Erfahrungsbericht über meinen Auslandsaufenthalt in Essaouira

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Manuela Jaeger
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1 Erfahrungsbericht über meinen Auslandsaufenthalt in Essaouira Name: Vorname: Maier Sarah Heimathochschule: Pädagogische Hochschule Heidelberg Gasthochschule: Centre de Formation d`instituteurs Essaouira/Marokko Studienfächer: Studiengang: Französisch, Haushalt und Textil, ev. Theologie Realschullehramt Semester: 6 Zeitpunkt: Dauer: 4 Monate 1

2 Da wir im Rahmen unseres Studiums mindestens 3 Monate in Frankreich oder einem vergleichbar französisch sprechendem Land verbracht haben müssen, entschied ich mich für einen Studienaufenthalt an unserer Partnerhochschule in Marokko. Ein Jahr zuvor hatte ich dort schon einmal ein dreiwöchiges Blockpraktikum gemacht und so wusste ich schon, was mich in Essaouira erwarten wird. Während meines ersten Aufenthaltes lernte ich eine Studentin der dortigen Hochschule kennen und sie lud mich nun ein, während der vier Monate in ihrer Familie zu wohnen. Die Möglichkeit in einer Familie mit einer mir fremden Kultur zu leben, erschien mir reizvoll und ich war gespannt, was mich erwarten würde. Die Vorbereitungen in Deutschland: Nachdem ich die Zusage über das Baden- Württemberg-Stipendium erhalten hatte, begannen die Vorbereitungen für mein Auslandsemester. Da ich, wie bereits erwähnt, die Möglichkeit hatte, in einer marokkanischen Familie zu wohnen, musste ich mich nicht um eine Unterkunft kümmern. Dennoch musste das Urlaubssemester beantragt, der Flug gebucht und Impfungen aufgefrischt werden. Besondere Impfungen sind für Marokko allerdings nicht nötig. Auch braucht man zunächst für die ersten 3 Monate kein Visum und für den letzten vierten Monat, sagte man mir, könne ich dann einen Antrag auf dem dortigen Kommissariat stellen. Zusammen mit meiner Professorin im Fach Haushalt versuchte ich nun, ein Thema für meine Zulassungsarbeit zum ersten Staatsexamen zu finden. Mein Ziel war es, die Erfahrungen und Untersuchungen, die ich in Marokko machen sollte, für diese Arbeit zu verwenden. Nach vielen langen Gesprächen stand der Titel meiner Arbeit fest: Couscous als Spiegel der marokkanischen (Ess-)Kultur. Meine Arbeit sollte also darin bestehen, eine der bekanntesten marokkanischen Nationalgerichte zu analysieren und auf ihren kulturellen Gehalt hin zu untersuchen. 2

3 Ich freute mich sehr auf die Arbeit, die mich erwartete, da mir dieses Thema spannend und zugleich lebendig erschien. Mein Studium am C.F.I. in Essaouira: Das Centre de Formation d Instituteurs befindet sich in Essaouira, einer kleinen Hafenstadt an der marokkanischen Atlantikküste mit rund Einwohnern.. Die Hochschule selbst liegt direkt an der Strandpromenade, die in die wunderschöne Medina führt. Die Studiendauer beträgt, anders als bei uns, zwei Jahre und beinhaltet sowohl Vorlesungen und Seminare am Centre als auch das Unterrichten an Grundschulen. Die jungen Lehrer und Lehrerinnen arbeiten nach Beendigung ihres Studiums zunächst einige Jahre in Landschulen, die oft weit weg von ihrer Heimatstadt liegen. Die kleinen Dörfer auf dem Land verfügen oft weder über fließend Wasser noch über Strom, was das Unterrichten und den Alltag oft mühselig werden lässt. Darüber hinaus ist die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern nicht selten dadurch erschwert, dass die Kinder z.b. tachelheit (einem Berberdialekt), viele Lehrer jedoch nur arabisch sprechen. Während meines Aufenthaltes im Centre besuchte ich sowohl Seminare als auch Vorlesungen und hatte Gelegenheit, einen Eindruck von den dortigen Schulen zu bekommen. Die Seminare waren meist auf Französisch und wenn nicht, war das Lehrpersonal stets bemüht, für mich zu übersetzen. In den Seminaren behandelten wir Themen aus dem Bereich der Allgemeinen- und Schulpädagogik, sowie der Psychologie. 3

