffizienzmaßnahmen gesetzt werden, dann werden diese vom/ von der Abnehmer_in gesetzt, also beispielsweise einem Industrieunternehmen. Ein Industrieunternehmen hat eine übliche Abschreibungszeit von drei Jahren, ein/e Versorger_in eine von zehn Jahren. Alleine über den Kapitaldienst ist jegliche Megawattstunde, also bisher eingesparte Stunde, einfach teurer. D.h. man braucht dazwischen eine/n Dienstleister_in, die/der das ausgleicht. Das Thema wird von den verschiedenen Akteur_innen, angefangen von der Forschungspolitik bis zur Umsetzungspolitik, mit unterschiedlicher Intensität gesehen. Angetrieben wird das Thema sehr oft von europäischen Vorgaben, wie die Öko-Design-Richtlinie oder die Energieeffizienz-Richtlinie. Dieser Effizienzgedanke ist politisch verankert. 160

168 Anhang Auf der Interessensvertretungsebene wird das Thema mit dem Gedanken der Rückkoppelung diskutiert, dass jede/r versuchen wird die getätigten Investitionen solange wie möglich im System zu halten, um seine Abschreibungen unterzubringen. D.h. eine Investition muss bedeutend besser sein als eine bereits getätigte Fehlinvestition, damit diese Investition umgesetzt wird. Es wird auf Investitionen verharrt. Bei bestimmten Entwicklungen wird relativ viel Geld investiert. Die Entwicklungskosten müssen erwirtschaftet werden. Für die Analyse müssen eigentlich nur die Rohstoff- bzw. Produktionskosten eines Automobils im Vergleich zum Verkaufspreis gestellt werden. Die Differenz wird über das Marketing, aber auch über Kosmetikkorrekturen beim Automobil erwirtschaftet, sodass die Entwicklungskosten reduziert werden. Die verschiedenen Akteur_innen vertreten unterschiedliche Ansichten und daher ist es auch teilweise schwierig diese verschiedenen Anschauungen zu kombinieren Daher ist es notwendig den Bogen aufzuspannen, denn Effizienz ist keine monokausale Lösung. Effizienz ist die Summe vieler kleiner Lösungen, die entsprechend für eine bestimmte Lösung zusammengespannt werden müssen. Das Problem in der Akteurs- bzw. Prozesskettenanalyse ist der Missing Link in dieser Kette. Gerade auf regionaler Ebene kann der/die notwendige Akteur_in fehlen, damit der Effizienzablauf über die gesamte Kette gegeben ist. Teilweise merkt man aber nicht, dass diese/r Akteur_in fehlt. Eine Lieferanten/Kundenbeziehung muss nicht folgerichtig sein und vielleicht braucht man eine/n Zwischenakteur_in. Man muss sich diese Kette anschauen, wie diese am effizientesten am ressourceneffizientesten abläuft. Das ist teilweise, gerade in regionalen Vorstellungen, am schwierigsten. Technologien mit dem höchsten Material- und Energieverbrauch müssen im ersten Schritt ersetzt werden und im zweiten Schritt stellt sich die Frage, wie oft die Technologien eingesetzt werden. D.h. die Effizienz in der Herstellung oder in der Nutzung muss hinterfragt werden. Das sind zwei ganz verschiedene Ressourcenzugänge. In der Energie heißt das energetischer payback, wann rechnet sich etwas, das man eingesetzt hat. Beim Ressourceneinsatz muss hinterfragt werden, wie viele Ressourcen müssen für die Produktion eines Produktes eingesetzt werden und wie viele Ressourcen verbraucht das Produkt entlang seines Lebensweges. Daher sind Lebenszyklusanalysen unumgänglich, weil mit diesen Analysen der Hebel für Maßnahmen gefunden werden kann. 161

169 Anhang Ein A++ Gerät kann in Summe über den gesamten Lebenszyklus mehr Ressourcen verbrauchen als eine andere niedrigere Produktkategorie. D.h. es muss vorher eine Menge an Ressourcen in ein A++ Gerät eingesetzt werden, sodass ein A-Gerät in Summe über den gesamten Lebenszyklus vernünftiger ist. Das trifft insbesondere auf kurzlebige Produkte zu. Bei langlebigen Produkten mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von 15 Jahren und im Öko-Design kann es sehr wohl sinnvoll sein in eine ressourcenschonende Produktion zu investieren, wenn beispielsweise das eine oder andere Zwischenaggregat ausgetauscht werden kann. Ein sehr kurzlebiges Produkt muss in der Produktion so günstig wie möglich sein. Dabei ist der etwas höhere Energieverbrauch gleichgültig. Bei einem hohen Energie- oder Materialaufwand für ein Produkt hat Ressourceneffizienz klarerweise Sinn, aber genauso muss während der Anwendung über Effizienz nachgedacht werden und das funktioniert am besten mit einer Lebenszyklusanalyse. Für ein einzelnes Unternehmen ist eine Produktlebenszyklusanalyse zu aufwendig. Daher muss über eine standardisierte Produktlebenszyklusanalyse nachgedacht werden, die über die beteiligten Akteur_innen zusammengeführt werden kann. Zum Beispiel mit Softwareprogrammen können Produktlebenszyklusanalysen zusammengeführt werden. Man muss über allgemeine Schritte, die beispielsweise aus einer Datenbank entnommen werden können, und unternehmensspezifische Schritte nachdenken, die eine Produktlebenszyklusanalyse erleichtern. Dabei stellt sich nur die Frage, wie greift man ein. Das ist eine politische Frage. Die Bereitschaft der Unternehmen für eine Produktlebenszyklusanalyse muss vorhanden sein. Viele Unternehmen untersuchen die Effizienz vom Gate-to-gate und versuchen Leistungspotenziale für Verbesserungen zu ermitteln. Nach dem Werkstor ist es für Unternehmen im Prinzip irrelevant sich weiter mit der Thematik auseinanderzusetzen. Dann ist es Aufgabe der Gesellschaft diese cradle to crave Betrachtung zu hinterfragen, was heißt diese Analyse über den gesamten Lebensweg dieses Produktes. Steinmüller ist einer der Vorkämpfer für eine kaskadische Nutzung. Ein klassisches Beispiel für eine kaskadische Nutzung ist die Zellstoffindustrie. Eine Zellstoffindustrie hat einen energetischen Überschuss, d.h. 50 Prozent des Rohstoffes steht für 162

