Versandhandel von Tierarzneimitteln im Internet

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1 Versandhandel von Tierarzneimitteln im Internet Herausforderungen 2009 Symposium anlässlich der Amtseinführung des Präsidenten des BVL Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 1

2 Tierarzneimittel kein Produkt wie alle anderen Voraussetzung für sicheren Umgang mit Tierarzneimitteln: Fachkompetenz Untersuchung & Diagnose Pharmakologisches Profil Nutzen-Risiko-Bewertung Nebenwirkungen & mögliche Gegenmaßnahmen Besonderes Verantwortungsbewusstsein Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 2

3 Rechtsgrundlage Arzneimittelgesetz (AMG) AMG Humanarzneimittel Tierarzneimittel Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 3

4 Rechtsgrundlage - Humanarzneimittel 43 (Inverkehrbringen) Abs. 1 AMG Arzneimittel dürfen gewerbsmäßig für den Endverbraucher nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Erlaubnis gem. 11a Apothekengesetz gestattet Versand Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 4

5 Rechtsgrundlage - Tierarzneimittel 43 (Inverkehrbringen) Abs. 5 AMG Zur Anwendung an Tieren bestimmte Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind, dürfen an Tierhalter nur in der Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke oder durch den Tierarzt ausgehändigt werden. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 5

6 Rechtsgrundlage - Tierarzneimittel Ausnahme: 60 (Heimtiere) Abs. 4 AMG Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von 43 Abs. 5 zulassen, soweit es sich um die Arzneimittelversorgung von Zierfischen, Zier- und Singvögeln, Brieftauben, Terrarientieren, Kleinnagern, Frettchen und nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienenden Kaninchen handelt. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 6

7 Rechtsgrundlage - Tierarzneimittel Verstöße Verkäufer und Käufer handeln rechtswidrig. Verschreibungspflichtige Arzneimittel: Straftat mit bis zu drei Jahren Gefängnis Apothekenpflichtige Arzneimittel: Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bis Euro. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 7

8 Rechtsgrundlage Internethandel EU-Richtlinien: 97/7/EG Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz 2000/31/EG Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr Nationale Umsetzung im Telemediengesetz (TMG) Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 8

9 Warum beziehen Anwender Tierarzneimittel über das Internet? Preis identische Präparate aus dem Ausland Sparen von Tierarztkosten Praktische Lieferung per Post Eigeninitiative: Anwender fühlt sich kompetent und möchte ohne fachliche Anleitung behandeln Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 9

10 Warum beziehen Anwender Tierarzneimittel über das Internet? Bewußt illegaler Bezug von verbotenen / in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln Doping Präparate, die nicht für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen sind (Leistungsförderer) Selbstmedikation Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 10

11 Tierarzneimittel - Übersicht freiverkäuflich apothekenpflichtig Homöopathika verschreibungspflichtig registrierte TAM Anthroposophika N=2095 Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 11

12 Tierarzneimittelmarkt 2 Kategorien von Tieren: Hobbytiere Nutztiere emotionaler Wert wirtschaftlicher Wert medizinische/ethische Aspekte: gültig für beide Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 12

13 Behandlung von lebensmittelliefernden Tieren Verbraucherschutzaspekte beachten Dokumentation Lebensmittelkette Strenge Anwendungsbedingungen Fast ausschließlich verschreibungspflichtige Präparate z.b. Antibiotika, Antiparasitika Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 13

14 Behandlung von lebensmittelliefernden Tieren Behandlung muss im Bestandsbuch dokumentiert werden Abgabe- und Anwendungsbeleg (AUA-Beleg) Einhaltung der Wartezeit extra label use Kaskadenregelung nach 56 a Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 14

15 Behandlung von Hobbytieren Vereinfachte Dokumentation von Behandlungen Erweiterte Möglichkeit zum extra label use z.b. Anwendung von Humanarzneimitteln Breiteres Spektrum von Therapiemöglichkeiten Weniger ökonomische Zwänge Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 15

