Bürgerliches Recht I Abschlussklausur Modul ( LL.B ; Klausur Nr. 1102) vom Klausurbesprechung
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- Gerda Böhm
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1 Bürgerliches Recht I Abschlussklausur Modul ( LL.B ; Klausur Nr. 1102) vom Klausurbesprechung
2 Sachverhalt - 8-jähriger N, lebt bei seiner allein sorgeberechtigten Mutter M - Onkel O geht mit N in eine Zoohandlung des Z und sehen dort einen Hundewelpen namens Goofy, den O für einen reinrassigen Australian Shepherd hält. - O möchte N Goofy zum Geburtstag schenken und begibt sich am nächsten Tag wieder in die Zoohandlung - nach kurzer Verhandlung schließen O und Z einen Vertrag über Goofy zu einem Preis i.h.v. 500 ; da O das Geld nicht dabei hat, fragt O, ob er auch nach der Geburtstagsfeier am darauffolgenden Tag zahlen könne. Z ist einverstanden. - Auf der Geburtstagsfeier übergibt O Goofy dem N mit den Worten: Das ist mein Geburtstagsgeschenk für dich. Der gehört jetzt Dir. N bedankt sich. Folie 2
3 - M ist froh, N so glücklich zu sehen. Vater V ist mit dem Geschenk nicht einverstanden. N könne das Geld für den Unterhalt des Tieres und Tierarztkosten nicht aufbringen. - Zurück wieder im Laden zwecks vereinbarter Zahlung: beim Warten auf Z bekommt O ein Verkaufsgespräch zwischen Z und einem Kunden mit, in dem nach der Rassezugehörigkeit gefragt wird, Z verweist auf ein über den Welpen hängendes Schild: ½ Australien Shepherd ½ Border Collie. - O ist empört: Er hätte sich niemals bereit erklärt, für einen nicht reinrassigen Hund 500 zu zahlen. Das Schild hatte er zuvor nicht gesehen. Er ist der Ansicht, dass Z ihn persönlich über eine fehlende Reinrassigkeit hätte aufklären müssen. O weigert sich die 500 zu zahlen. Folie 3
4 Frage 1: Hat Z gegen O einen Anspruch auf Zahlung von 500? Frage 2: Ist zwischen N und O ein wirksamer schuldrechtlicher Vertrag über Goofy zustande gekommen? Bearbeiterhinweis: 437 ff. BGB, 313 BGB und 11 c TierschutzG sind nicht zu prüfen. Auf 516 Abs. 1, 518 Abs. 1, 2 BGB wird hingewiesen. Der Begriff des Bewirkens in 518 Abs. 2 BGB entspricht dem in 110 BGB. Folie 4
5 Lösung Frage 1: Anspruch Z O auf Zahlung v. 500 aus 433 Abs. 2 I. Wirksamer Kaufvertrag zwischen Z und O Voraussetzung: zwei inhaltlich übereinstimmende und mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, Angebot und Annahme ( 145 ff.) Gemäß 433 Abs. 1 BGB müssen sich die Parteien eines Kaufvertrages dabei über den Verkauf einer Sache als Kaufgegenstand einig sein. Goofy ist Tier und damit keine Sache i.s.d. 90 BGB. Vgl. 90 a S. 1 BGB; aber die für Sachen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist. KV (+) Folie 5
6 II. Kein Untergang des Anspruchs 1. Wirksame Anfechtung des Kaufvertrages 142 Abs. 1 BGB? a. Anfechtungsgrund aa. Anfechtung des Kaufvertrages gemäß 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB aufgrund einer argl. Täuschung des O durch Z (1) Täuschungshandlung = das Erregen oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch das Vorspiegeln falscher oder Unterdrücken wahrer Tatsachen, d.h. objektiv nachprüfbarer Umstände; aktives Tun (Behaupten der Reinrassigkeit) (-) Unterlassen (Verschweigen der fehlenden Reinrassigkeit) Aufklärungspflicht (-) -> Anfechtung 123 Abs. 1, 1.Alt. (- ) Folie 6
7 bb. Anfechtung des Kaufvertrages gemäß 119 Abs. 2 BGB Aufgrund eines Eigenschaftsirrtums= wenn der Erklärende (O) sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft irrt. (1) Verkehrswesentliche Eigenschaft: alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der Sache, die infolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzter Dauer nach der Verkehrsanschauung einen Einfluss auf die Wertschätzung und ihre Brauchbarkeit auszuüben pflegen. Reinrassigkeit entscheidend für Zuchtgeeignetheit, mögliche Krankheiten etc. (+) (2) Irrtum: Fehlvorstellung über Tatsachen bei O (+) (3) Kausalität des Irrtums: wenn der Erklärende die Willenserklärung ohne den Irrtum überhaupt nicht, mit einem anderen Inhalt oder zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben hätte. Es muss anzunehmen sein, dass der Anfechtende bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles die WE nicht abgegeben hätte. Kausalität (+) Folie 7
8 b. Anfechtungserklärung von O gem. 143 Abs. 1 BGB ggü Anfechtungsgegner Z ( 143 Abs. 2 BGB)(+) muss erkennen lassen, dass die Partei das Geschäft aufgrund eines Willensmangels nicht gelten lassen will. c. Anfechtungsfrist 121 Abs. 1 BGB: ohne schuldhaftes Zögern, d.h. unverzüglich, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. positive Kenntnis und nicht grob fahrlässige Unkenntnis entscheidend. Hier sofort nach Kenntnis (+) d. ZE: O hat seine auf den Abschluss des KV gerichtete WE wirksam angefochten. Kaufpreisanspruch ist untergegangen. IV. Ergebnis: Z hat gegen O keinen Anspruch auf Zahlung von 500 aus 433 Abs. 2 BGB. Folie 8
