1. Teil: Einleitung Klimawandel und Klimaschutz
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- Sebastian Beckenbauer
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2 1. Teil: Einleitung Klimawandel und Klimaschutz Gegenstand dieser Arbeit sind die rechtlichen Rahmenbedingungen der Nutzung von Erdwärme bei Großimmobilien wie zum Beispiel Einkaufszentren, Bürohäusern, Hotels oder anderen gewerblichen Projekten. Derartige Großobjekte verfügen regelmäßig über geothermische Anlagen mit Leistungen von mindestens 100 kw 1. Eine Heizleistung von 100 kw entspricht dabei ungefähr dem Bedarf von zehn bis zwölf Reihenhäusern oder einem kleinen Bürogebäude. 2 Die Systematisierung anhand der thermischen Leistung einer Anlage steht in Übereinstimmung mit den geotechnischen und geothermischen Kategorien, wie sie im Eurocode 7 (DIN EN 1997 Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik) und der bauaufsichtlich eingeführten DIN 1054 (Baugrund Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau) verwendet werden. Danach fallen in die geothermische Kategorie (GtK) 3 komplexe Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kw und/oder schwierigen Baugrundverhältnissen bzw. komplexen Wechselwirkungen zur Umgebung, die für den Entwurf und die Bemessung vertiefte geotechnische und geothermische Kenntnisse und Erfahrungen der Ingenieure voraussetzen. 3 Neben der (Heiz- oder Kühl-) Leistung kann zur Einstufung einer Anlage auch auf die Gesamtsondenmeter bei Erdwärmesonden oder die Förderleistung bei Brunnensystemen abgestellt werden. In diesem Fall ist von einer Großanlage auszugehen, wenn ein Erdwärmesondensystem über Sondenmeter oder mehr und eine Brunnenanlage über eine Förderleistung von mehr als 20 m³/h verfügt. 4 Der verstärkten Nutzung der Geothermie sowohl zur Stromproduktion als auch zur Wärmebereitstellung kommt im Rahmen der Klimaproblematik eine wachsende Bedeutung zu, weil sie als erneuerbare Energie geeignet ist, zur Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid in die Atmosphäre beizutragen. Als Einstieg und zum besseren Verständnis des Gesamtkontextes soll zunächst ein Überblick über 1 1 Kilowatt = Watt. 2 Sass, in: Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft sowie Abfallwirtschaft e.v. Stuttgart, Grundwasser und Grundwasserleiter - Nutzungskonflikte und Lösungsansätze -, S. 93, VBI-Leitfaden Oberflächennahe Geothermie, S vgl. Leitfaden Niedersachsen, S
3 den derzeitigen Stand des Klimawandels sowie mögliche Maßnahmen zu seiner Bekämpfung gegeben werden. A. Der globale Klimawandel Die Auseinandersetzung mit dem globalen Klimawandel stellt eine der bedeutendsten Aufgaben für die Menschheit im 21. Jahrhundert dar. In der Fachliteratur wird der Klimawandel insoweit als eine der größten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedrohungen der Neuzeit 5 und zugleich als eine der größten Herausforderungen für die internationale Sicherheit und das Wohlergehen der Menschheit 6 bezeichnet. Unter Klimawandel versteht man im Allgemeinen eine Veränderung im Zustand des Klimas, die über einen Zeitraum von typischerweise Jahrzehnten oder länger andauert, durch statistische Prüfungen bestimmt werden kann und auf einer Änderung der Mittelwerte oder der Variabilität der Klimaeigenschaften beruht. 7 Nach der anerkannten Definition des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC), des sog. Weltklimarates, kann das Phänomen Klimawandel durch interne natürliche Schwankungen oder durch äußeren Antrieb oder durch fortwährende anthropogene, d.h. durch den Menschen verursachte, Veränderungen in der Zusammensetzung der Atmosphäre oder der Landnutzung zustande kommen. 8 Wenn heutzutage von Klimawandel gesprochen wird, ist vor allem die globale Erwärmung gemeint, also die Erhöhung der planetarischen Mitteltemperatur in den letzten 100 Jahren, vornehmlich seit Ende der 1970er-Jahre. Dabei sind die die mittleren Temperaturen gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter von 14,5 C auf heute etwa 15,3 C angestiegen. 