Menopausalsyndrom Klimakterisches Syndrom Estrogenmangelsyndrom. Definition, Epidemiologie, Pathosphysiologie, Therapie

Transkript

1 Menopausalsyndrom Klimakterisches Syndrom Estrogenmangelsyndrom Definition, Epidemiologie, Pathosphysiologie, Therapie

2 Wir werden immer älter Im Jahr 2050* Gruppe der mindestens 60-Jährigen doppelt so groß wie heute Hälfte der Bevölkerung älter als 48 Jahre, ein Drittel älter als 60 Lebenserwartung der Frau 86 Jahre Altersaufbau 2001 Deutschland Altersaufbau 2050* Deutschland Männer 60 Frauen Männer 60 Frauen Tausend Tausend

3 Das dritte Lebensalter 80 Lebenserwartung Alter Menopause Jahrzehnt Eine Frau verbringt ein Drittel ihres Lebens in der Zeit nach den Wechseljahren

4 Hormonelle Veränderungen in der Prä, Peri- und Postmenopause E 2 im Serum (µg/ml) E 2 im 24-Stunden-Urin (µg/ml) HMG im 24-Stunden-Urin (IE/ml) FSH im Serum (IE/ml) 1. Prämenopause 2. Perimenopause 3. Postmenopause Gonadotropine Östrogene Menopause (Jahre)

5 Was sind die Wechseljahre? Definition: Wechseljahre = Klimakterium (griech.: Stufe, Treppe) Stufenweiser Übergang von der fruchtbaren Phase in die Zeit, in der keine Schwangerschaft mehr möglich ist Kein plötzliches Ereignis, sondern langsamer, natürlicher Prozess Zeitrahmen individuell Unterschiedlich: Dauer: bis zu Jahren Wichtigstes Kennzeichen: Abfall der Östrogenproduktion mit nachfolgendem Östrogenmangel

6 3 Abschnitte der Wechseljahre Prä/Perimenopause Zeitraum vor der letzten Regelblutung Produktion der Hormone in den Eierstöcken nimmt langsam ab Menopause Letzte Regelblutung (etwa mit 51 Jahren) Ein Jahr lang hat keine weitere Monatsblutung mehr stattgefunden (genauer Zeitpunkt nur im Nachhinein festgelegt) Postmenopause Wechseljahre = Klimakterium Prämenopause = vor Menopause = letzte Blutung Perimenopause = drum herum Postmenopause = nach Alter (Jahre) Zeitraum nach der Menopause, ca. bis 65. Lebensjahr Ende der Postmenopause = Ende der Wechseljahre

7 Was verändert sich im Körper? Wechseljahre = Krankheit? Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern ein natürlicher Umstellungsvorgang Beschwerden können jedoch so stark sein, dass sie Krankheitswert haben Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen Allgemeines und sexuelles Wohlbefinden einschränken

8 Klimakterium und seine Folgen Positive Veränderungen Verhütungsfrage hat sich ergeben keine Blutungen mehr Umstrukturierung des Lebens, mehr Zeit für sich Beruflicher Erfolg Perspektivenwechsel

9 Klimakterium und seine Folgen Negative Veränderungen Anstieg von Erkrankungen des Herz- Kreißlaufsystems Degenerative Erkrankungen des Skelettsystems (Arthrose/ Arthritis) Rückgang des Muskelgewebes Morbus Alzheimer Osteoporose

10 Fragestellung 1. Wechseljahre Hintergründe Was verändert sich im Körper? 2. Was kann man bei Beschwerden tun? Gesunder Lebensstil Medikamente Pflanzliche Präparate Hormonersatztherapie (HRT)

11 Folgen des Östrogenmangels Vasomotorische Beschwerden Hitzewallungen Schweißausbrüche Schwindel Langzeitfolgen Trockenheit von Haut und Schleimhäuten Osteoporose Veränderungen im Herz-Kreislauf-System Psychische Beschwerden Schlafstörungen Stimmungslabilität depressive Verstimmung Antriebslosigkeit ER