170 Anhang die energetische Nutzung zur Verfügung und 50 Prozent gehen in das Produkt ein. Von diesen 50 Prozent werden je nach Güte der Zellstofffabrik an die 80 Prozent für die Aufrechterhaltung des eigenen Betriebes benötigt. Der Rest kann in Form von Wärme und/oder Strom der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Wird die Wärme entsprechend mit betrachtet und in ein Fernwärmenetz eingegliedert, dann ergibt sich eine deutlich höhere Effizienz. Das System muss so konstruiert werden, dass die Abwärme unter 100 C einer Nutzung unterzogen werden kann. Das ist eine technologische Frage in Form von neuen Wärmepumpen und ähnliches. Das kann fast auf die gesamte Nutzung biogener Stoffe ausgedehnt werden mit der Ausnahme der direkten Verfeuerung im kleinen Maßstab. Wenn man ein Biomassekraftwerk oder Ähnliches betrachtet, kann man die kaskadische Nutzung ausdehnen. Die Rohstoffe müssen auf Wertstoffe untersucht werden, die man mit relativ einfachen Technologien extrahieren kann. Einzelkessel können nicht kaskadisch genutzt werden. Man muss sich alternative Technologien überlegen, die eine zentrale Nutzung dieser Rohstoffe ermöglichen und erst anschließend soll Wärme erzeugt werden. Im Grund genommen gibt es auf der einen Seite die Möglichkeit der Fernwärmesysteme und auf der anderen Seite die Möglichkeit der Vergasung. D.h. der Rohstoff wird in einer zentralen Anlage vergast, aus der Eile dieses Produktes werden Wertstoffe in Form von Treibstoffen gewonnen und der Rest wird entweder als Gas oder Wärme an Konsument_innen weitergegeben. Die Umsetzung dieses Zyklus muss auf regionaler Ebene diskutiert werden. Das trifft besonders auf nasse Biomasse zu. Eine Biogasproduktion aus primärer Biomasse ist mit Sicherheit nicht zielführend. Nährstoffe müssen extrahiert werden. Die Alternativen mit größerem Wert als die energetische Nutzung müssen bevorzugt werden. Zum Beispiel bei der grünen Bioraffinerie werden zuerst die Proteine der Aminosäure extrahiert, weil das Zehnfache gegenüber dem energetischen Wert gewonnen werden kann. Die kaskadische Nutzung ist der zentrale Baustein für eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und der zentrale Baustein für einen neuen regionalen Zugang. In dem Augenblick, in dem Wertstoffe aus der Biomasse entnommen werden, erhöht sich die Wertschöpfung der Biomasse. Auf regionaler Ebene versucht man die Leute in der Region zu halten. 163

171 Anhang Durch die Förderung der Biomasse wird viel Holz verfeuert, das einer anderen Nutzung zugeführt werden könnte. In der globalen Aussage könnte dies zutreffen, aber in der regionalen Aussage könnte dieser Ansatz völlig unzutreffend sein. In einer Region kann über die Nutzung von Holz als Sägeholz oder Schleifholz nachgedacht werden und darüber wie viel Holz überbleibt, um dieses einer energetischen Nutzung zuzuführen. Weiterführend bleibt die Überlegung, ob genügend Material im Wald verbleibt, um dieses als Düngung zu verwenden. Die vier Fakten gemeinsam können alle gleichermaßen berücksichtigt werden, das heißt aber nicht, dass eine kaskadische Nutzung vorliegt. Im Endeffekt liegt nur eine Optimierung meines Holzes aus dem Wald vor. Bei verschiedenen Qualitäten an Holz im Wald muss jene Schiene gewählt werden, bei der die höchste Wertschöpfung erbracht werden kann. D.h. Rundholz wird zugeschnitten und im Sägewerk zu Brettern verarbeitet. Die Abfälle werden dann wieder einer entsprechenden Verwertung zugeführt. Vom Sägewerk ausgehend kann man wieder kaskadisch werden. Das Schleifholz kann entweder in der Papier-, Zellstoff- oder Faserindustrie verwendet werden. Es ist ein Produkt entnommen worden und dann einer Nutzung und innerhalb einer Nutzung einer Kaskade zugeführt. Die wirklich kaskadische Nutzung von Holz wäre die Verwendung als Bauholz (z.b.: Dachstühle, Wände, ) mit dem Wissen bzw. Bewusstsein, dass das Produkt eine Lebenszeit von 25 bis 100 Jahren hat. Davon abgeleitet, wäre der nächste Schritt in die Möbelindustrie (Vollholzindustrie) zu gehen Aus einem Dachstuhl kann beispielsweise ein Möbelstück (Tisch) hergestellt werden, wenn ein Teil des Dachstuhls nicht mehr der Qualität entspricht. Aus dem Vollholzmöbel kann anschließend Faserholz hergestellt werden und letztendlich wird es der thermischen Verwertung zugeführt. Bei all den Prozessschritten ist zu berücksichtigen, dass während des gesamten Lebenszyklus keine Stoffe enthalten sein dürfen, die am Ende eine Verbrennung verhindern. Dieses Produkt muss auch im Kessel eines Privathaushaltes verbrannt werden können. D.h. eine große Rauchgasreinigung soll von vornherein vermieden werden. Die zeitliche Differenz erschwert die kaskadische Nutzung. Urban Mining ist laut Steinmüller nicht im Bereich von erneuerbaren Ressourcen angesiedelt, sondern bei Urban Mining es geht um Produkte, die über Mining-Prozesse zurückgewonnen werden: 164

172 Anhang die Rückgewinnung von Metallen in jeglicher Form in unterschiedlichen Qualitätsstufen die Rückgewinnung von Phosphor und die Rückgewinnung von Kohlenwasserstoffen, die derzeit in Form von Kunststoffen oder in der Form von organischem Material im System gebunden sind und die über entsprechende Vergasungsprozesse zurückgeholt werden. Akteur_innen, die sich mit dem Recycling beschäftigen, untersuchen alte Deponien. Aus der Sicht von Steinmüller wird beispielsweise bei einem Gebäudeabriss nicht über Urban Mining nachgedacht, wie man einen Abriss unter den Gesichtspunkten des Urban Mining angeht. Mit Urban Mining kann aber auch ein Zugang verfolgt werden, bei dem die Abfälle nicht auf einer Deponie gelagert werden, sondern man greift früh genug ein, um einen gezielten Aboder Rückbau zu steuern. Die durchschnittliche Lebensdauer von einem Gebäude sind 25 bis maximal 30 Jahre im Vergleich zu alten Gebäuden mit hunderten Jahren. 165

173 Anhang Anhang 7: Gespräch mit a. Univ.-Prof. Dr. Heinz Karl Prammer am Die Studie Ressourceneffizienz in Oberösterreich ist ein Forschungsprojekt am Institut für Betriebliche und Regionale Umweltwirtschaft an der JKU Linz. Die Visionen dieses Projektes werden den Studienautor_innen von den Auftraggeber_innen vorgegeben. Die Auftraggeber_innen der Studie haben eine Vorstellung über die Zielsetzungen, die sie erreichen wollen. Eine Vision ist eine abstrakte Zielsetzung, die dieser zeitlich vorgelagert ist. Die Zielsetzung und Vision sind miteinander verbunden. Die Vision der Studie Ressourceneffizienz in Oberösterreich ist die Rohstoff- und Energieautarkie in Oberösterreich. Die Rohstoff- und Energieautarkie kann laut Prammer für Oberösterreich nur eine Annäherung an die Wirklichkeit sein. Eine energetische und stoffliche Autarkie ist auf Grund der Verflechtung der oberösterreichischen Wirtschaft nicht denkbar. Um die Vision der Rohstoff- und Energieautarkie zu verwirklichen, müsste ein größerer Raum in der Größenordnung der EU 28 herangezogen werden. Im oberösterreichischen Raum geht es vor allem um die Frage der Ressourcenproduktivität. Die Produktivität ist ein anderes Wort für eine ausgeprägte Effizienz. Die unterschiedlichsten Akteur_innern beschäftigen mit der Thematik der Ressourceneffizienz. Im Bereich der Wirtschaft befassen sich Unternehmen abhängig von ihrer Ressourcenintensität unterschiedlich ausgeprägt mit dem Thema. Die Ressourcenintensität ist vom Stoff- und Energiestrom eines Unternehmens abhängig. Ein Dienstleistungsunternehmen wird sich selbst nicht in diesem Ausmaß mit der Ressourceneffizienz konfrontieren. Die Interessensvertretungen nehmen Einfluss in der Frage der Ressourceneffizienz. Die lokale Politik kann ein/e wesentliche/r Akteur_in sein, wenn sich die Frage zur Ausübung einer ressourcenintensiven Tätigkeiten stellt (z.b.: Voestapline AG). Auf europäischer Ebene behandelt die Politik Standort- und Beschäftigungsfragen. Die Politik ist auf allen Ebenen vertreten, auch in den dazwischenliegenden Ebenen (Landesebene, Bezirksebene, ). In der Politik können zudem Umweltgruppen Ansprechgruppen darstellen. 166