16 Angaben in Mio. Tiere Rinder Schweine Schafe Broiler Legehennen Hunde Katzen Pferde Tierbestand in Deutschland 2006 & ,7 12,7 26,8 27,1 2,0 1,9 552,1 579,7 42,4 41,4 5,3 5,3 7,8 7,8 1,0 1,0 Quelle: BfT Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 16

17 Tierarzneimittelmarkt 2007 Marktanteile Nutz- und Hobbytiere Hobbytiere 48% Nutztiere 52% Klein-, Heimtiere inkl. Bienen, Fische & Geflügel Quelle: BfT Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 17

18 Tierarzneimittelmarkt im Internet Telediensteanbieter: 1. Online-Marktplatz (z.b. ebay) 2. Online-Shops 3. Internetapotheken Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 18

19 Online-Marktplatz: ebay Internetplattform / Provisionsbeteiligung Telediensteanbieter treiben selbst keinen Handel gem. AMG, TAM werden nicht selbst abgegeben Nutzungsvermittlung (TDG) Beihilfe zum Verstoß gegen AMG, wenn konkrete Kenntnis der Haupttat vorliegt Fahrlässige Beihilfe ist nicht strafbar Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 19

20 Online-Marktplatz: ebay Sorge um Renommé der Marktplätze führt zu Eigenkontrolle Recherchen / Screening der Angebote Aufnahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB): Die auf der ebay-website von Mitgliedern veröffentlichten Inhalte werden von ebay grundsätzlich nicht geprüft und stellen nicht die Meinung von ebay dar. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 20

21 Online-Marktplatz: ebay Überwachung liegt in der Zuständigkeit der Länder, aus denen die Angebote kommen. Anfrage an Internetplattform zur Entschlüsselung der pseudonymisierten Anwenderdaten. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 21

22 Online-Marktplatz: ebay Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 22

25 Online-Shop Der Onlineshop stellt Waren und digitale Produkte im Internet zum Verkauf bereit. Dabei handelt es sich bei einem Shopsystem grundsätzlich um Software mit einer Warenkorbfunktionalität. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 25

26 Online-Shops Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 26

27 Internet-Apotheke 43 (Inverkehrbringen) Abs. 1 AMG Arzneimittel dürfen gewerbsmäßig für den Endverbraucher nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Erlaubnis gem. 11a Apothekengesetz gestattet Versand Überwachung liegt in der Zuständigkeit der Apotheken-Überwachung. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 27

28 Internet-Apotheke Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 28

29 Internet-Apotheke Problem: Sitz im Ausland Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 29

30 Internet-Apotheke Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 30

31 Problem-Arzneimittelsicherheit: Permethrin-Vergiftung von Katzen Spot-on Präparate mit Permethrin für Hunde dürfen nicht bei Katzen angewandt werden! Katzen können den Wirkstoff nicht verstoffwechseln und so kommt es zu Vergiftungserscheinungen mit Krämpfen bis hin zu Koma und Tod des Tieres Ursache der Vergiftung ist der versehentliche Gebrauch des Präparates durch den Tierbesitzer bzw. der Kontakt von Katzen mit behandelten Hunden Prognose: gut nach schneller Intervention und adäquater Therapie Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 31

32 Problem-Arzneimittelsicherheit: Permethrin-Vergiftung von Katzen Permethrin Intoxikation: Anzahl betroffener Katzen / Jahr n=25 n=17 n=81 n=51 100% 80% Katzen 60% 40% 20% 0% Jahr wiederhergestellt gestorben Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 32

33 Problem-Arzneimittelsicherheit: Spot on Antiparasitika Pudel Apollo Grund der Behandlung: Prophylaxe gegen Flöhe Behandlung mit Permethrin Ungefähr sechs Wochen später entwickelte der Hund ein großflächiges Ekzem an der Applikationsstelle (12 x 12 cm). Die Veränderung blieb über Monate bestehen. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 33

