MENTALE THERAPIEBEGLEITUNG
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- Anton Weber
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1 MENTALE THERAPIEBEGLEITUNG FÜR CHRONISCH KRANKE AM BEISPIEL RHEUMA 1. EINLEITUNG Seite 2 2. ERKRANKUNGEN DES RHEUMATISCHEN FORMENKREISES Seite 3 NATURWISSENSCHAFTLICHE HINTERGRÜNDE 3. MENTALE THERAPIEBEGLEITUNG FÜR RHEUMAPATIENTEN Seite 5 IM ÜBERBLICK Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 1
2 1. EINLEITUNG Im Mittelpunkt dieses Mentaltraining-Programms steht die wertfreie, unterstützende Begleitung des Patienten auf dem Weg zu einem gesünderen Leben und einem besseren Wohlbefinden auf allen Ebenen. Sie orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen und Einstellungen des Patienten. Es geht darum, mit und nicht gegen die Krankheit zu agieren, mit und nicht gegen die Therapie zu denken. Langfristziel ist es, dem Patienten zu einer möglichst guten Lebensqualität zu verhelfen. Ich will Patienten einerseits Werkzeuge in die Hand geben, die ihnen eine Verbesserung ihres Lebensstils und ihrer Lebenseinstellung erleichtern. Andererseits möchte ich ihnen simple Methoden aufzeigen, um ihre Einstellung zu den Medikamenten zu verbessern, für die sie sich entschieden haben und die sie derzeit einnehmen (müssen), um ihre Beschwerden kontrollieren, lindern oder stoppen zu können. Es gilt, die Wirkung der Medikamente mental optimal zu unterstützen, so dass sie ihren maximalen Effekt entfalten können. Welches Potenzial in diesem Ansatz liegt, sieht man allein daran, welche enorme Kraft Placebos haben können. Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 2
3 2. ERKRANKUNGEN DES RHEUMATISCHEN FORMENKREISES NATURWISSENSCHAFTLICHE HINTERGRÜNDE Definition (lt. Wikipedia): Mit Rheuma (Altgriechisch rheo,ich fließe ) werden Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit fließenden, reißenden und ziehenden Schmerzen bezeichnet, die oft mit funktioneller Einschränkung das heißt, körperlichen Behinderungen bis hin zu Invalidität einhergehen. Vielen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zu denen auch entzündlichdegenerative Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zählen ist gemein, dass es zu einer Störung des Immunsystems kommt, woraufhin der Körper eigene Strukturen wie etwa die Gelenkinnenhaut angreift. Diese so genannten Autoimmunkrankheiten können auch als systemische Erkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ oder eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Immunsystems sind. Die Ursachen für die Fehlfunktion des Immunsystems sind noch immer unbekannt. In einigen Fällen können familiäre sowie geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt werden und bei vielen Betroffenen bestimmter rheumatischer Erkrankungen lassen sich charakteristische genetische Marker nachweisen, was beides auf einen gewissen Einfluss erblicher Faktoren schließen lässt. Bei einer kleinen Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, den so genannten infektreaktiven Arthritiden, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit bereits abgelaufenen, meist bakteriellen Infektionen v.a. des Darms oder des Urogenitaltraktes erkennbar. In Folge der chronischen Entzündungen leiden die Betroffenen gelenkbezogener Formen unter Schmerzen, Schwellungen oder Ergüssen der Gelenke sowie als Spätfolgen unter Gelenkzerstörung, Fehlstellungen und Funktionsverlust. Schwerwiegende, oft lebensgefährliche Komplikationen verursachen durch chronische Entzündungen in Strukturen verschiedenster Organe besonders häufig Erkrankungen aus den Gruppen der Kollagenosen und Gefäßentzündungen. Der Verlauf einer Erkrankung und das Ansprechen auf eine Therapie können selbst bei gleicher Diagnose von Patient zu Patient äußerst unterschiedlich ausfallen. Zudem sind die Grenzen zwischen den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen nicht selten fließend. So können Zeichen mehrerer sich überlappender Erkrankungen bei nur einem Patienten auftreten (Overlap Syndrom). Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 3