174 Anhang Für die Verwirklichung der Ressourceneffizienz spielen jene Technologien eine bedeutende Rolle, die bei der Gewinnung, über die Verarbeitung bis hin zum Einsatz der jeweiligen Rohstoffe eingesetzt werden. Für die Herstellung ganz bestimmter Produkte spielen Technologien eine Rolle, die die sogenannten kritischen Rohstoffe einsetzen. Die kritischen Rohstoffe werden nach einem bestimmten Verfahren von der Europäischen Union als solche gekennzeichnet. Die zukünftigen Technologien benötigen bestimmte seltene Erden, wie etwa die Produktion von Windrädern im Bereich der Energie. Ein (gesellschaftlicher) Transformationsprozess kann mit der Frage gleichschaltet werden, wie eine Innovation verwirklicht werden kann. Die Politik kann als Treiber für Innovationen gesehen werden. Die Forschung zu Innovationen muss mit Forschungsförderprogrammen vorangetrieben werden: in der angewandten Forschung in der Forschung und Entwicklung von Unternehmen zur Erprobung der Forschungsergebnisse aus der angewandten Forschung. Die Ergebnisse aus der angewandten Forschung werden weiter operationalisiert und konkretisiert. Mit den Forschungsförderungen wird der Innovationsprozess vorangetrieben und folglich auch ein gesellschaftlicher Transformationsprozess in Richtung Ressourceneffizienz. Die Forschungsförderprogramme sind von monetären Ressourcen abhängig. Die unpopuläre Variante ist der staatliche Eingriff auf die Entnahme bestimmter Ressourcen. Ein Beispiel ist die Mineralölsteuer. Dieser Eingriff über die Verteuerung von Ressourcen ist auch für andere Rohstoffe denkbar und vergleichbar umsetzbar. Der sorgsame und wirtschaftliche Umgang mit einem Gut orientiert sich fast ausschließlich am Preis. Der staatliche Eingriff ist ein Weg, wie ein Transformationsprozess eingeleitet und auch permanent in Schwung gehalten werden kann. Die Transformation muss ein permanenter Suchprozess bleiben. Das Problem bei der Umsetzung von nachhaltigen Themen beginnt damit, dass das Problem einmal erkannt werden muss. Die Diskussionen bleiben einerseits an der Oberfläche und der strategische Weitblick der Diskussion wird verstellt, denn Marktpreise bilden beispielsweise 167

175 Anhang nur die kurzfristige Knappheit ab. Andererseits werden Entwicklungen, die spontan auf die Gesellschaft oder auf die Wirtschaft eintreffen, wegen einer gewissen Dringlichkeit vorrangig behandelt. Aus diesem Grund positionieren die Mitarbeiter_innen in Unternehmen, die Menschen in Gesellschaften, das Dringliche vor dem Wichtigen (z.b.: Ukraine-Krise). Wenn tagespolitische oder monatspolitische Entscheidungen oder Entwicklungen auftreten, kann der Fokus wieder verstärkt auf dieses Thema rücken. (z.b.: Konflikte beeinträchtigen die Versorgungssicherheit in Europa). Das Thema Nachhaltigkeit liegt zwischen Integration einerseits und Erosion andererseits. Die Integration der Nachhaltigkeit bedeutet, dass das Thema aufgenommen und verarbeitet wird. Nachhaltigkeit wird zum selbstverständlichen Sprachgebrauch. Erosion heißt, dass der Nachhaltigkeit kein Gewicht mehr beigemessen wird. Nachhaltigkeit wird als Hülse verwendet, ohne dass eine tatsächliche Befassung damit verbunden ist. Die Wirtschaft und auch Gesellschaft folgt stark kurz- bzw. mittelfristig orientierten Grundprinzipien. Die Verbindung zwischen Gesellschaft und Wirtschaft ist manchmal stärker und manchmal verselbständigt sich die Wirtschaft und koppelt sich von der Gesellschaft ab. Aus der Sicht von Prammer muss eine Hierarchie zwischen der Gesellschaft und der Wirtschaft bestehen. Die Wirtschaft muss ein Teil der Gesellschaft sein und nicht umgekehrt. Die Wirtschaft muss der Gesellschaft nutzen, einen Zweck bzw. ein Ziel verfolgen und darf nicht ihren Selbstzweck ausüben. Die derzeitige gesellschaftliche Konstruktion erlaubt der Wirtschaft, dass diese da und dort zum Selbstläufer wird. Die Rahmenbedingungen sind über diese Akteur_innen zu schärfen, wodurch ein Transformationsprozess eingeleitet werden kann. 168

176 Anhang Anhang 8: Gespräch mit Günther Habel am Die AVE besteht seit ungefähr 20 Jahren. Im Jahr 1995 haben sich die Firma Kröpfel in Attnang-Puchheim, und ein kleiner Entsorger in Linz und Traun mit dem Namen Die Entsorger AVE, zusammengeschlossen. Seit einigen Jahren wird nur mehr die Wortbildmarke AVE geführt. Die AVE ist eine 100 prozentige Tochtergesellschaft der Energie AG mit ungefähr 25 Standorten. Die AVE ist in jedem Bundesland außer in Vorarlberg mit einem eigenen Standort vertreten. Die AVE betreibt zwei Verbrennungsanlagen: Verbrennungsanlage in Wels (WAV Welser Abfallverwertung) Verbrennungsanlage am Gelände der Lenzing AG. In der WAV werden im Jahr ungefähr Tonnen Gewerbe-, Sperr- und Hausabfall aufbereitet und verbrannt. In Wels wird fast die gesamte Menge des oberösterreichischen Haus- und Sperrmülls bearbeitet. Am Standort in Wels wird zudem eine Kompostierungs- und Biogasanlage betrieben. Die zweite Verbrennungsanlage befindet sich am Gelände der Lenzing AG. Diese Anlage hat eine Kapazität von ungefähr Tonnen im Jahr. Mit der thermischen Abfallverwertung werden circa 130 Tonnen Dampf in das Netz der Lenzing AG eingetragen. Das entspricht im Jahr circa Terra Joule an erzeugter Energie, die in das Netz eingespeist wird. Die Unterschiede zwischen den beiden Anlagen sind technischer Natur. Sie unterscheiden sich in der Verbrennungstechnologie. Wels betreibt einen sogenannten Rostofen und in Lenzing ist ein Wirbelschichtofen mit einer zirkulierenden Wirbelschicht im Einsatz. In einem Rostofen kann unbehandeltes Material aufgegeben werden, während im Wirbelschichtofen das Material geschreddert, gesiebt und aufbereitet werden muss. In Wels ist bis vor fünf Jahren der Abfall verstromt und in das Netz der Energie AG eingespeist worden. Seit ungefähr fünf Jahren beliefert die WAV die Stadt Wels mit Fernwärme. Über eine acht Kilometer lange Fernwärmeleitung wird die Wärme an die Elektrizitätswerk Wels Aktiengesellschaft abgegeben und in das Netz der Stadt Wels eingespeist. An der Zufahrt zur WAV hat sich der Pellets-Produzent Sturmberger GmbH angesiedelt, der von der WAV mit Energie und Wärme zum Trocknen des Rohmaterials versorgt wird. Das hat den Vorteil, dass man in Sommer eine/n Energieabnehmer_in hat. 169