9 Die globale Erwärmung ist eng verbunden mit dem sog. Treibhauseffekt, wobei zwischen natürlichem und anthropogenem Treibhauseffekt zu unterscheiden ist. Die Erdatmosphäre enthält einen natürlichen Anteil an Gasen, die Wärmestrahlung absorbieren und als Spurengase oder Treibhausgase bezeichnet werden. 5 Scheel, DÖV 2009, S Oberthür, in: Varwick, Globale Umweltpolitik, S Rechkemmer, in: Varwick, Globale Umweltpolitik, S IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S Müller/Fuentes/Kohl, in: dies., Der UN-Weltklimareport, S. 29; vgl. auch IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S
4 Die wichtigsten dieser Gase sind Wasserdampf (H 2 O), Kohlendioxid (CO 2 ), Ozon (O 3 ), Distickstoffoxid (N 2 O) und Methan (CH 4 ). Sie lassen die von der Sonne auf die Erde einfallende, energiereiche Strahlung nahezu ungehindert passieren, absorbieren aber Teile der im Gegenzug von der erwärmten Erdoberfläche ausgehenden Strahlung und verringern auf diese Weise den Anteil der in den Weltraum abgegebenen Wärmestrahlung. 10 Dies ist vereinfacht dargestellt die Wirkungsweise des Treibhauseffektes. Die von Natur aus in der Atmosphäre enthaltenen Treibhausgase haben eine große Bedeutung für das Klima: Der natürliche Treibhauseffekt bewirkt, dass die globale Mitteltemperatur in Bodennähe etwa 15 C beträgt; ohne Treibhausgase in der Atmosphäre läge die Erdmitteltemperatur bei -18 C und die Erde wäre eine Eiswüste. 11 Der natürliche Treibhauseffekt führt also zu einer Temperaturerhöhung der Erdoberfläche von etwa 33 C und garantiert erst die optimalen Lebensbedingungen auf der Erde. 12 Das gegenwärtige Klimaproblem beruht darauf, dass der Mensch seit Beginn der Industrialisierung durch den Ausstoß bestimmter klimarelevanter Spurengase, insbesondere des Kohlendioxids (CO 2 ), die Konzentration dieser Gase in der Atmosphäre erhöht und damit den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt hat. Dies wiederum führt zu einer Erhöhung der Temperatur der Erdoberfläche und der unteren Atmosphäre, da immer weniger Energie von der Erde an den Weltraum abgegeben werden kann. 13 Der 4. Sachstandsbericht des IPCC kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass der größte Teil des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Temperatur seit Mitte des 20. Jahrhunderts sehr wahrscheinlich auf die Zunahme der anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen zurückzuführen ist; sehr wahrscheinlich bedeutet dabei eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 % 14. Im 3. Wissensstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2001 war der Zusammenhang von gestiegenen Treibhausgaskonzentrationen und globaler Erwärmung noch lediglich als wahrscheinlich 15 bezeichnet worden. 16 Wichtigste Ursache für die Erhöhung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre ist die Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdöl, Kohle und Erdgas, bei der 10 Latif, Bringen wir das Klima aus dem Takt?, S Latif, Bringen wir das Klima aus dem Takt?, S. 54/ Rahmstorf/Schellnhuber, Der Klimawandel, S Latif, Klima, S IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S. 10, Die Wahrscheinlichkeit, dass das Resultat richtig ist, liegt zwischen 66 % und 90 %. 16 IPCC, Dritter Wissensstandsbericht Klimaänderung 2001, S
5 unvermeidbar Kohlendioxid freigesetzt wird. 17 Kohlendioxid ist mit einem Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt von ca. 60 % das bedeutendste Treibhausgas, Methan hat einen Anteil von ca. 20 % und die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW s) von knapp 15 %. 18 Neben dem Verbrauch fossiler Brennstoffe liefern Landnutzungsänderungen (z.b. durch die Rodung von Wäldern) einen weiteren signifikanten, aber kleineren Beitrag zur Steigerung der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration. 19 Der erhöhte Methangehalt in der Atmosphäre ist vornehmlich der Landwirtschaft und dabei der Nutzung wasserbedeckter Reisfelder sowie der Viehzucht mit immer größeren Herden zuzuschreiben. 