Objektive Messung der Akkommodation ein Jahr nach Synchrony -IOL-Implantation

Transkript

1 Objektive Messung der Akkommodation ein Jahr nach Synchrony -IOL-Implantation M. Elling, F. Hengerer, S. Hauschild, H. B. Dick Fragestellung Im Rahmen der folgenden Studie wurde der Nah- und Fernvisus als auch objektiv die Akkommodationsleistung ein Jahr nach der Implantation der potenziell akkommodierenden Synchrony-Intraokularlinse (AMO Inc.) mit einem dynamischen Stimulationsaberrometer (DSA) analysiert. Methodik Im Rahmen der Untersuchungen sind insgesamt 27 gesunde Augen mit Cataracta provecta im August und September 2009 Katarakt-operiert worden. Hierbei ist die potenziell akkommodierende Synchrony-Intraokularlinse implantiert worden. Postoperativ sind in diesem Kollektiv der unkorrigierte Nah- und Fernvisus in logmar, der korrigierte Nah- und Fernvisus in logmar sowie Defokuskurven untersucht worden. Des Weiteren ist der Akkommodationshub mittels dynamischer Stimulationsaberrometrie analysiert worden. Das Studienkollektiv besteht aus insgesamt 27 Augen und gliedert sich in zwölf Frauen und 15 Männer. Das Alter beträgt im Median 72 Jahre mit einem Range von 65 bis 80 Jahren. Die skotopische Pupillenweite beträgt im Median 3,34 mm mit einem Range von 1,59 bis 5,36 mm. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurden alle Messungen auf eine Pupillenweite von 2 mm normiert. Einleitung Die Synchrony-Intraokularlinse ist eine einstückige, faltbare Silikonintraokularlinse mit zwei separaten Optiken, die über ein Federsystem verbunden sind. Hierbei ist die hochbrechende, vordere Optik (5,5 mm/+32 dpt) mit einer hinteren Optik (6,0 mm) mit negativer Brechkraft verbunden. Die Implantation der Synchrony- Intraokularlinse erfolgt über einen vorgeladenen Injektor durch eine 3,8 mm große Inzision nach einer standardisierten Kataraktoperation. Sämtliche Kataraktoperationen in diesem Studienkollektiv wurden durch einen erfahrenen Chirurgen durchgeführt. Die Rhexisgröße betrug 4,5 bis 5,5 mm und war jeweils zentriert. 248

2 Elling et al.: Objektive Messung der Akkommodation ein Jahr nach Synchrony -IOL-Implantation Die Analyse der Akkommodationsleistung dieser Synchrony-Patienten erfolgte durch den WASCA-Analyzer, der mithilfe der Wellenfronttechnologie die Ana lyse der Aberrationen niedriger und höherer Ordnung sowie die Analyse von Sphäre, Zylinder, Achse und Pupillenweite ermöglicht. Im Rahmen der dynamischen Stimulationsaberrometrie erzeugt ein Messstrahl (850 µm Wellenlänge von einer Superlumineszenzdiode erzeugt) einen Spot auf der Retina, der als Punktlichtquelle dient. Die von dieser Punktlichtquelle ausgehende Wellenfront legt durch das Auge in Gegenrichtung den gleichen Weg zurück wie normalerweise einfallendes Licht. Die austretende Wellenfront beinhaltet somit alle Informationen über die Aberrationen des vermessenen optischen Systems. Die aus dem vermessenen Auge austretende Wellenfront wird im WASCA-Analyzer mithilfe des Shack-Hartmann- Wellenfront sensors aufgezeichnet und analysiert. Die Ausdehnung der Wellenfront wird durch den aktuellen Pupillendurchmesser während der Messung bestimmt. Die dynamische Stimulationsaberrometrie ermöglicht erstmals die binokulare dynami sche Stimulation von Akkommodationszuständen durch das Anbieten von zeitlich wechselnden Targets (z. B. fern-nah-fern). Hierbei werden kontinuierlich die Aberrationen niedriger und höherer Ordnung gemessen. Versuchsaufbau Im Rahmen der Studienuntersuchungen wurde das zu fixierende Ferntarget in 3,0 m Entfernung vom Probanden positioniert, das Nahtarget wurde in einem Abstand von 3,0 dpt zum Probanden justiert. Der Messrhythmus betrug in allen Unter suchungen fern-nah-fern. Hierbei fixierte der Proband das Ferntarget für drei Sekunden, gefolgt vom Nahtarget für weitere drei Sekunden und abschließend nochmals das Fern- Abb. 1: Dynamisches Stimulationsaberrometer 249