177 Anhang In der WAV werden auch kompostierbare Abfälle wie Küchenabfälle, Speisereste und Speisetrank behandelt. Am Standort Wels befindet sich eine große Reststoffdeponie, in der circa Tonnen aufbereitete Reststoffe deponiert werden. Die Reststoffe wie Schlacke und Asche, die in der Lenzing AG und in Wels anfallen, werden behandelt und entmetallisiert. In Attnang-Puchheim wurde früher von der Firma Kröpfel eine Massenabfalldeponie betrieben, in der unbehandelter Hausmüll und Gewerbeabfall deponiert worden ist. In den letzten Jahren wird auf Grund der technologischen Erneuerungen im Deponiebau (Abdichtung, Sickerwasserbehandlung, Nachsorge) und der Deponieverordnung vom kein Abfall mehr in Attnang-Puchheim gelagert. Der Grundgedanke der Deponieverordnung ist, dass keine Abfälle ohne mechanisch-biologische Abfallbehandlung (MBA) unbehandelt auf eine Deponie gebracht werden. Die Deponie in Attnang-Puchheim ist mittlerweile mit einer Schicht von ¾ bis einem Meter Erde abgedeckt, d. h. mit einer sogenannten Wasserhaushaltsschicht. Es muss dementsprechend eine Nachsorge beim Sickerwasser und beim Deponiegas betrieben werden. Das Deponiegas wird über ein kleines Blockheizkraftwerk verstromt. Der Strom wird zur Eigennutzung herangezogen und der Überschuss wird in das Netz der Energie AG eingespeist. Das Sickerwasser wird in die benachbarte Kläranlage des Abwasserverbands AgerWest eingeleitet. In Attnang-Puchheim war zudem eine Papiersortierung, die vor über zehn Jahren aufgelassen worden ist. Das Biomassekraftwerk der Energie AG in Timelkam wird mit ungefähr bis Tonnen Altholz bzw. Holzabfällen beliefert. Am Gelände in Timelkam wird eine Altholzaufbereitung betrieben. Das Biomassekraftwerk der Energie AG betreibt das Fernwärmenetz rund um Timelkam. Die Verbrennungsanlage in der Lenzing AG ist ein Joint Venture (50 Prozent-Anteil der AVE und 50 Prozent-Anteil der Lenzing AG). Die AVE ist der/die Organisator_in des Brennstoffes. Die AVE deckt in diesem Sinne die Marktseite ab und liefert den Brennstoff bis zur thermischen Aufbereitungsanlage. Die Lenzing AG organisiert den technischen und laufenden Betrieb und die Instandhaltung, indem Personal der Lenzing AG bereitgestellt wird. 170

178 Anhang Die AVE hat von Wien bis Tirol 20 bis 23 Standorte verstreut über ganz Österreich. In Vorarlberg hat die AVE keinen Standort. Die Standorte sind hauptsächlich Umlade-Stationen. In einem Umkreis von 30 bis 50 km rund um den Standort werden regional die Mengen gesammelt und zu frachtbaren Mengen zusammengeführt, um diese nach Wels zur Verbrennung zu transportieren. Die Logistikkosten verursachen einen sehr hohen Anteil der Kosten, weshalb die Optimierung der Logistikkosten eine wesentliche Herausforderung darstellt. Um diesen Kosten zu entgegnen, wird teilweise mit anderen Verbrennungsanlagen über sogenannte Tauschmengen zusammengearbeitet. In Hörsching betreibt die AVE eine ARGEV-Sortierung, eine Leichtverpackungssortierung (Gelber Sack bzw. Gelbe Tonne). Mit der Sortierung wird eine Kapazität von ungefähr Tonnen im Jahr aufbereitet. Die AVE ist ein Dienstleister für die ARA (Altstoff Recycling Austria), um das System der Verpackungssammlung aufrecht zu erhalten. Die ARA tätigt in einem Abstand von ungefähr drei Jahren Ausschreibungen über die Sammlung und Sortierung von Verpackungsmaterialien in den Gemeinden, Städten und Bezirken. Unternehmen können sich bei der ARA lizensieren lassen und zahlen das Entgelt für die Verpackung. Die Kosten werden mittlerweile in 14 verschiedene Fraktionen aufgeteilt: grüne PET Packer klare PET Packer blaue PET Packer rote PET Packer braune PET Packer Polyethylen (HDPE) Shampoo-Flaschen Flüssigkeitsverpackungen Folien Styropor Polystyrol-Becher Joghurt-Becher Die ARA gibt genaue Vorschriften für die Sortierung vor. Ungefähr 70 bis 80 Prozent werden automatisch durch Infrarotsichtung und durch Windsichtung sortiert. Der Rest muss händisch 171

179 Anhang nachsortiert werden. Circa 20 Prozent sind Fehlwürfe, die wieder der thermischen Verwertung zugeführt werden. In Attnang-Puchheim wird eine Ersatzbrennstoffanlage (EBS-Anlage) betrieben. Aus heizwertreichen und sortenreinen Produktionsabfällen wird der Ersatzbrennstoff für die Zementindustrie hergestellt. Die Zementindustrie setzt den Ersatzbrennstoff im Hauptbrenner oder im Kalzinator ein und ersetzt dort die Primärenergie, sprich Kohle, Gas oder Erdöl. Die Zementwerke in Österreich wie z.b.: das Zementwerk Leube GmbH, die Gmundner Zement Produktions- und HandelsgmbH und die Kirchdorfer Zementwerk Hofmann Gesellschaft m.b.h. und das Südbayerische Portland-Zementwerk der Gebrüder Wiesböck & Co. GmbH werden beliefert. In Steyr wird eine organische (CPO-Anlage) und anorganische (CPA-Anlage) chemischphysikalische Abfallbehandlungsanlage betrieben. Dort werden Öle, Emulsionen, Lackschlämme, Farbschlämme,... aufbereitet. In den größeren Standorten werden Ballenpressen eingesetzt, mit denen Kartons, Papier, Folien paketiert werden können. Die losen Kartons beispielsweise werden zu Ballen mit circa 500 bis 600 Kilogramm gepresst und anschließend an die Papierindustrie (z.b.: Nettingsdorf, Steyrermühl, Laakirchen) geliefert. Die losen Kartons werden zu einer frachtbaren Menge gepresst. In Österreich bestehen ungefähr acht bis zehn Ballenpressen in den größeren Standorten. Das Pressen ist eine reine mechanische Verdichtung, um Frachtkosten zu sparen. Beim Karton ist fast keine Sortierung notwendig, weil dieser der AVE meistens sortenrein angeliefert wird. Für die Papiersammlungen betreibt die AVE eine Papiersortierungsanlage für die Originalsammelware (OSW). Unter der Originalsammelware versteht man jene Ware, die von den privaten Haushalten in den Papiercontainer weggeworfen wird. Bei der Papiersammlung wird in vier bis fünf verschiedene Qualitäten unterschieden, die wieder der Papierindustrie zugeführt werden. Das Papier wird mit automatischen Sortierstrecken und händisch sortiert. In der Papiersortierungsanlage am Standort Linz Bäckermühlweg werden ungefähr Tonnen Papier im Jahr verarbeitet. In Österreich werden die getrennt gesammelten Abfallarten mit einem Farbleitsystem gekennzeichnet: Rot Papier 172