20 Dabei ist die Treibhauswirkung von Methan wesentlich stärker als diejenige von Kohlendioxid; allerdings wird das Methan in der Atmosphäre sehr viel schneller abgebaut als das Kohlendioxid, dessen besonderes Risiko gerade in der langfristigen Anreicherung liegt. 21 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen zu etwa 50 % auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe, zu knapp 20 % auf die Chemieproduktion, zu 15 % auf die zunehmend intensiver betriebene Landwirtschaft und zu weiteren 15 % auf die Vernichtung der Wälder zurückzuführen ist. 22 Seit Beginn der Industrialisierung ist die Konzentration bei Kohlendioxid um ca. 30 %, bei Methan um ca. 150 % und bei Distickstoffoxid um etwa 17 % angestiegen. 23 In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass sich die globale atmosphärische Kohlendioxidkonzentration von einem vorindustriellen Wert von etwa 280 ppm 24 auf 390 ppm im Jahr 2010 erhöht hat. 25 Dieser Wert übertrifft die aus Eisbohrkernen bestimmte natürliche Bandbreite der letzten Jahre 17 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Klimaschutz Wissenschaftliche Grundlagen (Stand: August 2011); veröffentl. unter 18 Latif, Klima, S IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S BMU, Klimaschutz Wissenschaftliche Grundlagen (Stand: August 2011); veröffentl. unter 21 BMU, Klimaschutz Wissenschaftliche Grundlagen (Stand: August 2011); veröffentl. unter 22 Latif, Bringen wir das Klima aus dem Takt, S. 58/ Latif, Klima, S ppm (Teile pro Million) oder ppb (Teile pro Milliarde) bezeichnen das Verhältnis der Anzahl von Treibhausgasmolekülen zur Gesamtanzahl der Moleküle in trockener Luft. 25 Latif, Globale Erwärmung, S
6 (180 bis 300 ppm) bei Weitem. 26 Die Methankonzentration in der Atmosphäre ist gegenüber der Zeit vor der industriellen Revolution von einem Wert von etwa 715 ppb auf ppb im Jahr 2005 gestiegen; dies übertrifft die natürliche Bandbreite der letzten Jahre (320 bis 790 ppb) ebenfalls beträchtlich. 27 Auch die atmosphärische Konzentration von Lachgas (Distickstoffoxid) hat zugenommen, und zwar von einem vorindustriellen Wert von 270 ppb auf 319 ppb. 28 Im Jahr 1900 lag die Menge freigesetzten Kohlendioxids noch bei rund 100 Mio. Tonnen pro Jahr, 2004 waren es rund 38 Mrd. Tonnen. 29 Insgesamt sind die globalen Treibhausgasemissionen zwischen 1970 und 2004 um 70 % gestiegen, diejenigen von Kohlendioxid um 80 %. 30 Da das Wachstum vornehmlich in den Industrieländern stattgefunden hat, sind diese für rund 90 % der bis heute durch den Energieeinsatz entstandenen CO 2 -Emissionen verantwortlich. 31 Im Jahr 2010 hat die Bundesrepublik Deutschland mit 827 Mio. Tonnen Kohlendioxid etwa 3 % der weltweiten Emissionen verursacht; auf jeden Bewohner Deutschlands entfallen damit umgerechnet mehr als 10 Tonnen des Kohlendioxidausstoßes. 32 Zum Vergleich: Ein US-Amerikaner emittiert pro Jahr etwa 20 Tonnen Kohlendioxid, ein Chinese 4,6 Tonnen und ein Inder rund eine Tonne. 33 Nach neueren Zahlen liegt der Pro-Kopf-Ausstoß von CO 2 in China mittlerweile schon bei 7,2 Tonnen, während er in der Europäischen Union auf 7,5 Tonnen pro Kopf gesunken ist. 34 Der auf den dargelegten Veränderungen der Konzentration der Spurengase in der Atmosphäre beruhende anthropogene Treibhauseffekt hatte bedeutende Auswirkungen auf das Klima der zurückliegenden Jahre und wird dies auch in Zukunft haben. 26 IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S IPCC, Vierter Sachstandsbericht Klimaänderung 2007, S Müller/Fuentes/Kohl, in: dies., Der UN-Weltklimareport, S. 29, Müller/Fuentes/Kohl, in: dies., Der UN-Weltklimareport, S. 29, BMU, Erneuerbare Energien Innovationen für eine nachhaltige Energiezukunft, S BMU, Erneuerbare Energien Innovationen für eine nachhaltige Energiezukunft, S. 14/ BMU, Erneuerbare Energien Innovationen für eine nachhaltige Energiezukunft, S Falke, ZUR 2013, S. 182,
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