12 Was verändert sich im Körper? Zeitliche Abfolge des Östrogenmangels Gestagenmangel Blutungsstörungen Regelblutung zu schwach, zu stark, verlängert, Schmierblutungen Östrogenmangel Akute Wechseljahresbeschwerden ( Klimakterisches Syndrom ) Körperliche Beschwerden Steiler Seelische Probleme Östrogenabfall Langzeitfolgen des Östrogenmangels Gewichtszunahme Trockenheit der Haut und Schleimhäute Blasenschwäche (Harninkontinenz) Knochenschwund (Osteoporose) Herz-Kreislauferkrankungen (kontrovers diskutiert) Die Folgen der sinkenden Hormonspiegel Wechseljahresbeschwerden Scheidenwandveränderungen Hautalterung Inkontinenz bei Stress Osteoporose Lebensalter

13 Hitzewallung, brüchige Knochen und andere Probleme Wechseljahrsbeschwerden

14 Frage: Was löst die Wechseljahre aus? Antwort: Die nachlassende Eierstocksfunktion mit verzögerter bzw. gestörter Eireifung und schließlich fehlendem Eisprung veränderter Bildung der weiblichen Geschlechtshormone: mangelnde, später völlig fehlende Gelbkörperhormonbildung zunächst stark schwankende Östrogenspiegel, später Östrogenmangel

15 Häufigkeit vasomotorischer Beschwerden im Klimakterium ca. 1/3 der Frauen sind behandlungsbedürftig ca. 1/3 der Frauen haben geringe Beschwerden ca. 1/3 der Frauen haben keine Beschwerden

16 Prävalenz von Wechseljahrbeschwerden 100 Schwere 75 Gesamt Frauen (%) Reg <1m 1-3m 3-6m 6-12m > 10 Monate/Jahre seit der letzten Regelblutung Reg = regular menstrual pattern Oldenhave et al, Am J Obstet Gynecol 1993; 168:

17 Hitzewallungen können in Einzelfällen für eine lange Zeit fortbestehen Anzahl der Frauen Durchschnittsalter der Menopause 49.5 Jahre Jahre Kronenberg F. Ann NY Acad Sci. 1990;592:52-86.

18

19 Was verändert sich im Körper? Langzeitfolgen des Östrogenmangels Trockenheit von Haut und Schleimhäuten Dünnere Haut, Falten Trockene Mund- und Augenschleimhaut Trockene Schleimhaut der Scheide - Juckreiz, Entzündungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr Blasenschwäche (Inkontinenz) Ungewollter Harnabgang v. a. beim Husten, Niesen, Lachen

20 In der Postmenopause erhöhtes Frakturrisiko 1,2 - Spitzenknochenmas se ( peak bone mass ) Menopause normal Knochenmasse (g/m 2 ) 1,1-1,0-0,9 - vermehrt Mittelwer t Streuung 0,8 - Frakturrisikozone 0 Pubertät I I I I I I I I Jahre Hadji et al. Der Gynäkologe 2002; 35:

21 Herz-Kreislauferkrankungen Vor der Menopause: Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen viel seltener als bei Männern Nach der Menopause: Sprunghafter Anstieg Lange Zeit vermutet: Ursache dafür: Verminderte Produktion von Östrogen Herz-Kreislauferkrankungen in % 100 Männer Frauen Jahre Verhältnis Frauen-Männer im Altersverlauf

22 Todesfälle infolge von Herzkrankheiten 60 Todesfälle (in Tausend) Männer Frauen Alter in Jahren

23 Die häufigsten Todesursachen bei Frauen und Männer % Frauen Männer CIHK und Folgen Apoplex Brustkrebs Dickdarmkrebs (Statistisches Bundesamt, 2001)

24 Was kann man tun? Übersicht Gesunder Lebensstil Körperliche Aktivität Ausreichend Entspannung und Schlaf Ausgewogene Ernährung Intensive Hautpflege Rauchen aufgeben Medikamente Pflanzliche Präparate Herkömmliche Hormonersatztherapie (HRT)

25

26 Hormon(ersatz)therapie: Warum? Ausgleich des Hormonmangels durch Gabe von Hormonpräparaten Ziele Rasche Linderung akuter Wechseljahresbeschwerden Vorbeugung Langzeitfolgen des Östrogenmangels