180 Anhang Gelb Leichtverpackung Blau Metall Grün Biotonne Die AVE hat einen Eigenfuhrpark von circa 300 LKWs. Für die Sammlung von den Kund_innen sind hauptsächlich Container- und Hakenfahrzeuge für beispielweise die Bauschuttmulden im Einsatz. Zum Fuhrpark gehören auch Kanalspülwägen, mit denen Kanalspülungen durchgeführt werden. Im Angebot der AVE sind auch Kanalbefahrungen, Kanaldichtheitsproben oder Kamerabefahrungen zu finden. Die AVE hat Genehmigungen, um sämtliche Abfälle zu sammeln außer atomare bzw. radioaktive Abfälle (Seibersdorf) und Sprengmittel (Bundesheer oder dementsprechend befugte Unternehmen). Bei der AVE sind ungefähr 850 Mitarbeiter_innen beschäftigt mit einem Umsatz von circa 200 Millionen Euro im Jahr. Habel ist in der AVE für den gesamten Einkauf verantwortlich. Der Einkauf nimmt 20 Prozent der Tätigkeit in Anspruch und umfasst ein Tätigkeitsfeld vom Einkauf von LKWs, Container, Büromöbel bis hin zum Kugelschreiber. Die restlichen 80 Prozent der Tätigkeit befassen sich mit der Steuerung der Stoffströme in der AVE. Die Stoffströme sind an die Standorte zu verteilen und Überkapazitäten werden an Dritte oder Fremdaufbereiter abgegeben. Wertstoffe werden weiterverkauft und für die Weitergabe von Müll muss bezahlt werden. In Wels oder in Lenzing müssen täglich und das 365 Tage im Jahr, Tonnen Müll verbrannt werden. Um eine Vorstellung über eine Menge von Tonnen Müll zu bekommen, muss man sich zwischen 50 und 70 LKWs mit einem Ladegewicht von 20 Tonnen versinnbildlichen. Die Verbrennung läuft rund um die Uhr mit zwei Stillständen im Jahr, einen im Herbst und einen im Frühjahr, zur Wartung. Die Anlage wird für die Revision zweimal im Jahr für circa 14 Tage abgefahren. In Wels wird die Verbrennungsanlage mit 900 Grad Celsius betrieben, daher dauert das Ab- und Anfahren zwei Wochen. In diesem Zeitraum gibt es eine Zeit lang keine Müllaufgabe. Der Heizraum mit den feuerfesten Ausmauerungen wird mit Gas und Öl befeuert, damit die Bauteile nicht ruckartig abkühlen und die Temperatur sukzessive nach 173

181 Anhang unten gefahren werden kann. Anschließend wird die Revision durchführt. Nach der Revision wird die Anlage wieder langsam mit Gas oder Öl aufgeheizt. Wenn eine Temperatur von 850 Grad Celsius erreicht wird, wird wieder mit der Müllaufgabe begonnen und die Befeuerung mit Öl und Gas wird weggeschaltet. Der Müll wird in einem Bunker gesammelt, bevor dieser über eine Verbrennungslinie in den Heizraum aufgegeben wird. In Wels sind zwei Linien in Betrieb. Die Linie 2 ist 2005 in Betrieb genommen worden und hatte zu diesem Zeitpunkt ein Investitionsvolumen von 100 Millionen Euro. Die Linie 1 hat eine Kapazität von Tonnen und die Linie 2 mit Tonnen. In der Linie 1 werden 250 Tonnen und in der Linie Tonnen Müll verbrannt. Die Revision wird wechselseitig an den beiden Linien durchgeführt, d. h. eine Linie ist immer in Betrieb. In der Zeit der Revision wird die Überkapazität an Müll geschreddert, verdichtet und mit einer Folie umwickelt. Das Ergebnis ist eine Art Heuballen, der zwischengelagert wird. Die Nachfrage nach dem zwischengelagerten Müll besteht vor allem an Feiertagen und Zwickeltagen. Das mangelnde Angebot vom Markt wird abgefedert. Am Standort Attnang-Puchheim ist am alten Gelände der Deponie ein Zwischenlager für die Lenzing AG eingerichtet. Die Deponiefläche wird als Zwischenlager adaptiert. Die Rauchgasreinigung erfolgt mit einer sogenannten Nasswäsche. In Wels fällt hauptsächlich Schlacke als Verbrennungsrückstand an. Im Jahr entspricht dies einer Menge von ungefähr Tonnen. Ein Drittel der eingesetzten Menge bleibt als Schlacke übrig, die in Wels zwischengelagert wird. In einer sogenannten Kampagne von Oktober bis März wird diese Schlacke aufbereitet. Die Schlacke läuft über Förderbänder, über Siebe und über NE- und FE-Abscheider. Mit der Aufbereitung werden zwischen vier und fünf Prozent an Metallen und Nichteisenmetallen herausgeholt. Anschließend wird die Schlacke deponiert. Aus dem chemischen Prozess in der Abwasseranlage fallen noch Schlamm und Gips an. Zusätzlich fällt noch eine Gewebefilterasche an. Die Gewebefilterasche wird an einen Elektrofilter weitergeleitet. Am Ende bleibt eine ganz feine staubige Asche, die durch die Abmischung mit Zement verfestigt wird. In Folge dessen kann keine chemische Reaktion 174

182 Anhang mehr stattfinden. Ein Teil wird in ein altes Salzbergwerk nach Deutschland gebracht, wo es praktisch in den Untertagebau in den Versatz geht. Der Heizwert einer Verbrennungsanlage ist von den Abfällen abhängig. Ein relativ gleichmäßiger Heizwert ist vom Geschick eines/r Kranfahrer_in abhängig. Diese/r trifft die Auswahl über den Abfall der vom Müllbett entnommen wird. Ein gleichmäßiger Heizwert ermöglicht den besten Durchbrand. In Wels hat die AVE eine sogenannte Heizwertabschöpfung. D. h. mit einer Windsichtung, mit der Folien, Kunststoffe, etc. dem anderen Abfall entnommen werden, wird der Heizwert reduziert. Ein hoher Anteil an heizwertreichen Stoffen (z.b.: Folien, Kunststoffe, ) bewirkt eine längere Verweilzeit im Verbrennungsofen. Ein höherer Heizwert bedeutet einen geringeren Mengendurchsatz. Aus den heizwertreichen Stoffen wird dann wiederum ein Ersatzbrennstoff. Der Heizwert liegt idealerweise um die zehn Megajoule. Bei diesem Wert kann der beste Durchsatz erzielt werden. Die Verweildauer vom Müll am Rost beträgt ungefähr eine Stunde bei einer Temperatur von 800 bis 900 Grad Celsius. Die AVE hat nach Meinung von Habel relativ wenig Möglichkeiten dem steigenden Abfallaufkommen entgegentreten, da die AVE als Abfallsammler_in bzw. Abfallbehandler_in die letzte Instanz in der Produktlebenszykluskette sind. Um dem erhöhten Abfallaufkommen zu entgegnen, muss bereits die Entstehung der Abfälle untersucht werden. Sobald der Abfall bei/m der Bürger_in bzw. der/dem Konsument_in anfällt, können die Abfälle nicht mehr vermieden werden. Zu diesem Zeitpunkt können nur noch die technologischen Abfallschritte die angefallenen Abfallmengen reduzieren. Die Abfallwirtschaft hat in der jetzigen Zeit noch wenig Einfluss auf die Produktion und das Konsumverhalten. Habel demonstriert die Entstehung des Abfallaufkommens am Beispiel der Verpackung von Süßigkeiten: Pappendeckel Zellophan-Verpackung Blister-Verpackung Für die Verpackung werden mindestens drei verschiedene Materialarten eingesetzt, die in ihrer Zusammensetzung in der Entsorgung untereinander nicht wirklich verträglich sind. Daraus lässt sich folgern, dass die Abfallwirtschaft einen Schritt in Richtung Produktion 175