4 Die Themen waren zwar meist interessant, die Seminare jedoch leider oft sehr lehrerzentriert, sodass wenig Raum für Diskussionen oder Gruppenarbeiten blieb. Da das Thema für meine Zulassungsarbeit nur geringfügig mit den Themen der Vorlesungen zu tun hatte, führte ich gleichzeitig Befragungen mit Studenten und Studentinnen sowie mit Professoren durch. Darüber hinaus bot sich mir die Möglichkeit, zwei Frauen bei der Zubereitung eines traditionellen Couscous zu filmen und sie zu interviewen. Mein Leben in Essaouira: Die Tatsache im Haus einer marokkanischen Familie zu wohnen, erleichterte mir den Einstieg in meinen neuen Alltag in Essaouira und ermöglichte mir einen tiefen Einblick in das vom Islam geprägte Leben. Da ich während des Ramadans (muslimischer Fastenmonat) ankam, war zunächst die ganze Familie im Haus und so waren wir insgesamt 11 Personen; 7 Frauen, ein Mann und zwei kleine Kinder. Das war für mich, als Einzelkind, eine völlig neue, aber auch schöne Erfahrung. Das Leben der Familie empfand ich im Nachhinein als sehr traditionell und stark vom Islam beeinflusst. Bis auf eine der Schwestern, trugen alle Frauen das Kopftuch und beteten regelmäßig fünf Mal am Tag. Der Alltag, der nicht arbeitenden Frauen, fand überwiegend im Haus statt und beschränkte sich meist auf putzen, waschen, kochen, beten und fernsehen. Später lernte ich jedoch auch andere Frauen kennen, deren Alltag viel stärker dem unseren ähnelt und die auch nicht mehr die Zeit finden, regelmäßig zu beten. Manchmal fiel es mir schwer, mich dem Alltag der Frauen meiner Familie anzupassen, denn ich war es nicht gewohnt, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und mit 24 Jahren um 23 Uhr zu Hause sein zu müssen. 4

5 Ich nahm meinen Alltag selbst in die Hand, suchte mir ein Sportstudio und fand schnell marokkanische aber auch französische Freunde. Gemeinsam verbrachten wir oft ganze Abende damit, über den Islam, über die Menschen in Marokko und Europa oder auch über Politik zu diskutieren. Vor allem meine marokkanischen Freunde empfand ich als sehr offen und ich fühlte mich als Frau, im Gegensatz zu bestehenden Vorurteilen, stets respektiert. Während meiner Zeit in Marokko stellte ich fest, dass die Menschen und ihre Beziehung zum Islam sehr unterschiedlich sind. Es gibt äußerst traditionell denkende Menschen, die kein Gebet auslassen, niemals eine voreheliche Beziehung eingehen und niemals Alkohol trinken würden und die sich streng an den Koran und die Sunna halten, aber es gibt auch äußerst westlich orientierte Menschen, die auch mal ein Gebet verschieben oder gar nicht verrichten, die gerne feiern und trinken und sich stark an Europa orientieren. Gemeinsam bleibt beiden Gruppen, dass sie die Werte ihrer Religion verinnerlicht haben. Unabhängig ihrer eigenen finanziellen Situation scheint es selbstverständlich zu sein, armen Menschen, die man überall in Essaouira findet, zu helfen. Nur selten hört man ein böses Wort, und die Gastfreundschaft der Marokkaner grenzt oft an Selbstaufgabe, da auch, wenn keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, jedem Gast ein Festmahl serviert wird. Ich habe meine Zeit in Essaouira sehr genossen und ich habe Menschen kennen gelernt, auf die ich nicht mehr verzichten möchte. Das Leben in einer Gesellschaft zwischen Islam und Moderne, erschien mir zwar oft sehr widersprüchlich, erweiterte jedoch auch meine interkulturellen Kompetenzen. Während wir sehr viel Wert auf unsere eigene Karriere und unser eigenes Vorankommen legen, steht für die Marokkaner immer noch das 5

6 Vorankommen der Gruppe und das Wohl der Familie im Mittelpunkt, was meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft oft zu kurz kommt. Meine Erfahrungen mit dem Islam werden mir in meinem zukünftigen Beruf weiterhelfen. Als Lehrerin werde ich Klassen unterrichten, in denen sich muslimische Kinder befinden und es wird mir aufgrund meiner gemachten Erfahrungen leichter fallen auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können und ihr Verhalten, das oft mit dem Elternhaus zusammenhängt zu verstehen. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Erfahrungen machen durfte und bin froh, dass ich dank des Baden- Württemberg Stipendiums die Möglichkeit dazu hatte. 6

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