34 Problem-Arzneimittelsicherheit: Rassespezifische Besonderheiten Wichtig für Anwender: Erkennung der Rasse im Hinblick auf rassespezifische Besonderheiten Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 34

35 Rassespezifische Besonderheiten: der MDR1 Gen-Defekt Multi Drug Resistance (MDR) Gen-Defekt Manche Hunderassen sind empfindlicher gegenüber bestimmten Arzneimitteln als andere. z.b. Collies, Australian Shepherds und andere verwandte Rassen reagieren empfindlich auf Ivermectin und andere Substanzen. Diese Überempfindlichkeit ist schwerwiegend und führt häufig zum Tod der behandelten Tiere. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 35

36 MDR1-Defekt: Verbreitung Breed MDR-Genotyp (%) MDR1(+/+) MDR1(+/-) MDR1(-/-) Collie 43,9 23,1 33 Shetland Sheepdog Australian Shepherd 45,7 48,6 5,7 67,9 25,2 6,9 Wäller 62,9 37,1 0 Old English Sheepdog 87,5 12,5 0 Border Collie 99,1 0,6 0,3 Bearded Collie Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 36

37 Anwendersicherheit = Verbraucherschutz Optimale Sicherheit durch individuelle Beratung Korrekte Applikation (Vermeidung von direkter Exposition von Haut / Auge) enger Kontakt zum behandelten Tier z.b. Antiparasitika als Spot on oder Halsband Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 37

38 Problem: Missbrauch von Tierarzneimitteln Missbrauch Suizid mit Euthanasiepräparaten (Pentobarbital, Embutramid & Mebezoniumjodid) Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 38

39 Problem: Missbrauch von Arzneimitteln Sucht: Partydroge aus dem Pferdestall In Londoner Clubs macht eine neue Droge die Runde: Ketamin. Missbrauch Einsatz von Ketamin in Diskotheken zur Erzielung halluzinogener Effekte Das Rauschmittel, mit dem Tierärzte Pferde narkotisieren, ist inzwischen beinahe so beliebt wie Haschisch oder Ecstasy. Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 39

40 Fazit Tierarzneimittel gehören in fachkundige Hände und unterliegen daher aus gutem Grund deutlichen Reglementierungen Dennoch existiert der Tierarzneimittelhandel im Internet, obwohl zur Zeit verboten Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 40

41 Besser als komplettes Verbot: Internethandel kanalisieren und kontrollieren Internethandel: bereits möglich für freiverkäufliche Tierarzneimittel zusätzlich denkbar für apothekenpflichtige Tierarzneimittel in von DIMDI zertifizierten Internetapotheken (wie für Humanarzneimittel geplant) Überwachung des Internethandels verbessern Fazit Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 41

42 Fazit Rolle des BVL: Zulassung von Tierarzneimitteln national und EU-Ebene mit Definition der Anwendungsbedingungen Harmonisierung des Arzneimittelmarktes innerhalb der EU Pharmakovigilanz Verkaufsabgrenzung aber: Kontrolle des Tierarzneimittelverkehrs durch Landesbehörden Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 42

43 Fazit Gefahren aus Sicht BVL: Durch Internethandel können Zulassungsbedingungen unterlaufen werden Arzneimittelrisiken können verstärkt werden Verbraucherschutz kann gefährdet werden illegale Anwendung und Missbrauch von Tierarzneimitteln möglich Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 43

44 Fazit Probleme aus Sicht BVL: Internethandel kennt keine Grenzen Globale Aktionen und Angebote erfordern internationale Abstimmung und Vorgehen In EU gibt es unterschiedliche Vertriebswege und Preise für Arzneimittel: mehr Harmonisierung nötig Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 44

45 Fazit Internethandel mit Tierarzneimitteln wird sich auf Dauer nicht verhindern lassen Wichtig ist es den Handel besser zu kontrollieren und zu limitieren, wo es erforderlich ist Hohe Standards für Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz müssen das Ziel für jede Art von Handel mit Tierarzneimitteln sein Dr. Cornelia Ibrahim 11. Dezember 2008 Seite 45

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