183 Anhang gehen muss, um auf die Zusammensetzung des Abfalls einzuwirken. In den letzten fünf bis zehn Jahren hat sich das Abfallaufkommen nicht in Summe, sondern in der Art der Zusammensetzung geändert. Ein Riesenthema sind Verbundstoffe, die beispielsweise in Snowboards oder Schi verarbeitet werden. Der Tenor bei der Schiausrüstung ist bessere Stabilität bei gleichzeitig geringerem Gewicht, sodass Karbon oder Glasfasern eingesetzt werden. Auch andere Sportbereiche wie die Fahrradindustrie greifen vermehrt auf Karbon zurück. Die Automobilindustrie ist ein/e wesentliche/r Abnehmer_in von Karbonteilen. Karbon oder Glasfasern verbrennen nicht, sondern sie werden über den Luftzug an den Elektrofilter weitergeleitet. Der Elektrofilter wird durch größere Mengen dieser Materialien kurzgeschlossen. Die AVE hat nicht die Möglichkeit diese Materialien vom restlichen Sperrmüll zu trennen, der in den Altstoffsammelzentren (ASZ) gesammelt wird. Diese Materialien können durch die klassische Haushaltssammlung nicht separiert werden. Die AVE geht den Weg mit der Industrie spezielle Lösungen zu suchen und zu erarbeiten. Ein Beispiel ist die Kunststoffindustrie mit der FACC AG in Ried im Innkreis. Das Unternehmen verarbeitet viele Glasfaser- und Karbonteile. Die AVE versucht als Abfallunternehmen sich der Produktion einen Schritt anzunähern und bewusst mit der FACC AG als Kunden eine Trennung vor Ort zu realisieren. Mit der Annäherung an die Produktion kann eine Vermischung der unterschiedlichsten Materialien verhindert werden und eine hochtechnologisch aufwändige Auseinandersortierung ist nicht mehr notwendig. Bei Problemstoffen wird schon im Vorfeld versucht diese sortenrein in die AVE angeliefert zu bekommen. Die/der Kund_in sortiert automatisch die Abfälle vor Ort aus, z.b.: Randabschnitte Fehlwürfe Ausschüsse Diese werden bereits von der Produktionsstraße weggesteuert und nicht mit dem normalen Gewerbemüll vermengt. Mit der Trennung vor Ort können Kosten gespart werden, indem alternative Entsorgungsmöglichkeiten überdacht werden. In der Metallindustrie wird versucht Messing, Aluminium, von vornherein zu trennen, um aus dem Abfall in Zusammenarbeit mit einer Gießerei neue Legierungen zu entwickeln. 176

184 Anhang Die Kooperation zwischen den Unternehmen in der Produktion und der AVE funktioniert nur mit einem gewissen Vertrauen und mit Einblicken der AVE in die Produktion. Ein in einem Container entsorgter Abfall wird abgewogen und nach der Menge werden die Kosten verrechnet. Diese Container werden nicht mehr sortiert. In Wels bestehen nicht die technischen Möglichkeiten einmal vermengten Abfall wieder zu trennen. Es gibt Bestrebungen oder auch Ideen für die Abfallvermeidung, die dem Sinne der fünfstufigen Abfallhierarchie der Europäischen Union entspricht. Die AVE als Abfallunternehmen hat oft wenig bzw. kaum Einfluss auf das Konsumentenverhalten. Die Kooperation mit vorgelagerten Stufen entlang der Wertschöpfungskette wird die Zukunft werden. Ein Versuch mit einem Unternehmen im Bereich der Produktion von Kunststofftuben ist bereits im Laufen. Für die Herstellung von Kunststofftuben werden drei verschiedene Kunststoffmaterialien eingesetzt: Material für den Schraubverschluss Material für das Tubengewinde Material für die Tube selbst Bei einem Ausschuss können abhängig vom Fortschritt in der Produktionsstufe die Tube bleibt am hinteren Ende offen und wird beim Tubengewinde verschraubt, anschließend wird die Tube gefüllt und abschließend verschweißt die verschiedenen Kunststoffmaterialien verarbeitet worden sein. Eine Trennung ist fast nicht mehr möglich. Unter Umständen wird der Ausschuss noch in einen Karton verpackt. Der Grundstoff Papier muss händisch getrennt werden, womit ein extremer Aufwand verbunden ist. Das Abfallaufkommen ist für die AVE nicht beeinflussbar. Das Abfallaufkommen wird durch die Wirtschaft durch die Verpackungsindustrie und auch durch die Werbeindustrie getrieben. Die AVE muss sich immer wieder auf die Gegebenheiten einstellen. In den letzen fünf Jahren ist ein Trend zu erkennen, der eine merkliche Verschiebung bei der Zusammensetzung der Abfallströme zeigt. Mit der Verschiebung der Abfallstromzusammensetzung haben sich die technischen Herausforderungen für die Abfallaufbereiter_innen und die Verbrennungsanlagen verändert. 177

185 Anhang Im klassischen Haushaltsabfall haben sich in den letzten Jahren durch die getrennte Sammlung von Bio- und Restmüll die Mengenströme verändert. Das Papier wird schon seit Jahren getrennt gesammelt und seit 20 bis 25 Jahren gibt es die sortenreine Glassammlung. Durch die getrennte Sammlung ist der Heizwert des Hausmülls wesentlich höher als zuvor. Obwohl es eine getrennte Sammlung von biogenen Abfällen und Restmüll gibt, landen immer wieder Teile des Biomülls im Restmüll. Ein besonderes Thema sind hier seit Jahren die Lebensmittel im Abfall. Im Restmüll landen immer noch 20 bis 25 Prozent der Lebensmittel. Dieses Thema wird besonders zu Weihnachten von den Medien aufgegriffen. In der Verbrennung ist der biogene Anteil technisch gesehen eigentlich nicht von Nachteil, weil dieser durch seine Feuchtigkeit den Heizwert senkt. Für Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung ist ein Abfallwirtschaftskonzept vorgeschrieben. Die AVE Industrie Services GmbH (AIS) erarbeitet mit einem Abfallbeauftragten eines Unternehmens das innerbetriebliche Abfallmanagement. Dazu werden die einzelnen Produktionsschritte, aber auch die Bürogebäude abfalltechnisch untersucht, um Neuerungen anzustoßen. In die Vermeidung selbst kann die AVE nicht eingreifen, weil sie keinen Einfluss auf die Mitarbeiter_innen in einem Bürogebäude hat. Die AVE hat die Intention die einzelnen Stoffströme in den vorgelagerten Stufen sortenrein zu organisieren. Diese Maßnahmen werden auch für die/den Kund_in bemerkbar. Wenn beispielsweise das Papier getrennt vom Restmüll gesammelt wird, bekommt der/die Kund_in für das Papier, abhängig von der wirtschaftlichen Lage, auch Geld. Dies trifft auch auf Metall zu. In der Wirtschaft regulieren die Preise den Markt. Vor 15 Jahren ist der gesamte Abfall unsortiert zur AVE gekommen. Heute gewinnt durch entsprechende Marktpreise die Ressourcenwirtschaft an Bedeutung. Diese Entwicklung wird in der Bereitstellung diverser Abfallsortierungsmöglichkeiten für die Unternehmen bemerkbar: Container für Schrott Container für Papier Container für den Restmüll und eventuell Container für Folien und Container für Kartons. 178