4 Der Beginn der Erkrankung findet in der Regel lange vor dem Auftreten erster Beschwerden statt. In Verlauf kommt es zur fortschreitenden, irreversiblen, das heißt nicht wieder rückgängig zu machenden Zerstörung körpereigener Strukturen. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um möglichst rasch gezielte Maßnahmen setzen zu können. Entgegen der landläufigen Meinung ist Rheuma keineswegs nur eine Erkrankung älterer Menschen. Auch junge Erwachsene und selbst Kinder sind von rheumatischen Erkrankungen betroffen. Arthrosen (verschleißbedingte Gelenkbeschwerden) treten meist im fortgeschrittenen Alter auf, während die entzündliche Form (Arthritis) typischerweise zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr erstmals in Erscheinung tritt. Wenngleich die Ursachen rheumatischer Erkrankungen nach wie vor ungeklärt sind, weiß man mittlerweile, dass es sich um eine Fehlfunktion des körpereigenen Abwehrsystems handelt, bei dem physiologische, also normale, gesunde Abläufe, die dem Organismus zu seinem Schutze dienen, außer Kontrolle geraten und sich gegen körpereigene Gewebe und Strukturen richten. Ein zentraler Player ist ein Botenstoff namens Tumornekrosefaktor-alpha (TNFalpha), der bei allen Entzündungsvorgängen eine wichtige Rolle spielt. Er wird von den Makrophagen, den so genannten Fresszellen produziert, und schützt den Körper normalerweise auch vor Eindringlingen wie Infekterregern oder Krebszellen. Bei rheumatischen Erkrankungen wird TNF-alpha aus noch ungeklärten Gründen im Übermaß produziert und greift körpereigene Gewebe wie Gelenke, etc. an. Es kommt zu Entzündungen und in der Folge zur Zerstörung der attackierten Gewebe. Abb.: Polyarthritis der Hände in fortgeschrittenem (links) und spätem (rechts) Stadium. Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 4
5 4. MENTALE THERAPIEBEGLEITUNG FÜR RHEUMAPATIENTEN IM ÜBERBLICK 1) Initial wird abgeklärt, welche Einstellung der Patient zu seiner Krankheit im Speziellen und zum Leben im Allgemeinen hat. 2) Interessanterweise aktiviert akuter Stress genau jene Fresszellen des Immunsystems, die für die Produktion von TNF-alpha verantwortlich sind. Bei chronischem Stress kommt es zum verzögerten Abbau der Stressreaktionen im Körper bzw. zur dauerhaften Verschiebung der gesamten physiologischen Vorgänge im Körper. Daher ist naheliegend, dass als Begleitung zur medikamentösen Therapie ein Anti-Stress- Programm das Befinden von Rheuma-Patienten verbessern kann. 3) Viele Patienten machen sich große Sorgen und Zukunftsängste: Wie wird sich ihre Krankheit entwickeln, wie lange werden sie sich selbst versorgen können, wird ihre Behinderung immer mehr zunehmen und letztendlich in Invalidität und Angewiesenheit auf den Rollstuhl enden? Hier erscheinen Übungen zur Lösung dieser Ängste (= Zusatzstress) sowie für eine stärkere Orientierung im Hier und Jetzt zielführend. 4) Da die Erkrankung in Schüben verläuft, das heißt, manchmal weniger und manchmal mehr Beschwerden verursacht, ist in guten Zeiten die Zusammenstellung einer persönlichen Akku-Liste hilfreich. 5) Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises um je nach Patient in unterschiedlichem Tempo und individueller Aggressivität fortschreitende Zerstörungen körpereigener Strukturen. Rasches Handeln ist daher oberstes Gebot. Die meisten Patienten erreichen in der Regel mit gängigen alternativen Heilmethoden keinen Krankheitsstillstand. Die Schulmedizin hat eine mittlerweile relativ breite Palette von Medikamenten beginnend mit nichtsteroidalen Antirheumatika über Basistherapeutika bis hin zu modernen Biologika zur Verfügung. Viele Patienten stimmen mehr oder weniger gerne einer Dauertherapie zu, haben jedoch einen gewissen Vorbehalt, ein ungutes Gefühl, diese Medikamente einnehmen zu müssen und fürchten sich vor möglichen Nebenwirkungen. Bei nichtsteroidalen Antirheumatika sind dies in erster Linie Schädigungen der Magenschleimhaut mit Ulkusbildung und der Niere. Bei den Basistherapeutika und Biologika steht die Schwächung der Immunabwehr im Vordergrund der unerwünschten Effekte. Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 5