27 Welche Hormone? Östrogen zur Linderung akuter Beschwerden zur Vorbeugung der Langzeitfolgen Gestagen um Östrogen-bedingtes Wachsen der Gebärmutterschleimhaut und damit Entwicklung von Gebärmutterkrebs zu vermeiden (Frauen nach Entfernung der Gebärmutter sollten nur Östrogene verwenden)

28 Welche Darreichungsformen gibt es? systemische Wirkung lokale Wirkung

29 Östrogendosierungen Oral/d 0,5 2 mg Estradiol 0,5 2 mg Estradiolvalerat 0,3 1,25 mg konjugierte Estrogene Transdermal/d µg Estradiol (Pflaster) 0,5 1,5 mg Estradiol (Gel) 5 cm 2 Nasal 150 µg/sprühstoß

30 Formen der Hormon(ersatz)therapie Estrogenmonotherapie kontinuierliche Einnahme Zyklische Estrogen-/Gestagentherapie Entzugsblutung nach 21 Tagen Kontinuierlich kombinierte Estrogen-/Gestagentherapie keine Entzugsblutung

31 Anzahl mäßiger und starker Hitzewallungen 80 Anzahl * * * * * * Placebo 0.25mg E 2 0.5mg E 2 1mg E 2 2mg E Wochen signifikanter (p < 0.05) Unterschied zu Placebo * * *

32 Einfluß einer H(R)T auf die Anzahl von Hitzewallungen Anzahl der Hitzewallungen Plazabo 1 mg Östradiol und Gestagen BL Schürmann R et al. Climacteric. 2004;7: (modified).

33 H(R)T: Nutzen / Risikoanalyse Problem: Effekt der H(R)T: Evidenz: Behandlung klimakterischer Beschwerden (psychovegetativ, urogenital, psychisch) = unmittelbare therapeutische Indikation Verbesserung Epidemiologische Studien und randomisierte Studien NUTZEN EINDEUTIG BELEGT! MacLennan A et al. Cochrane Database Syst Rev 2001 (1); Norman RJ et al. Cochrane Database Syst Rev 2000 (2) Barrett-Connor E & Stuenkel C. Int J Epidemiol 2001;30:423-6; Hlatky MA et al. JAMA Feb 6;287(5):591-7 Manson JE, Martin KA. New Engl J Med 2001;345:34-40;

34 Lokale (vaginale) Hormontherapie Wird nur zur Linderung lokaler Beschwerden der Scheide und des Harntraktes eingesetzt Lindert nicht die klassischen klimakterischen Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche Bietet keinen Schutz vor Osteoporose

35 Nutzen der Östrogene bei vaginalen Beschwerden % Pat. vor nach Behandlung Vag. Ausfluss Vag. Brennen Trockene Scheide Vag. Rötung A.O.Mueck, Zeitschrift Gyn. Rundschau, 1996; 36: 83-89

36 Nutzen der Östrogene bei urologischen Beschwerden % Pat. vor nach Behandlung Harninkontinenz Brennen bei Miktion Pollakisurie Dysurie A.O. Mueck, Zeitschrift Gyn. Rundschau 1996; 36: 83-89

37

38 Hitzewallung, brüchige Knochen und andere Probleme Wie gehen wir vor? Gemeinsam Frau/Patientin und Frauenärztin/Frauenarzt

39 Wie gehen wir vor? Gemeinsam Frau/Patientin und Frauenärztin/Frauenarzt Information und Aufklärung!

40 Wie gehen wir vor? Gemeinsam Frau/Patientin und Frauenärztin/Frauenarzt Welche Beschwerden haben Sie? Welche Risiken haben Sie? Für welche Erkrankungen haben Sie möglicherweise ein hohes Risiko? Wie stehen Sie generell zu einer H(R)T?

41 Erstellen eines individuellen Risikoprofils Anamnestische Risiken für Herz- Kreislauf- Erkrankung, Karzinome, Osteoporose Vorerkrankungen (z.b. Thrombose etc.) Blutfettstatus (Cholesterin etc.) Blutdruck Gewicht Nikotin- und Alkoholabusus Ernährung Lebensstil, körperliche Aktivität...

42 H(R)T RISIKEN NUTZEN individuelle Abwägung

43 Generelle Dosisrichtlinie Soviel wie nötig und so wenig wie möglich!

44