9 Frage 2: Ist zwischen N und O ein wirksamer schuldrechtl. Vertrag zustande gekommen? Zwischen N und O könnte ein wirksamer Schenkungsvertrag i.s.d. 516 BGB zustande gekommen sein. 1. Vertragsschluss nach 145 ff. BGB Angebot und Annahme a. Wirksames Angebot des O aa. Angebot: empfangsbedürftige WE, die auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet ist und die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) so zusammenfasst, dass der Erklärungsempfänger durch ein bloßes Ja den Vertrag entstehen lassen kann. Dies ist mein Geburtstaggeschenk für dich. Folie 9
10 bb. Zugang: N (8 Jahre) ist gemäß 2, 106 BGB nur beschränkt geschäftsfähig. 131 Abs. 2 S. 1, 1 BGB WE nicht wirksam, wenn sie nicht dem gesetzlichen Vertreter zugeht. Gesetzliche Vertreter gem. 1626, 1629 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich seine Eltern. Gem Abs. 1 BGB aber ein Elternteil allein, soweit es die elterliche Sorge allein ausübt. Hier M, Einwendungen V unerheblich. Zugang bei M? nach der eingeschränkten Vernehmungstheorie: wenn ein sorgfältig Erklärender davon ausgehen durfte, seine Erklärung sei akustisch richtig verstanden worden. (+) Anmerkung: alternativ Abstellen auf 131 Abs. 2 S. 2 BGB, Angebot bringt N lediglich einen rechtlichen Vorteil. Folie 10
11 b. Wirksame Annahme des Angebots durch N aa. Annahme: vorbehaltlose Zustimmung zum angetragenen Vertragsschluss. N hat sich bei O für das Geburtstagsgeschenk freudestrahlend bedankt. Konkludent (+) bb. Beschränkte Geschäftsfähigkeit des N Gemäß 107 BGB bedarf die WE eines beschränkt Geschäftsfähigen zu ihrer Wirksamkeit, sofern er durch sie nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Folie 11
12 (1) Lediglich einen rechtlichen Vorteil = wenn sie für ihn unmittelbar nur Rechte, nicht aber rechtliche Pflichten begründet. maßgebl. nur die rechtlichen Wirkungen, nicht die wirtschaftlichen, unerheblich sind dabei Nachteile mit einem typischerweise ganz geringfügigen Gefährdungspotenzial wie z.b. öffentliche Lasten durch Schenkungsvertrag nur Anspruch auf Übereignung und Übergabe. Keine Verpflichtung -> ledigl. rechtl. Vorteilhaft (+) (2) ZE: Annahme durch N ist wirksam. c. Zwischenergebnis: Schenkungsvertrag ist zustande gekommen. 2. Formnichtigkeit gemäß 125 S. 1, 518 Abs. 1 S. 1 BGB ein RG, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form mangelt nichtig. 518 Abs. 1 S. 1 BGB notarielle Beurkundung des Schenkungsversprechens (-) Folie 12
13 3. Heilung der Form gem. 518 Abs. 2 BGB Gemäß 518 Abs. 2 BGB wird der Mangel der Form durch das Bewirken der versprochenen Leistung geheilt, wenn also der Schenkende den Schenkungsvertrag erfüllt 362 Abs. 1 BGB Übereignung von Goofy gem. 929 S. 1 BGB Nach a.a. 518 Abs. 1 S. 1 BGB nur für mehraktige Schenkungen anwendbar, während Hand- und Realschenkungen gem. i.s.d. 516 BGB grundsätzlich formfrei erfolgen können. - Bei Anwendbarkeit, weiterprüfen - Bei fehlender Anwendbarkeit hätte man das Vorliegen einer Handschenkung (= Gleichzeitigkeit von Zuwendung und Schenkungsvertrag) prüfen müssen. Zuwendung 929 S. 1 BGB Folie 13
14 a. Einigung 929 S. 1 BGB: dinglicher Vertrag, der auf die Eigentumsübertragung gerichtet ist. aa. Wirksames Angebot des O Dies ist mein Geburtstagsgeschenk für dich. Der gehört jetzt dir. auch von M vernommen (s.o.). Wirksames Angebot (+) bb. Wirksame Annahme des N Problem: lediglich rechtlich vorteilhaft i.s.d. 107 BGB? - Hundesteuer und Tierhalterhaftpflicht fraglich, sind aber öffentliche Lasten, die bei 107 unbeachtet bleiben. - Tierarztkosten und Nahrung: mittelbare Pflichten verbunden mit der Haltereigenschaft; Eigentumsübertragung bedeutet auch nicht das zwingend, dass N auch Halter wird. - Verlust des Erfüllungsanspruchs (-), noch nicht entstanden. Im Übrigen auch konkludente Zustimmung von M (+) Folie 14
15 cc. Zwischenergebnis: Einigung (+) b. Übergabe: Die Sache gelangt mit dem Willen des bisherigen Eigentümers in den Herrschaftsbereich dessen, der das Eigentum erwerben soll. Übertragung des unmittelbaren Besitzes an der Sache durch den Eigentümer auf dem Erwerber. Laut Sachverhalt (+) (c. Einigsein zum Zeitpunkt der Übergabe und Berechtigung) 4. Ergebnis: 929 S. 1 BGB (+). Formmangel geheilt. Der Schenkungsvertrag ist nicht gem. 125 S. 1, 518 Abs. 1 S. 1 BGB nichtig. Zwischen N und O ist ein wirksamer Schenkungsvertrag zustande gekommen. Folie 15
16 Folie 16 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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