6 Daraus ergeben sich in diesem Zusammenhang folgende Ansatzpunkte für Mentaltraining: Zum einen ist es wichtig, dass der Patient nicht gegen seine Therapie eingestellt ist. Denn daraus kann eine Abschwächung der Wirkung resultieren. Wie man vom Placebo-Effekt weiß, haben Glaube und Überzeugung eine enorme Wirkung. Daher soll der Patient mittels Mentaltraining lernen, seine Medikamente positiv zu unterstützen durch positives Denken. Damit kann er deren erwünschte Wirkung verstärken, was im Optimalfall eine Dosisreduktion erlaubt und mit einer Verringerung möglicher Nebenwirkungen einhergeht. Nachdem Angst und Stress sowohl den Verdauungstrakt als auch das Abwehrsystem angreifen können, erscheint es umso sinnvoller, entspannt, vertrauensvoll und aktiv positiv die Wirkung einer Medikation zu begleiten. Hier ist eine Balance zu finden zwischen positiver Einstellung und bewusster Aufmerksamkeit für den eigenen Körper. Cave: Keinesfalls soll dies bedeuten, Nebenwirkungen zu verleugnen oder zu ignorieren. Wenn ein Patient ein Medikament tatsächlich nicht verträgt, soll er natürlich die Konsequenzen daraus ziehen die Rücksprache mit dem behandelnden Arzt und erforderlichenfalls ein Therapiewechsel, die Beschreitung anderer Wege wie Selbstreflexion, Auseinandersetzung mit der Symbolik der Krankheit, die Suche nach unterstützenden oder sogar heilenden Alternativen, etc. 6) Etwa 10 Prozent aller Patienten mit rheumatischen Erkrankungen werden ohne Behandlung wieder gesund, man nennt dies Spontanheilung. Warum diese Patienten von selbst gesund werden, die meisten anderen jedoch medikamentöse Dauertherapien brauchen, ist Gegenstand intensiver Forschungen von Rheumatologen und Immunologen auf der ganzen Welt. Für den Mentaltrainer ist dies ein Auftrag, dem Patienten Methoden zur Stärkung der Selbstheilungskräfte nahezubringen. Ein weiterer Aspekt ist, dass die modernsten Medikamente gegen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zwar in vielen Fällen sehr wirksam sind, aber als unerwünschten Nebeneffekt die Immunabwehr beeinträchtigen können. Auch in diesem Zusammenhang scheint eine Aktivierung der Selbstheilungskräfte zum Schutz vor Infektionen und Tumorentstehung sinnvoll. Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 6
7 7) Viele Rheumapatienten fühlen sich aufgrund ihrer körperlichen Beschwerden und Behinderungen zunehmend in einer sozialen Isolation. Einerseits können sie vieles nicht mitmachen, beispielsweise sportliche Aktivitäten, andererseits fühlen sie sich mit ihren Sorgen und Beschwerden von den Gesunden nicht verstanden. Daraus resultiert häufig ein allmählicher Rückzug in die Einsamkeit. Darüber hinaus leiden viele darunter, von sich selbst, aber auch von anderen nicht mehr für voll (leistungsfähig) gesehen zu werden. Sie fühlen sich minderwertig. Für den Mentaltrainer liegt hier der Schwerpunkt auf dem Training von Selbstliebe und Selbstwertgefühl. Letztendlich liegt es immer am Patienten selbst, aktiv zu werden und die Verantwortung für sich selbst und angestrebte Veränderungen zu übernehmen. Die schöne Aufgabe des Mentaltrainers ist es, den Patienten in seinem Entwicklungsprozess empathisch begleiten und wirkungsvoll unterstützen zu dürfen. Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer 2010 Seite 7
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