186 Anhang Die sortenreine Sammlung ist wesentlich wirtschaftlicher für die Unternehmen und für die AVE als Entsorger_in. Für die AVE reduziert sich der technische Aufwand der Trennung. Die Sortenreinheit beim Anfall des Abfalls zu ermöglichen ist der Beitrag, den die AVE leisten kann. Die Kund_innen der AVE werden wesentlich sensibler bzw. werden durch die Medien sensibilisiert. Der Trend geht momentan weg von der Abfallwirtschaft in Richtung Wertstoffwirtschaft. Der stoffliche Wert des Abfalls gewinnt an Bedeutung. Die Schlagwörter Urban Mining oder Seltene Erden rücken in den Vordergrund. Die AVE hat sich einige Zeit lang mit der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm beschäftigt. Die Rohstofflager des Phosphors werden auf der Welt irgendwann enden. Phosphor ist ein wertvoller Rohstoff, der unter anderem in der Arzneimittelindustrie eingesetzt wird. Im kommunalen Klärschlamm wird über den Dünger Phosphor einschwemmt. Man hat versucht Anlagen zu betreiben, um aus der Asche des verbrannten Klärschlamms den Phosphor zurückzugewinnen. Diese Anlagen lassen sich zurzeit nicht wirtschaftlich betreiben, weil die Nachfrage nach dem Rohstoff schwankt. Habel stellt wesentliche Recyclingmaßnahmen der AVE vor. Mit der Ersatzbrennstoffaufbereitungsanlage kann im Prinzip Primärenergie ersetzt werden. In Timelkam betreibt die AVE eine Kühlschrankaufbereitungsanlage: 1. Das Kühlmittel wird vom Kühlschrank abgesaugt und der Kühlschrank wird trocken gelegt. 2. Die Kompressoren werden entnommen. Die intakten Kompressoren werden weiterverkauft. 3. Die Kabel werden entfernt. Das Kupfer und der Kunststoff (vor allem PVC) im Kabel werden aufbereitet. Das Kabel wird relativ klein geschreddert und die Materialien können auf Grund von ihrer Dichte getrennt werden. 4. Der Kühlschrank wird geschreddert. Die Metallanteile werden separiert. Der Polyurethan-Schaum wird abgeschieden, sortenrein abgefüllt und als Ölbindemittel oder Handwaschpaste verwendet. Der PU-Schaum ist relativ scharfkantig, sodass der reibende bzw. reinigende Effekt in der Handwaschpaste erzielt werden kann. Das Metall und das in den Kabeln enthaltene Kupfer werden abhängig vom Weltmarktpreis verkauft. Im Kupfer ist ein gewisser Prozentsatz an Kunststoffanteilen enthalten. Im 179

187 Anhang Endeffekt kann nur das reine Kupfer und nicht der Kunststoff verkauft werden. Daher wird das Kupfer sortenrein getrennt, an die Kupferhütte verkauft und anschließend wird das Kupfer wieder eingesetzt. Beim Aluminium und beim Glas ist das Recyclingsystem relativ gut geschlossen. Die Austria Metall AG (AMAG) in Ranshofen nimmt die Recyclingdosen aus Aluminium der Altstoff Recycling Austria AG (ARA) Sortierung ab. Die Getränkedosen werden brikettiert, gepresst und schlussendlich werden sie wieder aufbereitet. Mit der Windsichtung in Wels wird der Heizwert abgeschöpft. Die abgeschöpften Stoffe werden als Ersatzbrennstoff (EBS) eingesetzt. Dadurch wird erreicht, dass weniger Öl, Gas oder Kohle eingesetzt werden muss. Das Altholz oder Bauholz wird in Timelkam aufbereitet und thermisch verwertet. Das Altholz wird primär als Sekundärenergieträger eingesetzt, woraus Strom oder Wärme erzeugt wird. Das Altholz wird auch an die Spanplattenindustrie geliefert und die Spanplattenindustrie bereitet das Altholz auf. Eine Spanplatte ist im Querschnitt außen fast glatt wie ein Furnier und wird nach innen immer gröber. In einer Spannplatte werden drei oder vier Lagen verarbeitet, in denen Altholz verarbeitet wird. Der Anteil des Recyclingholzes ist in der Mitte einer Spannplatte am größten. Der Recyclinganteil in einer Spanplatte ist ein Verkaufsargument der Spanplattenindustrie. Die Schlacken und Aschen werden als Zuschlagstoff in der Zementindustrie eingesetzt. Das Recycling kann verbessert werden, indem ein Schritt in Richtung Produktion gegangen wird. Bereits in der Produktion sollen die Abfälle sortenrein gesammelt werden. Das mühevolle Auseinandersortieren bleibt erspart. Das Recycling ist immer wieder von den Marktpreisen oder von der Marktlage der Rohstoffe abhängig. Recyclingprodukte bzw. Recyclingmaterialien haben in der Vergangenheit immer einen negativen Touch gehabt. Heute geht die Industrie den Weg so viel wie möglich Recyclingmaterialien einzubauen oder zu verwenden und dies als Verkaufsargument heranzuziehen (z.b.: mein Behälter besteht eigentlich zu 70 Prozent aus einem alten Behälter). 180

188 Anhang Auf Grund des technischen Fortschritts können im Kunststoffbereich Abfallbehälter (z.b.: Restmülltonne) aus einem immer größeren Prozentsatz an Regranulaten hergestellt werden. Eine alte Restmülltonne wird aufbereitet und daraus wird wieder eine Mülltonne hergestellt. Beim Kunststoff kann sich Habel vorstellen, dass ein Behälter x-mal recycelt werden kann. Ein typisches Beispiel sind auch PET-Flaschen. PET-Flaschen können eigentlich zu 100 Prozent wieder recycelt werden und es können wieder PET-Flaschen entstehen. In der Papierindustrie wird teilweise bewusst Altpapier eingesetzt. Altpapier kann drei- bis viermal recycelt werden, bis irgendwann die Fasern zu kurz werden und das Altpapier keine Stabilität mehr bietet. Recycling ist vom Weltmarktpreis und der Marktlage abhängig. Der derzeitige Trend tendiert in Richtung steigender Rohstoffpreise. Daher kann wieder eine vermehrte Nachfrage nach recycelten Materialien verzeichnet werden. Der Fokus des Recyclings darf nicht nur auf Österreich gelegt werden. In Österreich beschäftigt man sich mit zwei großen Stoffströmen, mit Papier und mit Kunststoffen. Beim Papier und Kunststoff ist man stark vom chinesischen Markt abhängig. Zwischen China und Europa werden Mengenströme von Abertausenden Tonnen verschoben. Vom Hamburger Hafen werden bis Tonnen Papier nach China verschifft. Man ist stark von der Wirtschaftslage in China abhängig. Die chinesische Nachfrage in China beeinflusst die Märkte in Europa. In der Wirtschaftskrise von 2008/2009 haben viele Schifffahrtsunternehmen Konkurs angemeldet. Die Nachfrage nach Seecontainern ist gestiegen, während das Angebot an Transporteur_innen zurückgegangen ist. Der Preis für Schiffladungen ist gestiegen, weshalb sich eine Fracht an Recyclingmaterialien nicht mehr rentiert hat. Beim Papier herrscht in Europa ein Verdrängungswettbewerb zwischen graphischen Papieren und den elektronischen Medien. Das hat Einfluss auf die Auftragslage an recyceltem Papier. Trotz der Prognosen eines papierlosen Büros von vor 15 bis 20 Jahren, wird heute laut Habel mehr gedruckt als je zuvor. Diese Tatsache wird sich nicht ändern bis ein Generationswechsel stattgefunden hat. s werden aus Gewohnheit ausgedruckt und nicht am Bildschirm gelesen und bearbeitet. Manche Dokumente müssen ausgedruckt werden, damit diese rechtlich ihre Gültigkeit bekommen. Zeitungen werden auch nach wie vor gelesen. 181