3 Presbyopie/akkommodative IOL target für weitere drei Sekunden. Während dieser neun Sekunden wurden im Rahmen eines Messzyklus insgesamt 300 Einzelmessungen durchgeführt. Die Datenauswertung der dynamischen Veränderungen der Aberrationen niedriger und höherer Ordnung erfolgt durch die spezielle WASCA-Software (Fa. Carl Zeiss Meditec AG) und die entsprechende DSA-Software (Fa. Optana Medizintechnik). Ergebnisse Nach der Analyse des Nah- und Fernvisus zeigt sich für den unkorrigierten Nahvisus im Durchschnitt ein Visus von 0,26 logmar sowie für den fernkorrigierten Nahvisus ein Visus von 0,31 logmar. 0,1 Durchschnittlicher Visus [logmar] 0 0,1 0,2 0,3 0,4 ± Standardabweichung 0,14 logmar = 0,8 0,26 logmar = 0,5 0,02 logmar = 1,0 0,31 logmar = 0,5 0,03 logmar = 1,0 UDVA UNVA CDVA DCNVA CNVA Abb. 2: Analyse von Fern- und Nahvisus Akkommodationsamplitude [logmar] 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 Akkommodation 5 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Abb. 3: Defokuskurve (n = 27 Augen) 250

4 Elling et al.: Objektive Messung der Akkommodation ein Jahr nach Synchrony -IOL-Implantation Im Rahmen der Refraktionsbestimmung betrug die Sphäre in diesem Kollektiv im Median +0,5 dpt mit einem Range von 0,5 bis +2,0 dpt und der Zylinder im Median 1,0 dpt mit einem Range von 0,25 bis 2,0 dpt. Des Weiteren wurden im Rahmen der Untersuchungen Defokuskurven erstellt. Hierbei zeigte sich bei allen Probanden ein guter Fernvisus sowie ein zufriedenstellender Nah- und Intermediärvisus. Beispiel Akkommodationsanalyse mittels DSA Bei einer 74-jährigen Probandin wurde am rechten Auge eine Synchrony-IOL bei intaktem Binokularsehen implantiert. Der Akkommodationsstimulus im Rahmen der Studienuntersuchung betrug 3,0 dpt, und es zeigte sich bei einer normierten Pupillenweite von 2,0 mm eine maximale Akkommodationsleistung von bis zu 1,75 dpt. Die minimale Akkommodationsleistung in diesem Kollektiv beträgt 0,135 dpt, die maximale 1,75 dpt sowie im Median 0,17 dpt. Refractive Shift sph cyl 1,75 dpt Akkommodation RMS Total RMS HO Physiologische Pupille Pupillenweite von 2 mm Abb. 4: Beispiel für maximale Akkommodationsleistung von bis zu 1,75 dpt Schlussfolgerungen Die dynamische Stimulationsaberrometrie ermöglicht objektiv und untersucherunabhängig die Messung der Akkommodation nach der Implantation von potenziell akkommodierenden Intraokularlinsen. Sowohl die DSA-Messungen als auch die Defokuskurven zeigen eine maximale Akkommodationsleistung von bis zu 1,75 dpt nach Synchrony-Linsenimplantation. Hierbei finden wir den größten Akkommoda- 251

5 Presbyopie/akkommodative IOL tionshub bei einer nahezu emmetropen Refraktion und einem Astigmatismus von kleiner als 0,75 dpt. Des Weiteren zeigen sich in vielen Bereichen schwankende Akkommodationsamplituden. Die hierfür ursächlichen Faktoren, wie die Anatomie oder auch die Kapsulorhexisgröße, müssen weiterhin untersucht werden. Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass die Synchrony-Intraokularlinse zwölf Monate postoperativ eine durchaus objektivierbare Akkommodationsleistung von bis zu maximal 1,75 dpt zeigt. Postoperative Ametropien, besonders der Astigmatismus, können das endgültige Resultat beeinflussen. Insgesamt kann die Synchrony- Intraokularlinse als potenziell akkommodierende Intraokularlinse den Nahvisus bei pseudophaken Patienten verbessern. 252