189 Anhang Die AVE geht seit zwei Jahren den Weg die Disposition ohne Lieferscheine zu gestalten. Ein Bordcomputer ermöglicht dem/der LKW-Fahrer_in die papierlose Kommunikation mit der Disposition. Der Auftrag mit den Anfahrten wird dem/der Fahrer_in in den LKW geschickt und die/der Fahrer_in braucht nicht mehr an den Standort kommen, um sich die Lieferscheine abzuholen (z.b.: bei der Greiner Holding AG den Papiercontainer leeren). Die Leistungsscheine des/der Fahrer_in entfallen und mit ihnen der Vergleich mit den Wiegescheinen. Die Diäten des/der Fahrer_in werden zudem auch über den Bordcomputer abgerechnet. Sobald der Abfall den Weg in Richtung Verbrennung geht, gibt es keine Möglichkeiten mehr die Stoffe wieder der Kreislaufführung zuzuführen bzw. einer anderen Nutzung zuzuführen. Daher muss ein Schritt vorher überlegt werden, welche Stoffe der Verbrennung zugeführt werden und die anderen müssen separiert werden. Die Verbrennungsanlagen dürfen nicht als Wertstoffvernichter_innen angesehen werden. Die Entscheidung wird im Vorfeld bei der Entsorgung getroffen. Restmüll wird verbrannt und wird keiner Sortierung mehr unterzogen. Eine Kreislaufführung kann nur durch eine sortenreine Trennung der Materialien ermöglicht werden, wodurch der Verbrennung entgangen wird. Das Kundenverhalten und die Kundenaufklärung spielt bei der Mülltrennung eine wichtige Rolle. In Österreich funktioniert die Trennung bereits sehr gut im Vergleich zu anderen europäischen Ländern (relativ hohe Sortenreinheit vor allem bei Leichtverpackungen, Kunststoffen, Glas, Papier oder Karton). Die zweite Möglichkeit ist die Trennung aufwändiger zu gestalten. Hier spielt immer der wirtschaftliche Faktor eine Rolle, ob sich die Trennung von gemischten Fraktionen rentiert. Im Restmüll enthaltene Shampoo-Flaschen, Fischdosen, Kunststoff oder Papier können nicht mehr aussortiert werden und werden verbrannt. Die Wertstoffe werden der Kreislaufführung entzogen. Bei der Entsorgung unterscheidet man zwischen drei Hauptansprechpartner_innen: kommunale Kunden im öffentlich-rechtlichen Bereich: Abfallwirtschaftsverbände, Städte, Bezirke, Gewerbe- und Industriekunden: die produzierende Industrie 182

190 Anhang private Kunden Bei Privatkunden hat die AVE überhaupt keinen Einfluss auf die Entsorgung. In diesem Bereich muss Öffentlichkeitsarbeit, aber nicht unbedingt in Begleitung von Abfallwirtschaftsunternehmen, betrieben werden. In Österreich unterscheidet man zwischen dem Bring- und Holsystem. Beim Holsystem wird Abfall abgeholt, während beim Bringsystem der Abfall von den Bürger_innen beispielsweise in ein ASZ gebracht. Im Papierbereich gibt es Bestrebungen von einem Bringsystem auf ein Holsystem umzustellen. Man geht zur sogenannten haushaltsnahen Sammlung über, denn die Vermischungskette wird mit zunehmender Entfernung von den Haushalten immer schlechter. Mit der Entfernung des Sammelsystems steigt die Anonymität und die Verantwortung sortenrein zu sammeln sinkt. Mit der Nähe zum Haushalt wird die Sammlung aufwändiger. Man distanziert sich von den anonymen öffentlichen Sammelplätzen mit den Papierbehältern, Leichtfraktionsbehältern, Bei der haushaltsnahen Sammlung stellt die Gemeinde den Bürger_innen z.b.: einen Papiercontainer in der nahen Umgebung zur Verfügung. Die Nähe zum Haushalt garantiert eine effektivere sortenreine Trennung. Die Trennung an öffentlichen Sammelplätzen funktioniert nicht immer reibungslos, denn teilweise werden in den Sammelbehältern Abfälle entsorgt, die volumenmäßig in diesen Platz haben (z.b.: Feuerlöscher, Mikrowelle oder Fernseher in einem Papiercontainer). Bei den Papierbehältern wird das Sammelsystem umgestaltet, um den Fehlwürfen entgegenzuwirken. Die Behälter werden mit einem Deckel im Deckel gestaltet. Der Deckel ist in der Form gestaltet, sodass wirklich nur mehr Papier entsorgt werden kann. Beim Entleeren kann der Behälter von den Entsorger_innen geöffnet werden. Seit der letzten Ausschreibung stehen auf den Autobahnrastplätzen die sogenannten KERMIT-Behälter. In diesen Behältern können nur mehr PET-Flaschen gesammelt werden. Der Deckel dieser Behälter hat zwei Löcher, die im Durchmesser einer PET-Flasche entsprechen. 183

191 Anhang Es gibt verschiedene Ansätze, um bei gewissen Abfällen sortenreine Sammlung zu ermöglichen. Sammelstellen fallen in den Aufgabenbereich einer Gemeinde. Die Gemeinde stellt die Plätze für die Sammelstellen zur Verfügung. Es gibt unterschiedliche Sammelsysteme: 1. Die Behälter werden bereitgestellt und das Papier wird eingesammelt (ARA). Die Gemeinde vergibt den Auftrag. 2. Die Gemeinde vermarktet das Papier selbst. Die Gemeinde wählt den Verwerter und verhandelt den Preis mit dem Verwerter. Die Verrechnung erfolgt zwischen dem Verwerter und der Gemeinde. Über den Geldrückfluss des Verwerters finanziert die Gemeinde das System und den (Sammel-)Transport. Die Gemeinde bezahlt die Dienstleistung pro gesammeltem oder entleertem Behälter. 3. Die Behälter werden entleert und zum Verwerter transportiert. Der Verwerter und der Transporteur sind ident. Das Sammelsystem ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. In Österreich mit den neun Bundesländern gibt es neun verschiedene Abfallwirtschaftsgesetze (AWG). 184

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